Die alten Germanen waren noch für ihre Sittenstrenge bekannt und bewahrten sich diese Tugend größtenteils auch trotz der dauernden Kriege. Erst der ständige Verkehr mit den südlichen Völkern verdarb ihre Sitten, und ab dem 9. Jahrhundert nach Christi war von der einstigen Sittenreinheit auch nicht mehr viel übrig geblieben. Auf Ehebruch und Hurerei standen zwar die allerhöchsten Strafen, jedoch allein der Fakt, daß solche Gesetze überhaupt nötig geworden waren, zeigt den Verfall der Sitten auf.
Die sogenannten „Bürgerlichen“ waren lange Zeit stolz auf ihre Sittenreinheit, und jeder ,der bei einem Fehltritt ertappt wurde, wurde hart bestraft. Für einen unverheirateten Mann war es jedoch keine Schande in ein Bordell zu gehen, da man sich so sicher sein konnte, daß er die unschuldigen Bürgertöchter, ebenso wie die verheirateten Frauen verschonen würde. In späterer Zeit verdarben jedoch die langen Kriege, vor allem der Dreißigjährige Krieg die Sitten- und Moralvorstellungen der Bevölkerung sehr. Zum einen blieb zu dieser Zeit kein Mädchen und auch keine Frau von Vergewaltigungen verschont, zum anderen zogen auch genug Huren, sogar die Ehefrauen der Soldaten mit in den Krieg. „Man lebte von einem Tag zum anderen, und wenn man schon nichts anderes mehr hatte, so hatte man doch Weiber“.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung – Entwicklung der Prostitution in Deutschland
2. Die Bedeutung der Ehe
3. Die Prostitution in der Frühen Neuzeit – Eine allgemeine Begriffsklärung
4. Die Prostitution in Köln
4.1 „Domus scronevrowe“ (Das Haus der schönen Frauen)
4.2 Der Betrieb
4.3 Die Schließung des Frauenhauses
5. Allgemeine Rechtsstellung von Prostituierten
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
7.1 Quellen
7.2 Sekundärliteratur
1. Einleitung – Entwicklung der Prostitution in Deutschland
Die alten Germanen waren noch für ihre Sittenstrenge bekannt und bewahrten sich diese Tugend größtenteils auch trotz der dauernden Kriege. Erst der ständige Verkehr mit den südlichen Völkern verdarb ihre Sitten, und ab dem 9. Jahrhundert nach Christi war von der einstigen Sittenreinheit auch nicht mehr viel übrig geblieben. Auf Ehebruch und Hurerei standen zwar die allerhöchsten Strafen, jedoch allein der Fakt, daß solche Gesetze überhaupt nötig geworden waren, zeigt den Verfall der Sitten auf. Die sogenannten „Bürgerlichen“ waren lange Zeit stolz auf ihre Sittenreinheit, und jeder ,der bei einem Fehltritt ertappt wurde, wurde hart bestraft. Für einen unverheirateten Mann war es jedoch keine Schande in ein Bordell zu gehen, da man sich so sicher sein konnte, daß er die unschuldigen Bürgertöchter, ebenso wie die verheirateten Frauen verschonen würde. In späterer Zeit verdarben jedoch die langen Kriege, vor allem der Dreißigjährige Krieg die Sitten- und Moralvorstellungen der Bevölkerung sehr. Zum einen blieb zu dieser Zeit kein Mädchen und auch keine Frau von Vergewaltigungen verschont, zum anderen zogen auch genug Huren, sogar die Ehefrauen der Soldaten mit in den Krieg. „Man lebte von einem Tag zum anderen, und wenn man schon nichts anderes mehr hatte, so hatte man doch Weiber“1 Ab Ende des 13. Jahrhunderts stößt man in vielen großen und auch kleinen Städten Deutschlands auf die so genannten Frauenhäuser (vgl. auch Abb.3 auf S.22 im Anhang).Ab dem 14.Jahrhundert besaßen selbst kleinste Städtchen solche Einrichtungen (vgl. auch Karte auf S.15 im Anhang). Ab dieser Zeit spielten die Huren im öffentlichen Leben eine Rolle. Die Prostitution war zu einem Grundbedürfnis herangewachsen. „Man hielt die Prostitution für ein Bedürfnis wie das Essen und Trinken, organisierte sie in Zünften und richtete überall Frauenhäuser zur öffentlichen „ungenierten“ Benutzung für alle Stände, für Volk und Fürsten ein. Nicht nur, daß es mancherorts zu bestimmter Jahreszeit, z.B. zur Fastnachtszeit eine Hurenprozession gab, es wurden auch offizielle städtische Feiern in den Freudenhäusern veranstaltet. Hoher Besuch wurde mit einer Selbstverständlichkeit ins Frauenhaus geleitet und dort auf Kosten der Stadt bewirtet; eine Erneuerung uralter gastlicher Prostitution in anderer Form.“2
Daraus ergeben sich nun folgende Fragen, die ich im weiteren Verlauf meiner Arbeit klären möchte:
