Für die kommenden Jahre wird aufgrund der klimatischen Rahmenbedingungen ein Wandel von einer konventionellen Stromerzeugung auf Basis fossiler Kraftwerke hin zu weitgehend aus erneuerbaren Energien gewonnenem Strom erwartet. Die höchsten Potentiale liegen hierbei in der Photovoltaik und der Windkraft, deren Ausbau in Europa derzeit politisch gefördert wird. Deren vorrangige Einspeisung unterliegt aufgrund der Dargebotsabhängigkeit einer hohen Volatilität und weist Prognoseunsicherheiten auf. Die Prognosefehler werden durch konventionelle Erzeugungsanlagen, Speichersysteme sowie Reservedienstleistungen ausgeglichen, deren Einsatz bereits heute hohe Kosten verursacht. Der kosteneffiziente Einsatz an Erzeugungskapazitäten erfordert somit eine detaillierte Erfassung von Prognoseunsicherheiten. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Modellerweiterung eines bestehenden Verfahrens zur Kraftwerkseinsatzoptimierung, welches am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IEAW) der RWTH Aachen entwickelt wurde.
Bereits heute sind die Prognosen im Kraftwerkseinsatz von essentieller Bedeutung. Mit dem Ausbau von weiteren dargebotsabhängigen Energiequellen steigt die Abbildung von Prognoseunsicherheiten auf der Erzeuger- sowie der Verbraucherseite deutlich an. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl an Verfahren zur Prognose der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entwickelt, die in Form von Prognosedienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. Zur Abbildung der Prognoseunsicherheiten wurde im Rahmen dieser Arbeit ein deterministischer Ansatz gewählt. Dieser stellt ein Entscheidungsmodell unter Unsicherheit dar, in dem die zukünftigen Ausprägungen der entscheidungsrelevanten Daten als bekannt angenommen werden.
Im Rahmen der Arbeit wurde ein Verfahren zur Abbildung von Prognoseunsicherheiten in der Kraftwerkseinsatzplanung entwickelt, in ein bereits am IAEW bestehendes Verfahren implementiert und anschließend plausibilisiert. Dabei wurden unterschiedliche Optimierungstufen: Monatsrechnung und Rollierung eingeführt und an die Rechnungsvorschriften der Marktsimulation geknüpft. Die Ergebnisse der Modellerweiterung wurden anhand mehrerer Rechnungen im Detail plausibilisiert und auf Funktionalität überprüft.
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abstract
Verzeichnis der Abkürzungen und Formelzeichen
1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit
2 Analyse
2.1 Überblick über die europäische Stromversorgung
2.1.1 Fortschritte in der Stromerzeugung der EU
2.1.2 Entwicklung des EE-Ausbaus in Europa
2.1.3 Europäischer Energiebinnenmarkt
2.1.4 Marktplätze im Stromgroßhandel
2.1.4.1 Terminmarkt für Strom
2.1.4.2 Stromhandel am Spotmarkt
2.1.4.2.1. Der Day-ahead-Handel für Strom
2.1.4.2.2. Kopplung der Spotmärkte
2.1.4.2.3. Der Intraday-Markt für Strom
2.1.4.3 Der Regelenergiemarkt
2.1.4.3.1. Primärregelleistung
2.1.4.3.2. Sekundärregelleistung
2.1.4.3.3. Minutenreserveleistung
2.1.5 Vermarktung von Strom aus dargebotsabhängigen Energiequellen
2.1.6 Marktaktivitäten im Rahmen des Bilanzkreismanagements
2.1.7 Ursachen für Bilanzungleichgewichte
2.1.7.1 Unsicherheiten auf der Verbraucherseite
2.1.7.2 Unsicherheiten auf der Erzeugerseite
2.1.7.2.1. Ausfälle konventioneller Kraftwerkseinspeisung
2.1.7.2.2. Einspeisung dargebotsabhängiger Erzeugung
2.2 Prognose der Stromerzeugung aus dargebotsabhängigen Energiequellen
