Einleitung
Im psychiatrischen Bereich vertrat man lange Zeit die Auffassung, dass nur wenige Patienten zusätzlich zu ihrer psychotischen Erkrankung auch exzessiv Suchtmittel zu sich nehmen. Dies hatte damit zu tun, dass der Psychose eine suchtpräventive Wirkung zugeschrieben wurde. Inzwischen sieht sich der psychiatrische Bereich jedoch mehr und mehr mit Doppeldiagnosen konfrontiert. Bei Patienten, die an einer Psychose leiden, sind Substanzstörungen nicht nur die häufigste, sondern auch eine klinisch sehr bedeutsame Komorbidität.
Seit etwa 10 Jahren wird sich daher auch im deutschsprachigem Raum mit dieser Thematik auseinandergesetzt und es entstanden nach und nach spezielle Einrichtungen für diese Patientengruppe. Das gleichzeitige Vorliegen einer Psychose und Sucht ist also kein Randphänomen in der psychiatrischen Versorgung. Bei der Komorbidität von Substanzabhängigkeit und Schizophrenie treten komplexe und sehr heterogene Phänomene in Erscheinung. Gerade im Hinblick auf den therapeutischen Umgang mit dieser Klientengruppe mangelt es vergleichsweise noch immer an empirisch abgesicherten Wissen.
Mit dem Motivationalen Interview möchte ich eine in Deutschland noch recht unbekannte Gesprächsführungsmethode vorstellen, die zur Suchtbehandlung und zur Verhaltensänderung bei komorbiden Patienten genutzt werden kann. In der folgenden Arbeit beschreibe ich zunächst kurz das Motivationale Interview und nenne Hintergründe dazu. Anschließend zeige ich Hintergründe zur Komorbidität von Psychose und Sucht und deren Behandlung auf, um dann im 4. Kapitel die Anwendbarkeit und Eignung des Motivationalen Interviews bei Doppeldiagnosepatienten u.a. durch die Expertenbefragung zu klären. In Kapitel V stelle ich die Durchführung des Motivationalen Interviews, wie es speziell bei dieser Patientengruppe vorgenommen werden kann, vor und gehe näher auf eine entsprechende Modifikation ein.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Definition und Begriffserklärung
- 1.1 Substanzabhängigkeit
- 1.2 Psychose/Schizophrenie
- 1.3 Doppeldiagnose
- 1.4 Motivation – ein Zustand
- 2. Motivationales Interview - ein kurzer Überblick
- 1. Definition und Begriffserklärung
- II. Hintergründe des Motivationalen Interviews
- 1. Die Stufen der Veränderung nach Prochaska & DiClemente
- 2. Prinzipien des Motivationalen Interviews
- 2.1 Empathie ausdrücken
- 2.2 Diskrepanzen entwickeln
- 2.3 Beweisführung vermeiden
- 2.4 Widerstand aufnehmen
- 2.5 Selbstwirksamkeit fördern
- 3. Ambivalenz
- III. Hintergründe von Sucht und Psychose
- 1. Besonderheiten bei der Behandlung von Menschen mit einer Doppeldiagnose
- IV. Warum ist Motivationales Interview (besonders) für Doppeldiagnosepatienten geeignet?
- 1. Motivationales Interview und Doppeldiagnose
- 2. Anforderungen an die Behandlung von Doppeldiagnosepatienten
- 3. Effektivität
- 3.1 Datenerhebung
- 3.2 Experteninterviews, -befragung
- V. Durchführung des Motivationalen Interviews bei Doppeldiagnosepatienten
- 1. Modifikation für Doppeldiagnoseklienten
- 2. Phase I-Motivation aufbauen
- 2.1 Aufbau von Selbstachtung
- 2.2 Strategien für die Anfangsphase
- a) Offene Fragen stellen
- b) Aktives Zuhören
- c) Bestätigen
- d) Zusammenfassen
- e) Selbstmotivierende Aussagen hervorrufen
- 2.3 Weitere Strategien zur Erhöhung der Veränderungsmotivation
- a) Aktiv helfen
- b) Rückmeldung geben
- 2.4 Fallen beim Erstgespräch
- 2.5 Nutzung diagnostischer Befunde
- 2.6 Die ersten Sitzungen
- 2.7 Umgang mit Widerstand
- a) Einfache Reflexion
- b) Überzogene Reflexion
- c) Reflexion der Ambivalenz
- d) Fokus verschieben
- e) Zustimmung mit einer Wendung
- f) Betonung der pers. Entscheidungsfreiheit und Selbstkontrolle
- g) Umformulieren und anders beleuchten
- h) Paradoxe Intervention
- 2.8 Umgang mit nicht eingehaltenen Terminen
- 3. Phase II - Selbstverpflichtung zur Veränderung festigen
- 3.1 Risiken in Phase II
- 3.2 Strategien in Phase II
- a) Zusammenfassung
- b) Schlüsselfragen
- c) Information und Ratschlag
- d) Alternativen anbieten
- 3.3 Veränderungsplan aushandeln.
