Die Mikrofinanzierung hat in den Jahren 2005 und 2006 durch die Vergabe des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus sowie durch Maßnahmen der UN einen großen Bekanntheitsschub erhalten. Infolgedessen wurde die Mikrofinanzierung als Anlageklasse stärker wahrgenommen. Zu den ersten ethisch motivierten Investmentmöglichkeiten kamen schnell weitere deutlich kommerzieller orientierte Fonds hinzu. Die Mikrofinanzierung entwickelte sich zu einer Anlageklasse, in der eine hohe Rendite mit gleichzeitig einem hohem Maße an Sicherheit möglich war.
In den Jahren 2010 und 2011 wurden zunehmend negative Pressestimmen laut. Aufgrund von Selbstmorden und anderer Problemfelder geriet der Bereich der Mikrofinanzierung teilweise in Verruf. Ziel dieser Arbeit ist es, der Frage nachzugehen, ob der Bereich Mikrofinanzierung als Anlageklasse für nachhaltiges und ethisches Investment dient.
Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass Mikrofinanzierung durchaus als Anlageklasse hierfür dienen kann. Es bedarf jedoch der Berücksichtigung einiger wesentlicher Faktoren. Das Augenmerk ist hierbei auf verschiedene Ebenen zu lenken. Neben der Motivation der Investoren, ist eine eingehendere Analyse der einzelnen Mikrofinanzinstitute und ihrer Arbeitsweisen wichtig sowie eine Betrachtung der Ausrichtung der einzelnen Anlageprodukte. Nur dann lässt sich sicherstellen, dass ein entsprechendes Investment wirklich nachhaltig und ethisch ist.
Inhaltsverzeichnis
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen der Mikrofinanzierung
2.1 Definition und Geschichte
2.1.1 Definition
2.1.2 Historische Betrachtung der Mikrofinanzierung
2.2 Produktpalette der Mikrofinanzinstitutionen
2.2.1 Mikrokredite
2.2.2 Mikroansparungen
2.2.3 Mikroversicherungen
2.2.4 Geldtransfer
2.2.5 Mikrofranchising
2.3 Teilnehmer der Mikrofinanzierung
2.3.1 Kunden der Mikrofinanzinstitutionen
2.3.2 Anbieter der Mikrofinanzprodukte
2.3.3 Investoren und Geldgeber
2.4 Risiken der Mikrofinanzierung
3 Ethisch nachhaltige Kapitalanlage
3.1 Begriffsdefinition und historische Hintergründe
3.1.1 Grundlagen zum Begriff Ethik
3.1.2 Grundlagen zum Begriff Nachhaltigkeit
3.2 Ziele und Aufgaben ethisch nachhaltiger Anlagestrategien
4 Investmentmöglichkeiten im Mikrofinanzsektor
4.1 Angebote im Mikrofinanzierungsbereich
4.1.1 Microfinance Investment Vehicles
4.1.2 Direktinvestitionen in Mikrofinanzinstitutionen
4.2 Anbieter im Mikrofinanzierungsbereich
4.2.1 Anbieter MIV
4.2.2 Anbieter Direktinvestitionen
5 Beurteilung der Investments im Mikrofinanzsektor
5.1 Beurteilung der Nachhaltigkeit der Investmentmöglichkeiten
5.2 Beurteilung der Rendite
6 Zusammenfassung und Fazit
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Durchschnittliche Kreditsummen 2011
Abbildung 2: Vergleich der Anzahl von Kreditnehmern und Sparern nach Regionen 2011
Abbildung 3: durchschnittliche Mikrosparvolumen nach Regionen in USD 2011
Abbildung 4: pro 100 Menschen 2011 mit Girokonten weltweit
Abbildung 5: Zielgruppe der Mikrofinanzierung
Abbildung 6: Vergleich 2005 mit 2008 der Personen mit weniger als 1,25 USD pro Tag in Millionen
Abbildung 7: Vergleich 2005 mit 2008 der Personen mit weniger als 2 USD pro Tag in Millionen
Abbildung 8: Finanzieller Armutskreislauf
Abbildung 9: Größe der MFIs nach Kunden
Abbildung 10: Eine soziale/ kommerzielle Hybridwelt
Abbildung 11: Einflussfaktoren der Ethik
Abbildung 12: Dimensionen der Nachhaltigkeit
Abbildung 13: Motive für eine Geldanlage (Mehrfachnennungen möglich)
Abbildung 14: erweitertes magisches Viereck
Abbildung 15: Vom Investor zum Kunden - der Geldfluss
Abbildung 16: Vergleich der räumlichen Konzentration (linke Abbildung) der MIVs nach Anzahl mit der betragsmäßigen Konzentration in Prozent
Abbildung 17: Fondstypen in Milliarde USD
Abbildung 18: Performance Vergleich 100% MF MIV mit 10-30% MF MIV
Abbildung 19: Aktienkursverlauf Compartamos
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kostenvergleich von USD 100/ USD 10000 Darlehn
Tabelle 2: Regional Breakdown of Microfinance Data
Tabelle 3: von MIVs verwaltetes Vermögen in Milliarden USD
Tabelle 4: Die zehn größten MIVs
Tabelle 5: MIVs und dazugehörige ISIN
Tabelle 6: Online MF Plattformen
Tabelle 7: ISIN/WKN von MFI Aktien
Tabelle 8: Renditevergleich ausgewählter Fonds
1 Einleitung
Der Bereich der Mikrofinanzierung existiert seit vielen Jahren. In Deutschland erscheint er jedoch nach wie vor als ein Randprodukt. Hieran konnten auch die 2005 ausgerufenen Millennium Development Goals der UNO sowie der 2006 an M. Yunus verliehene Friedensnobelpreis nichts entscheidend verändern. Durch die einsetzende Finanzkrise 2009 ist jedoch zumindest ein breiteres Interesse für das Thema Geldanlage entstanden. Gleiches gilt für das Thema Nachhaltigkeit, welches heutzutage in vielerlei Themengebieten von Interesse ist. Es existieren sogar eigene Investmentwettbewerbe mit Nachhaltigkeitskategorien.[1] Darüber hinaus ist das Thema Ethik regelmäßig im Fokus der Bevölkerung.[2]
Weltweit leben rund 2,5 Milliarden Menschen mit weniger als 2 USD am Tag. Eine unvorstellbar große Zahl an Menschen und ein unvorstellbar kleiner Betrag zum täglichen Leben aus europäischer Sicht.[3] Ein Schritt aus dieser Armut heraus könnte die Vergabe von Mikrofinanzierungsprodukten sein.
1.1 Problemstellung
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, ob Mikrofinanzierung als Anlageklasse für ethisches und nachhaltiges Investment geeignet ist. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Themenkomplex der Mikrofinanzierung gelegt, da dieser häufig nicht in seiner kompletten Struktur bekannt ist. Es kommt vor allem darauf an, ein Verständnis für die auf den ersten Blick relativ hoch erscheinenden Zinssätze zu schaffen.
Um zu beurteilen ob ein Investment ethisch und nachhaltig ist, kommt es vor allem darauf an, dass ein Verständnis für das, was der Fonds macht, vorhanden ist oder hergestellt wird. Es ist ebenfalls ein Ziel, diese Informationen bzw. Informationsmöglichkeiten transparent darzustellen. Es ist jedoch ausdrücklich nicht Ziel dieser Arbeit, einen konkreten Fonds oder ein konkretes Investment zu präsentieren. Viel zu heterogen sind die Vorstellungen und Wünsche der Anleger, als das dies im Rahmen einer solchen Arbeit möglich wäre.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zunächst wird die Thematik der Mikrofinanzierung ausführlich beschrieben. Ausgehend von einer allgemeinen Definition sowie historischen Betrachtung, werden im Folgenden die einzelnen Mikrofinanzierungsprodukte vorgestellt. Anschließend erfolgt eine Betrachtung der Teilnehmer im Mikrofinanzierungsbereich. Hierbei wird neben den Kunden und Anbietern auch eine kurze Betrachtung der Investoren vorgenommen. Aufbauend auf die Beschreibung vieler Chancen und Möglichkeiten in den Unterkapiteln der einzelnen Mikrofinanzierungsprodukte, erfolgt in Kapitel 2.4 ausschließlich eine Betrachtung der Risiken der Mikrofinanzierung.
