Einleitung
Der Einsatz von Informationstechnologien in den Geschäftsprozessen von Unternehmen und Verwaltung ist bereits seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken. Bis Ende der 70er Jahre lag der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Forschung auf der Gestaltung abteilungsorientierter
Geschäftsprozesse. Mit der aufkommenden Bedeutung datenintegrierter Lösungen, z.B. SAP verschob sich der Betrachtungswinkel in den 80er Jahren auf unternehmensweite Geschäftsprozesse (vgl. Brenner/ Zarnekow 2001, S. 488). Durch die Etablierung elektronischer Kommunikationsnetzwerke, insbesondere des Word Wide Web (WWW) in den
90er Jahren, haben sich jedoch nochmals völlig neue Möglichkeiten ergeben, auch die unternehmensübergreifenden Geschäftsprozesse sind in den Fokus gewandert. Allein ein Blick auf die Entwicklung der Benutzerzahlen macht deutlich, welches Potenzial sich im Bereich Business to Customer direkt eröffnet hat (vgl. zu den Begriffen auch Kap. 2.1). Für das Erreichen von 50 Mio. Benutzern in den USA hat das Radio noch 38 Jahre gebraucht, das Internet brauchte dafür nur 5 Jahre (vgl. Abb. 1).
[...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Bedeutung der Internetökonomie
2.2 Öffentliche Vergabe von Leistungen
2.2.1 Rechtliche Grundlagen
2.2.2 Ziele der Beschaffungspolitik
2.3 Grundlagen der Auktionstheorie
2.4 Kosten der Beschaffung
2.5 Electronic Commerce
2.5.1 Erweiterte Beschaffungsmöglichkeiten
2.5.2 Elektronische inverse Auktionen
2.5.3 Erfolgsfaktoren elektronischer inverser Auktionen
2.5.4 Erläuterung der Trade2B Internet-Plattform für dynamische Ausschreibungen
2.6 Die räumliche Komponente des eBusiness
3 Die Beschaffung der öffentlichen Hand
3.1 Der Beschaffungsvorgang
3.1.1 Eingliederung der Beschaffungsaufgabe in die Verwaltung
3.1.2 Güterstruktur der öffentlichen Beschaffung
3.1.3 Anforderungen an das beschaffende Personal
3.1.4 Probleme der derzeitigen Beschaffungspraxis
3.1.5 Beschaffung bei der Stadt Mainz
3.2 Aktivitäten zum Thema öffentliche elektronische Beschaffung
3.2.1 „Öffentlicher Eink@uf Online”
3.2.2 „Bremen Online Services”
3.2.3 Die Qualifizierte Digitale Signatur
3.3 Durchführung von vier Pilotbeschaffungen mithilfe inverser Auktionen
3.3.1 Beschaffung zweier Server
3.3.2 Beschaffung zweier Bauleistungen
3.3.3 Beschaffung einer Schulverwaltungssoftware
3.3.4 Beschaffung eines Großflächenrasenmähers Dynamisch verhandelte Online-Ausschreibungen im Bereich der öffentlichen Hand Seite
4 Auswertung
4.1 Einsparungen
4.2 Auswirkungen auf die regionalen Lieferbeziehungen
4.3 Künftige Anforderungen an die beschaffende Seite
4.4 Künftige Herausforderungen an die Lieferanten
5 Resümee und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der Einsatz von Informationstechnologien in den Geschäftsprozessen von Unternehmen und Verwaltung ist bereits seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken. Bis Ende der 70er Jahre lag der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Forschung auf der Gestaltung abteilungs- orientierter Geschäftsprozesse. Mit der aufkommenden Bedeutung datenintegrierter Lösun- gen, z.B. SAP verschob sich der Betrachtungswinkel in den 80er Jahren auf unternehmens- weite Geschäftsprozesse (vgl. Brenner/ Zarnekow 2001, S. 488). Durch die Etablierung elektronischer Kommunikationsnetzwerke, insbesondere des Word Wide Web (WWW) in den 90er Jahren, haben sich jedoch nochmals völlig neue Möglichkeiten ergeben, auch die unternehmensübergreifenden Geschäftsprozesse sind in den Fokus gewandert. Allein ein Blick auf die Entwicklung der Benutzerzahlen macht deutlich, welches Potenzial sich im Bereich Business to Customer direkt eröffnet hat (vgl. zu den Begriffen auch Kap. 2.1). Für das Erreichen von 50 Mio. Benutzern in den USA hat das Radio noch 38 Jahre gebraucht, das Internet brauchte dafür nur 5 Jahre (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Zeitraum, in dem 50 Mio. Benutzer in den USA erreicht wurden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Zerdick et al 2001, S. 152
Einhergehend mit den explosionsartig steigenden Internet-Nutzerzahlen steigt auch die Anzahl der Unternehmen und öffentlichen Institutionen, die globale Netzwerke für ihre Geschäfte einsetzen (vgl. Hermanns/ Sauter 2001, S. 23). Der Aspekt der Beschaffung wurde jedoch bis in die 90er Jahre recht stiefmütterlich behandelt. Aber gerade hier ergeben sich durch das Internet eine Reihe neuer, die Effizienz deutlich steigernde Anwendungen.
Heydenreich leitet einen Artikel über Online-Auktionen mit folgenden Sätzen ein: „100 Mrd. DM unverhoffte Mehreinnahmen durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutsch- land. Ein begeisterter Sammler, der für 10.000 US $ bei Ebay einen seltenen Pic Dragee- spender kauft. Schließlich ein Konzern, der durch eine Auktion seinen bisherigen Einkaufs- preis für Verpackungsmaterialien von 10 Mio. i auf 6,4 Mio. i senkt” (vgl. Heydenreich 2001, S. 550). Drei Erfolgsbeispiele für die Anwendung von Auktionen in verschieden Bereichen - aber keines im Bereich der öffentlichen Hand. Dabei attesttieren auch Gatzke und Schulz inversen Beschaffungsauktionen, dass sie sich in Teilen der Privatwirtschaft ohne Zweifel etabliert haben (vgl. Gatzke/ Schulz 2000, S. 9). Hinzu kommt, dass die öffentliche Beschaffung häufig als verschwenderisch, unwirtschaftlich und intransparent gilt (vgl. Bund der Steuerzahler, Internet). Die vorliegende Arbeit ist ein Ansatz eine Antwort auf die Frage zu finden, ob auch die öffentliche Hand, hier dargestellt am Beispiel einer Kommune, Nutzen aus einer Beschaffung durch Online-Auktionen ziehen kann.
In diesem Zusammenhang wird insbesondere geklärt, welche rechtlichen Rahmenbedingun- gen zu Grunde liegen und ob diese für den Regeleinsatz von internetbasierten Beschaffungs- auktionen im Bereich der öffentlichen Hand geändert werden müssten. Weiterhin steht die Frage im Mittelpunkt, welche Kosteneinsparungen sich erzielen lassen und an welchen Stellen diese wirken. In diesem Zusammenhang wird gezeigt, wie sich Auktionen mit anderen Instrumenten des eBusiness kombinieren lassen, damit der Erfolg maximiert wird. Als dritter Punkt werden mögliche Auswirkungen auf die regionalen Lieferbeziehungen thematisiert, insbesondere die Frage, ob geographische Entfernungen an Bedeutung verlie- ren. Zur Überprüfung der theoretischen Erkenntnisse werden Erfahrungen aus mit dem Provider Trade2B durchgeführten Pilotausschreibungen bei der Stadt Mainz herangezogen.
