Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich aufzeigen, in welchem Spannungsverhältnis von kulturpolitischer Norm und individuellem ästhetischen Empfinden sich die während des Bitterfelder Weges entstandene DDR Literatur bewegte.
Um ein besseres Verständnis der dargestellten Prozesse und Ereignisse zu erreichen, möchte ich im ersten Teil meiner Arbeit wesentliche Entwicklungen in der Geschichte der Arbeiterliteratur von ihren Ursprüngen im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts bis zu ihren Formen und Tendenzen in der DDR und der BRD nachzeichnen. Dabei konzentriere ich mich auf die für eine literaturhistorische Einordnung maßgeblichen Tendenzen und Entwicklungslinien, welche die literarische Beschäftigung mit Arbeit und Produktion in der BRD, etwa durch die Gruppe 61, und in der DDR – durch den Bitterfelder Weg – prägten.
Ich werde in diesem Zusammenhang im zweiten Teil vorrangig auf die Entwicklungen in der DDR eingehen. Mein Anliegen ist es, das schwierige Verhältnis von Autoren zur sozialistischen wirtschaftlichen und kulturellen Wirklichkeit darzustellen sowie deren künstlerische Tätigkeit unter dem Diktat des SED Regimes und seinen kulturideologischen Maßgaben in Form des so genannten „Sozialistischen Realismus“ nachzuzeichnen. Im Kontext der DDR Literatur werde ich genauer das Problematische an dieser Kulturideologie und seiner Umsetzung behandeln sowie den daraus resultierenden Konformitätsdruck und die Formalismusdebatte.
Im dritten Teil meiner Arbeit werde ich zunächst den Prozess der Instrumentalisierung von Literatur als motivierendes Moment für die sozialistische Produktion zu veranschaulichen versuchen. Des Weiteren versuche ich, den Grad der „Umsetzung“ der auf den beiden Bitterfelder Konferenzen 1959 und 1964 beschlossenen Maximen für die Beschäftigung mit der sozialistischen Wirklichkeit durch die Literatur am Beispiel von Franz Fühmanns „Kabelkran und blauer Peter“ (1961) zu untersuchen. Ich werde dabei den Weg der persönlichen Auseinandersetzung Fühmanns mit den Forderungen der sozialistischen Kulturpolitik und den aktuellen Schaffensgegebenheiten zu verdeutlichen suchen.
In meinen Ausführungen werde ich auch, wenn sich die Möglichkeit bietet, auf im Seminar behandelte Themen und Diskussionsergebnisse verweisen. Ich möchte versuchen, die im Seminarkreis behandelten Aspekte mit in meine Betrachtungen einfließen zu lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Traditionslinien der Arbeiterliteratur des deutschsprachigen Raums von 1860 bis 1970
- Entwicklungen und Tendenzen von den Anfängen bis 1918
- Arbeiterliteratur zur Zeit der Weimarer Republik
- Arbeiter und Soldat: Arbeiterliteratur 1933 – 1945
- Ansätze und Entwicklungen einer Arbeiterliteratur in der BRD seit 1945
- Sozialistische Wirklichkeit und der Bitterfelder Weg: Kulturpolitik und Doktrin in der DDR 1950-1970
- Umdenken unter Ulbricht: der neue Kurs in Wirtschaft und Kulturpolitik
- Der Bitterfelder Weg oder: die Gleichschaltung von Kunst und Leben
- Die Konsolidierung der DDR
- Anspruch der Kulturideologie
- Der Bitterfelder Weg 1959 - 1964
- Annäherung und Auseinandersetzung mit dem Bitterfelder Weg am Beispiel Franz Fühmanns
- Die Außenseiterproblematik als Künstlerproblematik
- Erleben und Distanz in „Kabelkran und Blauer Peter“
- Zusammenfassung
- Annäherung und Auseinandersetzung mit dem Bitterfelder Weg am Beispiel Franz Fühmanns
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Spannungsverhältnis zwischen kulturpolitischer Norm und individuellem ästhetischem Empfinden in der DDR-Literatur während des Bitterfelder Weges. Sie verfolgt die Entwicklung der Arbeiterliteratur vom 19. Jahrhundert bis in die DDR und BRD, konzentriert sich aber hauptsächlich auf die DDR und das schwierige Verhältnis von Autoren zur sozialistischen Wirklichkeit unter dem Regime der SED und dem "Sozialistischen Realismus". Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse des Bitterfelder Weges und seiner Umsetzung in der Literatur am Beispiel von Franz Fühmanns "Kabelkran und Blauer Peter".