Nach erfolgter Abgrenzung der Mikrofinanzierung werden die Begriffe Ethik und Nachhaltigkeit kurz definiert. Aufgrund eines häufig vorhandenen allgemeinen Verständnisses für beide Begriffe wird hier jedoch von einer ausführlichen Untergliederung in die verschiedensten Unterbereiche und Kategorien Abstand genommen.
Das Kapitel 4 soll einerseits einen Überblick über den recht unüberschaubaren Bereich der Investmentmöglichkeiten verschaffen und andererseits dem geneigten Investor Hilfestellung für ein Investment liefern.
Abschließend erfolgt in Kapitel 5 eine Beurteilung der Rendite und der Nachhaltigkeit. Es wird bewusst keine Abgrenzung der unterschiedlichen Ratingsysteme vorgenommen, da diese nicht Bestandteil einer Arbeit dieses Umfangs sind. Ebenso wenig wird detailliert auf die Mikrofinanzierung in industrialisierten Teilen Europas eingegangen, da dieser nicht der originären Mikrofinanzierungsform entspricht.
2 Grundlagen der Mikrofinanzierung
Der Begriff der Mikrofinanzierung wird zunächst erklärt und in einen Gesamtkontext eingeordnet. Danach wird die Frage, wer Teilnehmer an der Mikrofinanzierung ist, beantwortet. Innerhalb der einzelnen Unterkapitel erfolgt eine Betrachtung der Chancen der Mikrofinanzierung, sodass abschließend eine Betrachtung der Risiken vorgenommen wird.
2.1 Definition und Geschichte
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort Mikrofinanz häufig als Synonym für das Wort Mikrokredit benutzt.[4] Tatsächlich steht Mikrofinanz aber als Oberbegriff für verschiedene Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen für Kleinstunternehmen und Haushalte mit einem sehr geringen Einkommen.[5] Neben den Mikrokrediten zählen hierzu die Mikroversicherung, die Mikroansparung sowie der Geldtransfer.[6] In den Unterkapiteln 2.2.1 bis 2.2.4 werden die einzelnen Produkte der Mikrofinanzierung näher erläutert und abgegrenzt. Im Unterkapitel 2.2.5 wird kurz auf den neueren Bereich des Mikrofranchising eingegangen. In den folgenden Ausführungen wird der Begriff Mikrofinanz als Oberpunkt für alle Bereiche benutzt und nicht exklusiv für den Begriff Mikrokredit.
2.1.1 Definition
Der Begriff Mikrofinanzierung setzt sich aus den Wörtern „Mikro“ und „Finanzierung“ zusammen. Das Wort „Mikro“ im Allgemeinen beschreibt, dass die nachfolgende Einheit durch eine Million geteilt wird.[7] Das Wort „Finanzierung“ wird im Sprachgebrauch als der gesamte Prozess von der zur Verfügung Stellung von Kapital für Investitionen bis hin zur Rückzahlung dessen verstanden.[8]
Aus den beiden Bausteinen des Wortes Mikrofinanzierung lässt sich eine allgemeingültige Aussage ableiten. Es handelt sich hierbei um betragsmäßig sehr kleine Finanzierungssummen.
Die Aufgabe der Mikrofinanzierung ist es, die ärmsten Bevölkerungsschichten in den Entwicklungsländern mit Finanzdienstleistungen zu versorgen sowie ihnen somit die Chance zu geben, ihrer Armut auf verschiedenen Wegen zu entkommen.[9] Die Produkte der Mikrofinanzierung richten sich an diejenigen der Bevölkerung, denen der Zugang zu Finanzdienstleistungen normalerweise verwehrt bleibt. Sie verfügen über ein geringes Einkommen sowie keine Sicherheiten und gelten unter den Privat- und Geschäftsbanken als „unbankable“. Es ist jedoch nicht vorstellbar, dass Banken die Armen direkt diskriminieren oder von den Dienstleistungen vorsätzlich ausschließen. Die Gründe für den mangelnden Zugang haben einen anderen Ursprung. Häufig fehlt es den Armen in den Entwicklungsländern an grundlegenden Dingen: viele können sich nicht ausweisen und häufig verfügen diese Bevölkerungsschichten nicht einmal über einen festen und legalen Wohnsitz. Dies sind nur zwei Beispiele für Grundvoraussetzungen für die Dienstleistungen einer Bank, die häufig nicht erfüllt werden.[10]
Ein wichtiger Pionier auf dem Gebiet der Mikrofinanzierung war Muhammad Yunus. Er war Gründer der Grameen Bank in Bangladesch und Wegbereiter der Mikrofinanzierungsentwicklung. Details über die historische Entwicklung werden in Kapitel 2.1.2 näher beleuchtet. Dabei wird auch auf die Rolle von Yunus eingegangen.
Yunus fand bei seinen Beobachtungen der Mikrofinanzierung heraus, dass viele arme Menschen nicht arm sind, weil sie nicht hart genug oder zu wenig arbeiten. Vielmehr stellte er fest, dass die Armen in einem Kreislauf aus geringem Vermögen, dem Geldbedarf für die wichtigsten Dinge, keiner Rücklagenbildung sowie einem geringen Einkommen gefangen sind und aus diesem nicht heraus kommen. Viele unternehmerisch gute Ideen können somit nicht umgesetzt werden. Die Menschen sind abhängig vom Zufluss ihres Gehaltes, um Rechnungen zu bezahlen oder Lebensmittel zu kaufen. Ihnen fehlt in Gänze die Freiheit zu bestimmen wann, wie viel, was gekauft oder bezahlt wird. Dadurch sind sie abhängig von Umwelteinflüssen und ebenso leicht auszubeuten.[11] Ziel der Mikrofinanzierung ist es, den verschiedenen armen Menschen mit geringen Geldbeträgen aus dem Kreislauf herauszuhelfen, ihnen somit die Chance zu geben ihre Ideen umzusetzen und ein stabiles Einkommen zu erwirtschaften. Langfristig gedacht soll den Kunden damit der Weg aus der Armut bereitet werden.[12]
2.1.2 Historische Betrachtung der Mikrofinanzierung
Die geschichtliche Betrachtung der Mikrofinanzierung reicht weit zurück. Grundzüge lassen sich bereits im 15. und 16. Jahrhundert in Nigeria entdecken. Arme Menschen haben sich zusammengeschlossen um gemeinsame Projekte zu finanzieren.[13] Die Idee, gemeinsam einen besseren Zugang zu Finanzdienstleistungen zu haben, beziehungsweise größere finanzielle Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, resultiert praktisch aus den Überlegungen der Armen selbst.[14]
Noch bevor 1848 Friedrich Raiffeisen die erste formale Spar- und Kreditgemeinschaft in Deutschland gründen konnte[15], entstand im Jahre 1778 in der Hansestadt Hamburg die erste Sparkasse. Die Gründer waren wohlhabende Kaufleute, die neue Wege finden wollten, um die Armut zu reduzieren sowie präventiv zu verhindern.[16]
In den Jahren um 1950 wurden erste Kreditprogramme von der „Consultive Group to Assist the Poor“ (CGAP) ins Leben gerufen. Diese Projekte waren aber wenig erfolgreich, sodass diese schnell wieder beendet wurden.[17] Die darauffolgenden Jahre bis ca. 1965 waren durch die Geldgeber und Entwicklungsfinanzierer geprägt, die die Bereitstellung von hohen Kreditsummen für staatliche Entwicklungsbanken förderten. Es wurde zugrunde gelegt, dass durch einen Ausbau der Infrastruktur und der Wirtschaft das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Staates steigt und somit die Armut bekämpft wird. Diese Theorie traf jedoch nicht zu.[18] Viele Projekte brachten nicht den angestrebten Erfolg. Die Ursachen hierfür lagen an Korruption, Fehlplanung und Misswirtschaft der Regierungen. Das Geld kam bei den ärmsten Menschen nicht an. Vielmehr erhielten es einige Landbesitzer und vermehrten ihren Reichtum.[19] Die Unterschiede zwischen arm und reich wurden noch deutlicher sichtbar.[20]
