Die exemplarische Auseinandersetzung von zwei Imagekampagnen und einer aktuellen Dachmarke verdeutlicht die Unterschiede der handelnden Akteure, die Zielgruppen (insbesondere die Branchen), die Ausrichtung der Imagearbeit, die Darstellung des Realraums, den Umgang mit der Montanindustrie sowie die konzeptionelle Umsetzung der Öffentlichkeitsmaßnahmen. Dabei bilden die Begriffe Außenimage, Innenimage und Raum-bild das Fundament der Operationalisierung und verdeutlichen die Komplexität der
jahrzehntelangen Öffentlichkeitsarbeit durch Werbung oder PR-Maßnahmen des heutigen Regionalverbands Ruhr.
Wandel der RVR Öffentlichkeitsarbeit
Zusammenfassung: Die exemplarische Auseinandersetzung von zwei Imagekampagnen und einer aktuellen Dachmarke verdeutlicht die Unterschiede der handelnden Akteure, die Zielgruppen (insbesondere die Branchen), die Ausrichtung der Imagearbeit, die Darstellung des Realraums, den Umgang mit der Montanindustrie sowie die konzeptionelle Umsetzung der Öffentlichkeitsmaßnahmen. Dabei bilden die Begriffe Außenimage, Innenimage und Raumbild das Fundament der Operationalisierung und verdeutlichen die Komplexität der jahrzehntelangen Öffentlichkeitsarbeit durch Werbung oder PR- Maßnahmen des heutigen Regionalverbands Ruhr.
Von David Hanio
„Der stärkste Gegner des Ruhrgebiets ist sein Ruf“ (zit. RÜhl, Chef der Öffentlichkeitsarbeit KVR, 1986, S. 450). Dieses Zitat verdeutlicht die Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit für die Region. Nur wie hat sie sich entwickelt und wo steht sie heute?
Der heutige Regionalverband Ruhr (RVR) hat seinen Ursprung in dem 1920er gegründeten Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR). Dieser wurde durch die Initiative des Essener Stadt- und Grünflä chenplaners Robert Schmidt aufgrund der Bewältigung der Ansiedlung von 150.000 Bergarbeitern beziehungsweise 600.000 Menschen, die angesichts der Reparationsforderungen nach dem Versailler Vertrag notwendig waren, gegründet (vgl. Goch 2009, S. 11).
Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde 1979 der Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) im Rahmen der kommunalen Neugliederung der 1970er Jahre gegründet. Dieser umfasste 53 selbstständige Gemeinden mit einer Fläche von 4.433 Quadratkilometern (vgl. ebd.). Die Hauptaufgaben „lagen bei der Koordinierung der Ab- fallbeseitigung, der Schaffung und Unterhaltung von Erholungsflächen, dem Vermessungswesen, der Landschaftspflege, planerischen Dienstleistungen und Öffentlichkeitsarbeit“ (Goch 2009, S. 12). Insbesondere das Bemühen der Imageverbesserung durch die bekannten Kampagnen „Das Ruhrgebiet. Das starke Stück Deutschland.“ und „Der Pott kocht.“ untermauerten das wachsende Ausmaß der Öffentlichkeitsarbeit. Der KVR erhielt die neue Pflichtaufgabe, die Öffentlichkeitsarbeit gegen den schlechten Ruf einzusetzen. Durch die Diskussion um die Verwaltungsreform und Neuordnung im Ruhrgebiet seit den 1998er Jahren entstand im Jahr 2004 der Regionalverband Ruhr als Zusammenschluss aller Ruhrgebietsstädte und - kreise (vgl. Klink 2009, S. 6 u. FLEIß 2010, S. 127). Hierbei bliebt die Anzahl der Gemeinden und Städte gleich (s. Abb. 1). Im Jahr 2007 wurden die Kompetenzfelder durch eine Verabschiedung eines RVR- Gesetzes im Landtag gestärkt. Dem RVR wurden mehrere Pflichtaufgaben anvertraut, wie die Entwicklung von Masterplänen im Bereich Raumordnung, die Weiterentwicklung des Emscher Landschaftsparks sowie weiterer Freiflächen, die regionale Wirtschaftsförderung und das regionale Standortmarketing (vgl. Hoppe 2010, S. 119). Mit der Zielsetzung einer Metropolregion Ruhr übernimmt ab 2009 der RVR die staatliche Regionalplanung, was ein zunehmendes politisches Zusammenwirken der regionalen Akteure bezwecken soll (vgl. Hoppe 2010, S. 24). Bei den großen Städten am Rande des Ruhrgebiets ist ein Kommunalegoismus zu erkennen. Durch ihre individuellen, auf ihren kommunalen Raum bezogenen Eigendefinitionen, grenzen sie sich von der Gesamtregion ab. Dieses Kirchturmdenken spiegelt sich beispielsweise in der Stadtbezeichnung Dortmund als „Metropole Westfalens“, Duisburg als „Zentrum des Niederrheins“ oder Hagen als „Tor zum Sauerland“ wider (vgl. ebd.). Die Dachmarke Metropole Ruhr ist als aktuellste Öffentlichkeitsarbeit zu werten, die vielschichtige Ansätze verfolgt, aber auch fragwürdige Folgen aufwirft.
Was ist überhaupt Image?
