Das Programm weltwärts ermöglicht jungen Erwachsenen aus Deutschland eine einjährige ehrenamtliche Mitarbeit in einem Projekt in sogenannten OECD -Entwicklungsländern. Die Zahl der Teilnehmer_innen nahm dabei in den vergangenen Jahren stetig zu und soll jährlich 10.000 erreichen. Weltwärts versteht sich „als Lerndienst, der jungen Menschen einen interkulturellen Austausch in Entwicklungsländern ermöglicht“ und „gegenseitige Verständigung, Achtung und Toleranz“ fördern möchte. Die Erfahrungen des Autors im Bereich der internationalen Freiwilligendienste sowie Anhaltspunkte aus der Literatur bezüglich. „interkultureller Begegnung“ verweisen auf die Notwendigkeit einer dialogischen Haltung. So müssen „wir“ z.B. „lernen, fremden Stimmen zu lauschen, uns für die Vielfalt der Perspektiven zu öffnen, über unsere eigenen Prämissen nachdenken, Ansichten austauschen und stillschweigende Übereinstimmungen entdecken.“ Um ihrer Vorbereitungs- und Begleitungspflicht adäquat nachzukommen, müssen Entsendeorganisationen die Freiwilligen entsprechend in der Aneignung einer solchen Haltung unterstützen.
Ziel dieser Arbeit ist daher die Überprüfung, inwieweit sich der Dialogansatz von Bar-On zur Erarbeitung einer dialogischen Haltung eignet und inwiefern er in den Ablauf von weltwärts integriert werden kann.
Dazu wird zunächst der Begriff „Dialog“ näher untersucht und in seiner Bedeutung für diese Arbeit erfasst. (Kapitel 2.) Dem Dialogmodell von Hartkemeyer & Hartkemeyer wird hierbei eine zentrale Rolle eingeräumt, da es sich in seiner Ausrichtung ideal für die Vorbereitung von weltwärts-Freiwilligen zu eignen scheint. (Kapitel 3.) Anschließend soll der Dialogansatz von Bar-On umfassend beschrieben und in seiner Verwendung für weltwärts betrachtet werden. (Kapitel 4.) Abschließend möchte der Autor in der Übertragung des Dialogmodells von Bar-On eine Handlungsempfehlung skizzieren, die seinen Ansatz zur professionellen Unterstützung in die Vorbereitung der Freiwilligen implementiert. (Kapitel 5.) Ergänzend werden dazu die Grundlagen und Erkenntnisse von Hartkemeyer & Hartkemeyer zu ihrem eigenen Dialogmodell herangezogen, um die jeweiligen Stärken beider Dialogformen in einer Synthese zu vereinen. Daran anknüpfend werden sowohl die praktische Durchführung in den Vorbereitungsseminaren erörtert als auch weiterführende Einsatzmöglichkeiten während des Dienstes aufgezeigt. Kapitel 6 eröffnet schließlich einige Perspektiven über diese Arbeit hinaus.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung – Was uns „Momo“ lehren kann
2. Eine Annäherung an den Begriff „Dialog“
3. Der Dialog nach Hartkemeyer & Hartkemeyer
3.1. Dialogische Grundhaltungen /-prinzipien
3.1.1. Haltung des Nichtwissens
3.1.2. Konstruktivistische Ich-Botschaften
3.1.3. Verlangsamung
3.2. Dialog-Begleiter_in / Facilitator_in
3.3. Container
3.4. Dialog als Disziplin im Seminar
3.5. Weitere Einsatzmöglichkeiten des Dialogs
3.6. Abgrenzung zur Therapie
3.7. Überschneidungen zu anderen Kommunikationsverfahren
3.8. Wozu der Dialog nicht geeignet ist
4. Der Dialogansatz nach Dan Bar-On
4.1. Entwicklung eines Dialogansatzes
4.2. Storytelling
4.2.1. Leitlinien für den Dialog
4.2.2. Eine Typologie des Storytelling-Prozesses
4.2.3. Effekte des Storytelling auf die Teilnehmer_innen
5. Die Anwendbarkeit der Dialogansätze von Bar-On und Hartkemeyer & Hartkemeyer auf den Internationalen Freiwilligendienst weltwärts
5.1. Internationale Freiwilligendienste am Beispiel weltwärts
5.1.1. Ziele für und Motivation von weltwärts
5.2. Interkulturelle Kompetenz in der Vorbereitung von weltwärts
5.2.1. Nutzbare Effekte der Dialogmodelle zur Entwicklung von interkultureller Kompetenz
5.2.2. Synthese der Dialogmodelle zur Entwicklung von interkultureller Kompetenz auf weltwärts-Vorbereitungsseminaren
5.3. Handlungsempfehlung
6. Zusammenfassung – Ein Ansatz, den es zu erproben gilt!
7. Literatur
8. Abkürzungsverzeichnis
„Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören. Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so, wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig. Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzliche sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten. Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden. Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt und der ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf - und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war. So konnte Momo zuhören!“
Aus: „Momo“ von Michael Ende, 1973
1. Einleitung – Was uns „Momo“ lehren kann
Michael Ende zeichnet in seiner Erzählung ein kleines Mädchen, welches eine besondere Rolle im Leben seiner Mitmenschen spielt. Durch ihre besondere Gabe des Zuhörens verhilft Momo ihnen zu Erkenntnissen, die ihr Leben positiv verändern. Nun ist dieses Talent von Momo nicht nur für ihre Mitmenschen von Bedeutung, sondern es nimmt auch außerhalb des Buches eine zentrale Funktion in der Interaktion zwischen Menschen ein. An Momo kann beispielhaft gesehen werden, wie ihre Zuhörerinnenfähigkeit und die dabei eingenommene „Haltung des Nichtwissens“1 eine entscheidende Rolle in der De- und Rekonstruktion von eingeschliffenen Weltbildern ihrer Zuhörer_innen spielt.
Eine etwas andere Art „Momo“ stellt der der israelische Psychologe Dan Bar-On dar. So entwickelte er im Zuge seiner Biografieforschung ein Gesprächsmodell, das es Kindern von Nazi-Tätern und Shoah-Überlebenden 1992 ermöglichte, miteinander in den Dialog zu treten und gegenseitig ihre Lebensgeschichten zu erzählen und anzuhören.2 Das Besondere war dabei die Tatsache, dass sie dies taten, da es weltweit bislang keine bewusste Begegnung dieser Art gegeben hatte.3 Das gegenseitige Erzählen und Zuhören erlaubte den Teilnehmer_innen ein Durcharbeiten4 der individuellen Lebensgeschichten, da der Erzählprozess zu einer Selbstreflexion führt und eine Reinterpretation der eigenen Biografie ermöglicht.5 Darüber hinaus beobachtete Bar-On eine weitere Qualität seines Modells: Der Dialogprozess befähigte die Teilnehmenden zu einer Entwicklung von Verständnis und Empathie für das Gegenüber, sowie eine Dekonstruktion von (Vor-)Urteilen.6
Da in der Vergangenheit zwar bereits Versuche zu Übertragungen des Modells auf weitere Verständigungsprozesse von Konfliktparteien unternommen wurden7, jedoch keinerlei Nachweise der Anwendung auf weitere Handlungsfelder der zwischenmenschlichen Kommunikation vorliegt, besteht hier nach Ansicht des Autors Handlungsbedarf. Am Beispiel des internationalen Freiwilligendienstes weltwärts soll daher in dieser Arbeit exemplarisch die Übertragbarkeit auf internationale Freiwilligendienste untersucht und beschrieben werden.
Das Programm weltwärts ermöglicht jungen Erwachsenen aus Deutschland eine einjährige ehrenamtliche Mitarbeit in einem Projekt in sogenannten OECD8 -Entwicklungsländern. Die Zahl der Teilnehmer_innen nahm dabei in den vergangenen Jahren stetig zu und soll jährlich 10.000 erreichen.9 Weltwärts versteht sich „als Lerndienst, der jungen Menschen einen interkulturellen Austausch in Entwicklungsländern ermöglicht“ und „gegenseitige Verständigung, Achtung und Toleranz“ fördern möchte.10 Die Erfahrungen des Autors im Bereich der internationalen Freiwilligendienste sowie Anhaltspunkte aus der Literatur bezüglich. „interkultureller Begegnung“ verweisen auf die Notwendigkeit einer dialogischen Haltung. So müssen „wir“ z.B. „lernen, fremden Stimmen zu lauschen, uns für die Vielfalt der Perspektiven zu öffnen, über unsere eigenen Prämissen nachdenken, Ansichten austauschen und stillschweigende Übereinstimmungen entdecken.“11 Um ihrer Vorbereitungs- und Begleitungspflicht adäquat nachzukommen, müssen Entsendeorganisationen die Freiwilligen entsprechend in der Aneignung einer solchen Haltung unterstützen.