2 Theoretische Grundlagen
Das folgende Kapitel diskutiert alle durch den Einsatz inverser Auktionen tangierte Aspekte in zunächst theoretischer Form. Nach einer grundsätzlichen Einschätzung der Entwicklungen der Internetökonomie wird ausführlich auf die rechtlichen Aspekte eingegangen, da sie bei der Etablierung auktionsbasierter Beschaffung in öffentlichen Einrichtungen eine elementare Rolle spielen. Anschließend wird eine kurze Einführung in die Auktionstheorie gegeben. Nachdem im folgenden Abschnitt die Kosten der Beschaffung, insbesondere die Prozesskosten, betrachtet werden, wird anschließend die Beschaffungsmöglichkeiten mithilfe des Electronic Commerce genau eingegangen. Den Abschluss des Kapitels bildet der Abschnitt über mögliche raumwirksame Einflüsse des Electronic Commerce.
2.1 Bedeutung der Internetökonomie
Seit einiger Zeit lässt sich ein grundlegender Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft be- obachten, der durch erweiterte Möglichkeiten der Informationstechnologie induziert wird (vgl. Albers 1999, S.8). Es findet eine nachhaltige Vereinfachung und Individualisierung der Kommunikation und Informationsvermittlung statt (vgl. Wirtz 2000, S. 1). Bereits 1970 wurde von Daniel Bell, einem Harvard-Soziologen, ein neuer Begriff geprägt, der „postindu- strial society”, der postmodernen Industriegesellschaft. Dieser beschreibt den antizipierten Wandel durch Technik, in dem der sekundäre Sektor zugunsten des tertiären Sektors mit dem Faktor ‘Information’ an Bedeutung verliert. Für Wirtz stellen IuK-Technologien einen Oberbegriff für eine Vielzahl von zum Teil bereits existenten, aber im wesentlichen neu- artigen Gütern und Dienstleistungen aus dem Computer-, Telekommunikations- und Medien- bereich dar. Die (neuen) Güter und Dienstleistungen sind dabei häufig durch eine Digitalisie- rung und die Möglichkeit der interaktiven Nutzung gekennzeichnet (vgl. Denger/ Wirtz 1995, S. 29). Dies beinhaltet auch die Modalitäten, wie Personen und Organisationen miteinander in Kontakt treten, die in verstärktem Ausmaß ebenfalls durch moderne Technologien determiniert sind. Wechselbeziehungen sind nun überwiegend elektronisch, vernetzt und „real time” (vgl. Wirtz 1995, S. 16, Zeitschrift). Die genannten Charakterzüge kennzeichnen auch die in dieser Arbeit dokumentierten dynamischen Online-Ausschreibungen. In der Vergangenheit haben mehrfach technische Innovationen die Gesellschaft in Schüben wesentlich verändert. Den Ausgang bildet jeweils eine Basisinnovation, die Anstoß- und Ursache für Schwankungen der Wirtschaft ist (vgl. Schätzl 1996, S. 201). Aus diesem Sachverhalt wurde das Kondratieff-Zyklus-Theorem entwickelt, das durch einen entscheiden- den Beitrag von Schumpeter zur Theorie der langen Wellen weiterentwickelt wurde (vgl. Schumpeter 1936). Die Informationstechnologie wird nun als Ausgangsinnovation für eine neue Welle angesehen, wie die Abbildung 2 zeigt. Die Entwicklung der Gesellschaft in das Informationszeitalter befindet sich demnach jedoch noch in einer frühen Phase (vgl. Evans/ Wurster 1999, S. 85).
Insbesondere die Märkte und die in ihnen agierenden Unternehmen sind hinsichtlich der Adoption der Internetökonomie noch ambivalent (vgl. Wirtz 2000, S. 2). Ein Beispiel dafür liefert der Neue Markt in Frankfurt. Nachdem zunächst eine große Anzahl an Neuemissionen verzeichnet werden konnte (77 Unternehmen in der Zeit von März 1997 bis März 2000 mit einer Börsenkapitalisierung von über 500 Mio Euro), findet derzeit eine Konsolidierungs- phase aufgrund von Liquiditäts- und Substanzproblemen bei vielen der neuen Unternehmen statt.
Abbildung 2: Kondratieff-Zyklus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Wirtz 2000, S. 2, in Anlehnung an Nefiodow 1999, S. 3
Dennoch wird sich der Trend verfestigen, die Quantität und die Qualität von Informationen werden eine völlig neue Dimension annehmen (vgl. Baubin/ Wirtz 1996, S. 363). Nie zuvor waren Informationen so umfangreich und gleichzeitig verfügbar, Weiber und Koller sehen in Informationen bereits einen zukünftigen eigenständigen Produktions- und Wettbewerbs- faktor (vgl. Weiber/ Kollman, 1999, S. 53). Wirtz betont in diesem Zusammenhang ins- besondere das Internet als Kristallisationspunkt dieser Entwicklung. Das Internet ermöglicht den orts- und zeitunabhängigen sowie den punktgenauen Zugriff auf ein bisher ungeahntes Ausmaß an Wissen, welches zuvor in der postmodernen Industriegesellschaft nur weltweit verteilt vorhanden war (vgl. Wirtz 2000, S. 3) [auch wenn sich an der Streuung nichts signifikant geändert hat, so ist dieses Wissen jedoch von fast jedem beliebigen geographi- schen Ort der Welt abrufbar, Anm. d. Autors].
Mit der Etablierung der Internetökonomie ändern sich insbesondere auch die wirtschaftli- chen Strukturen. Electronic Business verändert die Art und Weise, wie Leistungsaustausch- prozesse angebahnt, abgewickelt und aufrecht erhalten werden. Diese Veränderungen werden sowohl strategische als auch operative Aspekte tangieren, welche die Unternehmen adäquat zu antizipieren haben (vgl. Yoffie/ Cusumano 1999, S. 74, Zeitschrift). Dabei ergibt sich Aktions- bzw. Reaktionspotenzial aufgrund einer Vielzahl von Entwicklungen: durch das Eintreten neuer Marktteilnehmer und durch die Globalisierung geraten lokale Märkte in die Gefahr an Bedeutung zu verlieren.
Nach einer Prognose von Forrester Research wurden im Jahr 2000 bereits 657 Mrd. US$ im Electronic Business umgesetzt, bis zum Jahr 2004 sollen sich diese Umsätze auf 6,8 Bill. US$ erhöhen. Dies entspricht dann einem Anteil des eBusiness von etwa 8,5% am globalen Handel von Gütern und Dienstleistungen (vgl. Chamber, Internet). Geographisch betrachtet verteilen sich die Umsätze sehr ungleich in der Welt, wie aus der Abbildung 3 hervorgeht. Deutschland hat einen Anteil an dem für Westeuropa im Jahr 2004 prognostizierten Wert von etwa 25,2 %, für die Umsätze in Nordamerika sind die USA nahezu allein verantwortlich (92,3 %). Betrachtet man nur die Umsätze öffentlicher Einrichtungen in Deutschland, so prognostiziert eine Forit-Studie für 2004 nur etwa 12,2 Mrd. i im eBusiness (zum Vergleich: Auftragsvolumen 2000: ca. 255 Mrd. i). Der Anteil am gesamten eBusiness in Deutschland betrüge dann 2 % (vgl. W&V, Internet).
Abbildung 3: Prognostiziertes weltweites Wachstum des eBusiness
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Wirtz 2000, S. 54
In der vorliegenden Arbeit wird nur auf einen Teilbereich der Internetökonomie eingegan- gen, wie die folgende Abbildung 4 verdeutlicht, auf den Bereich Business-to-Government (B2G).
