Nichts hat die abendländische Kultur so stark geformt, wie die seit der Spätantike
bestehenden Orden und Klöster. Ohne die klösterlichen Schriften und Bibliotheken
wäre uns heute kein Werk überliefert. Klöster haben mit ihren Schulen weit über den
eigenen Nachwuchs hinaus Bildung vermittelt. Sie waren wirtschaftlich, politisch,
künstlerisch und nicht zuletzt spiritueller Mittelpunkt. Weiter entdeckten kirchliche
Kreise bereits früh ihren sozialen Auftrag neu und engagierten sich für eine angemessene
Versorgung aller Kranken.
In diesem Zusammenhang möchte ich über eine religiöse Frauengemeinschaft berichten,
deren Mitglieder sich frei in der Öffentlichkeit bewegen durften. Sie wollten
nicht als Orden angesehen werden und kannten daher nur einfache, lange Zeit nicht
einmal ewige Gelübde noch Klausuren, was in der katholischen Kirche etwas völlig
Neues war. Ohne Schleier und Ordenstracht – sie trugen die Tracht der bretonischen
Landmädchen, die in Paris als Hausangestellte tätig waren – gingen sie von Haus zu
Haus, betreuten dort Kranke, Alte und Waisen, kümmerten sich um Häftlinge und
sorgten in den Hospitälern für eine organisierte Krankenpflege. Heute ist die
Gemeinschaft bekannt unter den Namen „Vinzentinerinnen“ oder auch „Barmherzige
Schwestern“. Da ich selber im Bereich der Pflege gearbeitet habe, fasziniert
mich die bedingungslose und liebevolle Hingabe dieser Schwestern, die heute
zahlenmäßig zu der stärksten Frauengemeinschaft in der Kirche zählt.1
In meiner Arbeit erläutere ich daher als Erstes die Begrifflichkeiten Vinzentinerinnen,
Barmherzige Schwestern und beschäftige mich weiter mit den Gründern der
religiösen Gemeinschaft, Vinzenz von Paul und Louise von Marillac. Anschließend
gehe ich auf die Entstehungsgeschichte und die geschichtliche Entwicklung ein,
bevor ich einen Überblick über das Leben der Gemeinschaft gebe. Im weiteren
Verlauf spreche ich die Geschichte und Botschaft der „Wundertätigen Medaille“, die
Tracht der Frauengemeinschaft und ihre Tätigkeitsbereiche von früher und heute an.
Am Ende gehe ich näher auf den gegenwärtigen Stand der Gemeinschaft ein und
gebe einen kurzen Ausblick in die Zukunft, bevor ich mit dem Fazit meine Arbeit
abschließe.
1 Vgl. Georg Schwaiger (Hg.), Mönchtum 79.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zu den Begrifflichkeiten Vinzentinerinnen/ Barmherzige Schwestern
2.1 Vinzentinerinnen (Filles de la Charité de Saint Vincent de Paul)
2.2 Straßburger Kongregation
3. Gründer der religiösen Gemeinschaft
3.1 Hl. Vinzenz von Paul
3.2 Hl. Louise von Marillac
4. Entstehungsgeschichte
5. Geschichtliche Entwicklung
5.1 Von der Gründung 1633 bis zur Reformation
5.2 Von der Reformation bis heute
6. Leben in der Gemeinschaft
6.1 Struktur
6.2 Lebensform
7. Die Wundertätige Medaille
7.1 Geschichte der wundertätigen Medaille
7.2 Die Botschaft der Medaille – Vorderseite
7.3 Die Botschaft der Medaille – Rückseite
8. Tracht der Frauengemeinschaft
9. Tätigkeitsbereiche
9.1 Früher
9.2 Heute
10. Gegenwärtiger Stand
11. Zukunftsaussichten
12. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Alle Abbildungen stammen von http://www.vinzentinerinnen.de
1. Einleitung
Nichts hat die abendländische Kultur so stark geformt, wie die seit der Spätantike bestehenden Orden und Klöster. Ohne die klösterlichen Schriften und Bibliotheken wäre uns heute kein Werk überliefert. Klöster haben mit ihren Schulen weit über den eigenen Nachwuchs hinaus Bildung vermittelt. Sie waren wirtschaftlich, politisch, künstlerisch und nicht zuletzt spiritueller Mittelpunkt. Weiter entdeckten kirchliche Kreise bereits früh ihren sozialen Auftrag neu und engagierten sich für eine ange-messene Versorgung aller Kranken.
