Die aktuelle Ausgestaltung des Rundfunks in Deutschland basiert im Wesentlichen auf der Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die folgende Arbeit untersucht
dagegen den Rundfunkmarkt aus ökonomischer Sicht. Sie widmet sich insbesondere der Frage nach möglichen Marktversagensaspekten zur Legitimierung der Regulierung und damit zur Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der daraus resultierenden
Gebührenfinanzierung. Zudem wird als Schlussfolgerung u.a. aus der Analyse von bestehenden Wettbewerbssituationen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern die ökonomische Bewertung der Gebührenhöhe vorgenommen.
Aus diesen Überlegungen resultiert schließlich die Erkenntnis, dass dem privaten Rundfunk der Markt zu überlassen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk als gesellschaftlich gewünschte Ergänzung zu deren Angebot zu sehen ist. Entsprechend hat eine Anpassung der
Programminhalte sowie des Umfangs der Gebührenfinanzierung zu erfolgen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
2. Das Rundfunkrecht und der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
3. Markt- und Wettbewerbsversagensaspekte auf dem Rundfunkmarkt ?
3.1 Das Rundfunkangebot
3.2 Das Nachfrageverhalten versus politischer Zielvorgaben
4. Die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und ihre Auswirkungen
4.1 Die Gebührenfestsetzung
4.2 Die ökonomische Bewertung der Rundfunkgebühr
4.3 Beeinflussung des Rundfunkwettbewerbes durch Privilegierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
Abstract
Die aktuelle Ausgestaltung des Rundfunks in Deutschland basiert im Wesentlichen auf der Rundfunkrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die folgende Arbeit untersucht dagegen den Rundfunkmarkt aus ökonomischer Sicht. Sie widmet sich insbesondere der Frage nach möglichen Marktversagensaspekten zur Legitimierung der Regulierung und damit zur Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der daraus resultierenden Gebührenfinanzierung. Zudem wird als Schlussfolgerung u.a. aus der Analyse von bestehenden Wettbewerbssituationen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern die ökonomische Bewertung der Gebührenhöhe vorgenommen.
Aus diesen Überlegungen resultiert schließlich die Erkenntnis, dass dem privaten Rundfunk der Markt zu überlassen und der öffentlich-rechtliche Rundfunk als gesellschaftlich gewünschte Ergänzung zu deren Angebot zu sehen ist. Entsprechend hat eine Anpassung der Programminhalte sowie des Umfangs der Gebührenfinanzierung zu erfolgen.
1. Einleitung
Die Bundesrepublik Deutschland verfügt heute „weltweit über das umfangreichste und kostenintensivste öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot.“ (Never (2002). S. 26). Mit einem Gesamtbudget von über 7 Mrd. Euro (davon ca. 79 % aus Rundfunkgebühren) im Jahr 2000 wurden 22 TV-Vollprogramme, 19 Regionalfenster und 69 Hörfunkprogramme ausgestrahlt (vgl. DIW (2002), S. 101).
Angesichts der Tatsache, dass von den produzierten Angeboten der Vollprogramme ARD und ZDF im Durchschnitt jeweils nur 2 %[1] den Zuschauer erreichen, erscheint der Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eher einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsapparat gleichzukommen, als einem nach den Regeln des Marktes arbeitenden Unternehmen. Tatsächlich sieht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Rundfunk als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung an und billigt ihm eine Reihe von Privilegien zu. Die daraus resultierende starke Regulierung des Rundfunkmarktes behindert den freien Wettbewerb der privaten Rundfunkanbieter erheblich. Die Marktwirtschaft als geltendes Wirtschaftssystem in Deutschland propagiert jedoch gerade ihre Überlegenheit, die sich aus der dezentralen Lenkung der wirtschaftlichen Prozesse über freie Märkte unter Verwendung des Preismechanismus ergibt. Welche Begründung liefert die Rechtsprechung zu ihren Entscheidungen? Zu welchem Ergebnis würde dagegen eine ökonomische Betrachtung führen? Kann diese Regulierungsdichte auf dem Rundfunkmarkt mit dem Verweis auf Marktversagensaspekte, durch die eine effiziente Produktion verhindert wird, legitimiert werden?
Konsequenterweise sorgt das BVerfG auch für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in dem es die Gebührenfinanzierung vorschreibt. Eine Gebühr ist definiert als eine Abgabe, die für eine spezielle Gegenleistung erhoben wird. Da die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Rundfunk- und Fernsehprogramme ausstrahlen, würde die Rundfunkgebühr nach diesem Wortlaut für das Konsumieren eben dieses Programmangebotes zu zahlen sein. Das die Praxis anders aussieht, ist jedermann bekannt: Die Gebührenpflicht wird lediglich daran geknüpft, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird, ob also die bloße Möglichkeit besteht, das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender zu empfangen. Wie kann diese Gebühr sowie die Gebührenhöhe ökonomisch bewertet werden?
