Über den Rückgang der Kur, manche sprechen vom Tod der Kur, ist viel Richtiges von Fachleuten und ihren Verbänden gesagt und geschrieben, von Statistikern belegt, von Politikern verschiedener Lager, sei es die Betrachtungsweise von Seiten der Regierung oder die der Opposition, wechselseitig entsprechend der Funktion, wiederholt worden. Auch volkswirtschaftlich und wahrscheinlich auch kunsthistorisch, wenn man sich manche heruntergekommenen Kur- und Bädereinrichtungen ansieht, ist ein großer und nicht mehr reparierbarer Schaden entstanden.
Unbestritten bleibt, dass Gesundheitsreformen aus Kosten- und Kostenkontrollgründen zum Schutze von Patienten, Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen gleichermaßen notwendig und erforderlich waren. Das Verständnis von Gesundheit, im Kontext zum Leben (Lebensgefühl, -art, und -stil) schlechthin, hat sich, durch die Sparaktionen im Gesundheitsbereich mitbestimmt, geändert, wie sich auch der bekannte demographische Altersaufbau in der Bundesrepublik von der „Bevölkerungspyramide“ zum „Bevölkerungspilz“ entwickelt.
Weder kann das Rad der Kurgeschichte zurückgedreht werden, noch kann der vorhandene Torso der Kur im herkömmlichen Sinne wieder belebt werden. Aber immer ist es noch möglich, den Körper zu stärken, die Seele aufzubauen, den Geist anzuregen und die Sinne zu schärfen: Gesundheit zu tanken – auch außerhalb einer „Kur“, aber immer noch nach der nach wie vor gültigen Definition von „Kur“. Die Politik hat sich als unfähig erwiesen, eine praxisgerechte Gesamtkonzeption für das Lebensgut „Gesundheit“ vorzulegen und praktische Methoden anzubieten oder geeignete Aufgaben-„Ersatz“-Modelle der Kur anzubieten. Professionelle Managementhilfen von öffentlicher Hand wie von privater Seite zur Dynamisierung eines zeitgemäßen Marktes wären gefragt gewesen.
Langsam bildet sich ein durch zeitgemäße örtliche Gegebenheiten vorgegebenes Leitbild, welches oft auf eine ganzheitliche und handlungsorientierte Betrachtungsweise von Managementproblemen zielt und die situationsbezogene Beurteilung der Wirkungszusammenhänge von Handlungs- und Gestaltungsvorgänge fördert, ganz im Sinne klassischen Managementwissens.
Inhalt
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Das Anliegen der Arbeit
1.2 Darstellung der Ausgangssituation im Allgemeinen
1.3 Gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Trends in Deutschland
1.4 Problemstellung
1.5 Abgrenzung
2 Die Kur auf dem Weg zu anderen Formen
2.1 Entwicklung und Aufgaben der Kur im Gesundheitsbetrieb
2.1.1 Die Begriffsbestimmungen des DBV und DFV(1991)
2.1.2 Kriterien der Kurortauswahl
2.1.3 Therapiekomponenten der Kurortmedizin
2.1.4 Kriterien der Kurbedürftigkeit
2.1.5 Klinische Wirksamkeit der Kurortmedizin (Beispiele für Nachweise)
2.1.6 Zielsetzung der Kuren und deren Wirkungsmechanismen
2.2 Die wirtschaftliche Bedeutung des Kurwesens
2.3 Vorsorge (Prävention) und Rehabilitation
2.3.1 „Unterscheidungsmerkmale von Rehabilitation und Kur“
2.3.2 Vorsorge und Rehabilitation durch ambulante Kuren
2.3.3 Grundsätze zur stationären Rehabilitation
2.3.4 Die Entwicklung des stationären Sektors
2.3.5 Regionale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.3.6 Betroffenheitsszenario
2.3.7 Entwicklungsansätze der Heilbäder
2.3.7.1 Maßnahmen im Vorsorge- und Rehabilitationsbereich
2.3.7.2 Maßnahmen zur Steigerung des Tourismus
2.3.7.3 Kooperationen
2.3.7.4 Neuinvestitionen
2.3.8 Handlungsempfehlungen
3 Managementmethode Seite
3.1 Allgemeine strategische Ausrichtung aufgrund des grundlegenden Umfeldwandels
3.2 Management in Theorie und Wissenschaft anhand moderner Strategien
3.2.1 Die identitätsstiftende Funktion der Unternehmensstrategie in der Gegenwart oder ist eine neue Philosophie erforderlich ?
