„Bonn ist nicht Weimar“ . Mit dieser in der Bundesrepublik Deutschland zum Sprichwort avancierten Formel hat der Schweizer Journalist Fritz René Allemann das Empfinden der Deutschen in Bezug zur eigenen Nachkriegsgeschichte auf den Punkt gebracht. Aus dem Scheitern der Weimarer Republik, so die gängige Annahme der bundesrepublikanischen Erfolgsgeschichte, habe man gelernt und vom Grundgesetz bis zur politischen Kultur die Konsequenzen gezogen.
Bereits der Herrenchiemseer Entwurf und später dann die Beratungen des Parlamentarischen Rates haben großen Wert darauf gelegt, die Schwächen der Weimarer Reichsverfassung, soweit es möglich war, auszumerzen, um die Bundesrepublik durch eine stabilere und krisenfestere Verfassung vor einer Wiederholung der Ereignisse von 1933, also vor der Zerschlagung der Demokratie durch ein totalitäres Unrechtsregime, zu schützen. Die Demokratie musste daher so diktaturfest wie möglich gemacht werden.
Obwohl in besonderem Maße das Zusammenspiel der einzelnen Verfassungsinstitutionen neu gestaltet und dabei insbesondere die Kompetenzen des Staatsoberhauptes beschnitten wurden, um in Krisenzeiten die Herrschaft des Präsidenten in quasi diktatorischen Präsidialkabinetten, wie sie gegen Ende der Weimarer Republik existierten, zu verhindern , steht das Grundgesetz der Weimarer Reichsverfassung erheblich näher als allen vorangegangenen deutschen Verfassungen, einschließlich der Bismarck-Verfassung und der Paulskirchen-Verfassung.
Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es in der Weimarer Reichsverfassung und im Grundgesetz gibt, welche Aufgaben die einzelnen Verfassungsinstitutionen im politischen System einnehmen und welche Bedeutung ihnen zukommt, was die Fehler der Weimarer Reichsverfassung waren und was das Grundgesetz aus diesen Fehlern gelernt hat, wird im Laufe dieser Arbeit erläutert. Dabei spielt nicht so sehr ein vollständiger Vergleich beider Verfassungen eine Rolle, sondern vielmehr der gezielte Vergleich der Regierungssysteme, also wesentlicher Verfassungsinstitutionen. So wird in den folgenden Kapiteln speziell auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Reichs- und Bundestages, des Reichs- und Bundespräsidenten, der Reichs- und Bundesregierung, des Reichs- und Bundesrates und des jeweiligen Verfassungsschutzes eingegangen. Da die gesamte Thematik sich allerdings sehr komplex darstellt, kann es lediglich Aufgabe dieser Arbeit sein, einen Überblick bzw. eine Einführung in das Thema zu geben [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Weimarer und Bonner Regierungssystem im Vergleich
- Reichstag und Bundestag
- Reichspräsident und Bundespräsident
- Reichregierung und Bundesregierung
- Reichsrat und Bundesrat
- Verfassungsschutz
- Aus den Fehlern gelernt...
- ...aber: Bonn ist nicht Weimar.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Regierungssysteme der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Der Fokus liegt dabei auf den zentralen Verfassungsinstitutionen beider Systeme und der Frage, ob die Bundesrepublik aus den Fehlern der Weimarer Republik gelernt hat.
- Vergleich der Verfassungsinstitutionen des Reichstags und des Bundestages
- Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Reichspräsidenten und des Bundespräsidenten
- Analyse der Aufgaben und Kompetenzen der Reichs- und Bundesregierung
- Bewertung der Rolle des Reichsrates und des Bundesrates in den politischen Systemen
- Einordnung des Verfassungsschutzes in beiden Systemen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die weit verbreitete Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland aus dem Scheitern der Weimarer Republik gelernt hat und dieses Wissen in die Gestaltung des Grundgesetzes und der politischen Kultur eingebracht hat. Es wird auf die Relevanz des Vergleichs der Regierungssysteme beider Republiken eingegangen und der Fokus auf die spezifischen Aufgaben der einzelnen Verfassungsinstitutionen gelegt.
Das Kapitel 2.1 analysiert die Funktionsweise des Reichstags und des Bundestages im Vergleich. Dabei werden die Wahlsysteme, die Gesetzgebungskompetenzen und die Rolle der Parlamente im politischen System beider Republiken beleuchtet.
Kapitel 2.2 befasst sich mit dem Vergleich des Reichspräsidenten und des Bundespräsidenten. Der Fokus liegt auf den jeweiligen Kompetenzen, dem Verhältnis zu den Parlamentarischen Organen und den Möglichkeiten, die Macht des Staatsoberhauptes zu begrenzen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Weimarer Republik, Bundesrepublik Deutschland, Regierungssystem, Verfassung, Reichstag, Bundestag, Reichspräsident, Bundespräsident, Reichsregierung, Bundesregierung, Reichsrat, Bundesrat, Verfassungsschutz, Demokratie, Totalitarismus, politische Kultur.
- Quote paper
- M. A. Alexander Gajewski (Author), 2012, Aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt? Die Regierungssysteme der Weimarer Republik und der Bundesrepublik im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292939