2.2.1 Verfahren der Leistungsprognose
2.2.1.1 Eingangsdaten der Vorhersage
2.2.1.2 Fundamental-physikalische Verfahren
2.2.1.3 Statistische Verfahren
2.2.2 Prognosehorizont und zeitliche Auflösung
2.2.3 Analyse der Prognosequalität
2.2.4 Großräumige Prognose
2.2.5 Extreme Wetterereignisse in der Prognose
3 Modellbildung
3.1 Kraftwerkseinsatzplanung
3.2 Planungshorizonte und Modellierungsgenauigkeit
3.3 Systembereich
3.4 Thermisches System
3.5 Hydraulisches System
3.6 Dargebotsabhängige Einspeisung
3.7 Resultierende Optimierungsaufgabe
4 Verfahren
4.1 Marktsimulation
4.2 Lagrange-Relaxation
4.3 Verfahrenserweiterung um die Abbildung von Prognosefehlern in der Kraftwerkseinsatzoptimierung
4.3.1 Überblick über das Verfahren
4.3.2 Eingangsdaten und Parametrierung der Prognosewerte
4.3.3 Verfahrensablauf
4.3.4 Verfahren der Monatsrechnung
4.3.5 Verfahren der rollierenden Rechnung
4.3.6 Modellvereinfachung zur Reduktion des Rechenaufwands
5 Exemplarische Untersuchungen
5.1 Vorstellung des Modells
5.2 Plausibilisierung der Modellerweiterung
5.2.1 Monatsrechnung
5.2.2 Rollierende Rechnung
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Kurzfassung
Für die kommenden Jahre wird aufgrund der klimatischen Rahmenbedingungen ein Wandel von einer konventionellen Stromerzeugung auf Basis fossiler Kraftwerke hin zu weitgehend aus erneuerbaren Energien gewonnenem Strom erwartet. Die höchsten Potentiale liegen hierbei in der Photovoltaik und der Windkraft, deren Ausbau in Europa derzeit politisch gefördert wird. Deren vorrangige Einspeisung unterliegt aufgrund der Dargebotsabhängigkeit einer hohen Volatilität und weist Prognoseunsicherheiten auf. Die Prognosefehler werden durch konventionelle Erzeugungsanlagen, Speichersysteme sowie Reservedienstleistungen ausgeglichen, deren Einsatz bereits heute hohe Kosten verursacht. Der kosteneffiziente Einsatz an Erzeugungskapazitäten erfordert somit eine detaillierte Erfassung von Prognoseunsicherheiten. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Modellerweiterung eines bestehenden Verfahrens zur
Kraftwerkseinsatzoptimierung, welches am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IEAW) der RWTH Aachen entwickelt wurde.
Bereits heute sind die Prognosen im Kraftwerkseinsatz von essentieller Bedeutung. Mit dem Ausbau von weiteren dargebotsabhängigen Energiequellen steigt die Abbildung von Prognoseunsicherheiten auf der Erzeuger- sowie der Verbraucherseite deutlich an. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl an Verfahren zur Prognose der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entwickelt, die in Form von Prognosedienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. Zur Abbildung der Prognoseunsicherheiten wurde im Rahmen dieser Arbeit ein deterministischer Ansatz gewählt. Dieser stellt ein Entscheidungsmodell unter Unsicherheit dar, in dem die zukünftigen Ausprägungen der entscheidungsrelevanten Daten als bekannt angenommen werden.
Im Rahmen der Arbeit wurde ein Verfahren zur Abbildung von Prognoseunsicherheiten in der Kraftwerksein- satzplanung entwickelt, in ein bereits am IAEW bestehendes Verfahren implementiert und anschließend plausibilisiert. Dabei wurden unterschiedliche Optimierungstufen: Monatsrechnung und Rollierung eingeführt und an die Rechnungsvorschriften der Marktsimulation geknüpft. Die Ergebnisse der Modellerweiterung wurden anhand mehrerer Rechnungen im Detail plausibilisiert und auf Funktionalität überprüft.