Seit den 1970er Jahren ist Image ein konzeptioneller Bestandteil von spezifischen wissenschaftlichen Diskursen. Insbesondere in den Bereichen der Wirtschaftspsychologie oder im Bereich des Produkt- , Stadt- und Regionalmarketings spielte und spielt der Begriff eine bedeutende Rolle (vgl. WOOD 2012, S. 130). Eine Region kann aus zwei Perspektiven wahrgenommen werden. Hier muss zwischen Selbstbild, also dem Blickwinkel der vor Ort lebenden Bewohner (= Innenimage) und dem Fremdbild, den außerhalb der Region ansässigen Personen (= Außenimage), unterschieden werden. Die Umsetzung kann durch PR (Public Relation) oder Werbung erfolgen.
Das Außenimage
Aus sozialkonstruktivistischer Sicht handelt es sich beim Außenimage um ein Schema kognitiver und emotionaler Strukturen, das der Mensch von einem abstrakten oder greifbaren Objekt oder Region extern entwirft. Dieses Schema entwickelt sich durch unmittelbare Wahrnehmung bestimmter Eigenheiten, durch Relationen eines Objekts zu anderen Objekten, oder durch Informationen von Personen und Medien (vgl. Rimkus 2009, S. 94). Die Entwicklung wird durch fortlaufende oder wiederholte Impulse gesteuert. Somit wird das Außenimage als subjektive Konstruktionen beschrieben, die der Mensch überwiegend für Objekte kreiert, über die er kein fundamentales Wissen oder keine unmittelbare Erfahrung besitzt (vgl. Merten et al. 1994, S. 64). Einige Autoren (FLEIß 2010, S. 16 u. Rimkus 2009, S. 65) schreiben dem Begriff Image die Charakteristika eines sozialen Konstrukts zu. Hierbei wird es als weder stabil, noch objektiv charakterisiert, sondern als veränderbar und selektiv. Dies betrifft vor allem die Außenimages einer Region, die wechselbaren Veränderungen unterliegen und je nach externem Raum anders betrachtet werden können.
Landwehrmann et al. (1973, S. 24) definieren das Image als einen umfangreichen Begriff, der wahrgenommene, vorgestellte und vermutete Eigenschaften bzw. Eigenarten einer Gegebenheit beschreibt. Ebenso ist das Image eine Bewertung und Deutung, die in eine soziale Kommunikation eingebettet ist und somit individuelle und auch soziale Aspekte einbezieht. Darüber hinaus „vereinfachen und reduzieren Images die Gegenstände unserer Wahrnehmung“ (WOOD 2012, S. 131), was schließlich eine Anlehnung an die subjektive Konstruktion nach Mertens beinhaltet.
Das Fremdbild (= Außenimage) eines Raumes muss nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, sondern wird von der selektiven Wahrnehmung oder Vorstellung und einzelnen Informationen bspw. durch Medien bestimmt (vgl. FLEIß 2010, S. 16).
Das Innenimage
Das Innenimage der vor Ort lebenden Bevölkerung geht mit dem Begriff Identität einher. Die Bedeutung des Begriffs Identität hat sich im Verlauf der 1990er Jahre im Stadt- und Regionalmarketing gegenüber dem Image deutlich abgehoben (vgl. Rimkus 2009, S. 340). Sie wird als Binnenseite beschrieben, die der Mensch von sich selbst und im Rahmen einer räumlichen Einordnung, regionale Identität, entwickelt (vgl. Reinhold 2000, S. 276). Nach Rimkus (2009, S. 72) wird Identität vom Einzelnen aktiv hergestellt und selbst konstruiert, immer wieder unter dem Eindruck wechselhafter gesellschaftlicher Entwicklungen verändert und neu gestaltet. Identität als „reflexives Projekt“ wird als wandelbares Resultat täglicher und umkämpf- ter Aushandlungsprozesse beschrieben (vgl. ebd.). Der Bezug zum Innenimage wird durch die starke subjektive Betrachtungsweise seiner eigenen Persönlichkeit sowie der räumlichen Auseinandersetzung mit der umgebenen Region geschaffen. Identität und Image bilden ein Wechselverhältnis, das sich gegenseitig beeinflusst. Die Öffentlichkeitsarbeit wirkt soweit, dass aufgrund von Abgleichung mit individuellen Erfahrungen oder der daraus folgenden möglichen Adaption der außerhalb existierenden Bildern, regionale Identitäten verändert werden (FLEIß 2010, S. 16f). Im Raum Ruhrgebiet spiegelt sich dies durch eine lokale Abgrenzungstaktik oder ein Übernehmen der außerhalb vorhandenen Fremdbilder wider. Das Außenimage wirkt auf das Innenimage.
Die Identität spielt als Darstellung des Innenimages des Raumes unbestritten eine wesentliche Bedeutung für die Öffentlichkeitsarbeit des RVR.
Das Raumbild
Der Terminus Raumbild („Bild der Stadt/Region“) umfasst das Außenimage und Innenimage (vgl. Prossek 2009, S. 17f).
Das gewünschte räumliche Image wird schließlich als Mischung eines Idealbilds und dem Ist- Zustand, zum Leitbild einer Region. Diese Stadtbilder gehen dem zentralen Kriterium der Vorstellung über einen (unbekannten) Raum einher (vgl. Guckes 2005, S. 75f). Die Region, als Element und Ergebnis sozialer, kollektiver Kommunikation, produziert Vorstellungen über den Raum, die im Gesamtbild als Raumbild betrachtet werden (vgl. Prossek 2008, S. 65).
Nach Rimkus (2009, S. 66) wird der Prozess der Bildung von einem Raumbild zu Beginn durch Informationen der Realsituation gesteuert. Die Quelle besteht aus einigen wenigen, prägnanten Teilräumen der Gesamtregion oder durch stattfindende lokale Kommunikationsprozesse. Diese Informationen werden nach subjektiver Schwerpunktsetzung zusammengefasst und als Eigenschaften der Region festgelegt. Somit werden die Raumbilder als „komplexe, kollektive Vorstellungsbilder von einem konkreten ort, die sich zwar im öffentlichen Diskurs auf ein oder zwei prägnante Codewörter verkürzen lassen, aber [die] nicht darauf beschränkt sind“ (Steinführer et al. 2004, S. 40f), definiert.
Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit
Die erste Imagemaßnahme unternahm der SVR im Jahr 1965. Der Karikaturist Gerd Hübsch erschuf ein Bild des Ruhrgebiets, das den Titel „Schönen Gruß aus Rußland“ trug und in der Zeitschrift der Deutschen Bahn „Schöne Welt“ geschaltet wurde. Dieser Versuch wurde nach der darauffolgenden Empörung der Region eingestellt. In der Abbildung wurde das Gegenteil des Ist- Zustandes der Region dargestellt ohne Informationsgehalt des wirklichen Zustandes beizufügen. Es folgte nach Thies (im Interview 2013) ein Rückzug aus der regionalen Öffentlichkeitsarbeit bis zum Wandel in die KVR. Dieser Versuch Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und die Studie von Landwehrmann et al. können als Basis für die erste Großkampagne herangezogen werden. Die Studie vom SVR Anfang der 1970er Jahre erhob das Erscheinungsbild der Journalisten. Anschließend wurden die Perspektiven für eine Optimierung der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit entwickelt (vgl. WOOD 2012, S. 129). Bei der Erhebung kam ein eindeutiges Ergebnis heraus: „Das Image der Region ist eindeutig negativ geladen“ (Landwehrmann et al. 1973, S. 9). Die Vorstellungsbilder regionsexterner Journalisten sind nicht nur auf wenige Themenfelder fokussiert, sondern halten auch kaum mit den Realitätsveränderungen in der Region Schritt (vgl. WOOD 2012, S. 129). Journalisten sind „wichtige Multiplikatoren von Images [...], deren Vorstellungsbilder über das Ruhrgebiet nachhaltig auf andere Menschen einwirken, vor allen Dingen auf solche, die über wenige bzw. gar keine Primärerfahrungen mit dem Ruhrgebiet verfügen“ (ebd.). Durch dieses Ergebnis ergab sich die starke Orientierung des Verbandes an einer neuen Öffentlichkeitsarbeit durch geplante Großkampagnen, um Multiplikatoren anzusprechen.
Erste Imagekampagne
Sechs Jahre nach der Gründung des KVR erfolgte die Kampagne „Das Ruhrgebiet. Das starke Stück Deutschland.“. Das Ende des Jahres 1984 kann als Start der konkreten Umsetzung der Imagekampagne bezeichnet werden, bei der es sich schwerpunktmäßig um eine Motivserie in verschiedenen Zeitschriften handelte. Durch eine vorab bundesweite Meinungsumfrage im Jahr 1985 wurde das Bild der Region erhoben. Bei der Umfrage wurden als negative Eindrücke der Region der Umweltschutz, die Landschaft, die Wohnverhältnisse, der Verkehr und die gesundheitlichen Aspekte der Lebensbedingungen erfasst (vgl. Rimkus 2009, S. 125). Die Stärken dagegen waren das Kulturangebot, das Einkommen, die Weiterbildungsmöglichkeiten, die Wirtschaft, der Freizeitwert und die Lebensbedingungen (vgl. ebd.). Sie wurde durch das Signet „Das Ruhrgebiet“ und dem Slogan „ein starkes Stück Deutschland“ betitelt. Dies stellte eine neue Corporate identity (identität eines Unternehmens) dar, unten den sich alle einzelnen Städte einbringen konnten. EinEingebundene Akteure waren die Öffentlichkeitsarbeiter der Ruhrgebietsstädte, also die Presseamtsleiter/innen der KVR Kommunen. Ein weiteres Gremium war der Ausschluss für Öffentlichkeitsarbeit des KVR, in denen die Kommunalpolitiker die endgültige Entscheidung trafen. Als drittes Gremium kann der Koordinierungskreis mit Beratungsfunktion genannt werden. Dieser bestand nach Thies (im Interview 2013) aus sachkundigen Bürgern wie beispielsweise Vertreter der Verbände, Vertreter der Wirtschaft (7 Handelskammervorsitzenden und Geschäftsführer großer regionaler Firmen), Gewerkschaftlern und auch Professoren. Die beteiligten Personen der ersten zwei Gremien besaßen ein Vetorecht, um mögliche Motive zu verhindern. Thies (ebd.) betont, dass ebenfalls Kritik und Äußerungen des dritten Gremiums in die Entscheidung der Anzeigenmotive gleichberechtigt mit eingeflossen sind, sodass die Kampagne von jedem Einzelnen befürwortet wurde.
Die Motive selbst wurden durch die damalige Agentur RSCG, Butter Rang (heute Euro RSCS/Düsseldorf) in Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter des KVR entwickelt. Nach den ersten drei geschalteten Monaten erhielte die Kampagne den internationalen Preis Effie, für die effizienteste Werbung des Jahres.