Ziel dieser Arbeit ist daher die Überprüfung, inwieweit sich der Dialogansatz von Bar-On zur Erarbeitung einer dialogischen Haltung eignet und inwiefern er in den Ablauf von weltwärts integriert werden kann.
Dazu wird zunächst der Begriff „Dialog“ näher untersucht und in seiner Bedeutung für diese Arbeit erfasst. (Kapitel 2.) Dem Dialogmodell von Hartkemeyer & Hartkemeyer wird hierbei eine zentrale Rolle eingeräumt, da es sich in seiner Ausrichtung ideal für die Vorbereitung von weltwärts-Freiwilligen zu eignen scheint. (Kapitel 3.) Anschließend soll der Dialogansatz von Bar-On umfassend beschrieben und in seiner Verwendung für weltwärts betrachtet werden. (Kapitel 4.) Abschließend möchte der Autor in der Übertragung des Dialogmodells von Bar-On eine Handlungsempfehlung skizzieren, die seinen Ansatz zur professionellen Unterstützung in die Vorbereitung der Freiwilligen implementiert. (Kapitel 5.) Ergänzend werden dazu die Grundlagen und Erkenntnisse von Hartkemeyer & Hartkemeyer zu ihrem eigenen Dialogmodell herangezogen, um die jeweiligen Stärken beider Dialogformen in einer Synthese zu vereinen. Daran anknüpfend werden sowohl die praktische Durchführung in den Vorbereitungsseminaren erörtert als auch weiterführende Einsatzmöglichkeiten während des Dienstes aufgezeigt. Kapitel 6 eröffnet schließlich einige Perspektiven über diese Arbeit hinaus und verweist sowohl auf weiterführende Fragen der Umsetzung als auch auf zusätzliche Anwendungsgebiete des Ansatzes.
Das Bundesamt für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als verantwortliches Ministerium für weltwärts fordert durch die Zielsetzung des Programms als „Möglichkeit für Völkerverständigung und interkulturellen Austausch“12 in seinen Richtlinien implizit die Entsendeorganisationen und Projektstellen dazu auf, die Umsetzung der Ziele zu ermöglichen. Diese Arbeit soll als methodische Antwort auf diese Forderung verstanden werden.
2. Eine Annäherung an den Begriff „Dialog“
„Dialog“ während eines militärischen Manövers:
Angebliches von der US-Kriegsmarine 1995 freigegebenes
Sprechfunkprotokoll des Flugzeugträgers „USS Enterprise“
Der Begriff „Dialog“ scheint Konjunktur zu haben. So beschwört die Bundeskanzlerin Angela Merkel den „Zukunftsdialog“13 und der Papst ruft angesichts des Bürgerkriegs in Syrien zum Dialog auf14 ; Unternehmen werben mit dem Dialog für sich: bspw. als Lebensversicherungs-AG15 oder als Internet-Druckpartner16 ; es gibt blockierte Dialoge im Umgang mit feministischen Theorie-Impulsen in der Wissenschaft17 und einen Dialog mit Sterbenden18 ; sogar frische Früchte und Walnusseis treffen in einem Dialog aufeinander19 und selbst der oben zitierte Manöver-Dialog wird als solcher bezeichnet. Es ist daher zu klären, was Dialog im Zusammenhang mit dieser Arbeit bedeutet. Eine Durchschau der verfügbaren Handwörterbücher und Lexika sozialer Arbeit und Sozialpädagogik zur Frage, was „Dialog“ ist oder sein kann, ergibt leider keine Ergebnisse, da dazu keinerlei Eintragungen vorhanden sind.20 Aus diesem Grund und angesichts der vielfältigen Verwendung, lohnt sich ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des Begriffes und eine daraus abgeleitete eigene Definition für das im Folgenden verwendete Verständnis von „Dialog“.
Der sokratische Dialog ist durch Platon wohl einer der am frühesten dokumentierten Dialoge unserer Welt. Sokrates wollte anhand öffentlich geführter Argumentationen, die er durch Fragen initiierte, Erkenntnisse gewinnen, die er „gesichertes Wissen“ nannte. Dieses Wissen ist das, was „wie im Gefecht durch alle Angriffe sich durchschlagend mit einer unüberwindlichen Erklärung durchkommt.“21
Der Soziologe Habermas greift in seinen Arbeiten zum herrschaftsfreien Diskurs auf dieses Konzept zurück, entpersonalisiert jedoch das Gesagte von konkreten sprechenden Personen und verschiebt es in den öffentlichen Raum, wo es eine unkontrollierbare Eigendynamik entfaltet und zu einer „intersubjektiven Verständigung über Geltungsansprüche“ wird.22 Ergebnis der Auseinandersetzung soll nach Habermas eine Art Konsens der Wahrheit sein, dem zufolge „ich dann und nur dann einem Gegenstand ein Prädikat zusprechen (darf), wenn auch jeder andere, der in ein Gespräch mit mir eintreten könnte, demselben Gegenstand das gleiche Prädikat zusprechen würde.“23 Diese Form des Dialogs, den Habermas in Abgrenzung Diskurs nennt und sich auf den Vorgang des kommunikativen Handelns fokussiert, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, da es hier um das Zwischenmenschliche, das persönliche Miteinander gehen soll.
Der jüdische Philosoph Martin Buber bezeichnet mit Dialog diese Ebene der zwischenmenschlichen Begegnung als „Ich und Du“ und meint dabei „die anerkennende Zuwendung des Ich zum Anderen.“ Er wendet sich somit vom sachlichen Gehalt der Rede ab und der Dimension der Beziehung zu.24 Es geht ihm um den Dialog, der sich entfaltet, wenn Menschen „sich einander in Wahrheit zugewandt haben, sich rückhaltlos äußern und vom Scheinenwollen frei sind.“25 Im Dialog als Zwiegespräch verstanden (dia: zwei, logos: Wort, Sinn), wird das Gegenüber nicht bloß wahr-, sondern als Partner angenommen und in seinem anderen Sein bestätigt, ohne es jedoch billigen zu müssen26 – „die Person, der Mensch, wird grundsätzlich bejaht.“27 Tritt dieser „magische“ Moment ein, wird dem Gegenüber und dessen Weltsicht anerkennend zugehört, dann passiert das, was Buber mit dem Ausspruch „Das Ich wird am Du zum Ich“ bezeichnet28 und Muth / Nauerth mit „der Mensch wird in der sozialen Interaktion.“ beschreiben.29 Dies kann als ein Wachsen an und in der Begegnung mit dem „Anderen“ aufgefasst und aus einer systemisch/konstruktivistischen Perspektive als Rekonstruktion bzw. Vergegenwärtigung des eigenen Weltbildes verstanden werden. Gemeint ist hier die Differenz der fremden Konstruktion (Umwelt) zu der des Zuhörenden (System)30, die sowohl Rückschlüsse über das eigene Modell der „Realität“ zulässt, als auch zur Rekonstruktion desselben einlädt. Der Soziologe Luhmann erklärt dazu: „Nur die Differenz von System und Umwelt ermöglicht Evolution. Anders gesagt: Kein System kann aus sich heraus evoluieren. Wenn nicht die Umwelt stets anders variierte als das System, würde die Evolution in einem ‚optimal fit‘ ein rasches Ende finden.“31 Auf den Dialog bezogen konstatieren die Sozialpädagogen Krause / Rätz-Heinisch: „Der Dialog öffnet das Geschehen, er ermöglicht neue Perspektiven und mehrseitige Entwicklungen und Veränderungen. Ohne Dialog ist keine Dynamik möglich, das Fehlen des Dialogs führt zu Stillstand und Stagnation“32 Heiko Kleve beschreibt diesen Vorgang des dialogischen Miteinanders mit dem Versuch des Perspektivwechsels:
„Dialog wäre hier zu verstehen als der systemische Versuch, die eigene Selbstreferenz durch die Fremdreferenz, also die Selbstreferenz der anderen zu relativieren. Dies könnte auch verstanden werden, als das sprichwörtliche Hineinschlüpfen in die Schuhe der jeweils anderen, um zu schauen, wie die Welt aus deren Perspektive aussieht.“33
In der systemisch-therapeutischen Praxis wird diese Haltung beispielsweise in Form von zirkulären Fragen oder systemischen Aufstellungen umgesetzt.34
Der Dialog scheint somit in Abgrenzung zur anfänglich zitierten Sprechfunksequenz zwischen dem Leuchtturm und der USS Enterprise ein dynamischer Prozess zu sein, in dem neue Perspektiven erworben und ein Verzicht einseitiger Erklärungen geübt werden kann. Im aufrichtigen Miteinander, bei dem das Gegenüber in seiner Person bejaht wird, besteht die Möglichkeit, in der Differenz zum Gehörten die eigene Weltsicht detaillierter zu sehen und sie um die „Wahrheiten“ des Anderen zu erweitern. Er bietet sich folglich an, „wenn es darum geht, sich auf komplexe Prozesse einzulassen“35 und die Fragmentierung der Wirklichkeit durch das abendländische rational-analytische Denken aufzuheben und hinter die Oberfläche der Erscheinungen zu schauen, um „die zugrundliegenden Zusammenhänge von Problemstellungen besser erkennen zu können.“36 Der Dialog ist daher abzugrenzen von Wortgefechten, bei denen die Angst, von Gegenargumenten sogleich niedergestreckt und bei jeder Schwäche erwischt zu werden dominiert und es wie in einem Schlagabtausch darum geht, die eigene Meinung durch rhetorische Brillanz und schlagende Argumente durchzusetzen.37 Beim Dialog geht es darum, „einen Gewinn für alle Beteiligten durch neue Einsichten und Erkenntnisse, […] eine klassische ‚win-win-Situation‘, die grundsätzlich nicht mit ‚Konsens‘ gleichzusetzen ist“ zu schaffen.38 Hermann Pfütze konstatiert dazu: „Sein Zeichen ist nicht das Ausrufezeichen, sondern der Gedankenstrich“39 und erweitert das Verständnis von Dialog, wenn er davon spricht, dass Dialog nichts voraussetzt, zu keiner bestimmten Rede zwingt und seine Energie „nicht aus dem, was thematisch erwogen und gesagt werden muss, also nicht aus dem Arsenal der Argumente, Behauptungen und Wiederholungen [zieht], sondern aus dem was mit der Sache nichts zu tun hat, also den ersten und letzten Fragen, über die immer wieder gesprochen werden kann und die sich nicht logisch erledigen lassen.“40
Er bezieht sich damit auf eine Auffassung des Dialogs, die auch Hartkemeyer & Hartkemeyer vertreten. Sie verstehen die wörtliche Bedeutung von Dialog als „das ‚Fließen von Sinn‘, das Suchen und Entwickeln neuer, zuvor nicht bekannter Bedeutung in einer Gruppe um und durch die Menschen (dia: [hin-]durch, logos: Wort, Sinn, Bedeutung).“41 Was sie damit konkret meinen, soll im Folgenden ausführlich betrachtet werden.