Abstract
In the coming years, a change from a conventional electricity generation based on fossil power plants to a largely renewable electricity generation is expected due to the climatic conditions. The highest potentials are presented by photovoltaic and wind power, and the development of both is currently politically subsidised in Europe. Their priority feed underlies high volatility and indicates high forecast uncertainties due to supply-dependence. The forecast errors are currently compensated by conven- tional generation systems, storage systems and backup services, which already results in high costs. Due to these facts, the cost-effective use of generation capacity requires a detailed acquisition of fore- cast uncertainties.
The aim of this thesis is the model-extension of an existing approach for power plant optimising, which has been developed at the “Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft” (IAEW) of the RWTH Aachen. The power plant forecasts are more and more prevalent today. With the expansion of further supply-dependent energy-sources, forecast uncertainties increase significantly on the producer’s and consumer’s side. In recent years, a variety of approaches have been developed to forecast the power generation of renewable energies, which are provided in form of forecast services. To illustrate the forecast uncertainty, a deterministic approach has been chosen for this thesis. This approach repre- sents a decision model under uncertainty, in which future manifestations of the decision-relevant data will be assumed as known and certain.
As part of this thesis, a method has been developed for imaging forecast uncertainties in order to power plant planning. These developed methods were then implemented in an already existing approach and checked for plausibility at IAEW. Different optimization-levels, monthly invoices and gravel layer (Rollierung) have been established and tied up to the accounting regulations of the market simulation. The results of the approach-extension were detailed and analyzed with reference to several invoices and checked for functionality.
Verzeichnis der Abkürzungen und Formelzeichen
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
Infolge des politisch gesteuerten Wandels von Energieversorgungssystemen in Richtung von Nachhaltigkeit und erhöhter Effizienz erfährt gegenwärtig vor allem der europäische Stromsektor eine gravierende Umgestaltung. Diejenigen Technologien, die insbesondere in Deutschland politisch gefördert werden und die in Zukunft eine wesentliche Säule der Stromversorgung darstellen werden, sind Windkraft und Photovoltaik. Allerdings unterliegt deren vorrangige Einspeisung einer hohen Volatilität und weist durch die Dargebotsabhängigkeit Prognoseunsicherheiten auf, welche durch konventionelle Kraftwerke, insbesondere teure Gas- und Ölkraftwerke, sowie Speicher und Regelreservedienstleistungen ausgeglichen werden müssen.
Die kostenoptimale Bereitstellung von elektrischer Energie setzt eine detaillierte Planung der Erzeugungsanlagen unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten voraus. Für den Handel auf dem Spotmarkt sind Kurzfristprognosen entscheidend, die der Bereitstellung von Systemdienstleistungen und Regelenergie dienen. Es ist wichtig, zu wissen, wie viel Strom in den nächsten Tagen oder Stunden produziert werden wird, um die verkaufte Menge an Strom tatsächlich liefern zu können. Eine zu- verlässige Prognose der Stromerzeugung aus dargebotsabhängigen Energiequellen ist daher essentiell. Weicht die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von der Prognose ab, müssen die Progno- sefehler mit einem hohen Kostenaufwand über die Börse sowie über den Einsatz der Regelenergie ausgeglichen werden. Ferner sind für Investitionsentscheidungen und Anlagenauslegung Lang- fristprognosen, welche Zeiträume von mehreren Jahren abbilden, von besonderer Bedeutung. Langfristprognosen mit einem Prognosehorizont von mehreren Wochen bis Jahren dienen dem Handel auf den Terminmärkten.
So macht ein weiterer Ausbau von erneuerbaren Energien im Stromsektor die detaillierte Erfassung von Prognoseunsicherheiten zu einem entscheidenden Bestandteil in der aktuellen und künftigen Kraftwerksoptimierung.
1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erweiterung eines fundamentalen Simulationsmodells zur Kraftwerkseinsatzplanung um die Abbildung von Prognosefehlern. Dabei sollen insbesondere die Unsicherheiten volatiler Einspeisungen erfasst, analysiert und in dem bestehenden Modell zur Strommarktsimulation detailliert abgebildet werden. Ferner ist das entwickelte Verfahren zu verifizieren und der Einfluss von Prognosefehlern auf die Kraftwerkseinsatzplanung zu bewerten.