3.2.2 Maßnahmen der Unternehmen
3.2.3 Kurze Zusammenfassung zur Konzeption und Systematik des allgemeinen Managements
3.2.4 Die McKinsey Formel, die Vier Felder Matrix, die Business Migration und Internal Profile
3.2.5 Veränderungskompetenz bei „Entscheidern“ und Mitarbeitern als Organisations- und Führungskultur und Verantwortung
3.2.6 Integration von Innovationen
3.3 Konkrete Marketingstrategien vor Ort
3.4 Veränderung der Unternehmenskultur
3.5 Woran scheitern Innovationen oder Best-Practice-Regeln
4 Beispiele
4.1 Grundsätzliches
4.1.1 Was ist „integrative “Medizin?“
4.1.2 Markenbildung
4.2 Bad Füssing in Bayern
4.3 Trend-Angebote in Baden-Württemberg
4.4 Die Veränderungen in Kursanatorien am Beispiel vom Regena Gesundheits-Ressort in Bad Brückenau und dem Salinen Park in Bad Salzuflen
5 Zusammenfassung – Fazit – Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
1.1 Das Anliegen der Arbeit
Seit etwa 1992 gehen die 311 deutschen Heilbäder und Kurorte von ihrer traditionellen Zurückhaltung ab und treten auf dem freien Markt offensiv als Anbieter für die Produkte Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation mit ihren hohen medizinischen und sozialen Ansprüchen auf. Politische und vor allem wirtschaftliche Zwänge haben sie dazu getrieben. Sorgen um die Volksgesundheit, die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Tourismus, Arbeitsplätze und zahlreiche mittelständische Existenzen haben seitdem zu allerlei technischen und formalen Rezepten und Konzepten und Marketingstrategien ebenso geführt, wie zu einer neuen (alten) Kurphilosophie und dem Slogan, etwa „Eine gesunde Einstellung zum Leben“ (der Slogan des Bäderverbandes von 1993). Auch „Hilfe zur Selbsthilfe“ soll verstärkt angeboten werden, die dann im Alltag aktiv umgesetzt werden soll.
Nach der Gesundheitsreform 2000 kann nun die Dauer der Kuren wieder der Schwere der Krankheit angepasst werden. Der tägliche Zuschlag wird gesenkt. Der Gesundheitsförderung kommt wieder eine stärkere Bedeutung zu.
In dieser Arbeit soll das Instrumentarium der Kur innerhalb des Gesundheitswesens mit seinen eigenen Möglichkeiten marktwirtschaftlicher Kompetenz innerhalb eines sich schnell verändernden Umfelds und Wertewandels aufgezeigt werden.
1.2 Darstellung der Ausgangssituation im Allgemeinen
Die Zeit wird immer schnelllebiger, formuliert die öffentliche Meinung und jeder meint dies zu verstehen, scheint sie doch bei so schnellen Veränderungen in immer kürzeren Abständen in nahezu allen gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen, spürbar zu sein. Grenzen verschwinden. Die galoppierende Globalisierung mit weltweiten Informationsmöglichkeiten, Transparenz, Internationalisierung, Verdrängungswettbewerb, Individualisierung, verbunden mit einem geänderten Gesundheitsbewusstsein und Freizeitverhalten, Emotionalisierung, Konsumdynamik und neue Märkte in aller Vielfalt stellen die Herausforderungen dieser Zeit dar.
Mehr Technik, Technologie und Elektronik umgeben uns und dringen in immer mehr Lebensbereiche vor. Nicht zuletzt muss auf die „Explosion“ der Biowissenschaften und der Gentechnologie hingewiesen werden.
Amerika, Japan, Taiwan und Korea haben frühzeitig aus dem Wechsel von der Mechanik zur Elektronik und der Chemie zur Biotechnik profitiert und ziehen aus den Hochtechnologie-Industrien große Wertschöpfung. Um marktfähig zu bleiben, wurden durch eine Vorauspolitik Vorsprünge gegenüber Mitkonkurrenten geschaffen. Leitprojekte und permanente Innovation sichern ihre Stellung. Die Lehren hieraus sind, dass sich Wirtschaft und Gesellschaft im globalen Wettbewerb begegnen und ihre jeweiligen Leistungen dem internationalen Markt und Maßstab anpassen müssen.
