Welches Ziel verfolgt der Mensch, wenn er sich verlustiert? Etwa nicht jenes, seinen Sinnen jedweden Kitzel zu verschaffen für den sie empfänglich sind, um dieserweise einen schöneren und hitzigeren Lustschauer zu erleben? Ist dies ein libertines Programm oder eher eine pornographische Motivation? Zunächst einmal beschreibt dies eine Haltung eines Menschen zur Lust. Doch wie wird diese Aussage klassifiziert, wenn sie von einer Figur in einem literarischen Werk getätigt wird? Donatien-Alphonse-François Marquis de Sade hat viele solcher Passagen geschrieben und sich viel mit der Lust, ihrer Herkunft, Umsetzung und Rechtfertigung auseinander gesetzt. Werke wie "Die 120 Tage von Sodom" oder "Die neue Justine" oder "Vom Missgeschick der Tugend" gefolgt von der "Geschichte ihrer Schwester Juliette" oder "Vom Segen des Lasters" sind so überfüllt von Szenen mit sexuellen Handlungen und Reflexionen darüber, dass man schnell dazu neigt, de Sade als Pornographen und seine Bücher als bloße Pornographie ohne Mehrwert anzusehen.
Doch das Gesamtwerk des umstrittenen Marquis ist mehr. De Sade ist nicht in erster Linie Pornograph, sondern Aufklärer, oder, wie er sich sah, Philosoph. Deshalb ist es auch unzulässig, seine Schriftstellerei aufgrund nur eines Merkmals abzustempeln.
Dennoch lassen sich sie Passagen, in denen es nur um sexuelle Handlungen zwischen den Figuren gibt, nicht leugnen. Sie nehmen schließlich sehr großen Raum innerhalb der Romane ein. Aber Pornographie und Philosophie sind die zwei größten Pfeiler in de Sades Romanen. Sie getrennt zu betrachten, würde bedeuten, das Bild zu verzerren, das sich dem Leser bietet. Bei de Sade können Pornographie und Philosophie nicht unabhängig voneinander beurteilt und untersucht werden, da sie sich gegenseitig beeinflussen. Doch bei den meistens sehr deutlich formulierten sexuellen Szenen muss es sich nicht zwangsläufig nur um Pornographie handeln. Die Differenzierung der Begrifflichkeiten zu den ‚schlüpfrigen Szenen’ soll in der vorliegenden Arbeit anhand des Doppelromans "Die neue Justine" oder "Vom Missgeschick der Tugend" gefolgt von der "Geschichte ihrer Schwester Juliette" oder "Vom Segen des Lasters", im Folgenden abgekürzt durch "Justine und Juliette" (J&J), erörtert werden. Hierzu gilt es, sich mit der erotischen Literatur und ihrer Forschung auseinander zu setzen, ebenso wie genaue Begriffe für die verschiedenen Arten der Darstellung von sexuellen Vorgängen zu definieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das „schlüpfrige Buch“. Definitionen
- 2.1 Verschiedene Forscher, verschiedene Definitionen. Ein Überblick
- 2.2 Ein persönlicher Definitionsansatz
- 3. „Anstößiges“
- 3.1 Anwendung der Begriffe auf ausgewählte Stellen aus de Sades Doppelroman der Justine und Juliette
- 3.2 Zusammenfassung der Analyse
- 3.3 Bewertung der Analyse
- 4. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die "schlüpfrigen Szenen" in Marquis de Sades Justine und Juliette und klassifiziert sie. Ziel ist es, verschiedene Definitionen von erotischer, pornographischer und libertiner Literatur zu beleuchten und eine eigene Definition zu entwickeln, um die sexuellen Szenen im Doppelroman einzuordnen und ihren handlungsinternen Sinn zu bestimmen.
- Definition und Abgrenzung erotischer, pornographischer und libertiner Literatur
- Anwendung der definierten Begriffe auf ausgewählte Textstellen aus Justine und Juliette
- Klassifizierung der sexuellen Szenen in Justine und Juliette
- Analyse des Verhältnisses von Pornographie und Philosophie in de Sades Werk
- Handlungsinterner Sinn der sexuellen Szenen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Klassifizierung der sexuellen Szenen in de Sades Justine und Juliette. Sie problematisiert die einfache Abwerfung de Sades als Pornograph und betont die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtungsweise, die philosophische und pornographische Aspekte des Werks berücksichtigt. Die Einleitung skizziert den methodischen Ansatz, der auf der Definition und Anwendung verschiedener Begriffe beruht, um die sexuellen Szenen im Roman einzuordnen und ihren handlungsinternen Sinn zu bestimmen.