Aufgabe der Modellerweiterung ist die Integration der Prognosewerte und die daraus resultierende Ermittlung der optimalen Einsatzpläne für die mittel- und kurzfristige Betriebsoptimierung der verfügbaren Erzeugungsanlagen unter den technischen sowie marktwirtschaftlichen Randbedingungen der europäischen Stromversorgung.
Dieser Einleitung folgt in Kapitel 2 ein detaillierter Blick auf die europäische Stromversorgung. An- schließend erfolgt eine Vorstellung der wesentlichen Elemente des Stromhandels auf der Großhandelsebene. Zugleich werden die verschiedenen Marksegmente und die Preisbildung erläutert. abei wird insbesondere auf den Handel mit dem Strom aus EE eingegangen, um dadurch die An- forderungen an die verwendeten Prognosen zu erfassen. Diese bilden eine entscheidende Grundlage zur Vermarktung des Stroms aus EE an der europäischen Börse. Am Beispiel Deutschlands wird die Vermarktung des Windstroms skizziert. Daran schließt sich die Vorstellung des Regelenergiemarktes und der Aktivitäten des Bilanzkreismanagements an. Im darauf folgenden Abschnitt werden die Gründe für die Bilanzabweichungen und deren Einflüsse auf die Regelreserveleistung präsentiert. Am Ende des Kapitels werden die Grundsätze der Prognoseerstellung der Stromerzeugung aus EE er- läutert, um die erforderlichen Hintergrundinformationen für weitere Kapitel zu erlangen. Da die Windenergie die größten Ausbaupotentiale in der europäischen Energieversorgung darstellt, wird dabei auf die Prognosen der Windenergie im Besonderen eingegangen.
Eine Modellbildung für eine Kraftwerkseinsatzoptimierung ist Thema von Kapitel 3. Hier werden die Planungsprognosen der Erzeugungsanlagen in Abhängigkeit von Modellierungsgenauigkeit und Entscheidungskriterien präsentiert. Zugleich werden die Systemgrenzen, Charakteristika von Erzeugungsanlagen sowie die Modellierung der Last und der EE in dem Fundamentalsystem vor- gestellt.
In Kapitel 4 findet sich eine detaillierte Vorstellung der Modellerweiterung zur Abbildung der Prognoseunsicherheiten. Dazu wird zunächst ein Überblick über das in der Arbeit verwendete Optimierungsverfahren Marktsimulation und seine Vorschriften gegeben. Abschließend wird das implementierte Verfahren in seinem Aufbau und seiner Funktion beschrieben.
Besonderes Augenmerk wird in Kapitel 5 auf die Plausibilisierung des entwickelten Verfahrens gelegt. Dazu wird die integrierte Modellausdehnung an einem Beispiel detailliert erläutert. Zugleich wird ein Blick auf die Parametrierung des Modells geworfen.
Am Ende der Arbeit erfolgt in Kapitel 6 eine Zusammenfassung aller wesentlichen Untersuchungsergebnisse und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsanregungen.
2 Analyse
Mit dem zunehmenden Ausbau der dargebotsabhängigen Energiequellen wie Photovoltaik und Windenergie steigt auch die Bedeutung von Prognosen der Stromerzeugung aus EE (erneuerbaren Energien). Diese bilden ein wichtiges Instrument, um den Strom aus EE in bestehende Stromversorgungsstrukturen einzubinden.
Im Folgenden wird zunächst ein detaillierter Blick auf den europäischen Strommarkt und dessen Strukturen geworfen. Diese bilden die entscheidende Grundlage zur Integration der EE in die marktwirtschaftlichen Strukturen. Hierzu wird die Vermarktung des Stroms aus Windenergie am Spotmarkt vorgestellt und auf die Bedeutung der Prognosen hingewiesen. Daran schließt sich die Vorstellung der Möglichkeiten, die Prognosefehler über Marktaktivitäten auszugleichen, an. Zugleich werden die wesentlichen Gründe für Prognoseunsicherheiten sowohl auf der Erzeuger- als auch auf der Verbraucherseite vorgestellt. Abschließend folgt die Beschreibung der Prognoseverfahren, die heute zur Leistungsprognose eingesetzt werden.