Abbildung 4: Interaktionsmatrix des Electronic Business
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Wirtz 2000, S. 30 (leicht verändert und erweitert)
Jeder dargestellte Bereich wird durch besondere Eigenheiten charakterisiert, die in den jeweils anderen Bereichen nur wenig oder überhaupt keine Bedeutung haben. Ein bedeutender nur den B2G Bereich betreffenden Aspekt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die wie in keinem anderen Segment sehr prägend wirken. Entsprechend wird die rechtliche Thematik in Kapitel 2.2.1 ausführlich behandelt.
2.2 Öffentliche Vergabe von Leistungen
Die beiden nun folgenden Kapitel führen zunächst intensiv in die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen ein. Es wird aufgezeigt, welche Vorschriften durch einen Wechsel der Ausschreibungsmodalitäten problematisch wirken und welche besonderen Anforderun- gen an eine Vergabeplattform im Internet zu stellen sind, damit sie öffentliche Einrichtungen zur Beschaffung nutzen können. Im Anschluss daran werden die Ziele der öffentlichen Einrichtungen beim Einkauf behandelt. Neben dem Aspekt, ein möglichst wirtschaftliches Angebot für eine Nachfrage zu bekommen, spielen noch weitere Faktoren eine Rolle, die aufgezeigt werden.
2.2.1 Rechtliche Grundlagen
Das deutsche Recht unterscheidet verschiedene Arten von Vorschriften, die hierarchisch geordnet sind. Enthält eine hierarchisch untergeordnete Vorschrift Bestimmungen, die einer übergeordneten widersprechen, so gilt grundsätzlich die übergeordnete bzw. die speziellere.
Die grundsätzlichen Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen finden sich auf drei verschiedenen Ebenen:
1. Gesetzesebene: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, nur der vierte Teil)
2. Verordnungsebene: Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabever- ordnung VgV)
3. Verdingungsordnungen: Je nach nachgefragtem Gut müssen spezialisierte Vorschriften angewandt werden (Verdingungsordnung für Leistungen (VOL), Bauleistungen (VOB) und freiberufliche Leistungen (VOF)).
Die folgende Abbildung stellt den Aufbau der Vorschriften dar und verdeutlicht, wann welche zur Anwendung kommen.
Tabelle 1: Rechtsvorschriften für die Vergabe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
Einige Auftraggeber aus ehemals staatlichen Unternehmen (Definition in §98 Nr. 1 bis 3 GWB) müssen besondere Vorschriften beachten. Für diese gelten dann die gesonderten Abschnitte 3 und 4 der VOB bzw. VOL. An dieser Stelle kann darauf jedoch nicht näher eingegangen werden.
Die Verdingungsordnungen als Teil dieses auch als Kaskadenprinzip bezeichneten dreistufigen Aufbaus wurden im Jahr 2000 mit einigen wesentlichen Änderungen verabschiedet und veröffentlicht (vgl. Wiesheu, O./ Meyer, R. in Forum Vergabe e.V. 2001, Vorwort). Dazu gehören auch Regelungen, die insbesondere für das Thema elektronische Vergabe von Leistungen im Bereich der öffentlichen Hand Bedeutung haben, wie zum Beispiel die optionale Zulassung elektronischer Angebote im Vergabeprozess.
Das folgende Kapitel wird sich auf die wesentlichen Charakteristika der VOB/A und VOL/A konzentrieren, da diese, sofern das Auftragsvolumen die EU-Schwellenwerte nicht über- steigt, das einzige Regelwerk darstellen. Die VOF wird aufgrund ihrer relativ seltenen Anwendung nicht weiter berücksichtigt. Grundsätzlich wird nur auf Vorschriften eingegangen, die das Verfahren der elektronischen Vergabe berühren.
Einleitend wird auch auf die wichtigsten Inhalte des GWB und der VgV als übergeordnete Vorschriften eingegangen.
Vierter Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Der §97 GWB enthält allgemeine Grundsätze, welche Attribute für eine öffentliche Vergabe kennzeichnend sein sollten. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt, um im Kapitel 2.5.4 deren Umsetzung in der elektronischen Vergabe zeigen zu können:
- Vergabe im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren (Absatz 1)
- Gleichbehandlung aller Teilnehmer, sofern ein anderes Gesetz eine Ungleichbehand- lung nicht ausdrücklich gestattet (Absatz 2)
- Wahrung mittelständischer Interessen durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose (Absatz 3)
- Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot (Absatz 5)
Weiterhin wird in Absatz 6 die Vergabeverordnung legitimiert. Diese wird durch die Bundes- regierung unter Zustimmung des Bundesrates verabschiedet. In ihr sind nähere Vorgaben bezüglich der zu beachtenden Bestimmungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geregelt. Die folgenden Paragrafen des ersten Abschnitts des vierten Teils des GWB enthalten Be- stimmungen über:
- die Definition des „öffentlichen Auftraggebers” (§ 98, GWB)
- die Definition des „öffentlichen Auftrages” (§ 99, GWB)
- den Anwendungsbereich der VgV (§ 100, GWB)
Der § 101 GWB definiert die möglichen Vergabearten. Dabei stehen drei zur Auswahl, von denen die erste in der Regel angewendet werden muss, sofern nicht eine andere Vorschrift Ausnahmen vorsieht:
- Offenes Verfahren (Absatz 1)
- Nicht Offenes Verfahren (Absatz 2)
- Verhandlungsverfahren (Absatz 3)
Wie sich in diesem Kapitel noch herausstellen wird, ist nur das Verhandlungsverfahren (synonym mit der Freihändigen Vergabe) zur Durchführung von dynamischen OnlineAusschreibungen geeignet.
Die weiteren Paragrafen beinhalten Vorschriften, die zur Anwendung kommen, wenn Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden, sowie die dabei entstehenden Kosten. Da diese die elektronische Vergabe gleichermaßen wie die traditionelle Vergabe berühren, wird nicht näher darauf eingegangen.
Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)
Ein für diese Arbeit bedeutender Paragraf der VgV ist der §2. Dieser trifft Aussagen über die Höhe der EU-Schwellenwerte, bei deren Erreichen die Verordnung überhaupt erst zur Anwendung kommt. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil das Volumen aller hier betrachteten Beispielausschreibungen unterhalb dieser Schwellenwerte bleibt. Der Grund dafür liegt im subjektiven Primärrechtsschutz, der seit Inkraft treten des Vergabeänderungsgesetzes für Bieter bzw. Bewerber gilt (vgl. §§ 102 ff. GWB). Ein unnötiges Risiko für die vergebenden Stellen durch Beschaffungsvolumina oberhalb der EU-Schwellenwerte soll in dieser frühen Phase nicht eingegangen werden.
Die Schwellenwerte werden wie folgt definiert:
- 400.000 i bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder im Verkehrsbereich,
- 200.000 i bei allen anderen Dienstleistungs- und Lieferaufträgen1,
- 5 Mio. i bei Bauleistungen.
Bei einer losweisen Vergabe gilt bei Dienstleistungsaufträgen zusätzlich, dass die VgV angewendet werden muss, wenn ein Los ein Volumen von 80.000 i erreicht (1 Mio. i bei Bauleistungen). Für beide Auftragsarten gilt, dass die VgV ebenfalls Anwendung findet, wenn der Anteil der Summe aller Lose unterhalb von 80.000 i bzw. 1 Mio. i 20% des Gesamtwertes überschreitet (vgl. §2 VgV).