2. Das „schlüpfrige Buch“. Definitionen: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition von erotischer, pornographischer und libertiner Literatur. Es zeigt, dass es keine einheitlichen Definitionen gibt und verschiedene Wissenschaftler unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der wirtschaftliche Erfolg erotischer Literatur in der französischen Aufklärung wird beleuchtet und die komplexen Genre-Aspekte in de Sades Werk werden hervorgehoben. Der Fokus liegt darauf, eine Grundlage für eine eigene Definition zu schaffen, die für die Analyse der sexuellen Szenen in Justine und Juliette verwendet werden soll. Die Kapitel erläutert den Kontext des Doppelromans innerhalb der erotischen Literatur des 18. Jahrhunderts und die Schwierigkeiten, ihn eindeutig zu kategorisieren.
Schlüsselwörter
Marquis de Sade, Justine und Juliette, Erotische Literatur, Pornographie, Libertinismus, Aufklärung, Philosophie, sexuelle Szenen, Genre-Klassifizierung, Literaturwissenschaft.
Häufig gestellte Fragen zu „Justine und Juliette“: Eine Analyse der „schlüpfrigen Szenen“
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die sexuellen Szenen in Marquis de Sades Doppelroman „Justine und Juliette“ und klassifiziert sie. Das Hauptziel ist die Entwicklung einer eigenen Definition, um diese Szenen einzuordnen und ihren handlungsinternen Sinn zu bestimmen. Dabei werden verschiedene Definitionen von erotischer, pornographischer und libertiner Literatur beleuchtet und verglichen.
Welche Definitionen von erotischer, pornographischer und libertiner Literatur werden betrachtet?
Die Arbeit untersucht verschiedene, von Wissenschaftlern vorgeschlagene Definitionen für erotische, pornographische und libertiner Literatur. Sie zeigt auf, dass es keine einheitlichen Definitionen gibt und unterschiedliche Auffassungen existieren. Diese unterschiedlichen Perspektiven werden verglichen und bilden die Basis für die Entwicklung einer eigenen, für die Analyse geeigneten Definition.
Wie wird die eigene Definition der „schlüpfrigen Szenen“ entwickelt und angewendet?
Die Arbeit entwickelt eine eigene Definition von "schlüpfrigen Szenen", basierend auf der Analyse existierender Definitionen und dem Kontext der französischen Aufklärung. Diese Definition wird dann auf ausgewählte Textstellen aus „Justine und Juliette“ angewendet, um die sexuellen Szenen zu klassifizieren und ihren Beitrag zur Handlung zu verstehen.
Welche Textstellen aus „Justine und Juliette“ werden analysiert?
Die Arbeit analysiert ausgewählte Textstellen aus „Justine und Juliette“, um die entwickelte Definition zu illustrieren und zu testen. Die Auswahl der Textstellen wird nicht im Detail beschrieben, sondern implizit durch die Zusammenfassung der Kapitel 3 (Anstößiges) deutlich.
Welche weiteren Aspekte werden in der Arbeit behandelt?
Neben der Klassifizierung der sexuellen Szenen untersucht die Arbeit auch das Verhältnis von Pornographie und Philosophie in de Sades Werk und den handlungsinternen Sinn der sexuellen Szenen. Der wirtschaftliche Erfolg erotischer Literatur in der französischen Aufklärung und die komplexen Genre-Aspekte in de Sades Werk werden ebenfalls beleuchtet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Definition von erotischer, pornographischer und libertiner Literatur, ein Kapitel zur Analyse ausgewählter "anstößiger" Szenen in "Justine und Juliette" mit anschließender Zusammenfassung und Bewertung der Analyse, und eine Schlussbetrachtung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Marquis de Sade, Justine und Juliette, Erotische Literatur, Pornographie, Libertinismus, Aufklärung, Philosophie, sexuelle Szenen, Genre-Klassifizierung, Literaturwissenschaft.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die sexuellen Szenen in „Justine und Juliette“ differenziert zu analysieren und zu klassifizieren, ohne sie einfach als Pornographie abzuwerten. Die Arbeit will den handlungsinternen Sinn dieser Szenen herausarbeiten und das Verhältnis von Pornographie und Philosophie in de Sades Werk beleuchten.
- Quote paper
- Bachelor of Arts Miriam Marie Hirschauer (Author), 2013, Eine Klassifizierung der ‚schlüpfrigen Szenen’ in D. A. F. de Sades Justine und Juliette, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280207