2.1 Überblick über die europäische Stromversorgung
Die gegenwärtige Debatte zum Klimawandel hat sich insbesondere in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Thema der europäischen Energiepolitik auf vielfältigen Ebenen entwickelt. Als zentrale Herausforderung gilt dabei die Entwicklung einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Energieversorgung, wobei dem Stromsektor eine besondere Rolle zukommt[1].
Mit den energie- und umweltpolitischen 20-20-20-Zielen der EU wurden die Weichen für die Transformation der Energieversorgung hin zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz gestellt. Hierbei haben sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990 zu reduzieren, eine Energieeffizienzsteigerung in Richtung 20 % anzustreben sowie einen Anteil von 20 % erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch zu erreichen. Für die Umsetzung der gesetzten Ziele sind ein funktionierender Binnenmarkt für Strom sowie der grenzüberschreitende Netzausbau von entscheidender Bedeutung[2]. Aus diesem Zusammenhang heraus erscheint es besonders interessant, im Rahmen dieser Arbeit nicht die einzelnen Lösungen auf nationaler Ebene anzuschauen, sondern den Blick auf die gesamte EU zu richten.
Auf den folgenden Seiten werden zunächst die Entwicklungen der EE sowie bestehende Ausbauziele der EU für die nahe Zukunft dargestellt und erläutert. Ferner erfolgt ein Blick auf den europäischen Strommarkt und dessen Strukturen. Diese bilden sowohl für den Strom aus EE als auch für die konventionellen Energieträger die wesentliche Grundlage für den Stromhandel. Daran schließt sich ein Überblick über die Vermarktung von Strom aus EE unter der Erfassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die zur Förderung von EE im europäischen Rahmen eingesetzt werden, an. Auf die Bedeutung der Prognosen, die im Rahmen der Vermarktung erstellt werden, wird dabei im Besonderen eingegangen. In diesem Kontext werden auch die Aufgaben des Bilanzkreismanagements sowie die Ursachen für Prognoseabweichungen vorgestellt.
2.1.1 Fortschritte in der Stromerzeugung der EU
Die Stromerzeugung in der EU hat sich in den vergangenen Jahren deutlich diversifiziert. Während im Jahr 2000 die installierten Kapazitäten der Kohle- und Kernenergie einen Anteil von ca. 50°% ausmachten, lag der Anteil dieser beiden Energieträger 2013 nur noch bei 33 %[3].
Abbildung 2-1 zeigt eine Übersicht über die Entwicklung der installierten Kraftwerkskapazitäten der Stromerzeugung in den europäischen Mitgliedstaaten nach Energieträgern von 2000 bis 2013.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Kraftwerkskapazität und aggregierte Veränderungen in der EU-27 von 2000 bis 2013[3]
Wie in der Grafik zu sehen ist, zeigen die saldierten Veränderungen der Kraftwerkskapazitäten in der EU eine unverkennbare Verlagerung der europäischen Stromversorgung von den fossilen hin zu den erneuerbaren Energiequellen, wobei die Erdgaskapazitäten sich in der Betrachtungsperiode ebenfalls deutlich erhöhten. Diese nahmen um fast 110 GW zu. Dieser Anstieg lässt sich mit den umwelt- freundlichen Brennstoffeigenschaften und den breiten Einsatzmöglichkeiten der Erdgastechnologie begründen. Allerdings wurde die rasante Entwicklung im letzten Jahr unverkennbar gestoppt. Alleine im Jahr 2013 wurde europaweit die installierte Kapazität an Gaskraftwerken um 2.655 MW reduziert. Einen deutlichen Rückgang an installierter Leistung erfuhren im Jahr 2013 ebenfalls die Kohle- und Ölkraftwerke.