Diskussionen zur Notwendigkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie dessen Finanzierung wurden bereits vielfach vor allem in juristischen Abhandlungen diskutiert. Ziel der folgenden Ausführungen soll dagegen die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen aus der wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtung heraus sein. Dabei wird den genannten Überlegungen zu den Marktversagensaspekten sowie der Gebührenfinanzierung und deren Umfang eine kurze Einführung zum geltenden Rundfunkrecht vorangestellt.. Den Abschluss bildet das aus den Untersuchungserkenntnissen im Hinblick auf die Ausgangsfragen zu ziehende Fazit mit anschließendem kurzen Ausblick.
2. Das Rundfunkrecht und der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Die Gesetzgebung in Bezug auf die Medien haben die jeweiligen Landesgesetzgeber inne. „Schlüsselfigur“ für das Rundfunkrecht in Deutschland ist jedoch das BVerfG. In mittlerweile acht Urteilen, hat es „dem Rundfunk ein enges Korsett angelegt“ (Engel (1994), S. 185). Es hat sowohl Entscheidungen der Landesgesetzgeber nachträglich verschärft als auch zuvor geprägt. Besonders erstaunlich war der Standpunkt des BVerfG zum Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). Dieses galt grundsätzlich erst einmal nur für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter. Nach seiner modifizierten Rechtsprechung aus dem Jahre 1998 steht dieses sogenannte „Grundrecht der Rundfunkfreiheit“ nun auch solchen Personen zu, die keine öffentlich-rechtliche Rundfunkzulassung haben.
Diese Entscheidungen sind bezeichnend für die Rundfunkrechtsprechung, insbesondere auch nach Zulassung der privaten Veranstalter im Jahre 1984. Das Ideal des BVerfG bleibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Da der Rundfunk ein Massenmedium mit einer besonderen Wirkungsmacht ist und - insbesondere das Fernsehen - die „Breitenwirkung und Suggestivkraft audiovisueller Kommunikation und der Möglichkeit von Aktualität und hoher Authentizität“ (Hoffmann-Riem (2003), S. 34) ausnutzt, sind die Auswirkungen auf die öffentliche Meinungsbildung so erheblich, dass der Rundfunk eine Rolle einnimmt, „die zu jener der politischen Parteien komplementär ist“ (Neumann (1999), S. 2053). Daher darf der Rundfunk auf keinem Fall „dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden“ (BVerfE 31, 314, 325).
Aus Angst vor der Missbrauchsgefahr „der einseitigen Einflussnahme auf die öffentliche Meinung“ (Never (1998), S. 2), die durch Machtkonzentration dem Angebot der privaten Rundfunkanbieter innewohnen könnte, hat das BVerfG den öffentlich-rechtlichen Rundfunk privilegiert und ein dichtes Regelungswerk für den privaten Rundfunk geschaffen.
Zunächst wurde im „Vierten Rundfunkurteil“ vom 4. November 1986 (BVerfE 73, 118I) der sogenannte Grundversorgungsauftrag abgeleitet. Dieser beinhaltet die technische und die inhaltliche Vollversorgung der Bevölkerung (vgl. Brösel (2003), S. 117). Da die einstige Knappheit der terrestrischen Frequenzen heute kein Thema mehr ist, ist wesentliches Ziel der öffentlich-rechtlichen Veranstalter die Erfüllung des sogenannten Programmauftrages als inhaltlichem Rahmen. Danach unterliegt die Programmgestaltung „dem Gebot, ein inhaltlich vollständiges, (politisch) ausgewogenes und vielfältiges Programmangebot in den Bereichen Information, Bildung und Unterhaltung hinsichtlich gesellschaftlicher und kultureller Belange zu garantieren“ (Brösel (2003), S. 117). Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Ausstrahlung eines Vollprogramms notwendig, das „alle Meinungsrichtungen - folglich auch Minderheitenmeinungen - repräsentiert“ (Brösel (2003), S. 117). Da auf Grund des Gewinnmaximierungsstrebens der privaten Anbieter „Defizite an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt“ (Never (1998), S. 3) in diesem Bereich dauerhaft bestehen, formulierte das BVerfG darüber hinaus auch die Bestands- und Entwicklungsgarantie, die die privaten Anbieter an die Existenz eines funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk bindet.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass „das Bundesverfassungsgericht [...] allen seinen Entscheidungen die Annahme zu Grunde [legt], der Rundfunkmarkt sei generell mit Marktversagen behaftet“ (Simon (1998), S. 70). Hieraus spricht ein tiefes Misstrauen gegen die Leistungen des Wettbewerbs. Eine genauere Überprüfung der Marktversagensunterstellung im ökonomischen Sinne durch das BVerfG ist jedoch bisher unterblieben.