157 Motive in den wichtigsten meinungsbildenden Zeitschriften wurden in den 10 Jahren (1985- 1995) abwechselnd in den
Medien geschaltet. Hier waren die Zeitschriften Stem, Spiegel, Zeitmagazin, FAZ- Magazin und im späteren Verlauf der Fokus und die Süddeutsche inbegriffen (vgl. Rimkus 2009, S. 124). Es wurden in einem dreiwöchigen Rhythmus pro Publikation zehn großformatige Anzeigen geschaltet. Parallel zu den Motiven wurden weitere Maßnahmen zur imageförderung unternommen. Hier können Messen, Ausstellungen, Kongresse, ein „rollender Seminar- und Recherchebus“, die „RuhrTour“, Info- Aktionen, Prospekte, Informationsbroschüren, Kulturkalender, Fachpublikationen, dem Schulbuchinformationsdienst, dem Informationsdienst Ruhr (IDR) sowie Litfaß- und großflächige Plakataktionen aufgezählt werden (vgl. ebd.). Insbesondere erwähnenswert sind die Public Private Partnerships, aus denen sich später der Verein Pro Ruhrgebiet und der Initiativekreis Ruhrgebiet entwickeln konnten. Die Maßnahmen verursachten jährlich Gesamtkosten von circa 6 Millionen DM (vgl. Rechmann 1999, S. 124 ff).
So wurden nach Thies (im Interview 2013) 3,5 Mio. DM für die Agentur, technische Druckvorlagen und Schaltungskosten ausgegeben. Mit den Gesamtkosten wurden auch die Komplementär- Kampagne der Städte und Kreise, zusätzlich eine Sonderkampagne, Infoflyer, Sachbücher und die Verlagskooperationen finanziert. Das Eventmarketing wurde ebenfalls mitfinanziert, beispielsweise Messestände und die „RuhrTouren“. Die wissenschaftliche Begleitung durch Wissenschaftler der RuhrUniversität Bochum (jedes zweite Jahr eine neue Untersuchung) wurde ebenfalls aus dem Gesamtetat bezahlt.
Der Pott kocht
Die zweite Imagekampagne „Der Pott kocht.“ startete im August 1998 durch Großplakate und Megaposter mit fünf Motiven und durch die Schaltung in großen Tageszeitungen des Reviers sowie in großen Stadtmagazinen. Erst 1999 ging sie in die bundesweiten Medien. Die Kampagne folgte einem Strategiewechsel von der „reinen Imagekorrektur und einem dokumentarischen „Das haben wir auch“, hin zur Formulierung eines neuen Ruhrgebiets, das selbstbewusst mit seiner einzigartigen Andersartigkeit umgeht“ (vgl. ebd.). Sie sollte an der ersten Großkampagne des KVR anknüpfen und diese weiterentwickeln. Vom „Starken Stück Deutschland“ als Bestandaufnahme Ruhrgebiet, hin zum „Pott kocht.“ als Zukunftsentwicklung Ruhrgebiet (vgl. KVR 2000, S. 12). Durch einen personellen Wechsel im KVR kam es zu Umstrukturierung des Konzepts der ersten Kampagne, was sich in der Auflösung des Gremiums Öffentlichkeitsarbeiter der Kommunen im Laufe der Entwicklungsphase bemerkbar machte. Das Gremium der sachkundigen Bürger, der Koordinierungskreis, wurde nie einberufen. Schließlich entschiedenen die regionalen Politiker nach einer 1 Jahr andauernden Teaser- Kampagne über die Durch- führung der Kampagne. Bei dieser Kampagne ist kritisch darauf hinzuweisen, dass keine negativen Wertungsmöglichkeiten vorhanden waren. Die Großkampagne „Der Pott kocht.“ betreute die regionsexterne Agentur aus Hamburg Springer und Jacoby. So wurden in einem Arbeitskreis aus Vertretern des KVR und der Agentur immer abwechselnd Motive verantwortet. Hierbei war, weil es keine Briefings mehr gab, die Agentur entscheidend. Bei Springer & Jacoby handelt es sich um eine international anerkannte Werbeagentur, die im Rahmen eines ausgeschriebenen Wettbewerbs den Auftrag erhielt. Sie gab der Kampagne den Claim „Der Pott kocht.“. Der Begriff „Pott“ stand als mythisch verklärtes Symbol für die industrielle Vergangenheit und verfolgte den Ansatz die industrielle Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunft zu verbinden („Herkunft hat Zukunft“) (vgl. ebd.). Seitens der Agentur sollte zuerst der Begriff Ruhrpott, der aus dem Fußballstadion vom Volk selbst gewählt wurde, in den Titel eingebaut werden. Der Terminus war damals nach THIES (im Interview 2013) urheberrechtlich durch eine Firma geschützt und veranlasste die Kürzung auf die Begrifflichkeit „Pott“. In den entwickelten Motiven wurden auch prekäre Themenfelder wie der Selbstverwaltung der Region sowie die im damaligen Zeitraum mögliche Auflösung des KVR aufgegriffen. Schon vor der Imagekampagne sorgte der provokante Claim Pott für heftige Diskussionen (vgl. KVR 2000, S. 3). Sie hatte ein Budget von jährlich vier Millionen Mark (vgl. KVR 2000, S. 3). Die vier Millionen DM wurden ausschließlich für die Agentur und die Schaltung aufgewendet. Die Kampagne kann im Vergleich mit der ersten Kampagne als zu teuer gewertet werden, da sie schätzungsweise im Jahr sechs Motive in abwechselnden Medien aufwies und die erste Kampagne 16 verschiedene Motive mit mindestens 64 Schaltungen im Jahr. Ebenso wurden in der ersten Kampagne weitere Maßnahmen durch das Gesamtetat finanziert.