Die Diversifikation der Energieträger lässt sich auf folgende Fakten zurückführen. Zum einen ist der Anteil von Kohle- und Kernenergie im Betrachtungszeitraum um etwa 16 %zurückgegangen. Einer der Gründe für den Rückgang der Kernenergienutzung ist die Nuklearkatastrophe von Fukuchima Daiichi, die sich im März 2011 in Japan ereignet hat. Mit dem Reaktorunfall wurde die Kernenergie in der EU äußerst kritisch diskutiert[4]. Des Weiteren wurde die Stromerzeugung aus EE durch die Direktive der EU zur Erreichung der Klimaschutzziele stark forciert[5] [6]. Insbesondere die erneuerbaren Energien gemeinsam mit der Stromproduktion aus Wasserkraft verzeichneten einen starken Anstieg. Vor allem die installierte Kapazität an Wind und Photovoltaik nahm in der Betrachtungsperiode zu. Diese beiden Technologien erfuhren im Jahr 2013 die höchsten Entwicklungen. In der Zeitspanne von 2000 bis 2013 gingen etwa 104 GW der Leistung an Windenergie und über 80 GW Leistung an Photovoltaik ans Netz. In der Kategorie „Andere EE“ sind Biomasse und Geothermie enthalten, die ebenfalls einen signi- fikanten Anstieg verzeichneten. Alleine im Jahr 2013 nahm der Ausbau an Biomasse um 705 MW zu[3].
2.1.2 Entwicklung des EE-Ausbaus in Europa
Mit dem Ausbau an Kraftwerkskapazitäten nahm in den letzten Jahren in der EU die Stromerzeugung aus den erneuerbaren Energiequellen stark zu. In der Zeitspanne von 2000 bis 2010 vergrößerte sich diese von 445 TWh auf 682 TWh, was einen Zuwachs von mehr als 50 % bedeutet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Entwicklung der Stromerzeugung aus EE in der EU-27 von 2000 bis 2010[7]
Es lässt sich erkennen, dass die Wasserkraft in den vergangenen Jahren der bedeutendste Energie- träger unter den EE war. Im Jahr 2010 betrug der Anteil der Wasserkraft an der EE-Stromerzeugung etwa 60 %. Die Windenergie dagegen spielte mit einem Betrag von 21 % unter den EE eine wesentlich geringere Rolle zur Deckung der europäischen Stromnachfrage. Begünstigt durch die politische Di- rektive im Rahmen der europäischen Energiepolitik konnte sie 2006 die Biomasse überholen und ist seitdem die zweitstärkste EE-Technologie. Im Gegensatz zur Windenergie leistete die Bioenergie bereits in den vergangenen Jahren einen größeren Beitrag zur europäischen Stromerzeugung, obwohl zu dieser Zeit noch keine nennenswerte politische Förderung der EE-Technologien erfolgte[5]. Mit der flächendeckenden EE-Förderung gewann die Bioenergie noch mehr an Bedeutung und lag 2010 mit einem Anteil von 17 % unter den EE geringfügig unter der Windenergie. Auch wenn Photovoltaik derzeit nur in einzelnen Ländern wie Deutschland und Spanien verstärkt ausgebaut wird und einen geringen Teil an der gesamteuropäischen Stromerzeugung ausmacht, weist diese Technologie ge- meinsam mit der Windenergie die höchsten Wachstumsraten der vergangenen Jahre auf, sodass von einer zunehmenden Bedeutung ausgegangen werden kann[7].
Betrachtet man in der Abbildung 2-2 den Anteil der EE am Bruttostromverbrauch (rote Linie), so lässt sich erkennen, dass dieser bereits signifikant angestiegen ist, von 13 % im Jahr 2000 auf knapp 20 %im Jahr 2010.
Die rasante Entwicklung der EE, insbesondere der Windenergie in der EU, beruhte in den vergangenen Jahren vor allem auf den politischen Bestimmungen seitens der EU zur Erreichung der gesetzten Klima- schutzziele.