3. Der Dialog nach Hartkemeyer & Hartkemeyer
Das Verständnis des Dialogs basiert bei Hartkemeyer & Hartkemeyer auf den Überlegungen des Quantenphysikers David Bohm, der versuchte, Beobachtungen subatomarer Vorgänge auf die Lösung gesellschaftlicher Probleme, wie z.B. die ökologischen Folgen der menschlichen Ressourcennutzung, zu übertragen.42
Die Verbindung zur Quantentheorie besteht dabei in zwei Richtungen: Zum einen in der Erkenntnis, dass der/die Beobachter_in in den Erkenntnisvorgang dahingehend involviert ist, dass jede Beobachtung eine Störung des Beobachteten erzeugt43 – mit den Worten des Physikers Werner Karl Heisenberg gesprochen: „Was wir beobachten ist nicht die Natur selbst, sondern Natur, die unserer Fragestellung ausgesetzt ist.“44 Und des Weiteren die Feststellung, dass im subatomaren Bereich die Teilchen nicht mehr als „Dinge“ gesehen werden können, sondern als wechselseitige Beziehungen von Dingen aufeinander, die wiederum als wechselseitige Verbindungen zwischen anderen Dingen usw. aufzufassen sind. Das bedeutet, dass die Welt „nicht in unabhängig voneinander existierende elementare Einheiten zerlegt“, also fragmentiert werden kann, sondern als komplexes Netz aus Beziehungen besteht.45 In der Konsequenz vertritt Bohm eine ganzheitliche Betrachtung und Bearbeitung komplexer Aufgaben in Form eines die Fragmentierung des Denkens überwindenden Dialogs.46 Er versteht den Dialog als Möglichkeit die Inhärenz des individuellen Denkens in einer Gruppe47 aufzudecken und in eine kohärentere gemeinsame Form zu transformieren.48 Das bedeutet, dass individuelle Konstruktionen als solche anerkannt und in der Schwebe gehalten, „quasi vor sich aufgehängt werden, damit alle sie betrachten und untersuchen können.“49 Bohm bezieht sich dabei auf die Vorannahmen, auf deren Grundlage die Welt durch den Menschen beobachtet wird und spricht sich für eine „Suspendierung dieser mentalen Modelle“ aus.50 Aufgrund der Bedeutsamkeit dieses Aspekts in dieser Arbeit wird darauf im folgenden Kapitel noch ausführlicher eingegangen. Als Folge dieser Suspendierung der Annahmen im Dialog soll eine Art gemeinsames Denken entstehen, das es den Beteiligten durch die Verfügbarkeit der verschiedenen Konstruktionen erlaubt, ihre eigene Fragmentierung der Wirklichkeit zu überwinden und bisher nicht wahrgenommene Zusammenhänge zu erkennen.51 Zugleich besteht bei diesem Prozess die Möglichkeit „zu erkunden, wie unsere Annahmen über das, was wir ‚Wirklichkeit‘ nennen, tief mit unseren nicht hinterfragten kulturellen Normen und Verhaltensweisen verwoben sind“52, denn „viele sind sich der eigenen Annahmen und stillschweigenden Denkprozesse nicht bewusst.“53 Peter Senge beschreibt diesen Vorgang als Perspektivenwechsel wenn er notiert: „Beim Dialog werden die Beteiligten zu Beobachtern ihres eigenen Denkens.“54
Um sich den Quantentheoriebasierten Überlegungen Bohms sozialwissenschaftlich zu nähern, führte William Isaacs 1992-1994 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in unterschiedlichen Praxisfeldern eine Untersuchung über die Leistungsfähigkeit des Dialogs in Gruppen durch.55 Die Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt „The Dialogue-project“ sollten zu Erkenntnisgewinnen über die Funktionsweise des Denkens, als auch zu einem Verständnis, wie soziale Systeme eine Veränderungsfähigkeit entwickeln können, führen. In Anlehnung an Bohm wurde festgestellt, dass Menschen sich aufgrund unbewusster spezifischer Denkstrategien, die sie in ihrer Biografie erworben haben, so und nicht anders verhalten und in der Konsequenz im Projekt ein Dialog angestrebt wurde, der ein Verständnis von Dialog als „ein beständiges Hinterfragen von Prozessen, Sicherheiten und Strukturen, die menschlichen Gedanken und Handlungen zugrunde liegen“ voraussetzte.56 Es sollte sozusagen „‚up stream‘ – flussaufwärts – in Richtung der Quelle als dem Ursprung von Problem und Denken“ gegangen und somit die Wurzeln des Denkens erkannt und die daraus entstehenden Probleme lösbarer gemacht werden.57 Als Forschungsergebnis kristallisierte sich heraus, dass der Dialog als Eckpfeiler zur „Entwicklung lernender Organisationen“58 gesehen werden kann, der die „kollektive Intelligenz von Gruppen“ nutzbar macht und als Ansatz zu „koordinierten Handlungen“ gebraucht werden kann, sowie „Möglichkeiten für einen wichtigen Umbruch in der Art und Weise, wie sich Menschen selbst wahrnehmen“ aufzeigt.59 Der Dialog wird somit als „eine Disziplin gemeinschaftlichen Erkundens verstanden, welche die bestehenden Ansätze wie Mediation, Organisationsentwicklung und ‚team building‘ um die Dimension gemeinsamen Denkens [ergänzt]“, da im Prozess des Dialogs die Fragmentierung des Denkens überwunden werden kann.60
Hartkemeyer & Hartkemeyer orientieren sich an den Erkenntnissen Isaacs, differenzieren jedoch noch einmal hinsichtlich der Qualität des Dialogs. So unterscheiden sie zwischen zufälligen und bewusst gestalteten Dialogen. Die zufällige Variante als „Frucht einer glücklichen Kongruenz verschiedener Faktoren“61, die im Treppenhaus oder in den Pausen stattfindet, ist jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit, wobei ihre Bedeutsamkeit für die Dynamik innerhalb einer Gruppe nicht geleugnet werden soll. Der bewusst gestaltete Dialog wird noch einmal differenziert in den zielgerichteten, strategischen Dialog, welcher ein vorgegebenes Thema wie: „Wie wollen wir unsere Arbeit besser koordinieren?“ beinhaltet und sich diesem, dialogische Grundkompetenzen einübend, widmet und den generativen Dialog. Der generative Dialog orientiert sich nur sekundär an den auftauchenden Themen und fokussiert primär auf den Zweck „sich bewusst [zu] werden, wie wir miteinander und mit unseren eigenen Gedanken und Gefühlen umgehen.“62 Hier wird das Thema als Material oder Mittel betrachtet, mit dessen Hilfe der Blick von der Metaebene auf die stattfindenden Kommunikationsprozesse ermöglicht wird und ein Prozess des „flussaufwärts“ zu den Quellen des Denkens, Handelns und Fühlens geschehen kann.63 Es kann also zwischen zwei Formen des Dialogs unterschieden werden: Dem strategischen Dialog, mit dem sich einer Fragestellung, einem Thema genähert werden soll und dem generativen, der sich der Untersuchung der eigenen Denkstrukturen widmet.