Aber nicht nur neue Strukturen und härter werdender Wettbewerb im Markt, Politik und Arbeitsalltag sowie im Gesundheits- und Freizeitsektor sind zu beobachten. Eine individuelle Mobilität, so die wissenschaftliche Erkenntnis, eines der entscheidenden Selektionskriterien der biologischen Evolution, wird verstärkt und bewußt erkannt und genutzt zur nachhaltigen Verbesserung der Chancen bei etwa der Wohlstandsmehrung oder sogar bei der Partnersuche. Mobilität als Erfolgsprinzip des Lebens wird nicht nur als Programm der Zivilisationsentwicklung erkannt; mit ihr werden Begriffe wie Leben, Freiheit, Autonomie und Fortschritt verbunden.
Die Gestaltung dieser Veränderungen erfordert ein Mehr an Verantwortung für das eigene Leben, überzeugende Leistungsvitalität, flexible Erwerbsbiographien, eine höhere Mobilität und weniger staatliche Reglementierung. Nur wer den Markt, das Recht, die Umwelt und den Menschen und ihre immer komplexer werdenden Zusammenhänge und sich selber als ganzheitlichen Organismus kennt und pflegt, wird die Chancen und Risiken dieser Zeit richtig einschätzen, mit diesen Rahmenbedingtheiten richtig umgehen und es in sein eigenes subjektives Wertebewußtsein einordnen können.
Der für den Menschen spirituell und emotional, vielleicht auch körperlich empfundene innere Wandel von einer Knappheit oder auch Überfluß hin zu einem friedlichen Miteinander der Kräfte sowohl des äußeren wie des inneren Menschen wird als bewußtes Er-Lebnis, als mit sich in Kontakt kommen, als innere Zwiesprache, bestenfalls als stimulierende Freude oder Glück, gesucht, gefunden und kann in der Resonanz wiederholt, nachempfunden werden. Transzendente spirituelle Erfahrungen (Selbstverwirklichung) als Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide (vgl. Anhang 1) werden als solche vermehrt entdeckt. Der Hinweis auf die Einsicht der Psychologie, dass die Erkenntnis des Psychologen Maslow als überholt oder gar als unbrauchbar gelten (vgl. LAY, Rupert: Über die Kultur des Unternehmens, Düsseldorf, ECON-Verl., 1992, S. 176) sowie auf den boomenden Esoterikmarkt mit auch seinen negativen Folgen sei erlaubt.
1.3 Gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Trends in Deutschland
Wir befinden uns in Deutschland mitten in einem Strukturwandel hin zu einer Hochtechnologiegesellschaft – in einem Übergang zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft. Der Begriff der Informationsgesellschaft steht für „eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in welcher der produktive Umgang mit der Ressource „Information“ und die wissensintensive Produktion eine herausragende Rolle spielen“ (Bundesministerium für Wirtschaft 1996, S. 15). Diese ungeheure technologische, bioethische und biotechnologische Revolution ändert die Arbeits- und Freizeitwelt von Grund auf und in einer Geschwindigkeit, dass sie nicht immer für jeden zu verstehen ist.
Die Wirtschafts-„Standort“–Debatte der Jahre 1994 – 1998 haben der „Status-quo-Gesellschaft“ in Deutschland Impulse zu Kreativität, Innovation, Flexibilität und eine Zukunftsverantwortung gegeben, die eine Generation des „go future“, so die Werbung, hervorbringen soll. Und: „Wir denken noch wie vor 20 000 Jahren“, so die Überschrift eines Artikels aus dem Jahr 1994 (vgl. Focus 27/1994, S. 95). Darin wurde berichtet, dass an der Universität Trier Professor Symader Seminare für Vernetztes Denken gibt – damals ein Novum in Deutschland. Dem liegt zugrunde, dass, so Symander „in der Frühzeit der Menschheit unsere Denkstrukturen deshalb erfolgreich waren, weil es galt, einfache Probleme zu lösen.“ Das reicht heute bei den globalen Problemen nicht mehr aus. „Deshalb müssen heute jungen Leute im Umgang mit komplexen Systemen trainiert werden, müssen von linearem Denken auf vernetztes umschalten und schneller denken, ein Problem schon als Möglichkeit begreifen, wenn es noch gar nicht aufgetaucht ist.“ (a.a.O.)
