„Die griechische Tragödie ist anders zu Grunde gegangen als sämtliche ältere schwesterliche Kunstgattungen: sie starb durch Selbstmord, in Folge eines unlösbaren Conflicts, also tragisch (…) die Tragödie ist todt!“ Auf diese These des Philosophen Nietzsche stützen sich auch heute noch zahlreiche Theorien über Leben und Tod der Tragödie. Die Befürworter sprechen vom Niedergang der alten mythischen Mächte, dem Verlust des Tragischen aufgrund einer immer möglichen gesellschaftlichen Übereinkunft. „Keine Kunstform wurde energischer totgesagt als die Tragödie.“. Doch genauso gibt es Gegner dieser Auffassung, welche gerade wegen der neuen modernen Gesellschaftsformen auf einem Fortbestehen des Tragischen beharren, denn „Solange es Geschichte gibt, gibt es auch Tragödien, gibt es Schicksal und Gewalt, Schuld und Opfer“.
Zwei dieser Theoretiker sind zum einen der Kulturkritiker George Steiner, welcher mit seinem Essay über den Tod der Tragödie genauso viel Aufmerksamkeit in der literaturwissenschaftlichen Szene auf sich zog wie die gegenläufige These des Philosophen Christoph Menke, der von der Gegenwart der Tragödie überzeugt ist. Diese beiden Theorien sollen im Zuge dieser Arbeit näher durchleuchtet werden, um ihren Argumentationsaufbau und Grundgedanken nachvollziehen zu können. Für eine Veranschaulichung der jeweiligen Theorie sollen die Tragödien Woyzeck von Georg Büchner sowie Endspiel von Samuel Beckett herangezogen werden.
Schließlich möchte ich anhand dieser Ausführungen darstellen, dass Leben und Tod der Tragödie immer auch abhängig ist von der Definition des Tragischen, von der Aufgeschlossenheit ihrer Theoretiker sowie dem zeitgeschichtlichen und gegenwäritgen subjektiven Bewusstsein, das stets neue Formen annimmt und je nach Ansatzpunkt neue Lehren hervorbringt wie erst kürzlich die vom Literaturwissenschaftlicher Wolfram Ette, der eine These verfasste, die den Anstoß dazu gibt selbst klassische Tragödie, deren tragischer Gehalt so sicher schien, noch einmal neu zu lesen. Ein kurzer Ausblick auf sein Werk Kritik der Tragödie soll daher diese Arbeit abschließen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- George Steiner: Der Tod der Tragödie
- Das Tragische
- Gründe für den Niedergang der Tragödie
- Ein schweres Erbe
- Die historischen Gegebenheiten
- Veränderte Werte und Menschenbilder
- Fallbeispiel: Büchners Woyzeck
- Sprachliche Besonderheiten
- Der tragische Held
- Christoph Menke: Die Gegenwart der Tragödie
- Das Tragische
- Gründe für das Fortbestehen der Tragödie und Ästhetische Aufklärung
- Fallbeispiel: Becketts Endspiel
- Der ewige Knecht
- Das Spiel im Spiel
- Fazit und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage nach Leben und Tod der Tragödie und analysiert zwei gegensätzliche Theorien: George Steiners These vom Tod der Tragödie und Christoph Menkes These von der Gegenwart der Tragödie. Ziel ist es, die Argumentationsstrukturen und Grundgedanken beider Theorien zu beleuchten und anhand der Tragödien Woyzeck von Georg Büchner und Endspiel von Samuel Beckett zu veranschaulichen. Die Arbeit untersucht, wie sich die Definition des Tragischen, die Offenheit der Theoretiker und das zeitgeschichtliche Bewusstsein auf die Frage nach Leben und Tod der Tragödie auswirken.
- Der Niedergang der Tragödie nach George Steiner
- Die Gegenwart der Tragödie nach Christoph Menke
- Die Definition des Tragischen
- Die Rolle des zeitgeschichtlichen Bewusstseins
- Die Bedeutung von Beispielen aus der Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die These von Friedrich Nietzsche vom Tod der Tragödie vor und führt in die Thematik der Arbeit ein. Sie erläutert die beiden gegensätzlichen Theorien von George Steiner und Christoph Menke und benennt die Tragödien Woyzeck und Endspiel als Fallbeispiele.
Das Kapitel über George Steiner beleuchtet seine These vom Tod der Tragödie. Es analysiert Steiners Definition des Tragischen und untersucht die von ihm genannten Gründe für den Niedergang der Tragödie, wie das schwere Erbe der griechischen Klassiker, die historischen Gegebenheiten und die veränderten Werte und Menschenbilder. Das Kapitel beleuchtet auch Steiners Analyse von Büchners Woyzeck, um seine Theorie anhand eines konkreten Beispiels zu veranschaulichen.
Das Kapitel über Christoph Menke analysiert seine These von der Gegenwart der Tragödie. Es untersucht Menkes Definition des Tragischen und seine Argumente für das Fortbestehen der Tragödie in der Moderne. Das Kapitel beleuchtet auch Menkes Analyse von Becketts Endspiel, um seine Theorie anhand eines konkreten Beispiels zu veranschaulichen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Tragödie, den Tod der Tragödie, die Gegenwart der Tragödie, George Steiner, Christoph Menke, Woyzeck, Endspiel, Definition des Tragischen, zeitgeschichtliches Bewusstsein, Kulturkritik, Literaturwissenschaft.
- Quote paper
- Bachelor of Arts Cathrin Clemens (Author), 2013, Leben und Tod der Tragödie. Moderne Tragödientheorien im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285870