Peter Senge, der, beteiligt an Isaacs Forschungsprojekt, parallel den Bestseller für Manager und Führungskräfte „Die fünfte Disziplin“ veröffentlichte, betont in seinem Buch, wie essentiell wichtig ein Dialog für die Weiterentwicklung und Entfaltung des kollektiven Potentials eines Teams ist, da in einem Dialog gemeinsam gedacht werden und sich Kreativität entfalten kann. Er geht dabei auf drei Grundbedingungen ein, die sich sowohl bei Bohm, als auch bei Hartkemeyer & Hartkemeyer wiederfinden: Die Teilnehmer_innen müssen ihre Hypothesen buchstäblich „vor sich aufhängen und in der Schwebe halten“, einander als gleichberechtigte Gesprächspartner_innen betrachten; und von einem/einer helfenden Prozessbegleiter_in, einem/einer „Facilitator_in“ unterstützt werden.64
3.1. Dialogische Grundhaltungen /-prinzipien
Um den Dialog nicht dem Zufall zu überlassen, sondern ihn als Disziplin erlern- und durchführbar zu machen, bedarf es einer Orientierung an grundlegenden Prinzipien. Hartkemeyer & Hartkemeyer haben zehn Kernfähigkeiten formuliert, die aus ihrer Sicht für einen gelingenden Dialogprozess notwendig sind.65 Der Autor dieser Arbeit versteht sie als dialogische Grundhaltungen und subsumiert sie unter die Bezeichnungen: „Haltung des Nichtwissens“ und „konstruktivistische Ich-Botschaften“. Im Folgenden sollen die Subsumtionen sowie weitere relevante Aspekte wie die „Verlangsamung“, der/die „Prozess-Begleiter_in“ und der Begriff des „Containers“ differenzierter betrachtet werden.
3.1.1. Haltung des Nichtwissens
Subjektivität: Eine Sonnenuhr mit Hilfe einer Taschenlampe ablesen.
(Piet Hein, dän. Mathematiker)
Der Ausspruch: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ wird dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschrieben und die Äußerung des Psychotherapeuten Steve de Shazer: „Wenn dir eine Interpretation einfällt, nimm ein Aspirin, hocke dich in die nächste Ecke und warte, bis der Anfall vorbei ist.“66 kann als abgeleitete Konsequenz gedacht werden. Beiden Sätzen wohnt die konstruktivistische Erkenntnis inne, dass der Mensch die Welt ausschließlich anhand seiner Sinne wahrnimmt und –nehmen kann und somit lediglich ein subjektiv gefärbtes Abbild konstruiert, das jedoch nicht einer objektiven „Realität“ entspricht.67 Der Psychologe Falko von Ameln beschreibt diese Erkenntnis folgendermaßen: „Das, was wir als unsere Wirklichkeit erleben, ist nicht ein passives Abbild der Realität, sondern Ergebnis einer aktiven Erkenntnisleistung.“68 Das Denken beschreibt Erfahrungen jedoch so, „wie sie da sind; als gäbe es ein Fenster für eine ungefilterte Wirklichkeit, die außerhalb einer Person stattfindet.69 Ein Beispiel für die „Fehlerhaftigkeit“ subjektiver Wahrnehmung und der vorgenommenen Konstruktion bieten Humberto Matura und Francisco Varela mit dem Experiment des „blinden Flecks“ an. Schauen Sie dazu die folgende Abbildung in einem Abstand von ca. 40cm an und fixieren Sie mit dem rechten Auge das Kreuz, während das linke zugekniffen wird. Bei einer leichten Variation des Abstandes sollte der Punkt dann irgendwann nicht mehr sichtbar sein.
Im Moment des Verschwindens wird der Punkt an die Stelle der Netzhaut des rechten Auges projiziert, an welcher der Sehnerv austritt. Im Grunde müsste sich der Mensch diesem visuellen Loch permanent bewusst sein, das Gehirn jedoch konstruiert ununterbrochen eine Wahrnehmung darüber, die dazu veranlasst, nicht zu sehen, dass an dieser Stelle nichts gesehen wird.70 Ähnlich ist es mit dem Prozess des Zuhörens: Durch das Zuhören und Aufnehmen entsteht eine konstruierte Wirklichkeit im Zuhörenden, die nicht gleich der des Erzählenden ist.71 „Lücken“ im Gehörten werden wie von selbst ergänzt und ein Bild, das keineswegs dem Original gleicht, entsteht. Um mit diesem Vorgang bewusst umzugehen, bedarf es auf der Seite des Zuhörenden einer „Haltung des Nichtwissens“72, also ein Bewusstsein über das eigene Unvermögen, weder die Welt so wie das Gegenüber zu erleben, noch über adäquate Lösungen bei Problemen zu verfügen. Diese Sichtweise fordert daher den Zuhörenden explizit dazu auf, keine Lösungsvorschläge abzugeben, sondern sich auf das (aktive) Zuhören zu beschränken und somit die Vielfalt möglicher Lösungen des Gegenübers zuzulassen – ganz wie es Momo tut. Oder mit den Worten des Zen-Meisters Shunryu Susuki: „Im Anfängergeist gibt es viele Möglichkeiten. Im Geist des Experten gibt es wenige.“73 Auf diese Einstellung zielt de Shazer mit seiner etwas flapsigen Bemerkung ab und Alice Salomon, Wegbereiterin der Sozialen Arbeit als Wissenschaft in Deutschland, verdeutlicht diese Ansicht, wenn sie schreibt: „Niemand kann einen anderen dadurch stark machen, dass er für diesen anderen arbeitet. Niemand kann ihn dadurch zum Denken veranlassen, dass er für den anderen denkt“74 Mittlerweile wird in der Sozialen Arbeit das Nichtwissen bezüglich der Lösungen für die Probleme der Adressat_innen als zentrale, „äußerst wichtige und wunderbare sozialarbeiterische Haltung verstanden“.75 Auf den Dialog bezogen, „geht es darum, eine Haltung einzunehmen, die darauf basiert, dass ich nie letztlich wissen kann, wie die Welt aus anderer Perspektive, aus dem Blickwinkel meines Gegenüber aussieht und aufgrund welcher Erfahrungen und Erwartungen, Annahmen und Bedürfnisse die oder der andere die Welt interpretiert.“76
Aus einer systemtheoretischen Perspektive nennt der Systemtheoretiker Helmut Willke dies eine ironische Haltung, da trotz der Einsicht, dass im Dialog keine Übereinstimmung der Konstruktionen erreicht werden kann, dennoch das Unmögliche, nämlich sich zu verständigen, versucht wird.77
In diesem Sinne ist auch die Forderung David Bohms, eigene Annahmen, Bewertungen und Gefühle zu suspendieren bzw. in der Schwebe zu halten, aufzufassen.78 Im Wissen über die Existenz dieser subjektiven Interpretationsfolien, vor denen Situationen interpretiert und bewertet werden und somit als individuelle Glaubenssätze Zündstoff für Missverständnisse und Konflikte liefern, sollen diese als Fiktion anerkannt und gleich eines Bildes vor sich aufgehängt, zur Ansicht gestellt und zum Gegenstand weiterer Betrachtungen gemacht werden.79 Konsequenz dieser Suspendierung wäre ein Aufbrechen der Selbstverständlichkeiten sowie die Entlarvung ihrer Subjektivität. Oberstes Ziel sollte sein, sich in die Haltung des Nichtwissens zu begeben: „Dann kann ein natürlicher Wandlungsprozess entstehen, und frischer Wind durch neue Einsichten anstatt schon ‚Gedachtes‘ kommt auf.“80 Der Physiker Hans-Peter Dürr konstatiert diesbezüglich: „Weltbilder sind uns wichtig, weil sie auch unser Selbstbild bestimmen. Deshalb ist es wichtig, diese Weltbilder genauer anzuschauen – nur dann verstehen wir uns selbst.“81
Das Ehepaar Hartkemeyer betont mit seinen zehn Kernfähigkeiten82 weitere Aspekte dieser Haltung: Einerseits Respekt und Akzeptanz für die Andersartigkeit der Konstruktionen des Anderen und zugleich eine neugierige Offenheit für zu eigenen Überzeugungen konträr stehenden Positionen. Die Bereitschaft, sich vor dem Anderen von den eigenen Überzeugungen zu lösen und den Versuch zu wagen, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen, bestimmt wesentlich den Erfolg des Dialogprozesses.83 Andererseits soll gleichzeitig mit dem aufrichtigen Interesse am Gegenüber das eigene Selbst in seinen Reaktionen und Gefühlen beobachtet und dadurch frühe Urteile und Denkblockaden identifiziert werden84 ; „In der Erkenntnis unserer eigenen Wahrnehmungsmuster liegt die größte verändernde Kraft des Dialogs.“85
3.1.2. Konstruktivistische Ich-Botschaften