§ 4 VgV verpflichtet beim Erreichen der oben genannten Schwellenwerte zur Anwendung des Abschnittes 2 der VOL/A (bzw. VOB/A). Bleibt das Volumen darunter, so gilt nur der erste Abschnitt. Dies ist in sofern von Bedeutung, als dass oberhalb der Schwellenwerte die Abgabe elektronischer Angebote allein in § 15 VgV geregelt ist, unterhalb jedoch in § 21 des Abschnitts 1 der VOL/A (bzw. VOB/A).
Der Paragraf 15 VgV ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern optional auch elektronische Angebote anzunehmen, sofern die §§ 4 bis 7 VgV keine Regelungen über die elektronische Angebotsabgabe enthalten. Einzige Bedingung ist die Anwendung einer Qualifizierten Digitalen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes und einer Verschlüsselung, die bis zum Ablauf der Einreichungsfrist der Angebote aufrecht zu erhalten ist.
Verdingungsordnung für Bauleistungen bzw. Leistungen Teil A (VOB/A; VOL/A)
In den beiden vorangehenden Abschnitten wurde bereits das GWB betrachtet, das auf die VgV verweist, die ihrerseits die entsprechende Verdingungsordnung als Vorschrift definiert.
Derer gibt es drei, die wiederum in zwei Kapitel (Teil A und B, außer VOF) unterteilt sind:
- Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)
- Verdingungsordnung für Leistungen (VOL)
- Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF)
Der Teil A (VOL und VOB) enthält jeweils Bestimmungen zur Durchführung der Ausschreibung, während der Teil B die Ausführung der Leistung regelt.
Wie bereits in den Ausführungen zur VgV erwähnt, wird unterhalb der Schwellenwerte jeweils auf den Abschnitt 1 verwiesen, oberhalb jedoch auf die Abschnitte 2 bis 4. Abschnitt 2 (Auftragsvolumen oberhalb der Schwellenwerte) erweitert den Abschnitt 1 um sogenannte a-Paragrafen, die zusätzlich gelten (vgl. § 1a Nr. 1 Abs. 1, Abschnitt 2 VOL/A bzw. VOB/A). Alle Beispielausschreibungen dieser Arbeit haben ein Auftragsvolumen unterhalb der Schwel- lenwerte, deswegen wird der Fokus auf die Abschnitte 1 der VOB/A bzw. VOL/A gelegt. Diese sind in weiten Teilen identisch, weshalb sie hier auch zusammen betrachtet werden. Auf Besonderheiten in einer Verdingungsordnung wird jeweils hingewiesen.
Um die Bedeutung und Intention der Vorschriften verstehen zu können, erscheint einleitend ein kurzer Exkurs in die Geschichte notwendig.
Evolution der Vergabevorschriften
Die ersten staatlichen Beschaffungsvorgänge wurden ohne ein bürokratisches Verfahren abgewickelt, die Vergabe lag im freien Ermessensspielraum der Beschaffungsbehörden. Mit wachsendem Volumen erlangten Staatsaufträge ein gesteigertes Interesse der Gewer- betreibenden, da der Staat in vielerlei Hinsicht als zahlungskräftiger und verlässlicher Kunde galt (vgl. Sacher, 1992: S. 52). In Ermangelung von Vorschriften entwickelte sich zunächst eine „Günstlings- und Vetternwirtschaft”, die von den Gewerbetreibenden heftig kritisiert wurde (vgl. Rothacker, 1919, S. 6). Aus dieser Situation heraus wurde um 1700 die Lizitati- on entwickelt, die als einer der Vorläufer der gegenwärtigen Verfahren bezeichnet werden kann. In einem öffentlichen Verfahren wurden Aufträge an den Mindestbietenden mündlich versteigert, dadurch sollte die Unparteilichkeit der Vergabebehörden und die Gleichbehand- lung der Bewerber sichergestellt werden (vgl. Sacher, 1992, S. 47 u. 54). Im Affekt ent- standen häufig Angebote unterhalb der Selbstkosten, so dass der Unternehmer, um Verluste zu vermeiden, an anderer Stelle sparen musste. Viele Leistungen waren entsprechend minderer Qualität, was zu einer Änderung des Verfahrens führte. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde zur Schriftform der Angebote gewechselt. Die Behörden erstellten eine Leistungsbeschreibung mit Preisen, die dann von den Bietern prozentual vermindert werden mussten. Allerdings waren die Leistungsbeschreibungen zum Großteil mangelhaft und viele Bieter der Prozentrechnung nicht mächtig, so dass sich im Ergebnis zunächst nicht viel verbesserte (vgl. Sacher 1992, S. 56). Aber auch der Wechsel vom prozentualen Unter- bietungsverfahren zum Einzelpreisverfahren brachte kaum eine spürbare Verbesserung der Situation. Viele Bewerber konnten mit größeren Zahlen einfach nicht umgehen (vgl. Sacher, 1992, S. 56). Nach wie vor stand die Vergabe an den Mindestbietenden in der Kritik. 1885 wurde die Verpflichtung zur Auftragsvergabe an den Mindestbietenden vom preußischen Arbeitsministerium aufgehoben (vgl. Rothacker, 1919, S. 6). Dennoch hielt der größte Teil der staatlichen Vergabebehörden an der traditionellen Praxis fest (vgl. Sacher, 1992, S. 59). Ein weiterer Kritikpunkt waren die unterschiedlichen regionalen Regelungen. 1921 bildete der Reichstag schließlich einen Reichsverdingungsausschuss, der einheitliche Grundsätze für Reich und Länder schaffen sollte. 1926 mündete dies in der Verabschiedung der Reichs- verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) (vgl. Kirsch, 1936 S. 88), die auch die Basis der heutigen VOB bildet.
Wie aus den Ausführungen hervorgeht, bestand in der Vergangenheit schon einmal ein den hier betrachten dynamischen Online-Ausschreibungen sehr ähnliches Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Letztlich ist dies daran gescheitert, dass vielfach ein betriebliches Rechnungswesen auf Seiten der Bieter fehlte, was zu unwirtschaftlichen Angeboten führte. Häufig waren auch die Leistungsverzeichnisse lückenhaft, so dass es gar nicht möglich war, wirtschaftliche Gebote abzugeben.
Es kann davon ausgegangen werden, dass diese beiden Aspekte heute erheblich weniger Relevanz besitzen. Sofern eine eindeutige Leistungsbeschreibung vorhanden ist, ist die volkswirtschaftlich beste Entscheidung in den meisten Fällen die Vergabe an das niedrigste Gebot.
Bestimmungen VOB/VOL
Das eigentliche Ausschreibungsverfahren bei Nutzung einer dynamischen Online-Aus- schreibung unterscheidet sich signifikant von dem einer traditionellen Offline-Ausschreibung, wie in Kapitel 2.5.2 deutlich wird. Dennoch entspricht es den Paragrafen 2 VOL/A bzw. VOB/A, Abschnitt 1 (Grundsätze der Vergabe), nach Ansicht des Autors umfassender, als es das Instrument der Öffentlichen Ausschreibung gestattet. Folgende Bedingungen werden gestellt:
- Vergabe der Leistungen in der Regel im Wettbewerb,
- Bekämpfung von wettbewerbsbeschränkenden und unlauteren Verhaltensweisen,
- Nichtdiskriminierung einzelner Unternehmen,
- Vergabe an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber zu angemessenen Preisen (nur VOL/A).