- Entwicklung der Arbeiterliteratur im deutschsprachigen Raum
- Kulturpolitik und Doktrin in der DDR während des Bitterfelder Weges
- Das Verhältnis von Autoren zur sozialistischen Wirklichkeit
- Analyse des Bitterfelder Weges und seiner Auswirkungen auf die Literatur
- Franz Fühmanns Auseinandersetzung mit dem Bitterfelder Weg in "Kabelkran und Blauer Peter"
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit untersucht die DDR-Literatur im Kontext des Bitterfelder Weges, analysiert das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Kulturpolitik und künstlerischer Individualität und zeichnet die Entwicklung der Arbeiterliteratur nach, um das Verständnis der dargestellten Prozesse zu verbessern. Sie fokussiert auf die Schwierigkeiten von Autoren unter dem "Sozialistischen Realismus" und die Umsetzung des Bitterfelder Weges anhand von Franz Fühmanns Werk.
Traditionslinien der Arbeiterliteratur des deutschsprachigen Raums von 1860 bis 1970: Dieses Kapitel verfolgt die Entwicklung der Arbeiterliteratur von ihren Anfängen bis in die Nachkriegszeit der BRD und DDR. Es beleuchtet die frühen Tendenzen, den Einfluss der Sozialdemokratie, die Auseinandersetzung mit dem Naturalismus und die unterschiedlichen Entwicklungen in beiden deutschen Staaten, wobei der Fokus auf den einflussreichen Tendenzen und Entwicklungslinien liegt, die die literarische Beschäftigung mit Arbeit und Produktion prägten. Die Rolle der Literatur im politischen Kampf und die Debatten um den „Sozialistischen Realismus“ werden angesprochen.
Sozialistische Wirklichkeit und der Bitterfelder Weg: Kulturpolitik und Doktrin in der DDR 1950-1970: Dieses Kapitel analysiert die Kulturpolitik der DDR im Kontext des Bitterfelder Weges. Es beschreibt das "Umdenken" unter Ulbricht, die Gleichschaltung von Kunst und Leben, die Konsolidierung der DDR und die Kulturideologie des "Sozialistischen Realismus". Der Fokus liegt auf dem schwierigen Verhältnis zwischen staatlicher Doktrin und künstlerischer Freiheit und der damit verbundenen Herausforderungen für Schriftsteller.
Der Bitterfelder Weg 1959 - 1964: Dieses Kapitel konzentriert sich auf den Bitterfelder Weg selbst, untersucht dessen Umsetzung in der Literatur und analysiert Franz Fühmanns "Kabelkran und Blauer Peter" als Beispiel. Die Auseinandersetzung Fühmanns mit den Forderungen der sozialistischen Kulturpolitik und die Problematik des „Außenseiters“ im sozialistischen Kontext werden ausführlich diskutiert. Der Abschnitt beleuchtet das Spannungsfeld zwischen persönlicher Erfahrung und den Anforderungen der staatlichen Ideologie.
Schlüsselwörter
Arbeiterliteratur, Bitterfelder Weg, Sozialistischer Realismus, DDR-Literatur, Franz Fühmann, Kulturpolitik, „Kabelkran und Blauer Peter“, individuelle Ästhetik, staatliche Doktrin, Konformitätsdruck, Außenseiterproblematik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Traditionslinien der Arbeiterliteratur des deutschsprachigen Raums von 1860 bis 1970 und der Bitterfelder Weg
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Kulturpolitik (insbesondere dem „Sozialistischen Realismus“) und individueller künstlerischer Freiheit in der DDR-Literatur während des Bitterfelder Weges. Sie verfolgt die Entwicklung der Arbeiterliteratur vom 19. Jahrhundert bis in die DDR und BRD, mit einem Schwerpunkt auf der DDR und dem Umgang von Autoren mit der sozialistischen Wirklichkeit.
