Niemals zuvor in der Geschichte Europas seit dem Mittelalter waren die deutsch-polnischen Beziehungen so stark belastet wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Die deutsche Besatzung Polens kostete etwa sechs Millionen Polen das Leben. Neben der Zerstörung zahlreicher Städte und Dörfer versuchten die deutschen Besatzer auch, die polnische Kultur von dem Antlitz des Kontinents zu vertreiben. Die zahllosen Morde an unschuldigen Zivilisten, die Vertreibungen und Umsiedlungen, die im Rahmen des sogenannten „Generalplan Ost“ von den Besatzern durchgeführt wurden und die in Zuge der Rassenideologie der Nationalsozialisten durchgeführten „Säuberungen“ innerhalb der polnischen Bevölkerung sind nur einige der Wunden, die die deutsche Besatzung dem polnischen Volk zugefügt hat.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Polen sowohl gesellschaftlich als auch politisch und wirtschaftlich vollkommen zerstört und der Deutsche war, egal ob aktiv als Besatzer dabei oder nicht, für die meisten Polen der Inbegriff des Bösen. 66 Jahre später, am 1. Mai 2011, trat in Deutschland ein Gesetz in Kraft, welches die „Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus Polen“ garantiert. Seit dem Beitritt Polens zum Schengen Raum ist die Oder-Neiße-Grenze, einst der Kern des Streits zwischen Deutschen und Polen, die Deutschland und Polen trennt, eigentlich nur noch auf dem Papier existent. Europa wächst langsam zusammen und mit ihm auch Deutschland und Polen.
Die Entwicklung, die hinter diesem Kontrast steht, bildet ein großes Untersuchungsfeld für Historiker und Politikwissenschaftler. Wie konnte es gelingen, die deutsch-polnischen Beziehungen nach den gemeinsam erlebten Verbrechen der Vergangenheit wieder zu normalisieren oder zumindest auf den Weg einer Normalisierung zu bringen?
Ein entscheidender Schritt dahin wurde durch die Unterzeichnung des Warschauer Vertrags am 7. Dezember 1970 getan. Er war das erste politische Abkommen beider Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg und der Beginn einer Neubelebung der deutsch-polnischen Beziehungen. In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwiefern der Warschauer Vertrag als Wendepunkt der deutsch-polnischen Beziehungen angesehen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichte der politischen deutsch-polnischen Beziehungen 1949 - 1966
- Analyse des Warschauer Vertrags im Hinblick auf die deutsch-polnischen Beziehungen
- Entstehungsgeschichte des Vertrags und Einordnung in die „neue Ostpolitik“ Kiesingers und Brandts gegenüber Polen
- Analyse der Bedeutung des Artikels 1 des Warschauer Vertrags
- Geschichte des Konflikts um die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens zu Deutschland
- Bedeutung des Warschauer Vertrags in diesem Konflikt
- Analyse des Artikels 3 über die Vertiefung der außerpolitischen Beziehungen
- Außerpolitische Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Polen 1949-1970
- Bedeutung des Warschauer Vertrags für die außerpolitischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Volksrepublik Polen
- Zusammenfassung und Fazit: Warschauer Vertrag als Wendepunkt in den deutsch-polnischen Beziehungen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht, inwieweit der Warschauer Vertrag als Wendepunkt in den deutsch-polnischen Beziehungen angesehen werden kann. Hierfür werden die Geschichte der Beziehungen zwischen 1949 und 1966 beleuchtet, der Warschauer Vertrag in die „neue Ostpolitik“ eingeordnet und die Bedeutung des Vertrags für den Konflikt um die Oder-Neiße-Grenze sowie für außerpolitische Beziehungen zwischen Deutschland und Polen analysiert.
- Die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die Einordnung des Warschauer Vertrags in die „neue Ostpolitik“
- Die Bedeutung des Warschauer Vertrags für den Konflikt um die Oder-Neiße-Grenze
- Der Einfluss des Warschauer Vertrags auf die außerpolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen
- Die Relevanz des Warschauer Vertrags als Wendepunkt in den deutsch-polnischen Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen zwischen 1949 und 1966, wobei die Rolle der territorialen Situation, der Vertreibungen der Deutschen und der politischen Orientierung der beiden Staaten im Kalten Krieg hervorgehoben wird. Das zweite Kapitel analysiert den Warschauer Vertrag und seine Einordnung in die „neue Ostpolitik“, die von Georg Kiesinger und Willy Brandt initiiert wurde. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entstehung des Vertrags sowie seiner Bedeutung für den Konflikt um die Oder-Neiße-Grenze.
Das dritte Kapitel untersucht den Einfluss des Warschauer Vertrags auf die außerpolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen. Es werden die wirtschaftlichen Beziehungen, Kontakte in Wissenschaft und Kultur sowie die religiöse Ebene analysiert. Die Arbeit wird mit einem Fazit abgeschlossen, in dem die wesentlichen Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und hinsichtlich der eingangs gestellten Fragestellung ausgewertet werden.
Schlüsselwörter
Deutsch-polnische Beziehungen, Warschauer Vertrag, Oder-Neiße-Grenze, „neue Ostpolitik“, außerpolitische Beziehungen, wirtschaftliche Beziehungen, Kulturkontakte, religiöse Beziehungen, Wendepunkt.
- Quote paper
- David Frieten (Author), 2014, Die Bedeutung des Warschauer Vertrags für die deutsch-polnischen Beziehungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286973