Die einsetzende Energie- und Rohstoffkrise erforderte ein Umdenken. Viele Politiker erkannten die missliche Lage in den ärmsten Bevölkerungsschichten und entschieden, dass die noch nicht verbrauchten Entwicklungsgelder sinnvoll eingesetzt werden sollten. Das Hauptaugenmerk wurde in erster Linie auf ausgesuchte Zielgruppen gelenkt, um die Armut gezielt zu bekämpfen.[21] Weiteren Antrieb erhielt die Revolution der Entwicklungshilfe im Jahre 1973 durch die Aussagen des damaligen Weltbankpräsidenten Robert McNamara. Er forderte in seiner „Nairobi Rede“, dass die Armen von den Kapitalflüssen direkt erreicht werden müssen. Aufgrund der oben genannten Gründe, verlief dieser Prozess aber ebenfalls unbefriedigend.[22]
Die ersten bekannten und erfolgreichen Mikrofinanzprojekte gehen auf das Jahr 1974 zurück. Muhammad Yunus, Professor an der Universität von Chittagong in Bangladesch, wollte die Hungersnot der Jahre 1974 und 1975 bekämpfen. Er beobachtete die in Armut lebenden Menschen sowie ihre Vorgehensweisen und stellte fest, dass diese häufig auf informelle Geldgeber angewiesen waren. Diese forderten nicht nur Wucherzinsen, sondern zum Teil auch die Erträge aus der Arbeit der Menschen. Yunus stellte eine Liste aller Dorfbewohner des Dorfes Jobra auf, die sich im informellen Sektor Geld leihen mussten. Es waren 42 Menschen des Dorfes die dem Geldverleiher umgerechnet 27 Dollar schuldeten. Er lieh den in Armut lebenden Menschen diesen Betrag aus seinem eigenen Vermögen, um sie aus der Abhängigkeit des informellen Geldgebers zu befreien. Yunus setze sich als Ziel diesen Menschen nachhaltig zu helfen und versuchte erfolglos bei diversen Banken im Land Geld für die ärmsten Bevölkerungsschichten zu bekommen. Über die Gründung einer Filiale der „Krishi Bank“ 1977 trieb Yunus seine Vision weiter voran. 1983 wurde die „Grameen-Bank“ unter seinem Vorsitz von ihm gegründet. Die „Grameen-Bank“ spezialisierte sich auf Mikrofinanzierung, also die in Armut lebenden Bevölkerungsschichten mit Finanzdienstleistungen zu versorgen.[23]
Yunus und die „Grameen-Bank“ stehen stellvertretend für einige andere Bewegungen in dieser Zeit. In Indonesien entstand als weiteres Beispiel die „Bank Rakyat Indonesien“ (BRI) sowie in Brasilien mit „ACCION“ eine ähnliche Entwicklungshilfeorganisation.[24]
Bedurfte es in den vorangegangenen Jahren häufig der Subventionierung der einzelnen MFIs, wurde Ende der 90er Jahre festgestellt, dass diese nachhaltig und kostendeckend arbeiten können.[25] Hierfür wichtig war die Deregulierung der Zinsfestlegungen, welche den MFIs erst die kostendeckende Arbeit ermöglichte.[26]
Das Jahr 2005 rief die United Nations (UN) zum internationalen Jahr der Mikrofinanzierung aus, da sie der Überzeugung war, dass die Instrumente der Mikrofinanzierung dazu beitragen können die Millennium Development Goals (MDG) zu erreichen.[27] Im darauffolgenden Jahr 2006 wurde Muhammad Yunus und seine „Grameen-Bank“ der Friedensnobelpreis für ihre Anstrengungen im Kampf gegen die Armut und für eine nachhaltige soziale Entwicklung verliehen.[28]
2.2 Produktpalette der Mikrofinanzinstitutionen
Anschließend an die Betrachtung der Mikrofinanzierung im Allgemeinen und ihrer Entwicklung sowie einer Einordnung des Begriffes behandelt das nun folgende Kapitel die einzelnen Bestandteile der Mikrofinanzierung. Insbesondere wird dabei ausführlich auf den Mikrokredit eingegangen, da dieser als Grundlage für die weitere Betrachtung dieser Arbeit besonders hohe Relevanz besitzt. Darüber hinaus werden sowohl die Mikroansparung, die Mikroversicherung als auch die seit einigen Jahren aufkommenden Geldtransferleistung sowie Mikrofranchising beschrieben.
2.2.1 Mikrokredite
Der Mikrokredit[29] ist die bekannteste und am häufigsten verwandte Form der Mikrofinanzierung. Die Mikrokredite sind Klein- bzw. Kleinstkredite an die armen Bevölkerungsschichten, welche keinen Zugang zu normalen Bankkrediten haben.[30] Ziel dieser Kredite ist es, den Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, mit Hilfe des Kredites ein Mikrounternehmen zu gründen und über eine Selbstständigkeit der Armut zu entkommen.[31]
Wie in der hiesigen Bankenlandschaft auch, wird im Bereich der Mikrofinanzierung zwischen einem Verbraucherkredit und einem Geschäftskredit unterschieden. Der Verbraucherkredit dient dem privaten Konsum. Beispielsweise Geschenke für Feste, Medizin oder aber auch Schulmaterialien sind an dieser Stelle zu nennen. Der Geschäftskredit hingegen dient der originären Investition in ein Unternehmen. Hierbei ist der Verwendungszweck des Geldes ausschließlich für das Unternehmen bestimmt.[32]
Die Ursprungsidee der Mikrofinanzierung war der Geschäftskredit, welcher in der Praxis zugleich am häufigsten Verwendung findet. Parallel dazu wird aus Gründen der Überschuldung wiederkehrend Kritik an Krediten für den privaten Konsum geäußert. Mittlerweile kristallisiert sich jedoch heraus, dass der Kunde am besten entscheiden kann, wofür das Geld bestimmt ist. Als Unternehmer hängt sein Erfolg eng mit seinem privaten Umfeld zusammen, sei es in Form von Geschenken für Geschäftspartner oder andere Arten der Kontaktpflege.[33]
Der Mikrokredit wird in der Regel mit kleinen Kreditsummen vergeben. Häufig liegen die Beträge zwischen 25 und 2000 USD, deren Rückzahlung in kleinen Raten erfolgt, die aus den Bestandteilen „Zins“, „Tilgung“ und „Ansparung“ bestehen.[34] Die Kreditvergabe erfolgt entweder als Gruppenkredit oder als Einzeldarlehn. Bei den Gruppenkrediten existieren zwei Varianten. Entweder werden die Kredite an die Gruppe gemeinschaftlich oder jedes Gruppenmitglied einzeln vergeben.[35] Die Gruppengrößen belaufen sich auf 5 bis 20 Personen, die gemeinsam und gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung des Kredites bzw. der Kredite haften.[36] Innerhalb einer Gruppe dürfen keine Verwandtschaftsverhältnisse bestehen.[37] Die Darlehnshöhen der Gruppenkredite belaufen sich auf Beträge zwischen 25 und 200 USD und werden überwiegend an Frauen vergeben.[38] Jedes Gruppenmitglied ist für die pünktliche Rückzahlung seines Kredites allein verantwortlich. Wenn ein Mitglied der Gruppe einen neuen Kredit aufnehmen möchte, müssen alle anderen Gruppenmitglieder zustimmen. Die pünktliche Rückzahlung eines Kredites ist Voraussetzung für die Vergabe eines weiteren Kredites. Einmal in der Woche treffen sich die einzelnen Gruppen eines Dorfes in einem von ihnen errichteten Zentrum. An den dann anwesenden Mitarbeiter der MFI werden die Raten zurückgezahlt sowie neue Kreditanträge eingereicht. Nachdem die MFI einige Erfahrungen mit der Gruppe gemacht hat, kann bei positiven Eindrücken die Kreditsumme ausgeweitet werden.[39]