3. Markt- und Wettbewerbsversagensaspekte auf dem Rundfunkmarkt?
Normalerweise ist der freie Markt am ehesten in der Lage, eine optimale Allokation verfügbarer Ressourcen und eine effiziente Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen zu erbringen. Das Streben der Marktteilnehmer nach Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung führt zu einem Wettbewerb zwischen den Anbietern, der „besser als jede staatliche Behörde imstande [ist], die Präferenzen der Konsumenten aufzuspüren“ (Engel (1994), S. 189), für Innovationen zu sorgen „und der Verschwendung knapper Ressourcen vorzubeugen.“ (Engel (1994), S. 189). Führt - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Modelle die Realität nicht vollkommen widerspiegeln können - der Marktmechanismus dagegen nicht zu einer effizienten Allokation oder zu einem Stillstand im Wettbewerbsprozess, liegt Markt- bzw. Wettbewerbsversagen vor. Nur in diesen Fällen ist im Sinne einer Wohlfahrtsmaximierung möglicherweise eine staatliche Regulierung angebracht.
Im Folgenden sollen daher potenzielle Argumente, die gewöhnlich zur Begründung staatlicher Aktivität herangezogen werden, im Hinblick auf den stark regulierten Rundfunkmarkt untersucht werden.
3.1 Das Rundfunkangebot
Ausgehend von der ursprünglich ausschließlichen Bereitstellung von Rundfunkprogrammen durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird das Gut Rundfunksendung vielfach als öffentliches Gut angesehen. Die Eigenschaften Nichtausschließbarkeit und Nichtrivalität im Konsum scheinen auf den ersten Blick vorzuliegen. Mit fortgeschrittener technischer Entwicklung ist ein Nutzungsausschluss allerdings grundsätzlich möglich, jedoch u.U. nicht erwünscht, um beispielsweise die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Programmangebotes aufrechtzuerhalten. Nichtrivalität im Konsum ist dagegen zweifelsohne gegeben. Das mit den Kosten K produzierte Rundfunkprogramm kann von mehreren Rezipienten gleichzeitig konsumiert werden, ohne das der Nutzen des Einzelnen eingeschränkt wird. Ebenso verursacht ein neu hinzukommender Konsument keine weiteren Produktionskosten. Die Grenzkosten sind Null. Entsprechend dem ökonomischen Effizienzprinzip werden Güter zu ihren Grenzkosten angeboten, d.h. der optimale Preis für den Rundfunkkonsum wäre Null. Zu diesem Preis würde jedoch kein privater Anbieter die Produktion überhaupt aufnehmen, da nicht einmal die entstehenden Fixkosten gedeckt wären (vgl. Never (1998), S. 8).
Für dieses Bereitstellungsproblem hat der private Rundfunk eine Lösung gefunden: die Werbefinanzierung. Am Verhältnis Rundfunkanbieter zu Konsument ändert sich zunächst nichts. Das ökonomische Effizienzkriterium Preis = Grenzkosten ist erfüllt. Durch die Bereitstellung von Werbezeiten, in denen Unternehmen ihre Produkte den Rezipienten des Rundfunkprogramms schmackhaft machen können, wird aus dem Gut Rundfunksendung, das keinen Erlös einbringt, das Gut Zuschaueraufmerksamkeit, das im Verhältnis Rundfunkanbieter und werbetreibende Wirtschaft ein marktfähiges Gut darstellt. In diesem Fall ist sowohl ein Nutzungsausschluss möglich, als auch Rivalität im Konsum gegeben. Tritt ein zusätzlicher Nachfrager nach Werbezeiten auf, verschärft sich der Wettbewerb um das grundsätzlich durch die Zeit sowie durch die gesetzlichen Einschränkungen knappe Angebot an Werbezeiten. Es ist daher festzuhalten: Zur Bereitstellung von Rundfunkangeboten bedarf es grundsätzlich keines öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
[...]
[1] tägliche 1.418 Sendeminuten (vgl. Krüger (2003), S. 179) zu durchschnittlicher Sehdauer von 29 (ARD) bzw. 28 (ZDF) Minuten täglich (vgl. ARD (2003), S. 356)
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- Vera Rohloff (Author), 2004, Aufgaben und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - Eine ökonomische Betrachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28303
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