„Sprich vom Herzen … und fasse Dich kurz!“ soll es bei den Zusammenkünften der nordamerikanischen Indianer als Leitsatz heißen.86 Im Dialog wird dies ernst genommen, indem von dem/der Sprecher_in gefordert wird, von dem zu reden, was wirklich wichtig und wesentlich für die Person ist. Maskierende, intellektuelle und abstrakte langwierige „man-“, statt „Ich-Reden“, die überzeugen wollen oder deren Fokus auf der Darstellung des Sprechenden liegt, sollen vermieden werden. Dabei soll der Kopf nicht zugunsten des Herzens „ausgeschaltet“ werden, denn das Denken, „nicht die Gedanken, sondern der Prozess des Denkens – wie wir Bedeutung, das heißt unsere phänomenale Welt, so, wie sie uns gegeben ist, schaffen“ steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.87 Der Psychotherapeut Sheldon Kopp beschreibt diese Offenheit im Sprechen folgendermaßen:
„Zeige ich mich offen, ohne mich darum zu sorgen, wie der andere darauf reagiert, werden einige sich angesprochen fühlen, andere nicht. Aber wer wird mich lieben, wenn keiner mich kennt? Ich muss es wagen oder allein leben, es genügt schon, dass ich allein sterben muss. Wie groß das Risiko auch ist, ich bin entschlossen, die Maske fallenzulassen, wenn das bedeutet, dass ich vielleicht alles bekomme, was für mich da ist.“88
Neben dem von Herzen Sprechen spielt im Dialog das produktive Plädieren eine zentrale Rolle. Hartkemeyer & Hartkemeyer meinen damit eine Form des Darstellens eigener Überzeugungen, das von einer Haltung des Nichtwissens geprägt und daher auch dementsprechend offen für andere Meinungen ist. Die eigenen Vorurteile und Annahmen sollen offengelegt und als subjektive Konstruktionen gekennzeichnet werden. Sachverhalten sind unterstützende Beobachtungen beizufügen und Bewertungen ihre Ursprünge. Der gedankliche Prozess, der zu einer bestimmten Schlussfolgerung führte, ist Gegenstand des Interesses.89 Dadurch beteiligt der Erzählende die Zuhörer_innen an seinem Denkprozess, anstatt sie lediglich mit Denkprodukten zu konfrontieren. Somit sind sie einerseits eingeladen die Denkergebnisse nachzuvollziehen und andererseits ihre eigenen Beobachtungen und mentalen Modelle in Ergänzung einzubringen, um eine vollständigere, gemeinsame Konstruktion zu erschaffen und somit zusammen zu denken.90
3.1.3. Verlangsamung
Eine Verlangsamung des Kommunikationsprozesses scheint, sofern eine neugierige, offene und respektvolle Haltung durch die Beteiligten eingenommen wird, in der Natur des Dialogs zu liegen, denn hitzige Wortgefechte sind unter dieser Voraussetzung schwer vorstellbar. Da jedoch die Beobachtung des Denkens, der Reaktionen auf Gehörtes und das in der Schwebe halten der eigenen Annahmen eine besondere Achtsamkeit mit der ihr eigenen Zeit bedarf, wird die Benutzung von Hilfsmitteln wie einem Redestein/ -objekt und einer Klangschale empfohlen.91 So kann gewährleistet werden, dass nur die Person spricht und die für sie nötige Zeit hat, die den Redestein hält. Das Anschlagen der Klangschale ermöglicht ein Innehalten der Teilnehmenden, um individuell zu erkennen, was wie und aufgrund welcher Annahmen interpretiert wurde. Mit der Hilfe der Klangschale kann ein gemeinsamer Raum des Nach-Denkens geschaffen und der Prozess der erweiterten Unabhängigkeit von den eigenen Interpretationsfolien und die Öffnung für neue kreative Denkaspekte gefördert werden.92 Letztendlich können diese methodischen Elemente jedoch genauso wie individuelle Konstruktionen und Glaubenssätze von der Gruppe suspendiert werden, sollte sie sie als überflüssig empfinden. Hartkemeyer & Hartkemeyer berichten aus ihrer Erfahrung, dass diese Hilfsmittel besonders hilfreich erlebt wurden, wenn sie vom/von der Prozess-Begleiter_in93 als Angebot eingebracht und nicht als von außen oktroyierte Maßnahme empfunden wurde.94
3.2. Dialog-Begleiter_in / Facilitator_in
Neben dem Anbieten methodischer Hilfsmittel kommt der Rolle des/der Facilitator_in noch eine weitere Bedeutung zu; ihm/ihr obliegt die Rahmung und Einführung des Dialogs (Vorbereitung des Containers – siehe folgendes Kapitel). Das bedeutet einerseits zeitliche Orientierung zu geben und für eine räumliche Gestaltung zu sorgen und andererseits die inhaltliche Einführung: „Zu Beginn werden sowohl die grundlegenden Prinzipien des Dialogs theoretisch und praktisch vorgestellt als auch spezielle Übungen durchgeführt, um den Prozess ‚ins Fließen‘ zu bringen.“95 Darüber hinaus, nach einer Entwicklungsphase des gemeinsamen Dialogs, verschiebt sich die Aufgabe des/der Prozess-Begleiter_in zu einem Geleit der Gruppe, das nur sichtbar wird, wenn sich die Gruppe vom Dialog in eine Diskussion bewegt, ohne es zu bemerken (Aufrechterhaltung des Containers). Der/die Begleiter_in versucht dann in einer Meta-Reflexion diese Bewegung aufzudecken und sie anhand beispielhafter Anwendung der dialogischen Grundhaltungen zu überwinden.96 Ziel ist es, dass die Gruppe ihren eigenen Leitlinien entspricht und der Intention des Dialogs gerecht wird. Bei dieser Aufgabe wandelt der/die Facilitator_in auf einem schmalen Grat, denn auf der einen Seite muss er/sie helfen und beraten, ohne jedoch auf der anderen Seite in die Rolle des Experten zu schlüpfen, der den Teilnehmer_innen die Verantwortung für ihren Dialogprozess abnimmt und von ihren eigenen Gedanken ablenkt.97 Je mehr eine Dialoggruppe an Erfahrung und Sicherheit in ihrem Prozess gewinnt, desto mehr verliert die Rolle des/der Dialog-Begleiter_in an Bedeutung und er/sie kann sich auf die reine Teilnahme am Dialog konzentrieren, da er/sie hier ebenfalls sehr unterstützend wirken kann. Verstehen sich Prozess-Begleiter_innen als „Lernende“, dann kann der „Fluss des Dialogs in zahllosen Situationen allein durch ihre erkundende, fragende Haltung„98 unterstützt werden. Beispielsweise kann in Situationen, in denen Teilnehmer_innen aufgrund ihrer Verstrickung in die eigenen Annahmen in eine Rechtfertigung der eigenen Position und negativen Bewertung anderer Einstellungen geraten, direkt nach den Annahmen gefragt werden und somit einen Prozess der Transparenz in Gang setzen. Wichtig dabei ist stets eine Haltung des Nichtwissens und eine aufmerksame Präsenz.99 Im Idealfall führt sich die Gruppe jedoch selbst, ähnlich wie viele nordamerikanische Indianerstämme, bei denen die Kunst des Dialogs teilweise so hoch entwickelt wurde, dass auf eine_n Begleiter_in verzichtet werden kann.100
3.3. Container
Der Begriff des Containers stammt eigentlich aus der Psychoanalyse und beschreibt einen sicheren Raum, z. B. zwischen Therapeut_in und Klient_in oder Eltern und Kind, der für Veränderungen und Wachstum wichtig ist.101 Die sprachliche Wurzel liegt im Lateinischen und leitet sich von con und tenere ab, was soviel wie „zusammen halten“ bedeutet. Zur Relevanz für den Dialog konstatiert der Leiter des Dialog-Projektes am MIT William Isaacs: „No container, no dialogue!“102 und verdeutlicht damit, dass ein Container „als sicherer Vertrauensraum für die Mitglieder einer Dialogrunde [.] Voraussetzung für das Gelingen des Prozesses [ist].“103 Im Prozess des beständigen Hinterfragens von vermeintlichen Sicherheiten der Teilnehmer_innen bietet der Container Raum für die Vielfältigkeit der individuellen Konstruktionen und zugleich Halt, um Spannungen und starke Reaktionen auf diese Diversität in der Gruppe auszuhalten und „im Sinne eines möglichen Lernfeldes zu begrüßen.“104 Denn in gewöhnlichen Gesprächssituationen „ist das, was gesagt wird, häufig nur verbales Spielmaterial und überlagert die darunter liegenden Einstellungen, Ängste und Machtstrukturen in der Gruppe. Um diese thematisieren zu können, ist ein tragfähiger Container als Vertrauensbasis Voraussetzung.“105 Erst in einer solchen vertrauensvollen Umgebung, kann die Rückhaltlosigkeit, von der Buber spricht106, erfolgen und ein echtes Zwiegespräch entstehen.