Durch die Gruppenkreditvergabe lassen sich zwei große Risiken bei der Kreditvergabe minimieren. Neben der Reduktion der Gefahr von „Adverse Selection“[40], wird ebenso das Risiko des „Moral Hazard“[41] gesenkt.[42] Die sogenannten „Peer Selection“ und „Peer-Monitoring“ Prozesse sind ursächlich hierfür.[43] Als „Peer Selection“ wird in der Literatur der Auswahlprozess der Gruppe beschrieben. Ein Teilnehmer der Gruppe wird sich aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung nur mit den bestmöglichen Kreditnehmern aus seinem Freundes- und Bekanntenkreis zusammenschließen. Unzuverlässige Menschen aus dem Bekanntenkreis werden für den Gruppenkredit gemieden. Jeder Einzelne übernimmt das Risiko der „Adverse Selection“, wobei es aufgrund der sehr geringen Informationsasymmetrien deutlich geringer bei Menschen ist, die sich lange kennen. Gleichsam wird die Gefahr von „Moral Hazard“ stark reduziert, da sich die Gruppenmitglieder eng begleiten und unterstützen. Keiner in der Gruppe möchte, dass ein anderes Gruppenmitglied höhere Risiken als geplant eingeht.[44]
Im Modell der Grameen Bank in Bangladesch lässt sich zudem gut erkennen, wie das Risiko der „Adverse Selection“ sowie des „Moral Hazards“ auf Gruppenebene reduziert wird, nämlich über die regelmäßigen Versammlungen des gesamten Dorfes und somit aller Gruppen. Kein Kreditnehmer möchte vor den anderen Dorfbewohnern seinen Ruf verlieren und zahlt somit seinen Kredit bereitwillig zurück.[45]
Die zweite Möglichkeit der Kreditvergabe an die Ärmsten der Bevölkerung ist die Vergabe von Einzelkrediten. Die Einzelkredite erhält eine einzelne Person, die persönlich und ausschließlich für die Rückzahlung des Kredites haftet. Die Kredithöhe beläuft sich auf bis zu 2000 USD. Bei der Vergabe dieser Kredite kommt es noch stärker auf die bisher gesammelten Erfahrungen mit dem Kunden an. Je besser der Kreditnehmer ist, das heißt wie zuverlässig, pünktlich und häufig er seine Kredite zurückbezahlt hat, desto kreditwürdiger ist er und desto höhere Kreditsummen erhält er. Im Gegensatz zu den Gruppenkrediten ist die Zielgruppe bei den Individualkrediten gemischt und in etwa ausgeglichen zwischen männlichen und weiblichen Kreditnehmern.[46] Bei der Individualkreditvergabe ist es üblich, dass bestimmte Sicherheiten oder Bürgschaften mit in die Finanzierung eingebunden werden.[47]
Die Vorteile der Gruppenkreditvergabe gegenüber der Individualkreditvergabe liegen im zwischenmenschlichen Bereich. Bei den Gruppenkrediten existiert durch die öffentliche Rückzahlung ein hohes Maß an Transparenz. Korruption zwischen dem Bankangestellten und den Dorfbewohnern wird weitestgehend ausgeschlossen. Ebenso entsteht durch den Gruppendruck eine hohe moralische Verpflichtung zur Rückzahlung des Kredites. Niemand will sein Ansehen im Dorf beschädigen. Ein weiterer Vorteil ist der, dass die Kredite überwiegend armen Menschen weiterhelfen. Besser gestellte Menschen werden sich kaum dem sozialen Druck und dem dahinterstehenden Aufwand aussetzen, wenn sie es nicht müssen.[48] Aus Sicht der Bank lässt sich durch die Gruppenkredite der Personalkostenaufwand reduzieren, da ein Betreuer viele Kunden gleichzeitig erreicht.[49]
Als Nachteil der Gruppenkredite wird häufig der hohe Druck angeführt, dem sich die einzelnen Mitglieder einer Gruppe ausgesetzt sehen. Dieser ist so hoch, dass die armen Menschen um jeden Preis die Rückzahlung leisten wollen. Teilweise bedienen sie sich hier wieder bei Kreditgebern aus dem informellen Sektor und geben sich erneut in die Abhängigkeit aus der sie entfliehen wollten.[50] Vereinzelt haben Frauen aufgrund ihrer großen Verzweiflung Selbstmord begangen.[51] Bei genauerer Betrachtung wird allerdings deutlich, dass es sich hierbei um einen profitorientierten Fonds handelte. Detaillierte Ausführungen dazu folgen in Kapitel 4.1.
Aus den Nachteilen der Gruppenkreditvergabe lassen sich die Vorteile der Individualkreditvergabe ableiten, zusätzlich liegen diese vor allem in der besonderen Anerkennung des Einzelnen. Jeder Einzelne wird besonders betrachtet und individuell beraten. Zudem eignen sich die Individualkredite deutlich besser, um höhere Finanzierungssummen zu vergeben. Die Nachteile ergeben sich aus den Vorteilen der Gruppenkredite. Hohe Verwaltungskosten müssen auf weniger Kreditnehmer umgelegt und über die Zinssätze erzielt werden, genauso wie deutlich mehr Zeit in den Auswahlprozess des einzelnen Kreditnehmers gesteckt wird.[52] Beide Arten der Kreditvergabe haben ihre speziellen Eigenschaften. Es ist davon auszugehen, dass auch weiterhin beide Varianten gemeinsam vorkommen werden.[53]
Im Jahr 2012 lag die durchschnittliche Kreditsumme der gesamten Mikrofinanz Kunden weltweit bei rund 861 USD.[54] In den unterschiedlichen Regionen des Erdballs sind jedoch deutliche Differenzen erkennbar. (vgl. Abbildung 1: Durchschnittliche Kreditsummen 2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Durchschnittliche Kreditsummen 2011[55]
Die Verteilung der Kredithöhen lässt jedoch keinen eindeutigen Rückschluss auf die Armutsverteilung in den einzelnen Regionen zu. Vielmehr lassen sich hieraus die verschiedenen Philosophien der MFIs sowie ihrer Arbeitsweisen erkennen.[56] Die Laufzeit der Mikrokredite lässt sich als kurzfristig bezeichnen. Von sechs bis zu 24 Monaten ist in der Praxis jede Laufzeit denkbar.[57]
Wie in unserer Bankenlandschaft üblich werden auch für die Mikrokredite Zinsen verlangt. Müssten die armen Menschen im informellen Sektor bis zu 1000 Prozent pro Monat bezahlen,[58] sind es bei den Mikrokrediten, abhängig von den einzelnen Regionen, Kreditzinsen zwischen zehn und 85 Prozent.[59] Diese Zahlen erscheinen im Vergleich zu den Erfahrungen mit Kreditzinsen im deutschen Bankensektor relativ hoch. Die Tabelle 1 erklärt an einem Rechenbeispiel warum die MFIs „höhere“ Zinsen verlangen müssen, als es in besser entwickelten Ländern üblich ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Kostenvergleich von USD 100/ USD 10000 Darlehn[60]
Unabhängig von der Kredithöhe fallen bei der Bearbeitung eines Kredites Bearbeitungsgebühren an. Diese entstehen aus den Kosten für die Analyse der Vorhaben, die Erstellung der Kreditverträge sowie anderer Gemein- bzw. Verwaltungskosten. All diese Kosten werden in Tabelle 1 unter Transaktionskosten pauschal zusammengefasst. Die weiteren Kosten wie Kapitalbeschaffungskosten und Rückstellungen sowie eine eventuelle Gewinnmarge sind relativ abhängig vom Kreditbetrag. Daraus ergeben sich Gesamtkosten, die ein Mikrokredit erwirtschaften muss, um kostendeckend zu arbeiten. Diese werden in Relation zum aufgenommen Kreditbetrag gesetzt und die MFI erhält ihren individuellen Zinssatz. Aus der oben dargestellten Tabelle lässt sich leicht erkennen, je höher die Kreditsumme, desto geringer wirken sich die pauschalen Kosten prozentual aus und desto geringer ist der Zinssatz des Darlehns. Da bei Mikrokrediten üblicherweise kleine Kreditsummen vorhanden sind, lässt sich diese logische Kette umkehren. Je geringer das Kreditvolumen, desto höher ist der Zinssatz.[61] Bei der Wahl des Zinssatzes bzw. der Gewinnmarge kommt es erneut darauf an, ob ein MFI sozialorientiert oder renditeorientiert aufgestellt ist. Eine detaillierte Betrachtung erfolgt in Kapitel 4.1 Angebote im Mikrofinanzierungsbereich.