Metropole Ruhr
Als aktuellste Öffentlichkeitsarbeit kann der Claim „Metropole Ruhr“ begriffen werden. So vermarktet, präsentiert und versteht sich das Ruhrgebiet durch einen Teil des Slogans der Kulturhauptstadt Europas „Ruhr.2010 Metropole Ruhr“. Der Erfolg Titelerwerbs wird heute als Dachmarke der Region verwendet. Nach FLEIß (2010, S. 9) nahm der Titel Kulturhauptstadt die vorranggegangen Impulse der Imagekampagnen auf. Durch den Anstoß der Bewerbung wird versucht den Raum zu einer Metropole zu vernetzen und ihn als Kulturmetropole in Europa zu stärken. Das Ruhrgebiet präsentierte sich dem nationalen und internationalen Publikum durch das Großprojekt als facettenreiche Kulturregion (vgl. Hoppe 2010, S. 119). Der Versuch, die Region als erfolgreiche, wirtschaftlich starke und wichtige Metropole in Europa zu verankern, soll in diesem Artikel nicht weiter erörtert werden. Zentral ist die Schaffung der Idee der Begrifflichkeit „Metropole Ruhr“, die für eine gemeinsame Zukunft und als übergreifendes Bild der einzelnen Städte steht. Die Region wird als eine Metropole neuen Typs verstanden, die als eine „polyzentrische Städteagglomeration, die funktional, wirtschaftlich, gesellschaftlich und städtebaulich immer stärker zusammenwächst“ (RVR o.J., Z. 13). problematisch sind jedoch die Aus- klammerung und der Verlust der Begriff- lichkeit Ruhrgebiet durch den neuen Terminus Metropole Ruhr. Schließlich versteht sich die Bevölkerung als Teil des Ruhrgebiets und nicht als Teil der Metropole Ruhr. Die Umbenennung blendet die Vergangenheit aus. Im internationalen Kontext ist die Region als Ruhrgebiet bekannt. Trotz der eigenen Erkenntnis, dass die Menschen mit den besonderen Bedingungen ihrer Montangeschichte im Einklang leben und sich mit der Region identifizieren, wird der Begriff Ruhrgebiet durch die Metropole Ruhr entfremdet und anonymisiert.
Im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit kann von dem Prozess citybranding gesprochen werden. Demnach handelt es sich nach Bogumil et al. (2012, S. 135) bei der Idee der Metropolregion um eine „kühne Version“. Diese Version beinhaltet zunächst nur ein Wunschdenken einer international vergleichbaren Metropole, die jedoch durch dieses Denken städtische Entwicklungen vorantreiben soll (vgl. Prossek 2009, S. 24). Nach Hauser (2002, S. 195) stößt das „neue“ Image weitere Entwicklungen an und wird damit auch als Auslöser von Entwicklungen verstanden. Dieser Gedanke der stimulierung von Entwicklungsimpulsen könnte sich besonders in der Dachmarke Metropole Ruhr niederschlagen. so wird dem Raumbild des Ruhrgebiets in aktuellen Diskursen vielerorts eine relevante Eigenschaft für die zukünftige Entwicklung zugeschrieben. Ob eine so drastische Umbenennung nicht negative Folgen nach sich zieht, scheint abzuwarten.
Analyse der Öffentlichkeitsarbeit
Welche handelnden Akteure waren in den drei Öffentlichkeitsmaßnahmen involviert?
In der ersten Großkampagne des KVR wurde sich innerhalb der drei Gremien mit der visuellen Darstellung auseinandergesetzt. Diese drei Gremien wurden durch die sachkundigen Bürger, die Öffentlichkeitsleiter/innen der Kommunen und schließlich den regionalen Politkern besetzt. Sie arbeiteten mit den Vorschlägen der Agentur RSCG Bitter Rang. Durch die gemeinsame Entscheidung und das individuelle Recht Einspruch gegen Motive einzulegen und somit schließlich die Möglichkeit das Schalten des Vorschlags zu verhindern, entstand in gemeinsamer Kooperation die Motiv- Kampagne. In der späteren Kampagne „Der Pott kocht.“ handelte es sich um eine Kampagne, die durch politische Akteure abgesegnet wurde. Sie wurde durch die international anerkannte Agentur Springer und Jacoby im Arbeitskreis mit dem KVR durchgeführt. Die vorab entstandene Kooperationsform der Gremienarbeit wurde nicht weiter durchgeführt. Dieser Maßnahme kann als Umstrukturierung oder sogar als Umbruch der Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der KVR bewertet werden.
Im Rahmen der Dachmarke Metropole Ruhr handelt es sich nicht um eine geplante Imagekampagne. Hier wird durch die Änderung der Begrifflichkeit eine andere Art von Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Die Metropole Ruhr wurde durch die Akteure in der Politik ins Leben gerufen, dessen Gründe in den Fördergeldern der EU liegen. Sie wird als Metropole neuen Typs betitelt, die nun auch in bundesweite und europäische Kooperationen eingebunden ist, in denen die Potentiale von Metropolen strategisch entwickelt werden, wie z.B. in den Initiativkreis Europäische Metropolregionen in Deutschland und The Network of European Metropolitan Regions and Areas (vgl. RVR 2013, S. 13).
Das RVR Logo als markenrechtlich geschütztes Markenzeichen für die Region und das Recht auf den Namen „Ruhrgebiet“ werden bei der Umsetzung nicht beachtet. So beschreibt Thies (im Interview 2013) das neue RVR- Logo als urheberrechtlich, sprachwissenschaftlich und kommunikativ falsch. Das Urheberrecht zweier Grafiker und das Verwendungsgesetz werden verletzt. Die These, der Begriff Ruhrgebiet sei konform des Begriffs Zonenrandgebiet grundsätzlich negativ, ist sprachwissenschaftlich falsch. Kommunikativ ist das Logo Metropole Ruhr, ohne die Stützung durch die Begrifflichkeit Ruhrgebiet, falsch oder nicht vorhanden. Urheberschutz, Nutzungsrecht, Markenschutz und Plagiatsverfolgung ziehen bei Missachtung nicht nur eventuelle, weitreichende finanzielle Konsequenzen, sondern auch irreparable, manchmal sogar existenzbedrohende Reputations- , Vertrauensund Imageschädigungen nach sich. Der Umgang mit der Dachmarke ist als eine Vernichtung eines regionalen Markenzeichens einzuordnen.