In § 3 werden drei Vergabearten definiert, wobei die erste in Nr. 2 zur Regel deklariert wird. Oberhalb der Schwellenwerte heißen die Verfahren wie in {} angegeben (vgl. § 3a Nr 1. Abs. 1):
1. Öffentliche Ausschreibung: „Leistungen [werden] im vorgeschriebenen Verfahren nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben” (vgl. Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bzw. VOL/A, Basisparagrafen). {Offenes Verfahren}
2. Beschränkte Ausschreibung: „Leistungen [werden ] im vorgeschriebenen Verfahren nach Aufforderung einer beschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben” (vgl. Nr. 1 Abs. 2 VOB/A bzw. VOL/A, Basisparagrafen). {Nichtoffenes Verfah- ren}
3. Freihändige Vergabe: „Leistungen [werden] ohne ein förmliches Verfahren vergeben” (vgl. Nr. 1 Abs. 3 VOB/A bzw. VOL/A, Basisparagrafen). {Verhandlungsverfahren} Wird entgegen der Regel nicht die Öffentliche Ausschreibung als Vergabeart gewählt, so soll nach Möglichkeit vor der Vergabe ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb stattfinden. Wie im weiteren Verlauf dieses Kapitels noch deutlich werden wird, ist es derzeit (fast) aus- schließlich im Rahmen der Freihändigen Vergabe möglich, eine dynamische Online-Ausschreibung durchzuführen. Die Verdingungsordnungen definieren eine Reihe von Ausnahmen, um von der Regel der Öffentlichen oder Beschränkten Ausschreibung abzuwei- chen. Die Nummern 4a - 4e, 4g - 4l und 4 VOL/A, Basisparagrafen, sowie die Nummern 4a - c, 4f VOB/A, Basisparagrafen, enthalten Bedingungen, die auch eine dynamische Online-Ausschreibung nicht mehr sinnvoll anwendbar erscheinen lassen, weil die benötigte Leistung nur von einem, vorher feststehenden Unternehmen, geleistet werden kann. Das Vorhandensein möglichst vieler Mitbewerber ist aber eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung einer dynamischen Online-Ausschreibung (zur Bedeutung von Konkurrenz vgl. auch Kapitel 2.3). Die Tabelle 2 verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen welche Vergabeart zu wählen ist. Die Möglichkeit der Anwendung der Freihändigen Vergabe bei einer „vorteilhaften Gelegenheit” ist nicht so auszulegen, dass dies grundsätzlich bei der Anwendung von inversen Auktionen zutrifft (vgl. Expertengespräch Kühn, 2001). Zu beachten ist von der vergebenden Stelle im Bereich der VOL/A, dass, falls nicht öffentlich ausgeschrieben wird, aktenkundig zu machen ist, warum von der Regel abgewichen wird (vgl. § 3 Nr. 5, Basisparagrafen).
§ 4 VOB/A Nr. 2 bzw. 5 VOL/A, Basisparagrafen, verlangt, dass nach Zweckmäßigkeit der Bedarf in Lose aufzuteilen ist. Diese Regelung soll es KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) ermöglichen, sich auch an umfangreicheren Ausschreibungen zu beteiligen. Dabei ist eine unwirtschaftliche Zersplitterung jedoch zu vermeiden. Wie in Kapitel 2.5.4 deutlich werden wird, ist diese Vorgabe auf einigen Online-Plattformen sehr einfach umsetz- bar.
Tabelle 2: Auswahl der Ausschreibungsart
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
Bei der öffentlichen Beschaffung gilt in allen Verfahren die Gleichbehandlung aller Mitbewer- ber im geographischen Sinne (vgl. § 8 Nr. 1 VOB/A bzw. § 7 Nr. 1 Abs. 1VOL/A, Basispara- grafen). Weiterhin sollen Angebote im Verfahren der Freihändigen Vergabe möglichst im Wettbewerb eingeholt werden (vgl. § 7 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, Basisparagrafen). Offensichtlich sind Ausschreibungsplattformen im Internet bestens geeignet, diese Bedingungen zu erfüllen.
Die Paragrafen 9 VOB/A bzw. 8 VOL/A, Basisparagrafen, enthalten Vorschriften bezüglich der Verdingungsunterlagen. Alle aufgeführten Grundsätze sind ebenfalls zwingende Voraus- setzung bei der Nutzung einer dynamischen Online-Ausschreibung, unabhängig, ob diese im Bereich der öffentlichen Hand stattfindet, oder in der privaten Wirtschaft. Entsprechend erfüllen alle Plattform-Anbieter diese Bedingungen. Die grundsätzliche Intention dieser Regelungen besteht darin, alle Zweifel über die ausgeschriebenen Leistungen vor Angebots- abgabe zu klären, dabei jedoch so offen wie möglich zu formulieren. Nur in diesem Fall sind die Angebote anschließend vergleichbar. Im einzelnen gehören dazu (jeweils Abschnitt 1, Basisparagrafen):
- eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung (vgl. § 9 Nr. 1 VOB bzw. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL),
- die Feststellung aller preisbeeinflussenden Umstände (vgl. § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB bzw. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL),
- Nutzung der Funktions- und der konstruktiven Beschreibung (vgl. § 9 Nr. 6 - 12 VOB bzw. § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOL), ggf. unter Zuhilfenahme von Zeichnungen und Probestücken (vgl. § 9 Nr. 7 VOB bzw. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL),
- Nichtstellung ungewöhnlicher Anforderungen, soweit nicht unbedingt notwendig, wie z.B. (vgl. § 9 Nr. 5 VOB bzw. § 8 Nr. 3 Abs. 1-5 VOL):
- Festlegung auf bestimmte Erzeugnisse,
- Festlegung auf bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen,
- Nennung technischer Merkmale mit der Wirkung, dass bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugt oder ausgeschlossen werden.
Die Verdingungsordnungen kennen „Nebenangebote” (vgl. § 17 Nr. 1 Abs.2u VOB/A bzw. §17 Nr. 3 Abs. 5 VOL/A, jeweils Basisparagrafen). Dabei hat der Auftragnehmer die Möglich- keit, Angebote zuzulassen, die nicht genau dem Geforderten entsprechen, u. U. das Ge- forderte jedoch besser leisten. Für Lieferanten bietet dies die Möglichkeit auch innovative Leistungen anzubieten. Dies ist jedoch aufgrund der Notwendigkeit einer eindeutigen Leistungsbeschreibung problematisch. Einige Anbieter sehen vor, dass in verschiedenen Kategorien geboten wird, aber auch dann muss innerhalb der Kategorien wieder eine eindeutige Leistungsbeschreibung zugrunde liegen. Im Falle dynamischer On- line-Ausschreibungen müssen daher Nebenangebote explizit ausgeschlossen werden. Damit der innovative Gedanke nicht verloren geht, sollte die Möglichkeit bestehen, diese vorher kommunizieren zu können, um die Ideen ggf. noch in die Leistungsbeschreibung mit aufzunehmen, oder das Auktionssetup anzupassen (vgl. Kapitel 2.5.2).
Schwieriger ist § 18 VOL/A, Basisparagrafen, mit dynamischen Online-Ausschreibungen in Einklang zu bringen. Im Falle einer Öffentlichen Ausschreibung oder einer Beschränkten Ausschreibung ist im voraus eine Angebotsfrist zu setzen. Durch die automatische Verlänge- rung des Ausschreibungsprozesses, wenn Bieter kurz vor Ende der Ausschreibungsfrist ein Angebot abgeben, ist dies nicht machbar. Diese Verlängerung ist aus pragmatischen Grün- den jedoch notwendig, allein aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Da die eigentli- che Intention dieser Vorschrift jedoch das Sicherstellen eines angemessenen Zeitraums für die Erstellung eines Angebotes auf Seiten der Bieter ist, kann u. U. auch die Angabe des Tages ausreichen. § 18 Nr.1 Abs. 1 VOL/A, Basisparagrafen, spricht denn auch von einer „ausreichenden Frist”. Aus dieser Formulierung geht nicht hervor, dass eine genaue Uhrzeit vorgegeben werden muss. Die Studie der Unternehmensberatung KPMG kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass eine kalendermäßige Festlegung aufgrund der Verdingungsordnungen nicht erfolgen muss (vgl. BMWi 2001, S. 18). Nr. 1 Abs. 2 bietet im Rahmen der Freihändi- gen Vergabe in jedem Fall die Möglichkeit, von einer Fristsetzung abzusehen. Für den Baubereich ist dieser Sachverhalt anders geregelt. Die Frist läuft erst ab, wenn mit der Öffnung der Angebote begonnen wird (vgl. § 18 Nr. 2 VOB/A, Basisparagrafen). Dies wäre bei dynamischen Online-Ausschreibungen im übertragenen Sinne erst nach Ende der Abgabefrist der Fall.