Bildung, Ausbildung, Fortbildung, soziale Kompetenz (wie z. B. gesundes Selbstbewußtsein, Motivations- und Überzeugungskraft, Kritikfähigkeit, Entscheidungsfreude, Durchsetzungsvermögen und Lernbereitschaft aber auch Toleranz, Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Eigenverantwortung (vgl. DONNERT, Rudolf: Soziale Kompetenz, Der Schlüssel zum partnerschaftlichen Umgang im Betrieb, München, Lexika-Verlag, 1996), um einige zu nennen, werden neu entdeckt und/oder sind mit neuen Inhalten und Wertigkeiten besetzt, um zeitangepaßt zu einem „guten Leben“ zu kommen (vgl. SPINNLER, Rolf: Das gute Leben und wie es zu erreichen wäre, Gemeinschaftlichkeit, Solidarität, Brüderlichkeit, Nächstenliebe – Neues zur Kommunitarismus-Debatte, Stuttgarter Zeitung, 4.9.1998, siehe auch STEINFATH, von, Holger (Hg.): Was ist ein gutes Leben? Philosophische Reflexion, Suhrkamp, TB Wissenschaft 1323; JOAS, Hans: Die Entstehung der Werte, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main; WALZER, Michael: Über Toleranz. Von der Zivilisierung der Differenz. Aus dem Amerikanischen von Goldmann, Christiana: Rotbuch Verlag, Hamburg).
Die Forschung ist sich seit 1996 einig, dass Erfolg durch Kreativität zu erreichen ist (vgl. Focus 39/1996, S. 159) und Innovationsfähigkeit ein entscheidender Karrierefaktor ist (vgl. Focus 20/1998, S. 245). Investitionen in das Humankapital und neues Denken unter Wahrung des sozialen Konsens werden als notwendig erachtet. Nur wer sät, kann ernten!
Fast jede Wissenschaft hat mit Veränderungen, Neuerungen und Wandel zu tun, der sich auf vieles auswirkt. Für betriebswirtschaftliche oder gestaltende Führungsaufgaben ist das volkswirtschaftliche Orientierungswissen allerdings eine wichtige Grundvoraussetzung.
Die gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeldtrends, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht gesondert eingegangen werden kann, seien aber nochmals kurz genannt: Globalisierung von nationalen Märkten, Deregulierung von Monopolsektoren, Privatisierung öffentlicher Unternehmen, Dienstleistungen in kundennahen Branchen, Umweltschutz in produzierenden Bereichen, Shareholder-Value der Anteilseigner. Andere sprechen deutlicher von Raubtierkapitalismus und kennzeichnen das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der Ökonomie (vgl. WEIZSÄCKER, von, Ernst Ulrich: Mehr Spaß im Alter, Frankfurter Rundschau 27.12.1999, S.8). Dazu kommen, dass der Trend im Wettbewerb unumkehrbar ist, der Wettbewerb sich bei der Erzeugung und auf der Kundenseite entfaltet, die Konkurrenz und der Preisdruck sich genauso bemerkbar machen, wie der Wettbewerb um jeden Kunden, der Wandel des Umfeldes eine strategische Neuausrichtung fordert, wie auch neue Strategieoptionen, wie Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung oder Diversifizierung. Die Strategie-Optionen sind von den einzelnen Wertschöpfungsstufen abhängig.
1.4 Problemstellung
Trendforscher, Soziologen, Psychologen, Philosophen, Forscher vieler Couleur versuchen nun die Wirkungsmechanismen nicht nur der Ökonomie, wie alles zusammenhängt, wo es seinen Ursprung hat, sondern insbesondere das Verhalten der Menschen unter veränderten Zeitbedingtheiten im Hinblick auf Kaufentscheidungen zu entschlüsseln. Liest man die Analysen des Club of Rome, den amerikanischen Zukunftsforscher Jeremy Rifkin und Ulrich Becks Modell von der Bürgergesellschaft, so kommen diese gleichlautend mit dem Massachusetts Institut of Technology zu dem Ergebnis, dass die Welt der Arbeit schon bald ganz anders aussehen wird als heute: wechselhafter, unübersichtlicher, mehr persönlichen Einsatz und lebenslanges Lernen fordernd.