Wie wurden die Zielgruppen der drei Öffentlichkeitsmaßnahmen erreicht?
Die Zielgruppen zwischen den ersten zwei Kampagnen sind auf den ersten Blick gleich. Durch die Zielsetzung, nach innen und nach außen zu wirken, unterscheiden sie sich zunächst nicht voneinander. Es wird zu Beginn der Kampagnen der Ansatz einer flächendeckenden und vielfältigen Ansprache von Zielgruppen festgesetzt. Schließlich wird durch die erste Kampagne die Zielgruppe der Multiplikatoren angesprochen. Hier soll die Bevölkerung durch Motivation und Einbezug selbst zu einem möglichen Potential der Region werden. Als besondere Multiplikatoren werden Journalisten, Lehrer, Professoren und die Beauftragten für das Standortmarketing der internen und externen Firmen hervorgehoben.
Diese Zielgruppen visierte die zweite Kampagne ebenfalls zunächst an. Sie sollte „nach innen das regionale Zugehörigkeitsgefühl der Bevölkerung stärken und das Interesse an weiterer Entwicklung der Region animieren; nach außen Aufmerksamkeit für das Ruhrgebiet provozieren und das Bild einer Region zeichnen, in der es sich lohnt zu leben, zu arbeiten und investieren“ (KVR 2000, S. 12f). Die Zielgruppen waren allgemein die „Unternehmer und Bürger in und außerhalb des Ruhrgebiets“ (Rechmann 1999, S. 178). Jedoch wurde, nach Aussage der Agentur, der Schwerpunkt aufgrund des Budgets auf die ambitionierten jungen Menschen, die den Wandel des Ruhrgebiets mitgestalten sollten sowie Multiplikatoren und Entschei- dern gelegt (vgl. Rechmann 1999, Anhang: „Interview mit Springer & Jacoby“, S. 7.) Nur 51% der Bürger identifizierten sich mit dem „Koch- Pott“, 34 % lehnten es ab und dem Rest ist es egal (vgl. KVR 2000, S. 24). Diese Zahlen verdeutlichen das Fehlschlagen der Innenwirkung nach außen, also schließlich das Aktivieren der Multiplikatoren im Ruhrgebiet selbst. Diese Umstände des fehlenden Erreichens einer breiten Zielgruppe werden durch Thies (im Interview 2013) bekräftigt. So wurde durch die aufmerksamkeitsorientierte Darstellung mit Klischees nur die Zielgruppe der jungen, ambitionierten Menschen erreicht. Die Inhaltsleere der Kampagne, nicht der Slogan selbst, sei das Problem gewesen. Die Darstellungen selbst werden nach dem KVR (2000, S. 12) als Reaktionen erzwingende, Dialog eröffnende und dem Handeln ermöglichende Maßnahmen beschrieben, die durch ihre selbstbewusste Andersartigkeit und Selbstironie nur von denjenigen Zielgruppen angenommen werden, die genug regionales Selbstbewusstsein besitzen.
Bei der Metropole Ruhr handelt es sich um eine rein politische Maßnahme, die keine bestimmte Zielgruppe verfolgt. Ansatzweise kann durch die Umbenennung und der Abkapslung der Vergangenheit der Ver- such gedeutet werden, durch den neuen Namen der Region wirtschaftliche Interessenten anzuziehen.
Möchten die Öffentlichkeitsmaßnahmen eine gezielte Branche ansprechen?
In der Metropole Ruhr werden generell die Branchen aus der Wirtschaft angesprochen, die durch den neuen Begriff die Region positiv bewerten sollen. Die Kampagne „Der Pott kocht.“ versucht mit seinen wenigen „Klischee- Motiven“ das Kulturgebiet, Wirtschaftsgebiet und den Tourismus und Freizeitbereich anzusprechen. Wirklich ansprechende Motive bilden dabei die der Kulturgebiete und der Freizeitbereiche. In der ersten Kampagne des KVR ist dagegen ein vielfältiger und in den einzelnen Motiven explizit betonter Schwerpunkt zu erkennen. Hier kristallisieren sich das Wissensgebiet, das Wirtschaftsgebiet, das Kulturgebiet und der Bereich der Freizeit und des Tourismus deutlich heraus. So sind von 128 dargestellten Motiven im Band „Das Ruhrgebiet packt aus“ 35 Motive auf Wirtschaft, 22 Motive auf Freizeit und Tourismus, 26 Motive auf die Kultur, 21 auf Forschung und Bildung und 17 Motive als Eigendarstellung des Ruhrgebiets zu kategorisieren.
Wird durch die Fokussierung der Zielgruppen die Ausrichtung verdeutlicht?