Bei einer Betrachtung der Zinssätze könnte schnell die Befürchtung aufkommen, dass die Kreditnehmer am Ende eines Monats hohe Raten zahlen müssten. Dies ist aber häufig nicht der Fall. Die Raten werden auf den Monat verteilt und als wöchentliche Rückzahlung berechnet. So halten sich diese in einem sehr überschaubaren Rahmen. Der Vorteil für den Kreditgeber ist, dass er schnellstens erkennt, wenn sich ein Kreditnehmer in Schieflage befindet und aus Sicht des Kreditnehmers sind es die relativ geringen Raten.[62]
Auf den ersten Blick lassen die hohen Zinsen scheinbar nur selten ein rentables Unternehmen zu. Dies mag für größere, langsam wachsende Unternehmen auch gelten. Bei den kleinen Mikrounternehmen hingegen sind jedoch Umsatzsteigerungen von 100 bis 800 Prozent durchaus vorstellbar, womit der erste Eindruck der hohen Zinssätze relativiert. Die Kreditnehmer können sich die Rückzahlung durchaus leisten.[63]
Eine Kreditvergabe an die arme Bevölkerung lässt im ersten Moment womöglich Rückzahlungsquoten vermuten, die solch ein Investment alles andere als lukrativ erscheinen ließen. Dies ist in der Praxis nicht der Fall. Die Rückzahlungsquoten der Mikrokredite bewegen sich im Bereich deutlich oberhalb von 95 Prozent. Von 96 bis zu 99 Prozent ist in der Literatur die Rede. Ein eindeutiger Rückschluss zwischen der Armut der Menschen und ihrer Rückzahlungsmoral lässt sich folglich nicht schließen, da diese Menschen sich eindeutig gewillt zeigen, ihre Kredite zurückzuzahlen. Die Rückzahlungsquoten sind sogar höher als in der industrialisierten Welt.[64]
2.2.2 Mikroansparungen
Im Jahre 1998 erlebte Bangladesch eine der schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte. Viele der dort lebenden Mikrokreditnehmer verloren ihr Hab und Gut. Nur durch erhebliche Anstrengungen der Grameen Bank sowie der Zentralbank von Bangladesch konnte diese Katastrophe in finanzieller Hinsicht halbwegs überwunden werden. Die Flutkatastrophe führte zu einem Überdenken der bestehenden Prozesse. Es wurde überprüft, ob ausschließlich der Zugang zu Krediten die Armut der Menschen lindern kann. Das Modell der Grameen Bank wurde auf den Prüfstand gestellt und genauso innovativ betrachtet, wie es zum Zeitpunkt ihrer Gründung betrachtet wurde, mit dem Resultat „Grameen II“.[65]
Inhaltlich stellte „Grameen II“ fest, dass den Menschen nicht ausschließlich mit Krediten weitergeholfen werden kann. Es wurden zusätzliche Finanzdienstleistungen benötigt, um die Bedürfnisse der Menschen zu decken. Neben dem Angebot von Altersvorsorgeverträgen und verschiedenen Sparplänen wurden insbesondere die Kreditbedingungen flexibilisiert. Es folgten aktive Kampagnen für Nichtkunden, außerdem wurden die Filialen deutlich selbstständiger organisiert.[66]
Für einen erfolgreichen Mikrokreditnehmer ist es eine wichtige Voraussetzung, dass dieser in wirtschaftlich schwächeren Zeiten über Rücklagen verfügen kann. In einem funktionierenden System sollte es nicht notwendig sein, sich bei Geldgebern des informellen Sektors bedienen zu müssen. Die Gründe für einen weiteren Geldbedarf können vielschichtig sein. Neben unvorhergesehenen Ausgaben oder Ausgaben für größere Anschaffungen können die Ursachen für einen finanziellen Engpass auch in Krankheiten, Hochzeiten oder Begräbnissen sowie saisonaler Arbeitslosigkeit oder Ernteausfällen liegen. Aus diesem Grund wurde die Produktpalette der MFIs um die Mikrospareinlagen erweitert.[67]
Diese Erweiterung der Produktpalette war jedoch schwieriger als gedacht. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften war es vielen Nicht-Regierungsorganisationen (NRO)[68] untersagt, Spareinlagen anzunehmen und zu verwalten.[69] Einigen Banken ist es gelungen die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen oder zu umgehen. Ein Beispiel hierfür ist die Bank Rakyat Indonesia (BRI) als eine der weltweit größten MF-Banken. Die Aufnahme eines Mikrokredites ist mit der Idee einer Selbstständigkeit verknüpft. Nicht jeder Mensch besitzt eine solche Idee. Hingegen steht die Mikroansparung jedem armen Menschen offen und erlaubt ihm den Zugang zu diesem Produkt. Dadurch lässt sich erklären, warum die Bank im Jahr 2012 rund 350 Millionen Rupien in Form von Krediten an Arme ausgegeben hat, auf der anderen Seite aber etwa 450 Millionen Rupien an Einlagen hatte.[70] Insgesamt betrachtet, ist es stark von den einzelnen Regionen abhängig, wie das Verhältnis zwischen den aktiven Kreditnehmern und den aktiven Sparern aussieht. Eine pauschale Aussage lässt sich hieraus nicht ableiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Vergleich der Anzahl von Kreditnehmern und Sparern nach Regionen 2011[71]
Die Mikroansparung ist ein sehr wichtiges Instrument aus Sicht der Kunden. Auf die Beweggründe der Armen, Geld zu sparen, wurde bereits eingegangen. Die Beweggründe für die MFIs Mikroansparungen anzubieten sind aber gleichwohl bedeutend. Erst durch die Mikroansparung ist ein nachhaltiges Bankwesen möglich. Durch die Hereinnahme der Spareinlagen kann das MFI neue Kredite ausleihen und die originäre Arbeit eines Finanzintermediärs aufnehmen. Außerdem erhöhen sich durch die Ansparungen der einzelnen Mikrokreditnehmer die Sicherheiten bei Kreditausfällen.[72]
Ähnlich wie bei den Mikrokrediten funktionieren die Mikroansparungen ebenfalls als Gruppenansparungen. Die Menschen treffen sich und geben dem örtlichen Bankberater ihre Ansparrate mit bzw. heben Geld von ihrem Konto ab. Die durchschnittlich angesparte Summe auf den einzelnen Sparkonten belief sich 2011 im Schnitt auf 847 USD.[73]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: durchschnittliche Mikrosparvolumen nach Regionen in USD 2011[74]
Bei den Mikroansparungen muss zwischen freiwilligen Mikroansparungen und obligatorischen Ansparungen unterschieden werden.[75] Es gibt einige MFIs, die bei der Aufnahme eines Mikrokredites jedem Kunden ein Mikrosparkonto anbieten. Auf dieses kann der Kunde freiwillig Geld einzahlen und jederzeit abheben. Außer den freiwilligen Sparkonten gibt es die Zwangsansparungen. Hierbei ist es für die Vergabe eines Mikrokredites maßgeblich, dass der Kreditnehmer einen Teil seiner Rate für Ansparungen benutzt. Dies erfolgt in der Praxis so, dass der Kreditnehmer an den Bankberater seine Rate bezahlt, in der die Tilgung und die Zinsen für den Kredit sowie ein gewisser Prozentsatz Zwangsansparung als auch ein variabler Teil freiwillige Ansparung enthalten sind. Hiermit wird versucht die Kreditnehmer zu disziplinieren und ihnen das Sparen beizubringen.[76]
Den Armen ist es häufig nicht wichtig, wie hoch die Zinsen auf ihrem Sparkonto sind. Es geht vermehrt darum, das Geld sicher anzulegen. Bisher wurde häufig auch schon gespart, jedoch war das Geld nicht immer verfügbar, wenn es gebraucht wurde. Hier liegt ein weiterer Grund und Vorteil der Mikroansparungen. Darüber hinaus bietet die Verzinsung auf den Sparkonten neben einer weiteren Einnahmequelle noch einen gewissen Inflationsschutz.[77]
In den einzelnen Entwicklungsländern existieren durchaus Banken, die Sparkonten anbieten. Es stellt sich die Frage, warum die Armen nicht dort ein Sparkonto eröffnen. Die Antwort liegt in verschiedenen Bereichen. Zum einen verlangen die Geschäftsbanken in den Entwicklungsländern häufig eine Mindesteinlage, respektive ein gewisses Startkapital für die Eröffnung eines Sparkontos, zum anderen liegen die Gründe in der Immobilität der armen Menschen und der Zentralität der Banken. Des Weiteren liegen andere Gründe im Bereich der mangelnden Legitimation der Kreditnehmer. Das bedeutet, dass häufig kein legaler nachweisbarer Wohnsitz oder kein Ausweis vorhanden sind.[78]