Das Lebensgefühl, durch ein Bewußtsein, auch Unterbewußtsein, welches uns steuert und ein verändertes Denken und Fühlen (ego-dynamisch) durch z.B. Trends, fördert einen neuen Konsum und neues Konsumentenverhalten. Diese veränderten Bedürfnisse mögen objektiv wertbare Qualitäten (Dinglichkeiten) oder subjektive Qualitäten (z.B. eine Landschaft) haben, ihre Kenntnis ist aber Voraussetzung dafür, ein Produkt verkaufen zu können. In diesem kommunikativen Prozeß müssen alle Akteure einbezogen werden (vgl. Anhang 2).
Man geht davon aus, daß, wer die Kur- (Gesundheits-) und Freizeiterwartungen der Menschen kennt, seine Einstellung hierzu den Kunden gegenüber so verändern oder anpassen kann, daß es zu einer neuen Methodik des Verkaufens von Kur- und Freizeitaktivitäten, von Reisen etc., zu einem neuen zeitgemäßen Marketingverhalten, kommen wird. Es gilt die Einstellung: „Nicht die Leistung – das Erlebnis zählt!“
Lässt dieser permanente Integrations- und Transformationsprozeß bereits jetzt Gründe erkennen, die eine feste Ausgangsposition für situationsbezogene und zeitgerechte strategische Marketing-Entscheidungen bilden?
Grundsätzlich gilt, je offener und transparenter die Kundenwünsche, im Dialogverfahren aus individuellen Wunschmodulen (Inhalte plus Emotionen) zum entscheidenden Programm zusammengestellt, erfüllt werden, desto zufriedener ist nicht nur der Kunde, sondern um so berechenbarer wird er auch für einen weiteren Verkauf von Kur- und Freizeitdestinationen für den Anbieter. Greifen traditionelle wissenschaftserprobte Managementmethoden bei den bekannten normativen und analytischen oder technischen Problemen im Kur- und Bäderbereich? Würde dieses dann theoretisch lernende Modell konkret angewendet werden, hätten wir einen fließenden Wandel, könnte das die Antwort sein oder hat die Praxis einen zu langen Anlauf? Unter Ziffer 3 dieser Arbeit wird eine Annäherung an eine mögliche Antwort versucht.
Kur sowie Gesundheitswesen unterliegen, wie auch die Lebensverhältnisse, den jeweiligen Zeitreflexionen. Normierungen, Festschreiben von einmal als für eine bestimmte Zeit als „richtig“ empfundene Kurformen, mögen zwar für Kontinuität im Sinne von berechenbar sprechen, sind aber hinderlich für das auf Wandel und Evolution (also zum „Besseren“, Stärkeren) angelegte Leben. So haben sich heute die Bedingungen der Kur der Zeit dynamisch angepasst und der Staat und Sozialversicherungsträger sich von „Zusatzleistungen“, die nach einer neuen Werteskala den Bürger/innen zu zahlen zugemutet werden können, befreit.
Das Hauptaugenmerk der medizinisch notwendigen Kur sind aber, unabhängig von sonstigen Formen, ihre Wesensbestandteile Prävention (lat.“Vorbeugung“) und Rehabilitation (lat.“Wiedereingliederung“) mit den Wirkprinzipien: Stabilisierung von körpereigenen Regulationssystemen, zu denen auch das vegetative Nervensystem zählt, Steigerung der Organkapazität durch Anpassungsleistung (z.B. medizinisch therapeutisches Training, Atemübungen, höhenklimatische Veränderungen), Gesundheitserziehung im Rahmen von Vorträgen, individuell erarbeiteten Diätplänen etc. und das schonende Ausschalten schädlicher Einflüsse von außen (z.B. psychosozialer Stress, Fehlernährung, Luftverunreinigung etc.).
Anhand dieser Arbeit soll dies, die Aussagen zur innovativen und Sinn gebenden Unternehmensphilosophie als Teil einer Managementmethode und verschiedene Trends auf dem Gebiet der Kur- und Freizeitdestination aufgezeigt und Modelle vorgestellt werden.