In diesem Zusammenhang möchte ich über eine religiöse Frauengemeinschaft be-richten, deren Mitglieder sich frei in der Öffentlichkeit bewegen durften. Sie wollten nicht als Orden angesehen werden und kannten daher nur einfache, lange Zeit nicht einmal ewige Gelübde noch Klausuren, was in der katholischen Kirche etwas völlig Neues war. Ohne Schleier und Ordenstracht – sie trugen die Tracht der bretonischen Landmädchen, die in Paris als Hausangestellte tätig waren – gingen sie von Haus zu Haus, betreuten dort Kranke, Alte und Waisen, kümmerten sich um Häftlinge und sorgten in den Hospitälern für eine organisierte Krankenpflege. Heute ist die Gemeinschaft bekannt unter den Namen „Vinzentinerinnen“ oder auch „Barm-herzige Schwestern“. Da ich selber im Bereich der Pflege gearbeitet habe, fasziniert mich die bedingungslose und liebevolle Hingabe dieser Schwestern, die heute zahlenmäßig zu der stärksten Frauengemeinschaft in der Kirche zählt.[1]
In meiner Arbeit erläutere ich daher als Erstes die Begrifflichkeiten Vinzentiner-innen, Barmherzige Schwestern und beschäftige mich weiter mit den Gründern der religiösen Gemeinschaft, Vinzenz von Paul und Louise von Marillac. Anschließend gehe ich auf die Entstehungsgeschichte und die geschichtliche Entwicklung ein, bevor ich einen Überblick über das Leben der Gemeinschaft gebe. Im weiteren Verlauf spreche ich die Geschichte und Botschaft der „Wundertätigen Medaille“, die Tracht der Frauengemeinschaft und ihre Tätigkeitsbereiche von früher und heute an. Am Ende gehe ich näher auf den gegenwärtigen Stand der Gemeinschaft ein und gebe einen kurzen Ausblick in die Zukunft, bevor ich mit dem Fazit meine Arbeit abschließe.
2. Zu den Begrifflichkeiten Vinzentinerinnen/ Barmherzige Schwestern
2.1 Vinzentinerinnen (Filles de la Charité de Saint Vincent de Paul)
Die Gesellschaft des apostolischen Lebens wurde 1633 in Paris von Vinzenz von Paul und Louise de Marillac gegründet. Anfangs sammelte Vinzenz von Paul Land-mädchen als Helferinnen für seine Confrérie des Dames de Charitè, die er später aber als Filles de la Charitè („Töchter der Liebe“) in die Obhut und Ausbildung von Louise de Marillac gab. Die „Töchter der Liebe“ wurden als Genossenschaft orga-nisiert und legten nur private, einfache Gelübde ab, die jährlich erneuert wurden. Dadurch sind sie keinem Ordensrecht mit Klausurangebot unterstellt und somit frei und ungebunden für ihre Arbeit. 1655 erhielt die Gesellschaft durch den Erzbischof von Paris die kirchliche und 1668 folgte auch die staatliche Anerkennung.[2]
2.2 Straßburger Kongregation
A) Kongregation päpstlichen Rechts
Kardinal Armand-Gaston de Rohan-Soubise (1674-1749) gründet 1734 in Zabern mit Hilfe von „Schwestern des hl. Paulus“ eine Kongregation päpstlichen Rechts für die Armen- und Krankenpflege. Die Schwestern verehren Vinzenz von Paul als ihren Patron und haben sich seiner Sendung verpflichtet. Anderes als bei den „Töchtern der Liebe“, konnte diese Kongregation die Französische Revolution überstehen. Das Mutterhaus wurde 1827 nach Straßburg verlegt. Von hier aus breitete sich die Kon-gregation weiter nach Deutschland, Ungarn, Bulgarien usw. aus und war damit Vor-bild für viele sozial-caritative Kongregationen des 19. Jahrhunderts.[3]