Problematisch für die beiden förmlichen Verfahren in Bezug auf dynamische Ausschreibun- gen ist jedoch, dass das Zurückziehen von Angeboten vor Ablauf der Frist möglich sein muss. § 18 Nr. 3 VOB/A bzw. §18 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, jeweils Basisparagrafen, sieht diese Möglichkeit vor. Dasselbe wird in § 21 VOB/A bzw. VOB/A, Basisparagrafen, bestätigt; zusätzlich wird vorgeschrieben, dass eine Digitale Signatur im Sinne des Signaturgesetzes genutzt werden muss. Das Bereitstellen dieser Funktion zur direkten Benutzung durch den Bieter ist praktisch unmöglich. Nach Kenntnisstand des Autors sieht kein Auktionsprovider eine solche vor. Die besondere Problematik besteht im denkbaren Missbrauch einzelner Anbieter durch den ein sinnvolles Ergebnis verhindert werden könnte. Dennoch besteht in der Regel die (rechtlich ausreichende) Möglichkeit, Angebote durch den Auktionsprovider manuell löschen zu lassen. Paragraf 22 Nr. 1 VOL/A bzw. VOB/A, Basisparagrafen, verlangt weiterhin, dass elektronische Angebote bis zur Öffnung unter Verschluss zu halten sind. Entsprechendes geht auch aus Nr. 6 Abs. 1 VOL desselben Paragrafs hervor. Offen bleibt, auf welche Aspekte des Angebots sich diese Aussage bezieht. Zweifelsohne ist es nicht gestattet, während des Verfahrens den Lieferanten die Namen der Mitbewerber Mitzuteilen oder Teile der Ausschreibungsunterlagen weiterzugeben. Ob jedoch auch die Nennung des Gesamtpreises dazu zählt, ist nicht klar ersichtlich. Für die Freihändige Vergabe gilt diese Vorschrift jedoch nicht. Sollte die Auslegung dennoch mit der Intention ausfallen, dass die Angebotssumme ebenfalls zum Inhalt des Angebotes zählt, so ist folgende Abwandelung der Auktion denkbar. Die Summe bleibt für die Mitbieter ungewiss, statt dessen wird nur publiziert, an welchem Rang sich der einzelne Bieter mit seinem aktuellen Gebot befindet (vgl. BMWi 2001, S. 17). Oberhalb der Schwellenwerte gestaltet sich dieser Aspekt anders. In § 15 VgV heißt es, dass die Vertraulichkeit der Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist gewahrt bleiben muss. Damit ist auch die Angebotssumme und -rangfolge in die Vertraulich- keit einbezogen und der Einsatz inverser Beschaffungsauktionen bleibt verwehrt.
Die Bestimmungen des § 24 VOB/A bzw. VOB/A, Basisparagrafen, sind bezüglich ihrer Anwendung auf dynamische Online-Ausschreibungen interpretationsbedürftig. Diese verbie- ten Nachverhandlungen mit Bietern zu einem anderen Ziel als der Ausräumung von Zwei- feln. Eine Preisverhandlung ist damit nach Angebotsöffnung nicht statthaft, wie Nr. 2 Abs.
1 VOL bzw. Nr. 3 VOB noch einmal klarstellt. Nach diesem Zeitpunkt ist aber auch die Abgabe neuer Angebote untersagt (vgl. oben). Allerdings stellt eine Auktion keine Nach - verhandlung in der in den Verdingungsordnungen dargestellten Intention dar. Durch § 24 VOL/A, Basisparagrafen, soll lediglich sichergestellt werden, dass nicht der Zuschlag zu- nächst erteilt wird und anschließend das Angebot noch (insbesondere preislich) nach- verhandelt wird, da die anderen Bieter zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf das Verfahren haben und der Gleichbehandlungsgrundsatz in Frage gestellt wäre. Im Verlauf einer Auktion ist jedoch der Zuschlag noch nicht erteilt und alle Bieter haben noch dieselben Chancen. Der öffentliche Auftraggeber übt während des Bietverfahrens keinen Einfluss auf die Anbieter aus, somit findet auch keine Verhandlung statt, sondern es wird lediglich der Preis innerhalb des Bewerberkreises determiniert (vgl. BMWi 2001, S. 28).
Auf Anfrage erklärte das Bundesbeschaffungsamt, dass dynamische Online-Ausschreibungen im Bereich der Freihändigen Vergabe ein legitimes Instrument darstellen, sofern nur gleichwertige Angebote zugelassen würden. Als Resümee kann folgendes festgehalten werden (jeweils VOB/A bzw. VOL/A, Basisparagrafen):
- Dynamische Online-Ausschreibungen im Bereich der öffentlichen Hand entsprechen der eigentlichen Intention der Verdingungsordnungen in Bezug auf Transparenz und Wirt- schaftlichkeit (§ 2 (VOL/A, Abschnitt 1, Basisparagrafen).
- Die Verdingungsordnungen kennen dynamische Online-Ausschreibungen nicht und treffen entsprechend diesbezüglich keine Regelungen; ob der Grundsatz der Vertraulich- keit in den formellen Verfahren durch die Offenlegung des Preises verletzt wird, konnte nicht eindeutig geklärt werden; zumindest lässt sich ein Workaround finden.
- Im Bereich der freihändigen Vergabe sind dynamische Online-Ausschreibungen rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (Dies bestätigte auch Dr. A. Bovenschulte (vgl. Expertengespräch Bovenschulte 2001).).
Weitere Bestimmungen
Auf den hierarchisch tieferen Vorschriftenebenen sind weitere Vergabevorschriften zu beachten, die jedoch nicht generalisiert werden können. So kann, wie bereits erwähnt, ein Bundes- oder Landesminister ein Beschaffungsvolumen festlegen, bis zu dessen Erreichen grundsätzlich freihändig vergeben werden darf. Auf kommunaler Ebene werden schließlich die Vergabezuständigkeiten und weitere Details festgelegt (vgl. Sacher 1992, S. 186 f.). Eine derart tiefgehende Betrachtung erscheint im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht sinnvoll.
2.2.2 Ziele der Beschaffungspolitik
Vordergründiges Ziel der öffentlichen Beschaffung ist seit jeher, den Bedarf möglichst wirtschaftlich zu decken. Der kurze historische Rückblick in Kapitel 2.2.1 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Auch wenn weitere zu berücksichtigende Aspekte hinzugekommen sind, so sind die allgemeinen Grundsätze (§ 97 GWB) der Vergabeverfahren nach wie vor:
- ein transparentes Vergabeverfahren,
- die Gleichbehandlung aller Teilnehmer (Es sei denn, ein Gesetz gestattet dies aus- drücklich (siehe unten).),
- die Vergabe an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen,
- und der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot
Diese Kriterien, auf deren Einhaltung die Bewerber ein Recht haben, lassen zunächst keinen Spielraum für weitere Ziele.
