Vorlesungsmitschrift "Handels- und Gesellschaftsrecht" in Stichpunkten und kurzen Abschnitten. Aus dem Inhalt: Einführung in das Handelsrecht, Kaufmannsarten, Die Firma, Handelsregister, unselbstständige Hilfspersonen des Kaufmanns, die selbstständigen Hilfspersonen des Kaufmanns, Allgemeine Vorschriften für Handelsgeschäfte, der Handelskauf, offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, (...).
A. Handelsrecht
Handelsrecht wird gemeinhin definiert als „Sonderprivatrecht der Kaufleute“. Damit wird ein Zweifaches zum Ausdruck gebracht:
- Einmal geht es beim Handelsrecht um die vom allgemeinen bürgerlichen Recht abweichenden, speziellen Vorschriften und
- zum anderen beziehen sich diese Vorschriften auf einen subjektiven Anknüpfungspunkt, die „Kaufmannseigenschaft“. Man spricht insofern vom „subjektiven System“.
Dabei ist zu beachten: Diese besonderen Vorschriften des Handelsrechts verdrängen das allgemeine bürgerlich Recht nur beim Vorliegen der jeweiligen Normenvoraussetzung. Oder anders formuliert:
Soweit keine speziellen handelsrechtlichen Normen eingreifen, kommt nach wie vor das BGB zur Anwendung.
- Handelsrecht ist formfrei (enthält weniger Formbestimmungen als Bürgerliches Recht)
- Drängt auf schnelle Handlung
- Wenn keine Regelungen im HGB dann Rückgriff auf BGB
- Kaufmann hat genügend Erfahrungen um Gefahren zu erkennen und beachten, daher
Formfreiheit (Unterschied zu BGB)
- Gewährleistungsvorschriften verpflichten Vertragspartner zur Einhaltung des Vertrags bei Schlechtleistung, auch ohne Verschulden, Rüge durch Verbraucher innerhalb eines bestimmten Zeitraums im BGB, im HGB muss Rüge durch Kaufmann sofort erfolgen.
Kaufmannsarten
Im Handelsrecht sind folgende Kriterien für die maßgebend:
- Erkennbarkeit:
- Die innere, für Dritt nicht erkennbare Absicht genügt nicht für den Gewerbebegriff
- Äußerlich erkennbar z.B. durch Eintrag ins Handelsregister, Firmenschild
- Selbständigkeit:
- Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann
- Unerheblich sind die Einkommensverhältnisse
- Dauerhaftigkeit und Planmäßigkeit:
- Die Tätigkeit darf nicht nur gelegentlich betrieben werden, um als Gewerbe anerkannt zu werden
- Eine Tätigkeit ist planmäßig, wenn sie auf bestimmte Dauer ausgeübt wird
- Gewinnerzielungsabsicht:
- Wer nur kostendeckend wirtschaftet, sei es auch nur karikativen oder sozialen Gründen, betreibt kein Gewerbe
- Kein freier Beruf:
- Freier Beruf: akademische Tätigkeit, im Allgemeinen in einer Kammer organisiert (Ärzte, Anwälte, Künstler, Steuerprüfer oder Architekten)
Die Rechtsprechung stellt hierbei auf „das Gesamtbild des Betriebes“ ab. Dabei sind folgende Kriterien heranzuziehen:
- Zahl der Betriebsstätten
- Vielfalt der Erzeugnisse
- Höhe des Umsatzes
- Höhe des Anlage- und Betriebskapitals
- Höhe des Gewerbeertrags- bzw. Gewerbekapitals
- Zahl der Beschäftigten
- Art der Buch- und Kontenführung
- Art und Gestaltung von Bankverbindungen
- Umfang und Art der Geschäftsbeziehungen
Nach §1 Abs. 2 HGB ist Kaufmann, wer ein Gewerbe betriebt, es sei denn, sein Unternehmen benötigt nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb.
Merke: Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht die Kaufmannseigenschaft kraft Gesetz, also auch ohne Eintragung ins Handelsregister (der Unternehmer ist aber verpflichtet, die Einrichtung herbeizuführen).
Zwei Merkmale sind demnach entscheiden für die Einstufung als Istkaufmann:
- Es muss ein Gewerbe ausgeübt werden
- Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb darf wegen Art oder Umfang des Unternehmens nicht entbehrlich sein. Es darf sich also nicht um einen Kleinbetrieb handeln.
Scheitert die Istkaufmannseigenschaft daran, dass ein Kleingewerbebetrieb vorliegt, so kann der Unternehmer die Kaufmannseigenschaft durch Registereintrag herbeiführen. Diese Eintragung kann jederzeit rückgängig gemacht werden.
Land- und fortwirtschaftliche Betriebe sind nicht Istkaufleute nach §1 Abs. 2 HGB. Es fehlt bei ihnen schon an der Ausübung des Gewerbes. Dennoch können sie nach §3 HGB die Kaufmannseigenschaft erwerben, wenn ihr Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Die Kaufmannseigenschaft entsteht dann mit der Eintragung ins Handelsregister.