B) Verselbstständigte Kongregationen in Deutschland
Die Berufung von „Straßburger Schwestern“ nach Deutschland bewirkte hier die Entstehung eigener Mutterhäuser, die zuerst noch vom „Straßburger Mutterhaus“ organisiert wurden. Durch politische Gründe, wie z.B. der 1. Weltkrieg, Kultur-kampf, kam es aber zur Verselbstständigung dieser Mutterhäuser. In Deutschland tragen diese Kongregationen vom hl. Vinzenz von Paul den Namen „Vinzentiner-innen“ bzw. „Barmherzige Schwestern“ (werden oft auch synonym verwendet) und sind teils päpstlichen oder bischöflichen Rechts.[4]
3. Gründer der religiösen Gemeinschaft
3.1 Hl. Vinzenz von Paul
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der hl. Vinzenz von Paul wurde am 24. April 1581 als Sohn einer armen Bauernfamilie im Dorf Pouy bei Dax in Südfrankreich geboren. 1597 begann er mit seinem Theologiestudium in Toulouse, welches er 1604 erfolgreich beendete. Am 23.9.1600 kommt es zur Priesterweihe und damit zur Wandlung vom „Streber nach Karrie-re“ zum „Genie der Nächstenliebe“.[5] Nach der Gefangenschaft 1605/ 06 in Tunis, folgten an-
schließend Aufenthalte in Avignon und Rom, bis er 1608 nach Paris übersiedelte. Hier war er einige Zeit als Almosenpfleger und Hausgeistlicher am Hof der Königin Margarete von Valois tätig, bis er schließlich 1612 Pfarrer von Clichy bei Paris wurde. 1617 verlässt er heimlich seine Pfarrgemeinde, um eine Pfarrstelle in Chatillon-les-Dombes (Lyon) anzunehmen.[6] Hier kommt es auch zur entschei-denden Wende in seinem Leben. Eines Tages kreuzt eine Frau Chaffaigne seinen Weg und berichtet ihm von einer kranken Familie, die am Stadtrand im äußersten Elend lebt. Sie bittet ihn um Hilfe. Als er im Anschluss von seiner Kanzel spricht, predigt er über die Nächstenliebe. Nach dem Gottesdienst strömten viele Menschen zum Haus dieser Familie, um zu helfen. Um weiteren Menschen behilflich zu sein, kam es am 23. August 1617 zur Gründung des 1. Caritasvereins. 1624 kommt es zur ersten Begegnung mit der frommen Louise de Marillac, die Witwe von Antoine Le Gras. Diese Begegnung wird schließlich der Beginn einer innigen Freundschaft. Kurz darauf folgte 1625 die Gründung der Missionspriester, die auch Vinzentiner oder Lazaristen genannt. Sie war eine Weltpriestervereinigung, welche vorwiegend für innere Missionsaufgaben eingesetzt wurde.[7] Der hl. Vinzenz war jetzt immer mehr auf fremde Hilfe angewiesen, denn gerade in den letzten Jahren waren die Anzahl der Frauenvereine stark angestiegen. Zusammen mit Louise von Marillac gründete er am 29. November 1633 die Gemeinschaft der „Barmherzigen Schwes-tern“ in Paris. Er übertrug ihr die Leitung und Ausbildung der zukünftigen Schwestern. Die ersten Mädchen wurden im Haus von Louise, in der „Schule der Liebe“, zu Schwestern ausgebildet und beendeten ihre Ausbildung mit einem Gelübde. Dabei stand der Berufsgedanke an erster Stelle.[8] Am 15. März 1660 stirbt Louise von Marillac. Nur wenige Monate später, am 27. September, stirbt auch Vinzenz von Paul. Nur 77 Jahre nach seinem Tod wird er 1737 von Papst Klemens XII. heilig gesprochen und 1885 von Papst Leo XIII. zum Patron aller Werke der Caritas ernannt.[9]
Wahlspruch
