Als Bismarck am 24. April 1884 die Besitzungen des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz in Südwestafrika offiziell unter deutschen Schutz stellen ließ, stieg das Deutsche Reich in den Kreis der Kolonialmächte auf, dem es bis zur endgültigen Niederlage im 1. Weltkrieg und den fixierten Regelungen im Versailler Vertrag angehören sollte. Denn in jenem Augenblick, als sich das europäische Mächtesystem durch den einsetzenden imperialistischen Schub zum Weltstaatensystem auszuweiten begann, sah sich auch das Deutsche Reich gezwungen, aus Angst seine Großmachtposition in Europa zu verlieren, an überseeischen Kolonien zu partizipieren.
Unabhängig von der politischen Ausrichtung kamen Forderungen nach überseeischer Expansion aus der gesamten Bandbreite der deutschen Parteienlandschaft, von den Konservativen bis hin zu den Sozialdemokraten. Alle waren sich einig, dass eine europäische Großmacht, die Deutschland spätestens seit der Gründung des Reiches im Jahre 1871 war, auch Großmachtpolitik betreiben sollte, die sich, aufgrund des bereits erwähnten imperialistischen Schubes, auf eine andere Ebene der politischen Agitation hin zur Weltmachtpolitik verschoben hatte.
Obwohl der Zeitgeist des Imperialismus große Teile der Bevölkerung begeisterte und Kolonien im Allgemeinen häufig als Prestigeobjekte betrachtet wurden, stand Bismarck seit jeher einer formellen Kolonialpolitik sehr skeptisch gegenüber. Obwohl er letztlich 1884 aktiv in die Kolonialpolitik einstieg, äußerte er einem Reichstagsabgeordneten gegenüber noch 1881 unmissverständlich: „So lange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik.“
Warum sich der Reichskanzler 1884 dann doch entschied aktive Kolonialpolitik zu betreiben und welche Motive für seine Entscheidung ausschlaggebend und am Gewichtigsten waren, soll im weiteren Verlauf der Arbeit geklärt werden. Anschließend wird dieses theoretische
Fundament, welches sich lediglich mit der Konzeption deutscher Kolonien beschäftigt, am praktischen Beispiel der Kolonie Deutsch-Südwestafrika verdeutlicht. Dabei soll von der Ausgangslage der südwestafrikanischen Geographie und ihrer vorkolonialen Bevölkerung auf die Schwierigkeiten geschlossen werden, die nach dem Erwerb der Kolonie bei der Besiedlung, dem Abschluss von Schutzverträgen und der Durchsetzung des deutschen Machtanspruchs auftraten [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bismarcks Kolonialpolitik
- Deutsch- Südwestafrika
- Grenzen und Geographie
- Vorkoloniale Bevölkerung
- Erwerb der Kolonie
- Besiedlung und Eingeborenenpolitik
- Wirtschaftliche Bedeutung
- Verwaltung
- Ergebnis und Ausblick
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Kolonialpolitik des Deutschen Reiches unter Bismarck und analysiert am Beispiel der Kolonie Deutsch-Südwestafrika die Motive, die zu Bismarcks Entscheidung für eine aktive Kolonialpolitik führten, sowie die Herausforderungen und Auswirkungen der deutschen Herrschaft auf die einheimische Bevölkerung.
- Analyse der Motive für Bismarcks Kolonialpolitik
- Untersuchung der Geographie und der vorkolonialen Bevölkerung Deutsch-Südwestafrikas
- Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung der Kolonie für das Deutsche Reich
- Darstellung der deutschen Eingeborenenpolitik und ihrer Auswirkungen
- Skizzierung der deutschen Verwaltung in Deutsch-Südwestafrika
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext der deutschen Kolonialpolitik dar und erläutert die Bedeutung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika für das Deutsche Reich. Im zweiten Kapitel wird Bismarcks Kolonialpolitik analysiert und die Motive für seine Entscheidung, in den Kreis der Kolonialmächte einzutreten, untersucht. Das dritte Kapitel widmet sich der Kolonie Deutsch-Südwestafrika und beleuchtet die Geographie, die vorkoloniale Bevölkerung, den Erwerb der Kolonie, die Besiedlung und Eingeborenenpolitik, die wirtschaftliche Bedeutung und die deutsche Verwaltung. Das vierte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf das Ende der Kolonie.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Bismarcks Kolonialpolitik, Deutsch-Südwestafrika, Eingeborenenpolitik, wirtschaftliche Bedeutung, Verwaltung, Kolonialismus, Imperialismus, Deutsches Reich, Geschichte.
- Quote paper
- M. A. Alexander Gajewski (Author), 2010, Bismarcks Kolonialpolitik und die Kolonie Deutsch-Südwestafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292922