1. Warum „rechtfertigt“ das frühneuzeitliche Familiengefüge die Prostitution?
2. Warum war Prostitution in der Frühen Neuzeit nötig (bzw. Warum wurde sie geduldet)?
3. Wo genau wurde die Prostitution betrieben?
4. Warum gab es Strafen für Prostituierte, und wie sahen diese aus?
5. Wie kam es zur Schließung der sogenannten „Frauenhäuser“?
6. Wie war die Rechtslage der Prostituierten in der damaligen Zeit?
2. Die Bedeutung der Ehe:
Um die Existenz der Prostitution in der frühen Neuzeit rechtfertigen zu können, muß einleitend zuerst das damalige Familiengefüge mit seinen Sitten- und Moralvorstellungen unter die Lupe genommen werden.
Die Ehe spielte in der zünftig organisierten Stadtgesellschaft eine zentrale Rolle. Die Familie in der frühen Neuzeit bestand nicht nur aus den Ehegatten, Kindern und Anverwandten. Die Hausherrschaft galt als das wichtigste frühneuzeitliche Herrschaftsmodell. Zu diesem gehörten ebenfalls Mägde, Knechte, Gesellen und Lehrlinge.
- ganzes Haus: Oikos, Oikia
- Ehepaar: Societas coniugalis
- Eltern/Kinder: Sozietas parentalis
- Herr/Knecht: Sozietas herilis3
Vielen Berufsgruppen stand infolge einer sehr langen Ausbildung, die gewöhnlich die Walz einschloß, nur die Spätehe offen. Anderen Schichten war die Heirat grundsätzlich versagt. Viele Handwerker konnten nur durch Heirat eines Meisters Witwe den Meistergrad selbst erlangen.
Eine eigenartige Rolle spielten in diesem Zusammenhang die mittelalterlichen Zünfte. Einerseits verlangten sie von den Mitgliedern ein einwandfreies moralisches Verhalten, tolerierten aber andererseits den Kontakt mit Huren, der allerdings auf das rein Geschlechtliche beschränkt bleiben musste. Bereits Geselligkeit beim Tanzen und Trinken wurde untersagt, eine Ehe verboten.4
Allgemein waren Ehen, die auf Liebe beruhten, selten. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte standen im Vordergrund. Während von der Frau erwartet wurde, daß sie jungfräulich in die Ehe ging, es sei denn, sie war Witwe, sammelten die Männer voreheliche Erfahrungen. Kam es jedoch zu vorehelichem Geschlechtsverkehr, sahen große Teile der Bevölkerung dies als Eheversprechen an, dem die Ehe folgte. Ab dem 16. Jahrhundert versuchte die Kirche, die Trauung zum entscheidenden Akt zu machen und den Geschlechtsverkehr erst danach zuzulassen. So ist es nicht verwunderlich, daß „Unzucht“ als ein typisch frühneuzeitliches Delikt an dritter Stelle in der Skala der Frauenkriminalität geführt wird.
Die Ehe schützte die Frau vor kriminellen Taten. Andererseits unterstand die Ehefrau der Vormundschaft des Mannes. Die Frau war in der Öffentlichkeit unmündig. Im Strafrecht wurde sie zwar für ihre Taten voll verantwortlich gemacht, wollte sie aber einen Akkusa-tionsprozeß anstreben, so war sie auf den Ehemann oder, im Falle der Ehelosigkeit, Witwenschaft etc., auf den Bruder bzw. den Vater angewiesen. Die Ehre der Frau lag in ihrer vorehelichen Jungfräulichkeit und war mit ihrem sittlich, moralischen Lebenswandel verknüpft. Stand der Mann für die Öffentlichkeit, galt die Ehefrau als die Hüterin der häuslichen Ordnung. Geriet eine Magd in den Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, so wandte sich der/die Geschädigte zumeist erst einmal an ihre Herrin. War die Ehre der Frau verletzt, verlor sie den Schutz der Familie und wurde aus ihrem sozialen Gefüge ausgeschlossen. Heimliche Verlöbnisse, Geschlechtsakt und ungewollte Schwangerschaft waren die Gefahren, denen junge Frauen ausgesetzt waren.