„Sie müssen oft daran denken, daß Ihre wichtigste Aufgabe und das, was Ihnen von Gott besonders aufgetragen wurde, dies ist, große Sorgfalt darauf zu verwenden, den Armen zu dienen, die unsere Herren sind“ (LO 204).[10]
3.2 Hl. Louise von Marillac
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die heilige Louise entstammt dem hochadeligen Geschlecht der Marillacs. Sie ist die uneheliche Tochter des Louis von Marillac, der in könig-lichen Diensten stand. Louise wurde 12. August 1591 in Paris geboren. Der Vater erkennt Louise als leibliche Tochter an, was durch einen notariellen Akt bezeugt wird. Der Name der Mutter ist unbekannt, ebenso, wo Louise ihre ersten Lebensjahre verbrachte. Auf Anweisung
ihres Vaters, genoss sie eine gute Erziehung in einem vornehmen Pensionat bei den Dominikanerinnen in Poissy. Schon als junges Mädchen war für sie klar geworden, später den Kapuzinerinnen beizutreten. Aufgrund ihrer schwachen Gesundheit wurde ihr aber der Eintritt in den Orden verwehrt. Mit 22 Jahren heiratet sie am 5. Februar 1613 auf Wunsch ihrer Verwandten den Sekretär der Königin Maria, Antoine Le Gras und wird Mutter eines Sohnes mit dem Namen Michél, der ihr viel Kummer beschert.[11] Der Tod ihres Mannes im Jahre 1625 hinterlässt sie hilflos. Die Ableh-nung von den Kapuzinerinnen und der Tod ihres Mannes quälte sie, bis sie im gleichen Jahr Vinzenz von Paul trifft. Er steht ihr zur Seite und setzt sie später im Werk der „Bruderschaft der Nächstenliebe“ ein. Am 29. November 1633 nimmt Louise von Marillac vier junge Bauernmädchen, die sich Gott zum Dienste an den Armen weihen möchten, in ihrem Haus auf. Sie lehrt ihnen praktische Lebenstätig-keiten, lesen und schreiben. Am 25. März 1634 legten diese vier Mädchen ihr privates Gelübde ab und bildeten damit die ersten Grundsteine der „Compagnie des Filles de la Charité“, der Genossenschaft der „Barmherzigen Schwestern“. Paul von Vinzenz überträgt Louise von Marillac die gesamte Leitung und Ausbildung der zukünftigen Schwerstern, wobei der Berufsgedanke bei ihr an erster Stelle steht.[12] Zusammen begleiten, unterstützen, orientieren und organisieren Vinzenz von Paul und Louise von Marillac diese ganz neue Gemeinschaft innerhalb der Kirche, diese Gemeinschaft ohne Klausur, ohne Kloster. Die Schwestern ziehen durch die Straßen der Städte, über die Wege der Dörfer, um allen Notleidenden zur Hilfe zu eilen. Louise von Marillac stirbt am 15. März 1660, wenige Monate vor Vinzenz von Paul. Sie wird am 11. März 1934 von Papst Pius XI. heilig gesprochen, 1960 erklärt Papst Johannes XXIII. sie zur Patronin all derer, die sich den sozialen Werken widmen.[13]
[...]
[1] Vgl. Georg Schwaiger (Hg.), Mönchtum 79.
[2] Vgl. Karl Suso Frank, Art. Vinzentinerinnen 795 f.
[3] Hierzu. ebd.
[4] Hierzu. ebd.
[5] Vgl. Claus Schreiner (Hg.), Frauenorden 50.
[6] Siehe. ebd. 50 f.
[7] Siehe hierzu. Lieselotte Sterner, Die Kongregation 37 f.
[8] Vgl. Max Heimbucher, Die Orden 462 f.
[9] Siehe. Claus Schreiner (Hg.), Frauenorden 50 f.
[10] Claus Schreiner (Hg.), Frauenorden 51.
[11] Dazu. Max Heimbucher, Die Orden 462 f.
[12] Vgl. Max Heimbucher, Die Orden 462 f.
[13] Dazu Lieselotte Sterner, Die Kongregation 37-43.
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