1.5 Abgrenzung
Die strukturellen Ursachen der 1. Krise 1975/1977, die konjunkturellen Ursachen der 2. Krise 1981/1983, der finanzpolitischen Ursachen der 3. Krise 1988/99 und der Stagnation 1991/92 und 1992/93 im Gesundheits- und Kurwesen werden durch die Literatur hinreichend beschrieben (vgl. DEUTSCHER BÄDERVERBAND, DBV 1993 a, S. 46 und VERBAND DEUTSCHER RENTENVERSICHERUNGS- TRÄGER, VDR 1994, S. 273) und belegen die Unfähigkeit zur notwendigen Reaktion auf bestehende Defizite, bzw. machen die Trägheit der nicht an marktgerechtes professionelles Handeln Gewöhnten deutlich. „Der in den 60er und frühen 70er Jahren vorherrschende Verkäufer- oder Anbietermarkt wurde von einem nachfragebeherrschten Käufermarkt abgelöst.“ (vgl. BLEILE, G.: Kur- und Bädertourismus 1960 – 1979, Langfristige Entwicklungstendenzen in Der Fremdenverkehr Heft 8/1981, S. 8 ff.) „Der kommunale oder staatliche Regiebetrieb gestattet jedoch kein markt- und wettbewerbsorientiertes Management des Kurbetriebs nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen.“ (vgl. BLEILE, G.: 1992, Zunehmender Wettbewerbsdruck erfordert neue Management-Konzepte und Marketing - Strategien In: „Wie erstelle ich eine Fremdenverkehrskonzeption?“ Leitfaden mit praktischen Beispielen, (Hg.): Deutsches Seminar für Fremdenverkehr, S. 277 – 281, Berlin.)
Der gesetzliche Rahmen, den das Gesundheitsstrukturgesetz und das Pflegeversicherungsgesetz geschaffen haben und der nun einen großen Effizienzdruck erzeugt und eine nicht minder große Arbeitsintensität auf Seiten der an Gesundheit und Kur Verdienenden verursacht hat, kann im Rahmen dieser Arbeit weder in seinen Gründen analysiert noch aufgezeigt werden, welche kaufmännisch und strategisch notwendigen Maßnahmen auf Seiten der Medizin im einzelnen ergriffen wurden und noch werden.
Es wird also das Kurwesen in seinen Wesenszügen behandelt und bildet eine beispielhafte Grundlage dieser Arbeit (Ziffer 2), weshalb auch auf die abgebildeten Darstellungen zur Aufgabe, Struktur und Systematik der Kur in dem Anhang besonders hingewiesen wird.
2 Die Kur auf dem Weg zu neuen Formen
2.1 Entwicklung und Aufgaben der Kur im Gesundheitsbetrieb
„Heilbäder sind als Behandlungszentren dort entstanden, wo ihre naturgegebenen Voraussetzungen vorhanden waren und der Mensch deren Nutzen erkannt hat“ (QUENTIN, Karl-Ernst: Die Bedeutung der Ortsgebundenheit aus der Sicht des Deutschen Bäderverbandes, Heilbad und Kurort, Jg.40, 1988, H.9/10, S. 270-271). Diese Orte oder besser in den Orten die naturgegebenen (balneologischen) Mittel, die es nur dort gab, waren der eigentliche und ursprüngliche Sinn (marktmäßig ein Knappheitsproblem), um mit dessen und der Ärzte Hilfe zur Gesundung zu gelangen. Hinzu kamen, wie gesagt, die sich auf bestimmte Kurmittel und damit zu kurierende Krankheiten spezialisierten Ärzte und Therapeuten mit Ihrer Kompetenz, ihrer beruflichen Leistung und die am Ort sich bildenden existentiell und ökonomisch von dieser neuen Klientel Abhängigen, wobei der erzielbare Gewinn nicht unbedingt ein berufliches Motiv und berufliche Erfüllung sein musste. Für den Mediziner kann seine eigentliche Erfüllung und persönlicher Ansporn darin liegen, dass er "Nützliches“ (Helfen) bewirkt. Nach seinem beruflichen Ethos kann er kein rein ökonomischer Mensch sein. Sein Bilanzgewinn hat andere Indikatoren.