In der ersten Kampagne kann davon gesprochen werden, dass das Außenbild, Innenbild und Raumbild im bundesweiten und internationalen (Übersetzung auf Englisch und Französisch) Kontext beeinflusst wurde. Das übergreifende Gesamtziel war die Vorstellungsbilder über das Ruhrgebiet bei den Bewohnern des Ruhrgebiets und der regionsexternen Bevölkerung durch reale Beispiele positiv zu verändern. In diesem Ziel spiegelt sich die gewünschte Veränderung des Außenimage der Region und des Innenimage, also der Identität wider. Ziel ist die Attraktivitätssteigerung der Region für Investoren, Arbeitskräfte sowie Familien und damit schlussfolgernd die Stärkung vom Stolz der Bürger auf die Region selbst. Es wird ein umfassender Ansatz der Veränderung des Raumbilds verfolgt. Nach dem Architekten Werner Butter (Leiter der Agentur) sollte grundsätzlich die Diskrepanz zwischen dem bestehenden Image und der Realität verringern werden (vgl. Rechmann 1999, Anhang „Interview mit Werner Butter“ S. 5F.).
Bei der späteren Festlegung auf junge Kreative in der Kampagne „Der Pott kocht.“ wird der Fokus auf eine schmalere Interessentengruppe innerhalb der Region gelegt. Diese Behauptung lässt sich durch den Umgang mit Klischees festlegen. Externe, zumeist also über den tatsächlichen Raum unwissende Kreative, können nicht die überspitzten und provokanten Darstellungen einordnen. Hier ist auf keinen Fall von einer Änderung des Raumbildes zusprechen, der als Überbegriff des Innen- und Außenimage beschrieben werden kann, da nur eine gewisse Zielgruppe angesprochen wird.
Bei der Metropole Ruhr wird versucht, das Fremdbild zu verändern. Die Identität der Region Ruhrgebiet lässt sich nicht durch einen Namenswechsel und dem Claim Metropole Ruhr verändern. Die interne Bevölkerung nimmt die neue Begrifflich- keit, ein durch einen Top- Down Prozess aufgezwungener Begriff, nicht an. Daher wird der Versuch als Beeinflussung des Fremdbildes betrachtet, der auf die wirtschaftlichen Investoren im bundesweiten und internationalen Bereich abzielt. Wobei der Begriff Ruhrgebiet als weltweite Einzigartigkeit bekannt ist und der neue Be- griff nicht weltweit dem spezifischen Raum zugeordnet wird. Somit steht deutlich das Außenimage im Fokus der Öffentlichkeitsmaßnahme Metropole Ruhr.
Werden der Ist- Zustand oder die Vorstellungsbilder über die Region aufgegriffen?
Die erste Kampagne präsentiert reale Gegebenheiten. Diese werden durch den dazugehörigen Infor- Abbildung 4: mationsgehalt des Ist- Zustands vom Raum bewiesen. Die Kampagne kann als authentische Darstellung der Region beschrieben werden, die durch geschickte Provokation zur Beschäftigung mit dem Raum anregt. Beispielsweise könnte die Kampagne die Frage aufwerfen: „So einen Raum gibt es im Ruhrgebiet?“ (s. Abb. 2.) Das Konzept selbst wird als Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit beschrieben, die dem enggefassten und heute falschen Image des Ruhrgebiets widersprachen und damit Fehlbilder korrigierten und eine neue Ruhrgebietspositionierung schufen (vgl. KVR 1996, S. 2).
Dagegen greift die Kampagne „Der Pott kocht.“ überwiegend Klischees und Vorstellungsbilder über den Raum auf und versucht diese kaum zu widerlegen, sondern positiv zu beladen. So ist die Darstellung einer Currywurst mit der Aussage eines Managermeetings verknüpft, sodass das Bild entsteht, wichtige Geschäftsessen würden an einem Currystand abgehalten werden (s. Abb. 4). Ebenso drastisch dargestellt wird der Emscher Landschaftspark, der auf die Thematik der Zucht von rammelnden Kaninchen begrenzt wird (s. Abb. 3).
Die Metropole Ruhr befasst sich ebenfalls mit einem Vorstellungsbild der Region. Durch den Ausdruck der Metropole soll
Die Kampagne „Der Pott kocht.“ greift dagegen ansatzweise die Vergangenheit der Region auf. Dies geschieht beispielsweise durch die Darstellung alter Industriehallen, die neuen Firmen Büroplätze bieten sollen (s. Abb. 5). Die Industriekultur und Montanindustrie wird daher als Einzigartigkeit der Region in die Kampagne mit eingebaut. Die externe Hamburger Agentur Springer und Jacoby greift die Klischees über den Raum, die auch durch die Montanindustrie geprägt ist, auf und arbeitet mit diesen Elementen der Vergangenheit. In der Kampagne „Das Ruhrgebiet. Das starke Stück Deutschland.“ wird der Raum im damaligen Zustand dokumentarisch dargestellt. Sie beinhaltet ebenfalls durch ihre Motivwahl einen Ansatz der Einbindung der industriellen Vergangenheit (s. Abb. 6).
Gibt es einen Unterschied in der exakten Umsetzung der Öffentlichkeitsarbeit?
