"Wenn Menschenleben gerettet wurden, dann das Leben derjenigen, die an den Massakern aktiv beteiligt waren“, sagte Paul Kagame, einstiger RPF-Führer und heutiger Präsident von Ruanda. Mit diesem vernichtenden Urteil bezieht er sich auf die Opération Turquoise, einer vom 23. Juni bis 21. August 1994 andauernden militärischen Mission Frankreichs während des Völkermordes in Ruanda. Über den Erfolg und die Folgen der Intervention kann genauso viel diskutiert werden, wie über die Beweggründe. Das zentrale Erkenntnisinteresse dieser Arbeit ist die Untersuchung über die Motivation für eine Intervention westlicher Demokratien in anderen Staaten: ,,Moral oder rationalistisches Kalkül?“
Zu diesem Zweck soll untersucht werden, aus welchen Beweggründen Frankreich in Ruanda eingriff. Zur Beantwortung dieser Frage wird folgende These aufgestellt: Nur wenn maßgebliche nationale Interessen vertreten sind, wird aus Sicht rationalistischer Modelle interveniert. Ein Einsatz von Streitkräften ist aber auch dann möglich, wenn nur starke moralische Argumente vorhanden sind und von bestimmten gesellschaftlichen Akteuren in der Öffentlichkeit verbreitet
werden, selbst wenn aus rationalistischer Perspektive nichts dafür sprechen würde. Anhand der Beschreibung des Konfliktes in Ruanda soll in dieser Arbeit auf der einen Seite die rationalistische und auf der anderen die moralsoziologische Theorie erläutert werden. Anschließend soll die These durch die Anwendungen der zwei Ansätze und deren Interpretationen von Interventionen am Beispiel der Opération Turquoise untersucht werden. Hierfür wird die zu diesem Thema zahlreich vorhandene Sekundärliteratur herangezogen, sowie Zitate aus Quellen. Die französische Intervention in Ruanda wird als Fallbeispiel berücksichtig da Frankreich, hier Stellvertreter einer westlichen Demokratie, durch seine koloniale Vergangenheit eine sehr bestimmte Beziehung zu den frankophonen Ländern in Afrika hat, und daher können für die erfolgte Intervention rationale Interessen als auch moralische Pflichten verantwortlich gemacht
werden. Sie ist auch ein gutes Beispiel, wie der Druck der Öffentlichkeit sogar sicherheitspolitische Entscheidungen der Regierung verändern kann. Obwohl Interventionen mittlerweile als legitime Mittel zur Durchsetzung des Friedens angesehen werden, gibt es immer noch Diskussionen über die Rechtmäßigkeit der verschiedenen Arten von Interventionen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Beschreibung der Ausgangslage in Ruanda und der französischen Afrikapolitik
- Geschichte des Bürgerkrieges und des Völkermordes in Ruanda
- Frankreichs Afrikapolitik
- Theoretische Erklärungsversuche von Interventionen
- Liberal-rationalistischer Ansatz
- Moralsoziologischer Ansatz
- Phase der militärischen Zurückhaltung Frankreichs analysiert anhand der Hypothesen des liberal-rationalistischen Ansatzes
- Ablenkung von innenpolitischen Konflikten und Koalitionserhaltung als potentielle Gründe für eine Intervention
- Ökonomische Interessen als Gründe für eine Intervention
- Phase der Intervention analysiert anhand der Hypothesen des moralsoziologischen Ansatzes
- Gesellschaftliche Gruppen und Akteure beteiligt an der Entscheidung
- Not der Opfer, Machbarkeitsprinzip und Rechte der Helfer
- Schuldprinzip und Subsidiaritätsprinzip
- Bewertung des moralsoziologischen Ansatzes
- Auswertung der französischen Intervention
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Beweggründe hinter der französischen Intervention in Ruanda während des Völkermordes 1994 standen. Ziel ist es, die Motivation für Interventionen westlicher Demokratien in anderen Staaten zu untersuchen und die These zu beleuchten, dass Interventionen sowohl aus rationalistischen Kalkülen als auch aus moralischen Erwägungen erfolgen können.
- Die Geschichte des Bürgerkrieges und des Völkermordes in Ruanda
- Die Rolle Frankreichs in der Region und seine Afrikapolitik
- Die Anwendung des liberal-rationalistischen und des moralsoziologischen Ansatzes zur Erklärung von Interventionen
- Die Analyse der Opération Turquoise im Kontext der beiden Ansätze
- Die Bedeutung von nationalem Interesse und moralischen Argumenten für Interventionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und die These der Arbeit vor. Sie erläutert den Kontext der französischen Intervention in Ruanda und die Bedeutung des Themas im Hinblick auf die Legitimität von Interventionen.
Das zweite Kapitel beschreibt die Ausgangslage in Ruanda und die französische Afrikapolitik. Es beleuchtet die Geschichte des Bürgerkrieges und des Völkermordes, die Rolle Frankreichs in der Region und die besondere Beziehung zu Ruanda.
Das dritte Kapitel stellt zwei theoretische Erklärungsansätze für Interventionen vor: den liberal-rationalistischen Ansatz und den moralsoziologischen Ansatz.
Das vierte Kapitel analysiert die Phase der militärischen Zurückhaltung Frankreichs anhand der Hypothesen des liberal-rationalistischen Ansatzes. Es untersucht die möglichen Gründe für die Nicht-Intervention, wie Ablenkung von innenpolitischen Konflikten und Koalitionserhaltung sowie ökonomische Interessen.
Das fünfte Kapitel analysiert die Phase der Intervention anhand der Hypothesen des moralsoziologischen Ansatzes. Es untersucht die Rolle gesellschaftlicher Gruppen und Akteure, die Not der Opfer, das Machbarkeitsprinzip, das Schuldprinzip und das Subsidiaritätsprinzip.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die französische Intervention in Ruanda, den Völkermord, die Opération Turquoise, den liberal-rationalistischen Ansatz, den moralsoziologischen Ansatz, nationale Interessen, moralische Argumente, humanitäre Intervention, Friedensbewahrung, Sicherheitspolitik und die Rolle der Öffentlichkeit.
- Quote paper
- Zina Weisner (Author), 2013, Motivationen für Humanitäre Interventionen am Beispiel von Frankreichs Opération Turquoise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280164
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