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für ein erfolgreiches Sparprogramm ein Vor-Ort-Service sehr wichtig ist. Darüber hinaus kommt es auf die Akzeptanz kleinster Beträge sowie die Sicherheit und Glaubwürdigkeit der Institution an.[79] Um als MFI nachhaltig und erfolgreich zu arbeiten, bedarf es der Generierung von freiwilligen Mikroansparungen, um dadurch wieder Kredite vergeben zu können.[80]
Innerhalb der Mikroansparung kann zwischen den einzelnen Sparformen wie Tagesgeld, Sparkonten und weiteren unterschieden werden. Aus Gründen des Umfangs wird dies aber nicht tiefergehend behandelt. Genauso ist es kein Bestandteil dieser Arbeit die detaillierte Geschichte der Mikroansparungen mit den gemeinschaftlichen Ansparungen wie z.B. der Rotating Savings and Credit Association (ROSCA) oder der Accumulating Savings and Credit Association (ASCA) zu skizzieren.[81]
2.2.3 Mikroversicherungen
Neben den Mikroansparungen gibt es ein weiteres Produkt in der Palette der Mikrofinanzprodukte, welches der Absicherung von Risiken dient: die Mikroversicherungen.[82] Die Mikroversicherungspalette ist deutlich begrenzter, als im deutschen Raum bekannt. Sie lässt sich untergliedern in Versicherungen gegen den Todesfall einer Person über sogenannte Risiko-Lebensversicherungen, gegen Krankheit über Krankenversicherungen und sogenannte Niederschlagsversicherungen, also Versicherungen gegen Ernteausfälle durch beispielsweise zu wenig Niederschlag[83]. Ein weiteres Mikroversicherungsprodukt ist die Rentenversicherung.[84] Die Nachfrage nach Mikroversicherungsprodukten resultiert aus dem Wunsch, Risiken auszuschließen oder wenigstens zu limitieren.[85]
Im Gegensatz zu den Mikroansparungen kommt es hierbei nicht darauf an, wie viel bereits angespart wurde, sondern vielmehr darauf, wie und gegen welches Risiko der Mikroversicherungsnehmer sich abgesichert hat. Seit den neunziger Jahren haben die MFIs den Markt für Mikroversicherungen erkannt. Die Gründe hierfür gehen eher auf die Reduzierung der Ausfallraten zurück, als auf die Absicherung der Armen.[86]
Als häufigstes Mikroversicherungsprodukt tritt die Risikolebensversicherung auf. Mit Hilfe dieser wird der Mikrofinanzierungskunde gegen den Todesfall abgesichert. Neben den ausstehenden Krediten wird die Versicherungssumme so gewählt, dass den Hinterbliebenen noch ein geringer Kapitalstock, für die erste Zeit nach dem Tod der versicherten Person zur Verfügung steht. In der Regel werden die Todesfallabsicherungen direkt beim Abschluss des Mikrokredites mit angeboten. Eine Summe zwischen 1% - 3% der Kreditsumme muss der Kreditnehmer in periodischen Raten an Risikoprämie zahlen. Es gibt verschiedene Staffelungen in den Versicherungen für die einzelnen Todesfälle. Beispielhaft bei FINCA Uganda gibt es für den Tod des Kreditnehmers 100%, den Tod des Ehepartners 50% und den Tod eines Kindes bis zu 25% der Versicherungssumme ausgezahlt.[87]
Aus Sicht der Versicherungsnehmer erscheint die Krankenversicherung häufig wichtiger als eine Todesfallabsicherung.[88] Jedoch gibt es nur wenige Anbieter auf dem Markt. In der Vergangenheit schlugen viele Versuche aufgrund des Problems der Adverse Selection fehl. Die Anzahl der gesundheitlich angeschlagenen Menschen war deutlich höher als die der gesunden Menschen. Für diese Regionen und Bevölkerungsschichten gab es keine verlässlichen Statistiken, wodurch die Versicherungen auch keinen angemessenen Beitrag kalkulieren konnten. Als weiterer Punkt ist an dieser Stelle anzuführen, dass die einzelnen Mikroversicherungsnehmer auch von ihrer eingezahlten Prämie profitieren wollten. Dadurch wurde bei kleineren Krankheiten schneller ein Arzt aufgesucht, als es sonst der Fall gewesen wäre.[89] Ein spezielles Problem der Mikroversicherung besteht in der Tatsache der Komplexität. Wird bei einer Risikolebensversicherung einfach und ausschließlich der Tod versichert, ist der Schadensfall bei der Krankenversicherung differenzierter zu betrachten. Es muss geklärt werden, welche Krankheit, in welchem Umfang, wie behandelt wird. Ob diese Krankheit chronisch oder durch Verschulden des Versicherungsnehmers herbeigeführt ist, sollte genauso betrachtet werden. Hierin liegt ein gewisses Konfliktpotenzial zwischen der Mikroversicherung und den Versicherungsnehmern.[90]
Eine vielversprechende neue Versicherung in der Produktpalette vieler MFIs ist die Regen-Versicherung.[91] Bei dieser Versicherung geht es nicht darum das Risiko einer schlechten Ernte auszuschließen, welche vom Versicherungsnehmer beeinflusst werden könnte, sondern vielmehr darum die Versicherungsnehmer gegen schlechte Umweltbedingungen, wie zu wenig oder zu viel Niederschlag, zu versichern. Dadurch werden an dieser Stelle die aus der Informationsasymmetrie[92] resultierenden Probleme ausgeschaltet. An einigen bestimmten Stellen in der Region wird ein Regenmesser aufgestellt. Ist zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Regenmenge nicht überschritten oder zu deutlich überschritten, zahlt die Versicherung einen Ausgleich an die Mikroversicherungsnehmer.[93] In der Praxis werden diese Versicherungen bislang nicht gut angenommen. Der Preis liegt häufig im einstelligen USD Bereich pro Saison, was eher kein Grund für die Ablehnung darstellt. Vielmehr könnten die bisherigen Erfahrungen Grund für die Ablehnung sein. Immer wenn Katastrophen die Regionen erschüttert haben, wurden von außen verschiedene Hilfsprogramme initiiert, die den Menschen Geld zur Verfügung stellten.[94]
Die Rentenversicherung ist die populärste Mikroversicherung aus dem Grameen II Programm. Mikrokreditnehmerinnen mit einer Kreditsumme von mehr als 8000 Taka,[95] umgerechnet rund 80€, sollen als Absicherung Geld in die Grameen Pensionskasse einzahlen.[96] Sofern die Kunden diese Abmachung über 10 Jahre befolgen, erhalten sie bei der Auszahlung den eingezahlten Betrag mit 12% p.a. verzinst zurück. Dies entspricht in etwa einer Verdopplung des Eigenbeitrages. Neben den Sicherheitsbedürfnissen der Bank zielen die Pensionsfonds in erster Linie auf die Altersversorgung der Armen ab.[97]
Neben vielen Vorteilen und Chancen, welche die Mikroversicherungen bieten, gibt es auf der anderen Seite aber auch verschiedene Hürden. Neben den bekannten Problemen der Informationsasymmetrien,[98] hohen Verwaltungskosten sowie Problemen bei der Durchsetzung der Verträge[99] kommt es insbesondere bei den Mikroversicherungen häufig zu Schwierigkeiten in der Diversifikation der Risiken aufgrund der räumlichen Konzentration sowie zu Unklarheiten über die Versicherungen aufgrund der hohen Komplexität.[100]
2.2.4 Geldtransfer
Zum Ende des Jahres 2011 waren 50% der älter als 15-jährigen Menschen weltweit im Besitz eines eigenen Girokontos.[101] Dies bedeutet, dass von den momentan auf unserem Planeten lebenden 7.135.233.793[102] Personen rund 2 bis 2,5 Milliarden ohne ein eigenes Girokonto auskommen müssen. Die Abbildung 4 stellt dar, in welchen Ländern der prozentuale Zugang eher höher ausfällt und in welchen Ländern eher niedrig.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: pro 100 Menschen 2011 mit Girokonten weltweit[103]
In Kapitel 2.3.1 wird eine Verknüpfung zwischen dem Zugang zu Girokonten und der Armutsverteilung hergestellt.