§5 HGB bestimmt:
Wer im Handelsregister eingetragen ist, kann sich nicht darauf berufen, das unter seiner Firma betriebene Gewerbe sei kein Handelsgewerbe (Eintragung der Firma im Handelsregister, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen).
Scheinkaufmann kraft tatsächlichen Verhaltens ist derjenige, der im kaufmännischen Rechts- und Geschäftsverkehr als Kaufmann auftritt, ohne es tatsächlich zu sein.
Beim Scheinkaufmann handelt es sich nur um einen Sonderfall der allgemeinen Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in der Rechtsordnung (§§242, 157 BGB): Wer im Rechtsleben durch sein Verhalten Vertrauensbestände schafft, muss sich zugunsten schutzwürdiger Dritter so behandeln lassen, als entsprächen seine Behauptungen den Tatsachen.
Nachfolgende Tatbestände können die Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsscheins begründen:
- Auftreten unter einer „Firma“
- Verwendung kaufmännisch aussehender Korrespondenzunterlagen
- Bezeichnung eines kleingewerblichen Betriebes als „Handelsgesellschaft“
Der Formkaufmann §6 Abs. 1,2 HGB
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft setzen den Betrieb eines Handelsgewerbes voraus. OHG und KG sind also schon aus diesem Grund Kaufleute.
Bei den Gesellschaftern selbst ist zu unterscheiden: Die Gesellschafter der OHG sind Kaufleute im Rechtssinne, ebenso die Komplementäre der KG; nicht Kaufleute dagegen sind die Kommanditisten.
Bei den Gesellschaften, denen das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, ist es gem. §6 Abs. 2 HGB unerheblich, ob sie einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten oder nicht. Dies trifft zu bei nachfolgenden Unternehmensformen:
- Aktiengesellschaft (§3 AktG)
- Kommanditgesellschaft (§278 Abs. 3 AktG)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§13 Abs. 3 GmbHG)
- Eingetragene Genossenschaft (§17 Abs. 2 GenG)
Handelsrechtliche Rechte und Pflichten
- Kaufmann darf besonderen handelsrechtlichen Namen führen: die Firma, §§17 ff. HGB
- Kaufmann kann eine/mehrere Zweigniederlassungen gründen §13 HGB
- Kaufmann darf sich von Prokuristen vertreten lassen, §§48 ff. HGB
- Anmeldepflicht der meldepflichtigen Tatsachen zum Handelsregister, §§14, 31 HGB
- Führung von Handelsbüchern, Bilanzerstellung, Jahresabschluss, §§238 ff.
- Rügepflichten §377 HGB
Verfahrensrechte
- Klagebefugnis unter der Firma, §17 Abs. 2 HGB
- Gerichtsstandsvereinbarung, §38 ZPO
Unter einer Firma versteht man gem. §17 HGB den Namen eines Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.
Funktionen:
- Unterscheidung zwischen der kaufmännischen und privaten Seite des Kaufmanns = Abgrenzungsfunktion
- Vermeidung von Verwechslungen mit namensgleichen Kaufleuten am gleichen Ort =
Kennzeichnungsfunktion
- Vermittlung von Informationen über Unternehmensträger = Auskunftsfunktion
- Werbung für Unternehmen = Werbefunktion
- Wertträgerfunktion (mit Namen ist Qualifikationsmerkmal verbunden)
Gem. §18 Abs. 2 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Insbesondere darf die Firma nicht über Art und Umfang des Geschäfts täuschen.
Schutz vor Täuschungen über die Haftungsverhältnisse des Geschäftsinhabers garantiert §19 HGB, wonach die Firma einen die Haftungsverhältnisse andeutenden Zusatz enthalten muss.
Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit wird durch §19 Abs. 2 HGB eingeschränkt. Haftet demnach in einer OHG oder KG keine natürliche Person unbeschränkt, muss die Firma auch dann einen Hinweis auf die Haftungsbeschränkung enthalten, wenn eine Übernahme der Firma nach §§21 ff. HGB möglich ist.
Gem. §37a HGB muss ein Kaufmann auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, seine Firma, die Bezeichnung nach §19 Abs. 1 Nr.1 HGB, den Ort seiner Handelsniederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma in das Handelsregister eingetragen ist, angeben. Für Personengesellschaften gilt gem. §125a Abs. 1 HGB entsprechendes.
Danach darf ein Kaufmann für ein Unternehmen für eine Firmenbezeichnung führen. Dies gilt selbst für Zweigniederlassungen, wobei jedoch gem. §30 Abs. 3 HGB besondere, auf die Zweigniederlassung hindeutende Zusätze erforderlich sind.
Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit
Nach §30 HGB muss sich jede neue Firma „von allen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firma deutlich unterscheiden.“ Dabei wird grundsätzlich die zuerst eingetragene Firma geschützt.
Das Recht an der Firma ist ein absolutes Recht, entsprechend dem verwandten Namensrecht gem. §12 BGB. Daraus folgt, dass bei unberechtigtem Firmengebrauch privatrechtliche Abwehransprüche gem. §37 HGB eingreifen. Hiernach kann bei unbefugtem Firmengebrauch auf Unterlassung und – falls die Firma bereits im Handelsregister eingetragen ist – auf Anmeldung der Löschung geklagt werden. Ein aus anderen Gesichtspunkten (§§823ff. BGB) bestehender Schadenersatzanspruch bleibt hiervon unberührt.