Als 1992 der erste Auftrag an das Dialog-Project am MIT von einem Stahlunternehmen aus Kansas kam, einen Dialog zwischen Gewerkschaft und Management zu ermöglichen, konnten die Arbeiter_innen mit dem Begriff des Containers zugleich etwas anfangen: Sie waren es aus ihrem Produktionsalltag gewohnt, dass das heiße flüssige Eisen einen Behälter brauchte, der die extreme Hitze ertragen konnte.107
Um die Entstehung und das Wachstum des Containers zu begünstigen und unterstützend zu begleiten, kann der/die Prozess-Begleiter_in das Setting entsprechend gestalten. So stellt ein Stuhlkreis, der eine Begegnung ohne materielle Barrieren ermöglicht noch die basalste Form einer hilfreichen Gestaltung dar und kann um weitere Elemente ergänzt werden. Hartkemeyer & Hartkemeyer verwenden in ihren Dialogseminaren als methodische Hilfsmittel z.B. Blumen in der Mitte des Raumes als Symbol der Vielfalt, eine Kerze mit ihrer Flamme als Repräsentant für die Kraft der Wandlung und die bereits beschriebenen Instrumente Redestein und Klangschale. Darüber hinaus setzen sie Gedichte, Wandposter sowie musikalische Elemente und Kreistänze ein, um Anregungen oder Stimulationen zu Gedanken und Reflexionen zu erleichtern oder um gemeinsam in einen auch körperlich anderen Bewegungsfluss zu gelangen.108
Neben der äußerlichen Gestaltung des Settings kann der Container zu Beginn durch die Einführung in die dialogischen Grundhaltungen mittels vertiefender Übungen auf- und ausgebaut werden. Eine besondere Form der Begegnung und eine erhöhte Kohäsion in der Gruppe kann dabei durch die gegenseitige Erzählung von entscheidenden Lebenssituationen erreicht werden.109 Wichtig ist bei dieser Form, wie auch generell im Dialog, dass die Teilnehmenden sich selbst als die Instanz begreifen, welche die eigenen Grenzen wahrnimmt und bestimmt und wie weit sie sich auf den Prozess der Erkundung der eigenen Annahmen einlässt.110 Nicht hilfreich dagegen ist es, wenn die Gruppe glaubt, „‚man‘ müsse sich besonders ‚outen‘, um im Dialog auch tief genug zu gehen.“111 Ebenfalls sollte am Dialogprozess freiwillig und nicht von oben herab diktiert teilgenommen werden. „Wird der Dialog als Methode von ‚oben‘ verordnet, so ist die Gefahr des Scheiterns groß, weil sich die ‚Verweigerer‘ beweisen wollen, dass ihre Vorbehalte berechtigt waren.“112
William Isaacs hat, trotz der Unvorhersehbarkeit des Dialogprozesses, typische Phasen beobachtet und beschrieben, die ein Dialogprozess in der Regel durchläuft. Dabei differenziert er in vier Stufen, die von einer (1) Instabilität des Containers zu einer (2) Instabilität -, darauf aufbauend einer (3) Erkundung - und schließlich zu einer (4) Kreativität im Container führen.113 Das Modell an sich ist nicht neu, da es mit den Phasen der Gruppenentwicklung nach Oliver König und Karl Schattenhofer (2011)114 oder dem Teamuhr-Modell von Bruce W. Tuckman (1965)115 vergleichbar ist. Lediglich die Ausrichtung auf das Dialogische im Gruppenprozess unterscheidet Isaacs Modell von den anderen. Um die Entwicklung des Dialogprozesses im Kontext der Gruppenentwicklung besser verstehen zu können, wird im Folgenden auf die Beobachtungen von Isaacs116 mit Ergänzungen aus dem Modell von König / Schattenhofer117 und dem Fokus auf den Abschnitt „Situation und Aufgabe der Gruppe“ eingegangen.
(1) Instabilität des Containers: Im labilen Container kommen, wie in jeder neu formierten Gruppe, unterschiedliche Erwartungen und Weltanschauungen zusammen, die einer Klärung und Orientierung bedürfen. Die Frage nach Zugehörigkeiten liegt in der Luft, Meinungen und Sympathien werden erkundet und trotz der guten Absichten wird hauptsächlich durch den „selektiven Filter der Wertung“ wahrgenommen. Der Gruppe wird deutlich, dass sie nur in den Dialogprozess kommt, wenn sie einander ohne Filter zuzuhören beginnt.
(2) Instabilität im Container: Nach einer anfänglichen Klärung der Gruppenprozessrichtung springt die Aufmerksamkeit nun häufig zwischen dem Loslassen von Vorannahmen und ihrer inhaltlichen Diskussion hin und her. Dabei wird statt des Vorgangs der Wahrnehmung, die Wahrnehmung an sich in einem Rückschritt in gewohnte Diskussionsstile und –strukturen thematisiert. Lange Diskussionen, Unzufriedenheit und das Bedürfnis nach (An-)Leitung prägen die Situation. Der Erkenntnisschritt etlicher Teilnehmer_innen, wie abhängig ihre Einstellung vom Verhalten und Denken anderer Gruppenmitglieder ist, führt zu der Frage: was ist denn nun wirklich richtig oder falsch? Die daraus resultierende Unsicherheit, das Sichtbarwerden der Fragmentierung des eigenen Wissens und die Entlarvung bestehender Annahmen als falsche Sicherheiten, kann zu einer Prozesskrise führen. Wichtig ist in dieser Phase daher eine Trennung der persönlichen Desorientierung von der Prozessrichtung der Gruppe. Der/die Facilitator_in kann der Gruppe dabei helfen diese unterschiedlichen Ebenen sichtbar zu machen, um ein Verstehen des Prozesses zu ermöglichen. Was verspüre ich weshalb in mir?
(3) Erkundung im Container: Ist die Mehrheit der Teilnehmer_innen zu einem Stadium des selbstbeobachtenden Denkens gekommen, dann besteht die Möglichkeit „einer neuen Art des ‚Ideenflusses‘“.118 Es wird viel Rücksicht aufeinander genommen und eine Begeisterung, die „Flitterwochen der Gruppe“, herrscht vor. Doch die Erkenntnis über die Unzulänglichkeit des konventionellen Denkens, das den Alltag prägt, kann zu „Schmerzgefühlen“ führen, da Einsamkeit, selbstverursachte Grenzen und Begrenzungen im Alltag, am Arbeitsplatz und in der Kultur deutlich werden. Ein stabiler Container ist hier wichtig, da er bei einer Art gemeinsamen, aber individualisiertem „Erkenntnisschmerz“ Halt und Kraft geben kann.
(4) Kreativität im Container: Wird diese Krise konstruktiv bewältigt, dann besteht die Chance, eine „kreative Achtsamkeit“ zu entwickeln. Die Teilnehmer_innen partizipieren nun an einem gemeinsamen Gedankenfeld und neue Gedanken und Denkzugänge können erforscht werden, auch wenn mit ihnen nicht übereingestimmt wird. Wahrnehmung und Bewertung können bewusst getrennt, abweichende Meinungen gehört und möglichst viele Aspekte bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig wird häufig die Erfahrung gemacht, dass das sprachliche Repertoire ungenügend ist um sich adäquat auszudrücken. In einem gemeinschaftlichen Prozess beginnen sich die Bedeutungen und Inhalte von Begriffen zu ändern „und eine neue Qualität des Gruppendenkens und der kollektiven Intelligenz ist erreichbar.“119
Es ist erkennbar, dass ein tragfähiger Container für das Bestehen der Gruppe gerade in der Orientierungslosigkeit der Krisen unabdingbar ist, denn ohne diesen Halt würden die Teilnehmer_innen in ihrem Bedürfnis nach Sicherheit in alte Gewohnheiten und Strukturen zurück verfallen, anstatt sich dieser bewusst zu werden, sie zu überwinden und neue zu erarbeiten.