Allerdings wird aus der Entwicklung in den letzten Jahrhunderten auch deutlich, dass „nur günstig einkaufen” nicht das alleinige Ziel sein kann. Weitere Zielvorgaben wurden hin- zugefügt.
Nichtbenachteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen Anfang des 20. Jahrhunderts führten die Rahmenbedingungen (Zunftverfassung) z.B. in Mannheim dazu, dass Großbetriebe bei der öffentlichen Auftragsvergabe bevorzugt und ortsansässige Handwerksbetriebe nur noch in Notzeiten mit Staatsaufträgen bedacht wurden (vgl. Dörner 1908, S. 11 - 12). Heute finden sich entsprechende Vorgaben in den Vergabe- vorschriften, die KMU die Möglichkeit eröffnen, sich auch an Großaufträgen zu beteiligen. Dazu sieht § 5 Nr. 1 VOL/A Abschnitt 1 vor, dass, soweit zweckmäßig, Aufträge in Lose aufzuteilen sind, um es auch kleineren Unternehmen zu ermöglichen sich an großvolumige- ren öffentlichen Aufträgen beteiligen zu können. Weiterhin verfügt § 7 Nr. 1 Absatz 2, dass sich kleinere Unternehmen zu Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen können und diese mit Einzelbewerbern gleichzusetzen sind. Werden von einem Auftragnehmer Leistungen an Unterauftragnehmer weitervergeben, so verlangt § 10 Nr. 2 Abs. 1, dass hierbei regelmäßig KMU zu berücksichtigen sind.
Weiterhin wird die finanzielle Belastung der beauftragten Unternehmen auf ein Minimum beschränkt, was in erster Linie auch KMU zugute kommt. § 12 VOL/A Abschnitt 1 verfügt bezüglich Vertragsstrafen, dass diese nur für Überschreitung der Ausführungsfristen ange- wandt werden sollen und auch nur dann, wenn erhebliche Nachteile zu erwarten sind. Sicherheitsleistungen sind ebenfalls nur ausnahmsweise einzufordern (§ 14 VOL/A). Be- züglich der Ausführung der Leistungen, die im jeweiligen Teil B der Verdingungsordnungen geregelt sind, existieren weitere Vorschriften, die auf den gleichen Sachverhalt abzielen. So sieht § 7 VOL/B vor, dass im Falle eines leicht fahrlässig verursachten Verzuges durch den Auftragnehmer der entgangene Gewinn nicht zu ersetzen ist. Auch die Höhe der Vertrags- strafen (§ 11 VOL/A) erreicht längst nicht die in der privaten Wirtschaft üblichen Summen. Im Bereich der VOB gibt es noch weitere Regelungen, die als mittelstandsfreundlich zu erachten sind, da sie auf eine möglichst geringe finanzielle Belastung der Auftragnehmer abzielen. So sieht § 16 VOB/B vor, dass auch in sich abgeschlossene Teilleistungen bezahlt werden können und das alle Zahlungen auf das äußerste zu beschleunigen sind.
Neben diesen schon in den Verdingungsordnungen festgelegten Zielen sind weitere zu nennen. Hilse definiert die in der folgenden Tabelle dargestellten vier Zielinhalte:
Tabelle 3: Ziele der Beschaffungspolitik
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: leicht gekürzt nach Hilse 1996, S. 162
Benedict (vgl. Benedict 2000, S. 19) zählt noch weitere Beispiele auf, die jedoch jeweils nur in Nischen von Bedeutung sind2.
2.3 Grundlagen der Auktionstheorie
Grundvoraussetzung für eine traditionelle Verkaufsauktion, wie sie zum Beispiel regelmäßig bei Sotheby’s stattfinden, ist ein zu veräußernder Gegenstand, an dem eine größere Menge potenzieller Käufer Interesse haben. Jeder Einzelne hat die Möglichkeit ein Gebot abzugeben, das jeweils höher sein muss, als das vorherige. Im Laufe der Auktion steigert sich dieser Betrag kontinuierlich, bis niemand mehr bereit ist, einen noch höheren Betrag zu bezahlen. Der Bieter, der das höchste Angebot abgegeben hat, erhält dann zu dem Preis den Zuschlag und ist zur Abnahme verpflichtet.
Im Folgenden soll nun die Frage beantwortet werden, warum der Verkauf [oder auch ein Beschaffungsvorhaben, die Wirkungen sind die gleichen] über eine Auktion in vielen Fällen für die verauktionierende Partei Vorteile gegenüber traditionellen Einzelverhandlungen besitzt und zu einem günstigeren Ergebnis führt.
Für Leistungen, die in höherer Anzahl zur Verfügung stehlen, bildet sich üblicherweise ein Markt, auf dem sich durch das Angebots- und Nachfrageverhalten aus Effizienzgründen ein Preis bildet (vgl. Kräkel 1992, S. 8). Für Leistungen, die selten gehandelt werden, oder gar nur als Einzelobjekte existieren, kann sich ein solcher Preis nicht bilden. Der Nachfrager hat dann die Möglichkeit einen Preis zu nennen und zu warten, bis sich ein Anbieter für den Handel bereit erklärt, oder er bittet um die Abgabe von Angeboten und kann sich an- schließend für eines der Angebote entscheiden. Es ist davon auszugehen, dass zwischen Anbieter und Nachfrager eine asymmetrische Informationsverteilung bezüglich der Zahlungs- bereitschaft herrscht. Jeder Nachfrager kennt seine eigene maximale Zahlungsbereitschaft, während der Anbieter über die der Nachfrager nur unsichere Erwartungen besitzt (vgl. Kräkel 1992, S. 8). Entscheidet er sich für die erste Alternative und bestimmt einen Preis, so ist es aufgrund der Informationsasymmetrie sehr unwahrscheinlich, dass er eine optimale Preisentscheidung getroffen hat. Es ist möglich, dass er überhaupt keinen Anbieter findet, der bereit ist, einen solch hohen Preis zu bezahlen. Es ist ebenso möglich, dass Nachfrager auch bereit gewesen wären, einen erheblich höheren Preis zu zahlen. Die zweite Alternative, also die Allokation des Preises (und des Nachfragers) über eine Auktion verspricht bessere Aussichten auf Erfolg. Durch das Konkurrieren von verschiedenen Nachfragern während des Bietprozesses geschieht die Preisfindung auf der besser informierten Marktseite, also der Nachfragerseite. Der Anbieter kann sich sicher sein, dass sich der Kaufpreis bei geeigneter Festlegung der Auktionsregeln an der höchsten Zahlungsbereitschaft unter den Nachfragern orientiert.
Im Folgenden werden zunächst die vier bekanntesten Basisauktionsformen vorgestellt, um dann anschließend auf spezielle Eigenschaften einzugehen. Auf deren Herleitung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Stattdessen sei auf die einschlägige Literatur (z. B. Klemperer 1999, Internet) verwiesen.
- Englische Auktion: Dieser Typ ist ein Vertreter der offenen Auktionen. Ggf. unter Be- rücksichtigung eines Mindestpreises werden von den Bietern sukzessiv höhere Gebote genannt, bis nur ein aktiver Bieter übrig bleibt. Dieser erhält dann zu dem von ihm gebotenen letzten Preis den Zuschlag. Jeder Bieter kann beliebig viele Gebote abgeben, die jedoch immer den Preis überbieten müssen, der als letzter geboten wurde.