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verbietet gem. §1 UWG die Vornahme von gegen die guten Sitten verstoßenden Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs.
Neben den Möglichkeiten des UWG kann der durch das MarkenG geschaffene Schutz in Anspruch genommen werden: §15 MarkenG gewährt dem Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung ein ausschließliches Recht. Darunter fällt als Unternehmenskennzeichen auch die Firma. Außerdem besteht nach §18 MarkenG ein Anspruch auf Vernichtung der widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände.
Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft fortführt, haftet gem. §25 Abs. 1 S.1 HGB für alle im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers; aber nur dann, wenn er die bisherige Firma fortführt.
Nach §26 wird die Nachhaftung des früheren Geschäftsinhabers begrenzt: Bei Firmenfortführung durch den Erwerber haftet er für die früheren Verbindlichkeiten nur, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren fällig sind. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an welchem der neue Inhaber der Firma in das Handelsregister eingetragen wurde.
Es kann durchaus sein, dass der Erwerber die Verbindlichkeiten nicht übernehmen will und den vollen Kaufpreis entrichtet. Dabei würde er Gefahr laufen, gem. §25 Abs. 1 S.1 HGB für die Schulden aufkommen zu müssen, obwohl er die betreffenden Beträge anlässlich der Kaufpreiszahlung entrichtet hat, wenn der Veräußerer sie nicht zur Schuldentilgung verwendet. Hier greift §25 Abs. 2 HGB ein: Die Parteien haben die Möglichkeit, eine abweichende Vereinbarung zu treffen. Diese Vereinbarung ist jedoch Dritten gegenüber nur in zwei Fällen wirksam:
- Entweder wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht wird
- oder wenn sie vom Erwerber oder vom Veräußerer dem Dritten mitgeteilt worden ist.
Ist weder Registereintragung noch eine ausdrückliche Meldung an den Gläubiger ergangene, so kann der Erwerber selbst dann den Haftungsausschluss nicht geltend machen, wenn der Gläubiger auf eine andere Weise positive Kenntnis von dem Ausschluss erlangt hat.
Bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma ergeben sich auch für die Aktivseite Konsequenzen.
Gem. §25 Abs. 1 S. 2 HGB gelten die im Betriebe begründeten Forderungen den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen. Voraussetzung ist, dass der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma eingewilligt haben.
Auch hier sind abweichende Vereinbarungen möglich. Jedoch sind auch hier derartige Abreden dem Dritten gegenüber nur wirksam wenn die (vgl. §25 Abs. 2 HGB)
- Entweder in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht worden sind
- Oder vom Erwerber oder Veräußerer dem Dritten mitgeteilt wurden
Wie bereits betont, greifen die obigen handelsrechtlichen Sondervorschriften bezüglich der Schuldenübernahme nur ein, wenn der Erwerber die Firma fortführt. Ist dies nicht der Fall, so haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die früheren Verbindlichkeiten nur, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, insbesondere wenn die Übernahme der Verbindlichkeiten von dem Erwerber bekannt gemacht worden ist (§25 Abs. 3 HGB).
Tritt jemand als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Geschäft eines Einzelkaufmanns ein (wodurch entweder eine OHG oder KG entsteht), so haftet gem. §28 Abs. 1 S. 1 HGB die Gesellschaft für alle im Betrieb des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers. Die in dem Betrieb begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf die Gesellschaft übergegangen. Die Haftung tritt unabhängig von der Tatsache ein, ob die Firma fortgeführt wird oder nicht.
Wird der frühere Geschäftsinhaber Kommanditist, finden nach Maßgabe des §28 Abs. 3 HGB die Regeln für die Begrenzung der Nachhaftung nach §26 HGB Anwendung. Auch hier können gem. §28 Abs. 2 HGB Sonderabreden getroffen werden.
Wer in eine bestehende Gesellschaft eintritt, haftet gem. §130 HGB gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§128 und 129 HGB für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
Hier können Sonderabreden mit Wirkung nach außen nicht getroffen werden: §130 Abs. 2 HGB bestimmt, dass Vereinbarungen, die der Bestimmung des Absatzes 1 entgegenstehen, Dritten gegenüber unwirksam sind.
Zunächst bestimmt §27 Abs. 1 HGB dass, wenn ein zu einem Nachlasse gehörendes Handelsgeschäft von den Erben fortgeführt wird, auf die Haftung der Erben für frühere Geschäftsverbindlichkeiten die Vorschriften über die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung Anwendung finden. Um die zukünftigen Entwicklungen besser einschätzen zu können, gewährt §27 Abs. 2 HGB eine zusätzliche Überlegungsfrist von drei Monaten, d.h. die unbeschränkte Haftung nach §25 Abs. 1 HGB tritt nicht ein, wenn die Fortführung des Geschäfts binnen drei Monaten eingestellt wird.
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