- 3.4 Selbstverpflichtung herstellen
- 3.5 Übergang zum Stadium der Handlungen
- 4. Phase III-Motivation erneuern
- 4.1 Rückblick auf den Prozess
- 4.2 Motivation erneuern
- 4.3 Selbstverpflichtung erneuern
- 4.4 Weitere Behandlung
- 5. Schwierige Situationen bei der motivierenden Beratung
- 5.1 Umgang mit Zwangsklienten
- 5.2 Konsum ansprechen
- 5.3 Leben im Chaos
- Definition und Abgrenzung der Begriffe Substanzabhängigkeit, Psychose/Schizophrenie und Doppeldiagnose
- Erörterung der Grundlagen und Prinzipien des Motivationalen Interviews
- Analyse der besonderen Herausforderungen bei der Behandlung von Menschen mit Doppeldiagnosen
- Bewertung der Effektivität des Motivationalen Interviews für diese Patientengruppe
- Entwicklung von Strategien zur Anwendung des Motivationalen Interviews bei Menschen mit Doppeldiagnosen
- Kapitel I: Einleitung: Dieses Kapitel führt in das Thema der Diplomarbeit ein und definiert die zentralen Begriffe Substanzabhängigkeit, Psychose/Schizophrenie und Doppeldiagnose. Des Weiteren wird ein Überblick über das Motivationales Interview gegeben.
- Kapitel II: Hintergründe des Motivationalen Interviews: Dieses Kapitel erläutert die theoretischen Grundlagen des Motivationalen Interviews, insbesondere die Stufen der Veränderung nach Prochaska & DiClemente und die wichtigsten Prinzipien des Verfahrens.
- Kapitel III: Hintergründe von Sucht und Psychose: Dieses Kapitel beleuchtet die besonderen Herausforderungen bei der Behandlung von Menschen mit einer Doppeldiagnose, insbesondere die Interaktion von Sucht und psychischer Erkrankung.
- Kapitel IV: Warum ist Motivationales Interview (besonders) für Doppeldiagnosepatienten geeignet?: Dieses Kapitel befasst sich mit der Eignung des Motivationalen Interviews für Menschen mit Doppeldiagnosen, analysiert die Anforderungen an die Behandlung dieser Patientengruppe und untersucht die Effektivität des Verfahrens anhand von Experteninterviews.
- Kapitel V: Durchführung des Motivationalen Interviews bei Doppeldiagnosepatienten: Dieses Kapitel widmet sich der praktischen Anwendung des Motivationalen Interviews bei Menschen mit Doppeldiagnosen. Es werden Modifikationen des Verfahrens für diese Patientengruppe vorgestellt, die einzelnen Phasen des Interviews detailliert erläutert und Strategien zur Bewältigung von Herausforderungen in der Praxis aufgezeigt.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Anwendung des Motivationalen Interviews bei Menschen mit einer Doppeldiagnose. Die Arbeit zielt darauf ab, das Motivationales Interview als ein geeignetes Verfahren zur Unterstützung von Menschen mit Substanzabhängigkeit und psychischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie) zu analysieren und zu bewerten.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Motivationales Interview, Doppeldiagnose, Substanzabhängigkeit, Psychose, Schizophrenie, Veränderung, Ambivalenz, Selbstwirksamkeit, Therapie, Behandlung, Experteninterviews, Praxis
- Quote paper
- Tanja Schröter (Author), 2004, Motivationales Interview bei Menschen mit 'Doppeldiagnosen', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28073