3.4. Dialog als Disziplin im Seminar
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie Dialogprozesse intentional in der Praxis ermöglicht werden können, soll im Folgenden eine Zusammenfassung eines denkbaren Dialogseminars nach Hartkemeyer & Hartkemeyer zum Einüben des Dialogs als Disziplin vorgestellt werden. Der zeitliche Rahmen orientiert sich dabei an einem typischen Fortbildungswochenende, also ca. zweieinhalb Tage.
Check-in: Nach einer Begrüßung der Teilnehmer_innen und einer Vorstellung der methodischen Hilfsmittel Redestein und Klangschale, beginnt der/die Dialog-Begleiter_in die Check-in-Runde mit einer Einführungsfrage wie z. B.: „Was liegt mir für die Zeit, die wir hier miteinander verbringen wollen, wirklich am Herzen?“ Ziel ist es, dass die Teilnehmer_innen sich authentisch mit dem in die Gruppe einbringen können, was normalerweise unausgesprochen bleibt, aber den Prozess entscheidend prägend sein kann.120 Sie werden eingeladen, sich innerlich auf den Dialog einzulassen und präsent zu sein. Gleichzeitig ermöglicht diese persönliche Form der Frage eine menschliche und offene Atmosphäre und somit auch die Voraussetzung, um einen Container zu erschaffen.121
Einführung: Um ein gemeinsames Verständnis vom Dialog zu bekommen, werden die Teilnehmenden vorab gebeten, sich in Kleingruppen von Erlebnissen zu berichten, bei denen sie den Eindruck hatten, einen „echten“ Dialog erlebt zu haben. In der Gesamtgruppe wird im Anschluss versucht, grundlegende Dialog-Qualitäten herauszuarbeiten und die dialogischen Grundfertigkeiten bzw. zehn Kernfähigkeiten werden ergänzend vorgestellt. Eine wissenschaftlich-kulturell-historische Einordnung des Dialogs mit Bezügen zu bspw. Bohm, Watzlawick, Buber und Platon soll das gemeinsame Wissen über den Dialog vervollständigen.122
Übungen: Mittels weiterer Übungen werden den Dialog-Teilnehmer_innen ihre eigenen Annahmen, Meinungen und Bewertungen bewusst gemacht. Hartkemeyer & Hartkemeyer stellen in ihrem Buch dazu verschiedenste Methoden vor.123 Die Unterscheidung zwischen Beobachten und Bewerten wird eingeübt und die Schnelligkeit, mit der der Schritt vom einen zum anderen erfolgt aufgezeigt. Aus der Erkenntnis über die eigenen mentalen Modelle soll es ermöglicht werden, sich von ihnen zu distanzieren und alternative Handlungsmuster anhand einer dialogischen Grundhaltung zu entwickeln.124
Dialogrunden: Wurde nun zunächst in die Dialogprinzipien eingeführt und der Container vorbereitet, so kann jetzt die Gruppe in gemeinsamer Verantwortung in den Dialogprozess treten. In Form von Dialogrunden können sich die Teilnehmer_innen im gemeinsamen Denken üben, alternative Denkweisen und –zugänge erforschen und die eigenen Konstruktionen suspendieren.
Check-Out: Ähnlich dem Check-in werden wieder alle Stimmen gesammelt, um zu sehen, wo der Prozess angelangt ist und ein gemeinsamer Abschluss sollte erarbeitet werden. Verlassen Teilnehmer_innen den Dialog, ohne zuvor Andere mit ihren Erfahrungen gehört zu haben, besteht die Gefahr, dass die eigene Erfahrung zur „Geschichte der Gruppe“ erhoben und der Blick für die Individualität des Erlebens verloren geht. Die Erfahrung im check-out hingegen, dass es im Gegensatz zu den eigenen viele differierende Fragen, Erlebnisse, Gedanken, Reaktionen und Gefühle auf den Prozess gibt, kann helfen, mit Verallgemeinerungen vorsichtig umzugehen.125
3.5. Weitere Einsatzmöglichkeiten des Dialogs
Neben dem Einsatz des Dialogs auf Seminaren zur Einübung einer dialogischen Haltung, erstreckt sich das Einsatzgebiet dialogischer Kernelemente auf unzählige andere Gebiete, von denen im Folgenden einige kurz skizziert werden sollen. Die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten reicht dabei von der Familie über Organisationen wie dem Gefängnis, der Schule und Unternehmen hin zu Begegnungen in der Politik.
Familie: Das vielleicht schwierigste Praxisfeld für den Dialog stellt die Familie dar. Die Sicherheit komplexer eingefahrener Muster, unausgesprochene Annahmen und (vorerst) nicht besprechbare Themen, lassen ein Suspendieren im dialogischen Sinne außerhalb einer therapeutischen Begleitung schwer umsetzen. Jedoch kann eine versuchte Haltung des Nichtwissens, kombiniert mit methodischen Hilfsmitteln, wie etwa einem Kochlöffel als Redesteinersatz, in Momenten hitziger Wortgefechte wahre Wunder wirken.126
Gefängnis: Peter Garrett arbeitete im englischen Hochsicherheitsgefängnis HMP Whitemoor mit einigen Häftlingen und Wachleuten an der Sichtbarmachung des Umgangs der Beteiligten mit Machstrukturen und den Ursachen ihrer Taten.127 Unabhängig von Werten und moralischen Urteilen versuchte er in einer Art echter Entdeckerhaltung mit den Gefangenen den ihrem Verhalten zugrunde liegenden Bedürfnissen auf die Spur zu kommen und somit eine Veränderung zu ermöglichen. „In dem Moment, in dem niemand eine Verwandlung zu erzwingen sucht, wird es möglich, sich zu wandeln.“128 Aufgrund der Erfolge in der Dialogarbeit mit Gefängnisinsass_innen wurde in England die Stiftung „Prison Dialogue“ gegründet.
Schule: Hartmut von Hentig nutzt sie in seiner Bielefelder Laborschule: Sogenannte Morgenkreise.129 Sie bieten Schüler_innen und Lehrer_innen in Schulen die Möglichkeit sich in einer vom Schulalltag qualitativ unterscheidenden Art und Weise zu begegnen. Mit der Verwendung von Redestein und Dialogprinzipien, wie vom Herzen zu sprechen und wertschätzend zuzuhören130, kann eine andere Form des Miteinanders bewirkt werden. So kann durch die Unterscheidung von Beobachtung und Bewertung aber auch mittels aktivem Zuhören ein gegenseitiges Verstehen und Kennenlernen, hin zu Gruppenkohäsion und konstruktiven Konfliktlösungen erreicht werden.131 Martina Hartkemeyer berichtet von ihren Erfahrungen mit der Verwendung eines Redesteins auf Elternabenden: Sonst schweigsamere Eltern sprachen in der Gruppe und berichteten zum Teil von sehr schwierigen Situationen, die den Fokus auf neue, tiefere Ebenen im gemeinsamen Gespräch lenkten.132
Im universitären Kontext kann der Dialog vielfach vom Studium Generale über fachspezifische, interdisziplinäre Veranstaltungen, mit akademischen und nicht akademischen Expert_innen in Form generativer oder strategischer Dialoge eingesetzt werden.133
Unternehmen: Der Dialog kann in Unternehmen und Organisationen vielfältig eingesetzt werden. So berichtet z. B. Ingrun Bechen von der Lösung des vermeintlich kleinen Problems der Urlaubsplanung in einer sozialen Einrichtung mit Hilfe dialogischer Grundhaltungen und einem Redestein.134 Der Leiter der deutschen Leasing-AG Peter Pächnatz schildert, wie durch die Einführung und Verankerung dialogischer Haltungen und Fähigkeiten in die Unternehmenskultur der Dialog zu einem konkreten Bestandteil von Führungskräftebeurteilungen, Konfliktklärung, Bereichstagungen und Strategiesitzungen wurde.135 Den Dialog als Mittel zur Annäherung und schließlich konstruktiven Zusammenarbeit nutzten Anfang der 90er Jahre, wie bereits in Kapitel 3.4 erwähnt, Management und Gewerkschaftsvertreter. Anfänglich sich noch anschreiend oder wutentbrannt den Raum verlassend, veränderte sich das Miteinander innerhalb eines Jahres dahingehend, dass gemeinsame Präsentationen als Team abgehalten werden konnten.136 In Boston wurde mit führenden Persönlichkeiten aus Sozial-, Wirtschafts-, Bildungs- und Beratungsunternehmen ein zweijähriger Dialog durchgeführt. Ziel war die Veränderung der individuellen Umgangsweisen mit den Anforderungen des Bostoner Großstadtlebens. Die Teilnehmer_innen wollten durch die Aneignung dialogischer Prinzipien lernen, die imaginativen Grenzen von Kulturen, Gruppen und Hautfarben zu überwinden.137
Politische Begegnungen: Ob in vormals undisziplinierten Sitzungen des Ortsbeirates138, der Planung einer Autobahn im nordspanischen Baskenland139, der Umweltbildung140, im Bürgerkrieg Kolumbiens zwischen FARC-EP und Regierung141 oder in den Geheimverhandlungen vor den Osloer Friedensgesprächen142 bis hinein in den amerikanischen Kongress143: In der Begegnung politischer Vertreter_innen finden dialogische Prinzipien einen Anwendungsbereich, der Konflikte entschärfen und Verständigungsprozesse initiieren kann. Durch die Fähigkeit, Partizipation und Akzeptanz zu ermöglichen, kommt dem Dialog eine tragende Rolle in der Annäherung von Konfliktparteien und ihren (vermeintlichen) widersprüchlichen Interessen zu.