Nach den „Begriffsbestimmungen für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen“ des DBV und DFV (1991) sind Kurorte Gebiete (Orte oder Ortsteile) mit
- besonderen natürlichen Gegebenheiten – natürliche Heilmittel des Bodens, des Meeres und des Klimas (vgl. DBV/DFV 1991, S. 15),
- zweckentsprechenden Einrichtungen, z.B. Trink- und Wandelhalle, Kurpark, Kurmittelhaus, Inhalatorium, Park- und Waldanlagen, Sanatorien, und Kurkliniken, Sport-, Spiel- und Liegewiesen, Frei- und Hallenbad (vgl. DBV/DFV 1991, S. 21),
- artgemäßem Kurortcharakter, „der sich in Kureinrichtungen aller Art, in gepflegtem Ortsbild und aufgelockerter Bebauung und der Einbettung von Grün in das Ortsbild widerspiegeln muss“ (vgl. DBV/DFV 1991, S. 24 – vgl. auch FUCHS, Wolfgang: Position deutscher Heilbäder und Kurorte in einem sich öffnenden Europa. -in: Europäische Kurorte: Fakten und Perspektiven, (Hg.): F. Stadtfeld, S. 59-66, Limburgerhof, 1993. Und BLEILE, Georg: Kurorte und Heilbäder in der Bundesrepublik Deutschland – Struktur und Entwicklung. – Zeitschrift für Fremdenverkehr. H. 3, 1985, S. 9-14).
Nach den 12 Thesen des Deutschen Bäderverbandes e.V. Bonn (vgl. Anhang 3) haben Heilbäder und Kurorte die Aufgabe, mit besonderen kurtypischen Behandlungsverfahren Kompetenzen (Kräfte, Fähigkeiten und Fertigkeiten) und gesundheitliche Ressourcen des Organismus und der Person zu entwickeln, dass heißt Heil- und Abwehrkräfte zu mobilisieren und die Eigenverantwortung für ein gesundheitsbewusstes Leben zu stärken. In der Kurortmedizin geht es in der Therapie also nicht nur um die Beseitigung von Defiziten durch Heiltechnik bei Krankheiten. Kuren haben das Ziel, den Menschen zu helfen, das Leben im individuellen Bedingungsgefüge auch trotz chronischer Krankheit mit mehr Wissen um Gesundheit und Krankheit und mit angepassteren Strategien besser zu bewältigen, damit ihnen Lebensgleichgewichte als Voraussetzungen von „sozialen Gesundheiten“ besser gelingen. Die Kurortmedizin ergänzt mit ihrem Therapiesystem auf dem Boden dieses Kompetenzmodells eines dynamischen Gesundheitsbegriffs die Heiltechnik der rein kurativen Medizin anderer Fächer, die nach dem Defizitmodell von Gesundheit und Krankheit organisiert sind.
In dem Positionspapier „Gesundheit 2000“ des Deutschen Bäderverbandes e.V. zum 89. Deutschen Bädertag unter dem Thema: „Die Kur: Heilen heißt ein Ganzes machen“ vom 24. bis 28.10.1993 in Bad Füssing wird festgestellt: Kuren sind mit ihren besonderen Methoden ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems in Deutschland. Sie sind medizinisch für die Bewältigung bestimmter Aufgaben notwendig, kulturell eine entwickelte Form für die Lösung auch international als vordringlich anerkannter Aufgaben der Gesundheitssysteme, gesundheitsökonomisch und wirtschaftlich sinnvoll, gesellschaftlich und sozial unverzichtbar. Kuren gehören in unsere Gesellschaft, aufgrund besonderer Methoden und aktivierender Behandlungsverfahren für die Aufgaben Prävention in den verschiedenen Stufen, Kuration chronischer Krankheiten, Rehabilitation und zur Verhinderung vorzeitiger Pflegebedürftigkeit im Alter zu den Grundleistungen des medizinischen Versorgungssystem im phasenhaften Ablauf von Erkrankungs- und Gesundungsprozessen. Sie ergänzen mit besonderen Therapieverfahren eines Funktions- und Regulationstrainings im Rahmen einer ganzheitlichen, integrativen Adaptionstherapie die Akutkrankenhäuser und das System der niedergelassenen Ärzte in der Grundversorgung.
[...]
- Quote paper
- Lars König (Author), 2000, Entwicklungsmöglichkeiten im Kur- und Bäderwesen durch einen Management-Marketing-Ansatz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29453
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