Bei genauerer Betrachtung und Beurteilung der Zahlen wird deutlich, dass ohne Zugang zu einem eigenen Girokonto eine Teilnahme am Zahlungsverkehr deutlich schwerer und kostspieliger ist. Ohne ein Girokonto entfällt die Möglichkeit, dass Verwandte aus den Städten oder weiter entwickelten Ländern Geld per Überweisung schicken. Alternativen über Boten oder spezielle Agenturen kosten deutlich mehr Geld als eine normale Überweisung und sind mit höheren Risiken verbunden.[104]
Diese Problematik haben die MFIs erkannt und versuchen die Menschen mit Girokonten auszustatten sowie die Geldtransfers sicherer, günstiger und effektiver zu gestalten. Ein weit verbreitetes Filialnetz ist jedoch sehr kostenintensiv und für die MFIs nicht zu bewältigen.[105] Als Alternativen gibt es hierzu verschiedene Ansätze und Möglichkeiten. Zum einen der „Point of Sale Devices“ Ansatz. Hierbei wird das Geld, ähnlich den neuesten Entwicklungen in Deutschland, an Tankstellen und im Lebensmittelladen[106] bei einem im Dorf ansässigen Unternehmen abgehoben.[107] Hierbei kommt es häufig zu einer Kooperation zwischen einer MFI und einer Bank. Die MFIs bringen in diese Allianz ihre Infrastruktur sowie die Banken ihre Technik ein.[108]
Ein weiterer Ansatz ist bislang häufig in Afrika zu finden. Das „Mobile Banking“ über das Telefon. Hiermit werden die hohen Kosten für die Bereitstellung eines Filialnetzes umgangen. Es funktioniert so, dass die MFIs respektive Allianzen in Form einer Direkt Bank ohne eigene Filialen agieren. Über das Handy werden Zahlungen ins klassische Bankensystem oder an andere Handys angewiesen sowie die Überprüfung des eigenen Kontostandes bereitgestellt.[109] Einer der Miterfinder dieses Systems war die Firma „Wizzit“ in Süd-Afrika.[110]
2.2.5 Mikrofranchising
Ein ebenfalls neueres, erfolgreiches und vielversprechendes Produkt in der Produktpalette der Mikrofinanzierung ist das Mikrofranchising. Hierbei kommt es darauf an mit geringem Mitteleinsatz ein bestehendes Geschäftsmodell zu kopieren. Die Kosten hierfür liegen zwischen 100 bis 3000 USD.[111]
Als Beispiel dient an dieser Stelle einmal mehr ein Unternehmen der Grameen Gruppe: Grameenphone. Grameenphone kam auf die Idee, dass sich mit der Vermietung von Mobiltelefonen Geld verdienen ließe. Sie verteilten an die interessierten Kunden Mobiltelefone. Diese finanzierten die Kunden über einen Mikrokredit. Aus den Einnahmen dieser Vermietungen wurden die Raten beglichen. Da dieses System gut funktionierte, wurde es in anderen Dörfern übernommen. Andere erfolgreiche Beispiele für Mikrofranchising kommen zum Beispiel aus Kenia oder Indien.[112]
2.3 Teilnehmer der Mikrofinanzierung
Nachdem die Produktpalette der Mikrofinanzierung beschrieben wurde, beschreibt dieses Unterkapitel die Teilnehmer an der Mikrofinanzierung. Bisher wurden die Begriffe „die Ärmsten der Bevölkerung“ oder „die armen Menschen“ benutzt. Nun soll klar abgegrenzt werden, an wen sich die Mikrofinanzierung richtet. Es soll ein Eindruck über die Lebensumstände und die Situation der Menschen skizziert werden, um im Anschluss beurteilen zu können, ob die Anlageklasse Mikrofinanzierung wirklich für nachhaltige und ethische Investments dienen kann oder ob sich dies in der Praxis als nicht praktikabel herausstellt. Dabei soll herausgestellt werden, welcher Einsatz von Kapital welche Wirkung in den betroffenen Regionen erzielen kann.
Im Folgenden werden deshalb drei Akteure beschrieben. Neben den Kreditnehmern, also den Kunden der Mikrofinanzierungsinstitute, werden die Kredit- oder Geldgeber beleuchtet und abschließend die dazwischen stehenden Mikrofinanzierungsinstitute.
In Kapitel 2.3.1 gilt es zunächst zu klären, wie der Begriff Armut definiert wird. Anschließend soll die Menge der in Armut lebenden Menschen quantifiziert werden und abschließend werden einige Hintergründe für diese Armut beschrieben. Dazu ergänzend behandelt das Kapitel 2.3.2 die andere Seite der Akteure der Mikrofinanzierung. Ausgehend von einer Betrachtung der Anbieter der Mikrofinanzprodukte wird eine kurze Betrachtung der einzelnen Unterschiede vorgenommen. Zum Abschluss folgt im Unterkapitel 2.3.3 eine Betrachtung der indirekten Teilnehmer der Mikrofinanzierung. Es werden abschließend die Geldgeber und Investoren beschrieben.
2.3.1 Kunden der Mikrofinanzinstitutionen
Die Frage nach den Kunden der Mikrofinanzierungsprodukte ist eng verbunden mit dem Begriff der Armut. Armut bedeutet in dem Zusammenhang nicht nur geringe finanzielle Möglichkeiten, sondern auch ein Mangel an Chancen sich weiterzuentwickeln, verbunden mit sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung.[113]
Der Themenbereich Armut lässt sich in drei Unterpunkte gliedern: das finanzielle Kapital, das Humankapital sowie das soziale Kapital. Das finanzielle Kapital ist am leichtesten messbar. Eine von der Weltbank entworfene Definition beschreibt die Grenzen anhand von USD pro Tag. So zählt jemand zu den „extrem Armen“, wenn er weniger als 1,25 USD pro Tag zur Verfügung hat. Darüber hinaus gibt es als nächst höhere Stufe die „Armen“, die maximal 2 USD pro Tag haben. Über ihnen stehen die „wirtschaftlich aktiven Armen“ oder „relativen Armen“. Ihre Armutsgrenzen werden mit weniger als 50% des Durchschnittseinkommens des Landes definiert. Oberhalb der Armutsgrenze liegen die verwundbaren Nicht-Armen. Abschließend gibt es noch die Mittel- und Oberschicht deren Einkommensgrenzen an dieser Stelle aber nicht definiert werden.[114] Der Armutsbegriff mit Blick auf das Humankapital lässt sich mit den geistigen und körperlichen Voraussetzungen, die ein Mensch für seinen Einkommenserwerb benötigt, beschreiben. Bei den Ärmsten der Bevölkerung lassen sich häufig eine mangelhafte Schulbildung sowie eine schlechte medizinische Versorgung beobachten. Die dritte Dimension der Armut betrifft das Sozialkapital. Hiermit wird die Beziehung zwischen den Menschen beschrieben. Es wird über die Möglichkeit der Vernetzung und den Aufbau von sozialen Beziehungen mit anderen definiert.[115]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Zielgruppe der Mikrofinanzierung[116]
Die Mikrofinanzierung richtet sich an verschiedene Menschengruppen. Angefangen bei den mittellosen ohne festen Wohnsitz und Beruf,[117] über die beschriebenen extrem Armen und Armen bis hin zu den verwundbaren Nicht Armen, die momentan nicht unter der Armutsgrenze leben, jedoch jederzeit durch verschiedenste Gründe dahin zurückfallen könnten.[118]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Vergleich 2005 mit 2008[119] der Personen mit weniger als 1,25 USD pro Tag in Millionen[120]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Vergleich 2005 mit 2008 der Personen mit weniger als 2 USD pro Tag in Millionen[121]
[...]