[...]
1 Vgl. 2.2.1 Haltung des Nichtwissens; Kleve 2011, S. 8f; De Jong / Berg 2008, S. 51.
2 Vgl. Bar-On 2006, S. 48ff.
3 Vgl. Bar-On 2000, S. 24.
4 Durcharbeiten ist ein Begriff aus der Psychoanalyse und meint in dieser Arbeit das Erreichen eines bewussteren Umgangs mit der Vergangenheit, ohne sie dabei zu verleugnen.; Vgl. Bar-On 2004, S. 313.
5 Vgl. Loch / Schulze 2011, S. 702.
6 Vgl. Maoz 2000, S. 163f / Bar-On 2006, S. 70f.
7 Vgl. Bar-On 2006a, S. 244f.
8 Organisation for Economic Co-operation and Development.
9 Vgl. BMZ 2012e.
10 Vgl. BMZ 2012d.
11 Auernheimer 2005, S. 139.
12 Vgl. BMZ 2007, S. 4.
13 Vgl. Die Bundeskanzlerin 2012.
14 Vgl. F.A.Z. 2012.
15 Vgl. Dialog-Lebensversicherungs-AG 2012.
16 Vgl. Dialog Internet-, Grafik-, Druckpartner 2012.
17 Vgl. Braunmühl 1999.
18 Vgl. Burgheim 2005.
19 Vgl. Duden 2012.
20 Vgl. Otto / Thiersch 2001; Kreft / Mielenz 2005; Lüssi 2008; Stimmer 2000.
21 Platon 1958, S. 543c zit. n. Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 10.
22 Vgl. Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 10f.
23 Habermas 1971, S. 124 zit. .n. Evers 2002, S. 10.
24 Vgl. Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 11.
25 Buber 1992, S. 295.
26 Vgl. Ebd., S. 292.
27 Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 12.
28 Buber 1992, S. 32.
29 Muth / Nauerth 2008, S. 21.
30 Zur Einführung in die Begrifflichkeiten Luhmanns empfiehlt der Autor das Buch: Berghaus 2011.
31 Luhmann 1995, S. 189 zit. n. Berghaus 2011, S. 54.
32 Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 9.
33 Kleve 2009, S. 77.
34 Vgl. Ebd.
35 Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 9.
36 Vgl. Hartkemyer & Hartkemeyer 2005, S. 32f.
37 Vgl. Pfütze 2009, S. 23.
38 Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 32.
39 Pfütze 2009, S. 23.
40 Ebd., S. 25.
41 Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 32.
42 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 51ff.
43 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 343.
44 Heisenberg 1974, S. 85 zit. n. Capra 1999, S. 56.
45 Vgl. Capra 1999, S. 44.
46 Vgl. Krause / Rätz-Heinisch 2009, S. 13.
47 Unter dem Begriff „Gruppe“ wird hier ein Zusammenschluss von drei bis 20 Personen verstanden, die mindestens ein gemeinsames Gruppenziel verfolgen. Vgl. Edding / Schattenhofer 2009, S. 10.
48 Senge 2011, S. 263f.
49 Ebd., S. 265.
50 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 43.
51 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 32f.
52 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 14f.
53 Bohm 1998 zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 53.
54 Senge 2011, S. 263.
55 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 60.
56 Vgl. Isaacs 2006 zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 63ff.
57 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 58.
58 Vgl. zum Begriff „lernende Organisation“: Senge 2011, S. 13.
59 Vgl. Isaacs 2006 zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 68.
60 Vgl. Isaacs zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 64f.
61 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 42.
62 Ebd., S. 43.
63 Vgl. Ebd.
64 Vgl. Senge 2011, S. 265.
65 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 78.
66 de Shazer zit n. Kleve 2011, S. 1.
67 Vgl. von Glaserfeld 1996, S. 96; von Foerster / Pörksen 1999, S. 15f.
68 Ameln 2004, S. 3 zit. n. Benesch 2011, S. 29.
69 Isaacs zit. n. Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 65f.
70 Vgl. Benesch 2011, S. 29f.
71 Vgl. Institut für Systemische Beratung und Bildung 2008.
72 Der Begriff wurde von Anderson & Goolishian eingeführt. Vgl. De Jong / Berg 2008, S. 51.
73 Zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 78.
74 Salomon 1926, S. 304 zit. n. Kleve 2011, S. 5.
75 Kleve 2011, S. 2.
76 Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 39.
77 Vgl. Kleve 2009, S. 76.
78 Vgl. Bohm 2008, S. 55ff
79 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 84f.
80 Ebd., S. 84.
81 Hans-Peter Dürr zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 347.
82 1. Haltung eines Lerners verkörpern, 2. Radikaler Respekt, 3. Offenheit, 4. Sprich von Herzen, 5. Generatives Zuhören, 6. Verlangsamung, 7. Annahmen und Bewertungen suspendieren, 8. Produktives Plädieren, 9. Eine erkundende Haltung üben, 10. Den Beobachter beobachten.
83 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 79.
84 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 39ff.
85 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 13.
86 Vgl. Ebd., S. 80.
87 Vgl. Ebd.
88 Kopp 1983, S. 27f.
89 Vgl. Isaacs zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 67.
90 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 91f.
91 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 46.
92 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 83f.
93 Prozess-Begleiter_in, Dialog-Begleiter_in und Facilitator_in werden synonym verwendet.
94 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 46.
95 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 104.
96 Vgl. Ebd., S. 103f.
97 Vgl. Senge 2011, S. 269.
98 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 127.
99 Vgl. Ebd., S. 125ff.
100 Vgl. Senge 2011, S. 269.
101 Vgl. Bar-On 2006, S. 32.
102 Isaacs zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 45.
103 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 44.
104 Vgl. Ebd., S. 45.
105 Garrett zit. n. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 29.
106 Vgl. Buber 1992, S. 295.
107 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 46.
108 Vgl. Ebd., S. 258.
109 Vgl. Ebd., S. 124.
110 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 376.
111 Vgl. Ebd.
112 Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 376f.
113 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 102.
114 Phasen: Anfang und Orientierung, Positions- und Rollenklärung, Vertrautheit und Konsolidierung, Differenzierung und Zusammenarbeit. Die fünfte Phase „Trennung und Abschied“ wird hier vernachlässigt, da sie im Zusammenhang mit dem Dialogprozess, anders als im Gruppenprozess, keine Rolle zu spielen scheint.
115 Phasen: Forming, Storming, Norming, Performing; zit. n. Edding / Schattenhofer 2009, S. 38.
116 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 99ff.
117 Vgl. König / Schattenhofer 2011, S. 62f.
118 Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 101.
119 Ebd.
120 Vgl. Ebd., S. 107.
121 Vgl. Ebd., S. 108.
122 Vgl. Ebd., S. 256.
123 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 373-424.
124 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 257.
125 Vgl. Ebd., S. 109.
126 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 137.
127 Ebd., S. 55ff.
128 Ebd., S. 59.
129 Vgl. Ebd., S.144.
130 Vgl. Ebd., S.149.
131 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S.157ff.
132 Vgl. Ebd., S.161f.
133 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S.172f.
134 Vgl. Ebd., S.80f.
135 Vgl. Ebd., S. 200ff.
136 Vgl. Senge et al. 2008, 420ff.
137 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 120ff.
138 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 81f.
139 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 206.
140 Vgl. Ebd., S. 227ff.
141 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer 2005, S. 284ff.
142 Vgl. Hartkemeyer & Hartkemeyer / Dhority 2006, S. 222ff.
143 Vgl. Ebd., S. 211ff.
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