- Holländische Auktion: Bei diesem Auktionstyp wird vom Verkäufer ein Höchstpreis festgesetzt, der über dem Preis liegt, von dem angenommen wird, dass ein Bieter noch bereit ist ihn zu bezahlen. Anschließend wird der Preis sukzessive gesenkt, bis sich ein Bieter meldet, der daraufhin zu dem gerade aktuellen Preis den Zuschlag für den Gegen- stand erhält. Entsprechend ist fürdie Bieter nur die Abgabe eines einzigen Gebotes möglich.
- Vickrey Auktion: Diese Auktion gehört zum Typus der verdeckten Auktionen. Jeder Bieter darf genau ein Gebot verdeckt abgeben. Derjenige Bieter, der den höchsten Betrag geboten hat, erhält den Zuschlag, allerdings zum Preis des zweithöchsten Gebotes.
- Höchstpreisauktion: Dieser Auktionstyp entspricht mit einer Ausnahme der Vickrey Auktion. Es erhält genauso der Bieter den Zuschlag, der den höchsten Preis geboten hat, allerdings auch zu diesem von ihm gebotenen Preis.
Kräkel weist nach, dass die Englische Auktion und die Vickrey Auktion strategisch äquivalent sind, das gleiche gilt auch für die Holländische und die Höchstpreisauktion. Die Bieter weisen also die gleichen Bietstrategien auf (vgl. Kräkel 1992, S. 18 - 20). Weiterhin wird nachgewiesen, dass, sofern die Paretoeffizienz verletzt wird, was in der Praxis meist der Fall ist, die Englische Auktion zu einem höheren zu erwartenden Gewinn führt, als dies bei der Höchstpreisauktion der Fall ist (vgl. Kräkel 1992, S. 46 f.).
Durch die grundsätzlich vorhandene Möglichkeit, bei der Englischen Auktion beliebig viele Angebote abzugeben, hat jeder Bieter auch während des Verfahrens noch die Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten, allerdings unter Umständen zu einem Preis, der höher als sein Reservationswert (maximale Zahlungsbereitschaft des Bieters) liegt. Kräkel weist nach, dass die Bieter in einer Höchstpreisauktion unter der Voraussetzung, dass die Anzahl der Mitbie- ter bekannt ist, nicht diesen Reservationswert bieten, sondern einen geringeren (vgl. Kräkel 1992, S. 23). Mit einer zunehmenden Anzahl von Bietern steigt die Konkurrenz zwischen den Bietern und jeder gibt ein höheres Gebot ab, so dass der Gewinn des Verkäufers steigt3. Nur im Falle der vollständigen Konkurrenz würde auch in einer Höchstpreisauktion jeder Bieter seinen Reservationspreis bieten. In einer Englischen Auktion hingegen kommt es in der Regel zum Verkauf des Gutes zu einem Preis, der über dem zweithöchsten Reservationspreis liegt, so dass dieser Auktionstyp der Höchstwertauktion in der Regel überlegen ist. Es lässt sich für alle Auktionstypen nachweisen, dass unter der Voraussetzung, dass die Anzahl der Bieter allen Bietern bekannt ist, ein besser Preis erreicht wird, je größer diese Zahl ist. Heydenreich fügt hinzu, dass eine Auktion auch eine psychologische bzw. spielerische Komponente aufweist, die dazu führen kann, dass ein Interessent am Ende des Bietprozesses seinen Reservationspreis sogar überbietet (vgl. Heydenreich 2001, S. 551). Abschließend lässt sich festhalten, dass eine Englische Auktion gegenüber der Höchstpreisauktion in einigen Fällen zu einem besseren Ergebnis führt. Weiterhin lässt sich ein besseres Ergebnis erreichen, je höher die Anzahl der Bieter ist.
Übertragen auf die öffentliche Beschaffung ergibt sich ein interessantes Bild. Die Höchst- preisauktion entspricht der Öffentlichen Ausschreibung: Abgabe eines Angebotes unter Wahrung der Geheimhaltung, Zuschlag (in den meisten Fällen) an das niedrigste Angebot. Die von der Firma Trade2B angebotenen Beschaffungsauktionen entsprechen dem Typ der Englischen Auktion, die in die andere Bietrichtung stattfinden. Auf die dargestellten Eigen- schaften hat dieser Vorgang jedoch keinen Einfluss. Es ist also zu erwarten, dass sich allein durch einen Wechsel von der Öffentlichen Ausschreibung zur Englischen inversen Auktion eine Verringerung der Einstandspreise erreichen lässt. Diese ist umso größer, je höher die Anzahl der Bieter ist. Durch die Beschaffung mithilfe inverser Auktionen lassen sich tenden- ziell jedoch mehr Anbieter erreichen (vgl. dazu auch Kapitel 2.5), so dass die Reduktion der Preise noch verstärkt wird. Gezeigt wurde auch, dass sich durch Auktionen grundsätzlich günstigere Preise erzielen lassen, als dies bei einer Beschaffung zu vom Verkäufer festgeleg- ten Preisen möglich wäre. Findet also bei der Freihändigen Vergabe nur ein unzureichender Wettbewerb statt, so wirkt sich dies unmittelbar negativ auf die Einkaufspreise aus. Völlig unberücksichtigt ist bis jetzt die Rolle der Prozesskosten geblieben, mit der sich das nun folgende Kapitel beschäftigt.
2.4 Kosten der Beschaffung
Beschaffungskosten sind Teil der allgemeinen Transaktionskosten. Deren herausragende Bedeutung wird an einer empirischen Untersuchung von Wallis und North (1986) deutlich. Demnach lag 1970 der Anteil der Transaktionskosten am BSP in den USA bei über 50 % (vgl. Picot/ Reichwald/ Wigand 2001, S. 28).
Im Folgenden wird auf die Kosten eines Beschaffungsvorganges eingegangen. Darunter fällt nicht nur das Entgelt für die zu beschaffende Leistung, sondern es muss der gesamte Beschaffungsprozess betrachtet werden. Dieser beginnt bei der Initiierung des Kaufes, beispielsweise in Form einer Suche, Auswahl und Anforderung, über die Bearbeitung des Auftrages und seiner Verfolgung durch den Bedarfsträger, bis hin zur Rechnungsstellung und Zahlungsabwicklung (vgl. Wilking 2001, S. 14). Die folgende Abbildung stellt die Entstehung dieser Prozesskosten grafisch dar.
[...]
1 Für die obersten und oberen Bundesbehörden gilt ein anderer Schwellenwert (130.000 i, eine exakte Liste der betroffenen Einrichtungen ist der Lieferkoordinierungsrichtlinie 97/52EG vom 13.8.1997 zu entnehmen (vgl. Abschnitt 7.2, Forum Vergabe e.V., 2001).
2 Klassische Sekundärzwe>Eingliederung von Spätaussiedlern und Opfern nationalsozialistischer Verfolgung. „Neue” Sekundärzwecke (aus den 70er und 80er Jahren): Förderung der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben, Förderung der Gleichstellung von ethnischen und religiösen Minderheiten.
3 Diese Erkenntnis hat nur dann Gültigkeit, wenn davon ausgegangen wird, dass die Bieter nicht risikoneutral sind (dies ist für die Praxis jedoch anzunehmen). Ansonsten gelangt man zu dem verblüffenden Ergebnis, dass die Wahl des Auktionstyps keine Auswirkungen auf den Gewinn des Verkäufers hat (RevenueEquivalence-Theorem) (vgl. Kräkel 1992, S. 14 f.).
- Arbeit zitieren
- Björn Koch (Autor:in), 2002, Dynamisch verhandelte Online-Ausschreibungen im Bereich der öffentlichen Hand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28271
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