[...]
Da durch die Schließung einer Bank auch Teile der Aktiva weiterer dem Verbund angehörender Banken verloren gehen, kann es zu einem Dominoeffekt kommen, der sich über den gesamten Interbanken-Markt ausbreitet. Eine empirische Untersuchung deutscher Banken von Upper & Worms (2002) hat ergeben, dass der Bankrott einer Bank, die bilaterale Kreditbeziehungen zu anderen Banken unterhält, zu einem Verlust von 15% der Aktiva des gesamten Systems führen kann (Upper & Worms 2002, S. 23).
Derartige Bankensystem-Krisen sind mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden, da sie die Gefahr bergen, eine Eigendynamik zu entwickeln und den gesamten Finanzsektor der Ökonomie zu befallen. Die Folge sind steigende Kreditzinsen, was sich in einer Abschwächung der Aktivitäten auf dem realwirtschaftlichen Sektor niederschlägt und somit zu gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsverlusten führt. Die makroökonomische Konsequenz ist sinkendes Wachstum oder sogar Rezession. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Notwendigkeit einer übergeordneten Regulierungsinstanz (Zentralbank), die über geeignete Instrumente verfügt, mit Hilfe derer eine Ausbreitung auf weitere Kreditinstitute verhindert werden kann, um somit die Stabilität des Netzwerkes zu sichern.
[...]
Das zentrale Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht darin, zwei Modelle zur Abbildung der Funktionsweise von Interbanken-Kreditsystemen vorzustellen. Dabei werden die unterschiedlichen Strukturmuster von Bankensystemen abgegrenzt sowie deren Stabilität und Widerstandsfähigkeit bei Auftreten von Liquiditätsschocks untersucht. Dabei wird aufgezeigt, wie sich die Ausbreitung einer Liquiditätskrise auf weitere Banken des Verbundnetzes vollzieht. Ferner werden wirtschaftspolitische Implikationen, die sich für das Management von Systemkrisen durch die Zentralbank ergeben, abgeleitet. Als Grundlage für die folgenden Ausführungen dienen die beiden Beiträge:
„Financial Contagion“ (Allen & Gale), erschienen im Jahre 2000 in der Fachzeitschrift Journal of Political Economy und
„Systemic Risk, Interbank Relations, and Liquidity Provision by the Central Bank“ (Freixas, Parigi & Rochet), erschienen im Jahre 2000 in der Fachzeitschrift Journal of Money, Credit, and Banking.
Eine abschließende Zusammenfassung der Analyseergebnisse sowie ein Ausblick auf zukünftigen Forschungsbedarf sind Gegenstand des letzten Abschnittes.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Modellierung von Interbanken-Kreditsystemen
- Darstellung des Modells von Allen & Gale (2000)
- Erläuterung der Basisannahmen und des Modellrahmens
- Umverteilung des Liquiditätsrisikos als soziales Planungsproblem
- Kennzeichnung der Strukturmuster von Interbanken-Kreditmärkten
- Analyse der Entwicklung vom Einzelkonkurs zur Systemkrise
- Darstellung des Modells von Freixas et al. (2000)
- Erläuterung der Basisannahmen und des Modellrahmens
- Krisenanfälligkeit eines Interbanken-Marktes mit einer Money Center Bank
- Interventionsmaßnahmen der Zentralbank zur Vermeidung von Ausbreitungseffekten
- Darstellung des Modells von Allen & Gale (2000)
- Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das systematische Risiko im Interbanken-Zahlungsverkehr mit dem Ziel, die theoretischen Grundlagen für die Entstehung von Bankenkrisen zu analysieren und wirtschaftspolitische Implikationen für die Vermeidung dieser Krisen zu erarbeiten.
- Modellierung von Interbanken-Kreditsystemen
- Liquiditätsrisiko und Banken-Runs
- Systemisches Risiko und seine Auswirkungen auf die makroökonomische Stabilität
- Wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Risikominderung
Zusammenfassung der Kapitel
Problemstellung
Dieses Kapitel führt in die Problemstellung der Arbeit ein. Es erläutert die zentrale Rolle von Banken in modernen Volkswirtschaften und die damit verbundenen Herausforderungen, die aus der Ungewissheit über die Höhe der zukünftigen Einlagenabzüge entstehen. Die Notwendigkeit eines ausreichenden Reservebestandes, die daraus resultierenden Opportunitätskosten und die Rolle von Interbanken-Kreditbeziehungen zur Risikominderung werden beleuchtet.
Modellierung von Interbanken-Kreditsystemen
Darstellung des Modells von Allen & Gale (2000)
Dieses Unterkapitel beschreibt das Modell von Allen & Gale (2000), welches die Interbanken-Kreditbeziehungen als ein System zur optimalen Verteilung des Liquiditätsrisikos betrachtet. Es werden die Basisannahmen des Modells, die Strukturmuster von Interbanken-Kreditmärkten und die Entwicklung vom Einzelkonkurs zur Systemkrise analysiert.
Darstellung des Modells von Freixas et al. (2000)
Dieses Unterkapitel stellt das Modell von Freixas et al. (2000) vor, das die Rolle einer Money Center Bank in einem Interbanken-Markt untersucht. Es beleuchtet die Krisenanfälligkeit eines solchen Marktes und die Interventionsmaßnahmen der Zentralbank zur Vermeidung von Ausbreitungseffekten.
Schlüsselwörter
Interbanken-Zahlungsverkehr, systematisches Risiko, Liquiditätsrisiko, Banken-Runs, Bankenkrisen, Money Center Bank, Zentralbankinterventionen, makroökonomische Stabilität, wirtschaftspolitische Implikationen.
- Quote paper
- Manuel Koch (Author), 2004, Systematisches Risiko im Interbanken-Zahlungsverkehr: Theoretische Analyse und wirtschaftspolitische Implikationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29151