Bei der ersten Kampagne kann von einer PR Maßnahme gesprochen werden, die durch Darstellung des Ist- Zustandes umgesetzt wurde. Es handelte sich nicht um Werbung, sondern um „ein News- und Nachrichtenorgan zur Vermittlung von unbekannten Wahrheiten und Tatsachen und konkreter Interessensvermittlung für die Bereiche Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Sport“ (KVR 1996, S. 18). Die Kampagne wurde durch Provokation beispielsweise durch unwissende Wahrheiten (s. Abb. 2) als drittes Motiv eingeleitet. Der nächste Schritt der Kampagne war, den Dialog zwischen Empfänger und dem RVR zu fördern. Dies wurde durch Grundinformationen im Motiv umgesetzt. Der Empfänger wurde zur kritischen Hinterfra- gung und zur Auseinandersetzung mit dem Raum angeregt. Ein zentraler Ansatz zur Erreichung der Multiplikatoren ist der dritte Aspekt, das Beweisen. Das Präsentieren von Wahrheiten und realen Gegebenheiten verursacht eine Glaubwürdigkeit der Motive, die die Adaption des neuen Images unterstützt. Die vierte Phase ist die Handlungsphase, wo der Raum selbst erkundet wird. Bei der Kampagne „Der Pott kocht.“ und dem aktuellen Claim Metropole Ruhr kann von Werbung gesprochen werden, die sich an Vorstellungsbildern bedient. So hat die Agentur Springer und Jacoby stark auf den Aspekt der Aufmerksamkeit gesetzt. Sie hat durch überspitzt provokante Darstellungen für Aufsehen und medialen Gesprächsstoff gesorgt. Diese Umsetzung unterscheidet sich von der PR und kann als ganz andere und neue Öffentlichkeitsarbeit gewertet werden. Dem Raum wurde ein Fremdimage aufgedrückt. Zwar wurde die Phase der Aufmerksamkeit im Vergleich zur ersten Kampagne übertroffen, jedoch entstand durch die oft informationslosen und nicht im Realraum vorhandenen Motive kaum Dialog. Das Präsentieren von Klischees als Provokation sollte etwas Neues und Anderes vom Raum übermitteln. Die aktuelle Dachmarke Metropole Ruhr kann als Werbung verstanden werden, da sie den Raum ebenfalls anders und durch Vorstellungsbilder verkauft.
Fazit
Durch die Betrachtung der einzelnen Indikatoren über die letzten Jahrzehnte der Öffentlichkeitsarbeit des RVR, wird der Wandel sehr schnell verdeutlicht (s. Abb. 7). Schon anhand des ersten Kriteriums, den handelnden Akteuren, wird ein Rückschritt innerhalb der Umsetzung aufgezeigt. So wurden über die Jahrzehnte, die in der ersten Kampagne des KVR entstandenen Gremien, aufgelöst und durch vermehrt politische Entscheidung gesteuert. Besonders der aktuelle Umstand, des neuen Slogans Metropole Ruhr muss kritisch hervorgehoben werden. Thies (2013 im Interview) spricht von drohenden Sprach- purismus innerhalb der Regionalverbands Ruhr! So spiegelt sich auch bei dem zweiten Indikator, den Zielgruppen, ein Rückgang in der flächendeckenden Erreichbarkeit durch die Öffentlichkeitsmaßnahmen wider. Dieser Prozess startete durch die diesbezüglich fehlgeschlagene Imagekam- pagne „Der Pott kocht.“. Die aktuellste Dachmarke versucht das Image durch Umbenennung vergeblich, nicht durch Multiplikatoren von innen heraus, zu verändern. So formuliert Thies (im Interview 2013) es treffend: „Bekanntes streichen und durch Unbekanntes ersetzen ist immer Identitätsverlust! Das Konzept ist falsch. Nicht Namen und Symbole entscheiden, sondern Wissen, Meinungen, Erfahrungen und Assoziationen bei den Adressaten/in der Öffentlichkeit.“ Dieser Wandel wird durch eine schmalere Ansprache der Branchen und weniger begleitendes Informationsmaterial verschlimmert. Ebenso wird in der Vergleichsanalyse verdeutlicht, dass seit den 1990er Jahren der RVR auf Werbung für die Region setzt und nicht durch eine PR- Maßnahme über den Raum aufklären möchte. Die Aufmerksamkeit wird als Kriterium für erfolgreiches Erreichen der Adressaten fokussiert. In den ersten zwei Kampagnen war ein Umgang mit der Montanindustrie vorhanden und dieser sollte auch stets vorhanden bleiben. Der einzigartige Raum Ruhrgebiet kann nicht durch eine Änderung des Slogans und des Namens beeinflusst werden. Es hat eher den Verlust eines positiven Innenimage, nämlich der Identität der Ansässigen, zur Folge. So wird aktuelle Öffentlichkeitsarbeit auf das Außenimage fokussiert, obwohl die schwerwiegende Erkenntnis der zentralen Funktion von Multiplikatoren seit der Erhebung von Landwehrmann et al. vorhanden ist. So muss auch die Veränderung des Innenimages verfolgt werden, sodass das Raumbild insgesamt der Region verändert wird. Um dieses zu erreichen, werden die vier Dialogebenen in der Vergleichsanalyse exemplarisch erhoben, die einen Wandel beschreiben. Die vier Dialogebenen Aufmerksamkeits- , Informations- , Beweis- und Handlungsphase wurden bei der ersten Kampagne des KVR neben der Zuordnung von Zielgruppen umgesetzt. Dagegen ist bei der zweiten Kampagne ein hoher Fokus auf die erste, für die Werbung elementare, Dialogebene gesetzt worden. Im der dritten Öffentlichkeitsarbeit des RVR wird grundlegend auf die Umsetzung der Phasen kein Wert gelegt, da es sich um eine politisch motivierte Veränderung handelt, die die Öffentlichkeitsarbeit des RVR beeinflusst.
Der Wandel der Öffentlichkeitsarbeit des RVR kann sich durch die handelnden Mitarbeiter des RVR und den aktuellen politischen Akteuren der Region Ruhrgebiet in naher Zukunft in eine negative oder positive Richtung entwickeln. So sei die Ausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Zielgruppen und der konkreten Umsetzung zu überdenken und kritisch im RVR zu hinterfragen. Die Vergangenheit des Ruhrgebiets ist Teil des Raumbilds und darf nicht verdrängt werden. Die Öffentlichkeitsarbeit sollte, anstelle von Klischees, die Einzigartigkeit positiv und dokumentarisch hervorheben.
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