Was unter Benachbartem hervorragt, ist dort groß, wo es hervorragt. Denn Größe hat kein be-stimmtes Maß: Erst der Vergleich hebt oder drückt herab. (Seneca )
Vergleichende Werbung führte in Deutschland bis vor wenigen Jahren noch ein Schattendasein. Kampagnen zwischen konkurrierenden Unternehmen, wie sie der legendäre „Cola-Krieg“ zwischen den beiden Getränkeherstellern Pepsi- und Coca-Cola über Jahrzehnte hinweg in den USA hervorbrachte , die das fremde Produkt offen und eindeutig zu eigenem Zweck ausbeuteten, waren in der deutschen Werbelandschaft lange Zeit schlichtweg unvorstellbar. Die Beispiele der Fast-Food-Ketten McDonald’s und Burger King , und insbesondere der Autovermieter Sixt und Starcar zeigen aber, dass sich diese besondere Werbeform im Laufe der letzten Jahre auch hierzulande zu etablieren scheint. Der Sinn und Zweck eines Vergleichs hat sich indes seit der Antike nicht gewandelt und liegt inso-fern auch der modernen Werbung zugrunde: Eine Leistung für sich gesehen vermag noch nichts über deren Wert auszusagen; eine Einschätzung deren Güte lässt sich erst gewinnen, indem sie mit anderen in Beziehung gesetzt wird.
Hat das obige Zitat schon seit knapp 2000 Jahren Bestand, so ist der Beurteilungspraxis der entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Problematik eine deutlich geringere Halbwertszeit gegönnt.
Die Entwicklung der Beurteilung der vergleichenden Werbung wird im Folgenden genauer zu beleuchten sein. Vorn weg findet sich eine Klärung der Frage, was sich aus rechtlicher Sicht hinter dem Terminus „vergleichende Werbung“ verbirgt (B.). Die darauffolgenden Untersuchungen sollen chronologisch – der wettbewerblichen Relevanz folgend – die Entwicklungsstufen insbesondere anhand der Rechtsprechung des Reichsgerichts (C.) und des Bundesgerichtshofs (D.) zur kritisierenden vergleichenden Werbung aufzeigen. Auf Besonderheiten in der persönlichen und der anlehnenden vergleichenden Werbung wird an den entsprechenden Stellen hingewiesen.
Inhaltsverzeichnis
A. Einführung und Gang der Untersuchung
B. Der Begriff der vergleichenden Werbung
I. Terminologie
II. Der Tatbestand der vergleichenden Werbung
1. Werbung
2. Erkennbarer Mitbewerberbezug
a) Mitbewerber
b) Erkennbarkeit
3. Vergleichserfordernis
III. Erscheinungsformen
1. Traditionelle Dreiteilung
2. Heutiges Begriffsverständnis
C. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts
I. Der Grundsatz der Zulässigkeit der vergleichenden Werbung
1. Die rechtliche Ausgangssituation im 19. Jahrhundert
a) Die Gewerbefreiheit als liberale Grundentscheidung der Rechtsordnung
b) Die Anfänge der gerichtlichen Beurteilung durch das Reichsgericht
2. Nach Inkrafttreten des UWG von 1896
3. Rechtliche Beurteilung unter dem UWG von 1909
II. Die Wende zum Verbotsgrundsatz in der Rechtsprechung des RG
1. Personenbezogene Werbung
2. Sachbezogene Werbung
a) Der Verbotsgrundsatz der Hellegold-Entscheidung
b) Beurteilung der Hellegold-Entscheidung
aa) Die Argumentationen Kohlers und Lobes
bb) Der Schutzzweck des UWG und die wirtschaftliche Entwicklung als Hintergründe zur Hellegold-Entscheidung
c) Die Entwicklung der anlehnenden Werbung
III. Entwicklung der Ausnahmen vom Verbotsgrundsatz
1. Systemvergleich
2. Fortschrittsvergleich
3. Abwehrvergleich
4. Auskunftsvergleich
IV. Zusammenfassung
D. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
I. Die Fortführung der vom RG entwickelten Grundsätze
II. Die Entwicklung zum Aufklärungsvergleich
1. Das Verbotsprinzip in der Literatur
2. Der Bericht des Bundesjustizministers
3. Die Entwicklung zur Ausnahme-Generalklausel in der Rechtsprechung
a) Ansätze zur Liberalisierung der vergleichenden Werbung
b) Das Bekenntnis des BGH zum Verbotsgrundsatz
4. Die Phase der Stagnation in der Rechtsprechung
5. Besonderheiten der anlehnend vergleichenden Werbung
6. Bewertung der Entscheidungspraxis des BGH zur Ausnahme-Generalklausel
III. Die Abkehr vom Verbotsgrundsatz
1. Liberalisierungstendenzen des BGH
2. Die Richtlinie 97/55/EG und deren „Umsetzung“ durch den BGH
a) Die Entstehung und Zweck der Richtlinie 97/55/EG
b) Die inhaltlichen Bestimmungen der Richtlinie 97/55/EG
c) Die ausdrückliche Aufgabe des Verbotsgrundsatzes durch den BGH
3. Die gesetzliche Normierung vergleichender Werbung
E. Resümee
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