Welche Zeiträume werden behandelt?
Die Arbeit umfasst einen Zeitraum von 1860 bis 1970, konzentriert sich aber hauptsächlich auf die Zeit des Bitterfelder Weges in der DDR (1959-1964) und die Entwicklungen in der Arbeiterliteratur davor. Die Entwicklungen in der BRD werden ebenfalls kurz beleuchtet.
Was ist der Bitterfelder Weg?
Der Bitterfelder Weg war eine kulturpolitische Initiative der DDR, die versuchte, Kunst und Leben, insbesondere die künstlerische Produktion und die Erfahrungen der Arbeiterklasse, enger zu verzahnen. Er zielte auf eine Gleichschaltung von Kunst und Leben im Sinne des sozialistischen Realismus ab.
Welche Rolle spielt Franz Fühmann in dieser Arbeit?
Franz Fühmann dient als Beispielautor. Seine Auseinandersetzung mit dem Bitterfelder Weg und seinen Anforderungen, insbesondere in seinem Werk „Kabelkran und Blauer Peter“, wird ausführlich analysiert, um die Herausforderungen für Autoren unter dem Druck der staatlichen Ideologie zu veranschaulichen.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung der Arbeiterliteratur im deutschsprachigen Raum, die Kulturpolitik und Doktrin der DDR während des Bitterfelder Weges, das Verhältnis von Autoren zur sozialistischen Wirklichkeit, die Analyse des Bitterfelder Weges und seiner Auswirkungen auf die Literatur, sowie Franz Fühmanns Auseinandersetzung mit dem Bitterfelder Weg in „Kabelkran und Blauer Peter“.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über die Traditionslinien der Arbeiterliteratur, ein Kapitel über die sozialistische Wirklichkeit und den Bitterfelder Weg in der DDR, und ein Kapitel, das sich speziell mit dem Bitterfelder Weg (1959-1964) und der Analyse von Fühmanns Werk befasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Arbeiterliteratur, Bitterfelder Weg, Sozialistischer Realismus, DDR-Literatur, Franz Fühmann, Kulturpolitik, „Kabelkran und Blauer Peter“, individuelle Ästhetik, staatliche Doktrin, Konformitätsdruck, Außenseiterproblematik.
Welche zentrale Fragestellung wird untersucht?
Die zentrale Fragestellung ist das Spannungsverhältnis zwischen der normativen kulturpolitischen Vorgaben des sozialistischen Realismus und dem individuellen ästhetischen Empfinden von Schriftstellern in der DDR, besonders im Kontext des Bitterfelder Weges.
Wie wird die Arbeiterliteratur in dieser Arbeit betrachtet?
Die Arbeiterliteratur wird diachron betrachtet, beginnend mit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit. Es wird die Entwicklung der Tendenzen und der Einfluss von politischen und ideologischen Strömungen beleuchtet.
Welche Schlussfolgerung lässt sich ziehen?
Die Arbeit analysiert die Herausforderungen und Konflikte, die sich für Schriftsteller aus dem Spannungsfeld zwischen staatlicher Ideologie und individueller künstlerischer Gestaltung ergaben. Die Analyse von Fühmanns Werk verdeutlicht die Schwierigkeiten, den Forderungen des „Sozialistischen Realismus“ gerecht zu werden, ohne die eigene künstlerische Integrität aufzugeben.
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- Fabian Hentschel (Author), 2002, Literarische Identifikation mit dem Bitterfelder Weg. Schreiben zwischen Doktrin und Wirklichkeit in Franz Fühmanns "Kabelkran und Blauer Peter", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280585