[1] Vgl. Planspiel-Börse; (2013) S.1
[2] Vgl. Pauly (2013) S.1
[3] Vgl. World Bank Development Research Group
[4] Vgl. Popovic (2006) S.12
[5] Vgl. Sommer (2009) S.3,
[6] Vgl. Felder-Kuzu (2004) S. 18f
[7] Vgl. Faulhaber S.1
[8] Vgl. Grill/ Perczynski (2005) S.343
[9] Vgl. Orso (2011) S.5f
[10] Vgl. Lohmann (2009) S.87ff
[11] Vgl. Lohmann (2009) S.66f
[12] Vgl. Yunus (2008) S.56
[13] Vgl. Seibel (2003) S.10ff
[14] Vgl. Lohmann (2009) S.88
[15] Vgl. Lohmann (2009) S. 89
[16] Vgl. Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2010) S.4
[17] Vgl. Felder-Kuzu (2004) S.27
[18] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.26
[19] Vgl. Lohmann (2009) S.89f
[20] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.26
[21] Vgl. Illing (2004) S.3ff
[22] Vgl. Schmidt (2009/1) S.157; Menzel (1993) S.32f; Lohmann (2009) S.91f
[23] Vgl. Yunus (2008) S.53ff
[24] Vgl. Eckl-Dorna/ Maier (2005) S.10, Felder-Kuzu (2004) S.27
[25] Vgl. Lohmann (2009) S.93
[26] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.27
[27] Vgl. UN Department of Public Information S.1; Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa S.1
[28] Vgl. The Nobelprize Organization S.1
[29] Auch als „Microloan“, „Microcredit“ oder „Microlending“ bekannt
[30] Vgl. Lohmann (2009) S.111
[31] Vgl. Orso (2011) S.3
[32] Vgl. Lohmann (2009) S.111f
[33] Vgl. Lohmann (2009) S.112
[34] Vgl. Yunus (2008) S.76ff
[35] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.18, www.mixmarket.org 1 ; Lohmann (2009) S.130f
[36] Vgl. Dieckmann (2008) S.5
[37] Vgl. Yunus (2008) S.70
[38] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.19
[39] Vgl. Yunus (2008) S.70f
[40] Als Adverse Selection wird die Gefahr der Gegen- bzw. Negativauslese beschrieben. Bei der Wahl der Kreditnehmer besteht zwischen dem Kreditnehmer und dem Kreditgeber eine Informationsasymetrie, durch die die Wahl auf einen schlechten bzw. „den falschen“ Kreditnehmer fällt. Hätte der Kreditgeber zum Zeitpunkt der Kreditvergabe alle Fakten gekannt, hätte er den Kredit nur unter anderen Bedingungen vergeben (z.B. höherer Zins). Vgl. Erlei/ Leschke/ Sauerland (2007) S.69-198
[41] Moral Hazard beschreibt die Gefahr, dass der Kreditnehmer nach Vergabe des Kredites das Geld für ein Projekt einsetzt, welches ihm einen höheren Ertrag bringen kann, da es mit höheren Risiken verbunden ist. Hätte der Kreditgeber gewusst, dass dieses Projekt ausgewählt würde, hätte er einen höheren Zinssatz verlangt. Vgl. Erlei/ Leschke/ Sauerland (2007) S.69-198
[42] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.8
[43] Vgl. Karlan (2007) S.52ff; Khawari (2004) S.19-21
[44] Vgl. Lohmann (2009) S.131f
[45] Vgl. Yunus (2008) S.69f
[46] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.19f; Lohmann (2009) S.131ff;
[47] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S. 19
[48] Vgl. Lohmann (2009) S. 135
[49] Vgl. Dieckmann (2008) S.5f
[50] Vgl. Lohmann (2009) S.137
[51] Vgl. Blume (2010) S.1
[52] Vgl. Lohmann (2009) S.135ff; Dieckmann (2008) S.6
[53] Vgl. Dieckmann (2008) S.6
[54] Eigene Berechnung mit Daten von http://www.mixmarket.org/profiles-reports
[55] Vgl. www.mixmarket.org 1 Die Daten wurden vom Autor gerundet.
[56] Vgl. Lohmann (2009) S.117
[57] Vgl. Lohmann (2009) S.117; MyMicrocredit Deutschland e.V. S.1
[58] Vgl. Dieckmann (2008) S.5
[59] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.39
[60] Eigene Darstellung und Berechnung in Anlehnung an Felder-Kuzu (2008) S.39
[61] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S. 39f
[62] Vgl. Lohmann (2009) S.125
[63] Vgl. Eckl-Dorna/ Maier (2005) S.1
[64] Vgl. Zeller/ Lapenu (2000) S.311f; Felder-Kuzu (2008) S.42
[65] Vgl. Yunus (2008) S.74ff
[66] Vgl. Yunus (2008) S.78
[67] In der englischsprachigen Literatur findet man die Mikrospareinlagen häufig unter dem Begriff „Microsavings“ Vgl. Lohmann (2009) S.145f
[68] In der Literatur auch häufig als NGO abgekürzt. Diese Abkürzung stammt aus der englischen Übersetzung des Wortes und steht für „Non-Governmental Organization“ Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.441
[69] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.169
[70] Vgl. PT Bank Rakyat Indonesia S.1ff
[71] Vgl. www.mixmarket.org 2 – Werte vom Autor gerundet
[72] Vgl. Trezza (2006) S.27
[73] Eigene Berechnung mit Daten von www.mixmarket.org 1 Daten vom Autor gerundet.
[74] Eigene Darstellung mit Daten von www.mixmarket.org 1 Daten vom Autor gerundet.
[75] Vgl. Lohmann (2009) S.150
[76] Vgl. Klas (2011) S.73f; Yunus (2008) S.79f; Lohmann (2009) S.150f; Trezza (2006) S.27
[77] Vgl. Trezza (2006) S.28f
[78] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.174ff, Trezza (2006) S.28f
[79] Vgl. Rutherford (2000) S.15, Armendáriz/ Morduch (2010) S.175f
[80] Vgl. Ullrich (2011) S.7f
[81] In der englischsprachigen Literatur wird der Begriff „Microinsurance“ verwendet.
[82] Vgl. Bendig (2012) S.32
[83] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010)S. 195ff
[84] Vgl. Yunus (2008) S.80
[85] Vgl. Trezza (2006) S.30
[86] Vgl. Trezza (2006) S.31
[87] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.195f
[88] Vgl. Klas (2011) S.290
[89] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.197f
[90] Vgl. Klas (2011) S.290f
[91] In der englischsprachigen Literatur auch als „rainfall-insurance“/ „index insurance“
[92] Der Begriff Informationsasymmetrie leitet sich von der „Principal-Agent“ Theorie ab. Hiermit wird das Wissensverhältnis eines „Principals“ zu einem „Agent“ beschrieben. Es lässt sich ableiten, dass der „Principal“, also derjenige, von dem eine Handlung ausgeht, häufig einen Wissensvorsprung gegenüber dem „Agent“ hat, hinsichtlich des Objektes, um das es sich handelt. Vgl. Benicke (2006) S.155f
[93] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.299f
[94] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.300
[95] Taka ist die Landeswährung des Staates Bangladesh Vgl. Yunus (2008)
[96] Vgl. Klas (2011) S.74
[97] Vgl. Yunus (2008) S.79f
[98] Moral Hazard und Adverse Selection Vgl. Kapitel 2.2.1 Seite 9
[99] Vgl. Armendáriz/ Morduch (2010) S.195ff
[100] Vgl. Ullrich (2011) S.8
[101] Vgl. The Worldbank (2012)
[102] Vgl. Stiftung Weltbevölkerung (2013)
[103] Vgl. Demirguc-Kunt/ Klapper (2012)
[104] Vgl. Lohmann (2009) S.159f
[105] Vgl. Trezza (2006) S.30
[106] Vgl. Rewe Markt GmbH ; Deutsche Shell Holding GmbH
[107] Vgl. Lohmann (2009) S.161
[108] Vgl. Trezza (2006) S.30
[109] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.101f; Koesch/ Magdanz/ Stadler (2006) S.1
[110] Vgl. www.Wizzit.co.za S.1
[111] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.111f
[112] Vgl. Felder-Kuzu (2008) S.114ff
[113] Vgl. Lohmann (2009) S.74
[114] Vgl. Felder-Kuzu (2004) S.21; Lohmann (2009) S.77; Schulze (2012) S.1;
[115] Vgl. Lohmann (2009) S.78
[116] Eigene Darstellung in Anlehnung an Cohen (2001); Lohmann (2009) S.272
[117] Vgl. Yunus (2008) S.79
[118] Vgl. Helms (2006) S.18
[119] Der Vergleich zwischen 2005 und 2008 resultiert aus der Verfügbarkeit der Daten. Im Jahresbericht der Weltbank 2012 wird für die Anzahl der Personen unter 1,25 USD weltweit ebenfalls auf Daten aus 2008 verwiesen. Vgl. The World Bank Annual Report (2012) S.10
[120] Vgl. World Bank Development Research Group S.1
[121] Vgl. World Bank Development Research Group S.1
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