3. Die Prostitution in der Frühen Neuzeit - Eine allgemeine Begriffsklärung
Nach der Lehre des heiligen Augustinus (354 – 430 n. Chr.) war die gesellschaftliche Ordnung durch die Laster und Ausartungen des männlichen Geschlechtstriebes gefährdet. Der zerstörerische Geschlechtstrieb sei bedingt durch die Erbsünde und damit unausrottbar. Eng verknüpft mit dem Geschlechtstrieb sei die Prostitution und müsse als notwendiges Übel angesehen werden. Dies erklärt sich wiederum mit der Vorstellung der Figur Eva als alt- testamentarische Verführerin beim Sündenfall. Ein Indiz für die Sichtweise, die Frau als Verführerin zu sehen, ergibt sich auch aus den Protokollen der Kölner Turmbücher. In Fällen von ungewollter Schwangerschaft nach vorehelichem Geschlechtsverkehr versuchten die Männer sich aus der Verantwortung mit dem Argument zu ziehen, die ehemalige Geliebte habe die Initiative übernommen, sie sei ihnen nachgegangen oder sogar, wie es öfters heißt, „ihnen auf den Leib gerannt“. Die Prostitution erhielt durch die augustinische Lehre eine Art „Neutralisierungs- und Ventilfunktion“, die ihr in der frühneuzeitlichen, städtischen Gesellschaft eine Nische und Daseinsberechtigung bot, die man auch in den sogenannten „Frauenhäusern“ antraf. Nach P. Schuster gehörten diese Bordelle der Stadt oder einem Landesherren oder waren gemietet. Ein Frauenwirt oder eine Frauenwirtin betrieben dieses Haus.5
Zudem gab es die fahrenden Dirnen („mulieres vagas“), die sich unter Spielleute, Landstreicher, Gaukler und Söldner mischten und auf den Straßen unterwegs waren. Ihnen unterstellte man Prostitution zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage.6
Vorehelicher Geschlechtsverkehr für unverheiratete Männer war erlaubt. So sollten sie, um die Ehre lediger Frauen nicht zu verletzen, ihren Geschlechtstrieb bei den ehrlosen, käuflichen Frauen ausleben können. Prostitution wurde folglich von der Kirche geduldet.7 Es findet demnach eine soziale Güterabwägung statt, die sich auf der Grundlage einer Urkunde aus dem Jahre 1517 verifizieren lässt:
„Minus autem mali esse, ut libidinem suam incontinentes expleant in vulgaribus mulieribus sive prostabulis, quam in alienis matronis et filiabus (Es wird als weniger schlimm angesehen, wenn die Lüsternen ihre Wollust an den vulgären Frauen oder in Bordellen stillen, statt bei Frauen oder Töchtern anderer.)“8
Verheirateten Männern und dem Klerus, der im Zölibat lebte, waren diese außerehelichen Kontakte unter Strafe untersagt.
Jedoch seit dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts versuchte die Obrigkeit durch zahlreiche neue Ver- und Gebote, die Prostitution unter Kontrolle zu bekommen. Diese Entwicklung
kann man nicht nur in Deutschland beobachten, sondern gilt auch für andere europäische Länder wie Oberitalien und Frankreich. Gründe für eine vermehrte Ausgrenzung und Stigmatisierung der Prostituierten kann im Auftreten der Syphilis und auch der Pest gesehen werden. Krieg, Mißernten und Seuchen ließen immer mehr Landbevölkerung in die Städte ziehen. Die Pauperisierung in der Stadt, die Zunahme der Kriminalität ließ die Toleranzgrenze weiter sinken.
Frauen, die ins Gerede kamen, nannte man „Ehebrechersche“, „Hure“ oder „lose Pritt“. „Ehebrechersche Hure“, „Pfaffenhure“ und „diebische Hure“ waren nicht nur Kombinationen, sondern auch Steigerungsformen im Schimpfwortfundus. Die Prostituierten erscheinen in den Quellen meist als „gemeine Frauen“, „gemeine Weiber“, „freie Töchter“. Positive Bezeichnungen waren „Hübschlerin“, „schöne Frau“, „gutes Fräulein“, „liebes Fräulein“.9
4. Die Prostitution in Köln
Auch in Köln, auf das ich im weiteren Verlauf meines Referates als Beispiel eingehen werde, läßt sich seit dem 15. Jahrhundert eine Mehrung von Verordnungen bezüglich der Prostitution feststellen.
[...]
1 Willi Bauer, Geschichte und Wesen der Prostitution. Eine geschichtliche und sozialethische Darstellung der Prostitution in Wort und Bild und ihrer Folgen im Zeitraum von über 4000 Jahren, Stuttgart 1956, S.89.
2 Ebd.
3 Lexikon des Mittelalters, Zürich 1980-1992.
4 Beate Schuster, Die freien Frauen. Dirnen und Frauenhäuser im 15. und 16. Jahrhundert, Frankfurt a. M.-New York 1995, S. 336-338.
5 Peter Schuster, Das Frauenhaus. Städtische Bordelle in Deutschland (1350-1600), Paderborn-München-Wien-Zürich 1992, S.32.
Siehe auch Quellentext auf S.20 im Anhang.
6 Beate Schuster, Die freien Frauen, S.37.
7 Peter Schuster, Das Frauenhaus, S.41.
8 Peter Schuster, Das Frauenhaus, S.41. Schuster bezieht sich in seinen Ausführungen auf Schrank, Prostitution in Wien, S.66.
9 Lexikon des Mittelalters