2.1.3 Europäischer Energiebinnenmarkt
Bereits seit Mitte der neunziger Jahre hat die Europäische Union mit zahlreichen Richtlinien und Verordnungen die Weichen zur Schaffung eines europäischen Energiebinnenmarktes gestellt. Zuletzt wurde im Jahr 2009 das sogenannte Dritte Binnenmarktpaket für Strom verabschiedet, mit dem vor allem die Wettbewerbsbedingungen auf den Energiemärkten weiterhin verbessert und das Zusammenwachsen der einzelnen Energiemärkte in Europa vorangetrieben werden soll[8].
Das Dritte Energiebinnenmarktpaket besteht aus insgesamt fünf Richtlinien und Verordnungen, die den gesamten europäischen Energiemarkt betreffen. Eine der wesentlichen Zielsetzungen ist der Aus- und Umbau der Energienetze als wesentlicher Voraussetzung für den grenzüberschreitenden Trans- port und Handel der elektrischen Energie. Dabei sollen die Grenzkuppelstellen, also die Übertragungskapazitäten zwischen benachbarten Staaten, vorrangig ausgebaut werden. Vor allem die Engpässe im grenzüberschreitenden Handel sollen beseitigt werden, damit der Strom effizienter zur Deckung der Nachfrage eingesetzt werden kann. Der grenzüberschreitende Netzausbau leitet eben- falls einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit und dem Wettbewerb in der gesamten EU[9] [8].
Eine weitere wichtige Zielsetzung des Energiebinnenmarktes ist die Entflechtung des Transportes und der Erzeugung von Energie. Mit diesem Vorhaben soll insbesondere der Wettbewerb auf den Energiemärkten gefestigt werden[10].
2.1.4 Marktplätze im Stromgroßhandel
Mit der Liberalisierung der Energiemärkte auf die Initiative der EU hin entwickelte sich ein zu- nehmender Handel mit Strom. Dafür waren zunächst die EVU (Energieversorgungsunternehmen) verantwortlich, die den Handel zur wirtschaftlich optimalen Steuerung ihrer Erzeugungs- und Vertriebsportfolien nutzten. Später entstanden vermehrt auch Vertriebe ganz ohne eigene Erzeugung, die ihren Bedarf an Strom über den Großhandelsmarkt deckten. Zudem wurden branchenfremde Unternehmen aus dem Finanzsektor im Stromhandel aktiv, um Spekulationsgewinne zu erzielen. Nach und nach bildeten sich dadurch die heutigen Strukturen des Großhandelsmarktes heraus[11].
Auf dem europäischen Strommarkt findet der Handel mit Strom zwischen verschiedenen Markt- akteuren statt. Nachfolgend werden die wesentlichen Segmente des Großhandelsmarktes näher betrachtet. Unter Großhandel versteht man diejenigen Handelsgeschäfte, die nicht den Verkauf von Strom an Endverbraucher zum Gegenstand haben. Der Stromhandel sowie die Lieferprodukte auf der Großhandelsebene können nach diversen Kriterien unterteilt werden. Es werden Kontrakte mit ver- schieden langen Lieferverpflichtungen sowie verschiedenen Lieferstrukturen gehandelt. Darüber hinaus kann differenziert werden, ob ein Kontrakt eine physische Lieferung darstellt oder ein rein finanzielles Produkt beinhaltet[9].
Anhand der genannten Kriterien lässt sich der Großhandelsmarkt in verschiedene Segmente aufteilen. Die Abbildung unten zeigt die wesentlichen Arten von Geschäften auf der Großhandelsebene. Zu einer besseren Eingliederung in den Kontext der Prognoseerstellung sind diese bereits chronologisch an- geordnet. Der zeitliche Zusammenhang dieser Märkte und ihrer Eigenschaften werden im Folgenden im Detail betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Zeitliche Einordnung diverser Segmente auf der Großhandelsebene
Der Handel mit Strom kann auf der Großhandelsebene über die Börse sowie außerbörslich (OTC - Over-the-Counter) erfolgen. Der OTC-Handel basiert auf bilateralen Verträgen und weist rein privatwirtschaftliche Strukturen auf. Für diese Art der Geschäfte sind keine staatliche Aufsicht und kein bestimmter Handelsplatz vorgeschrieben. Kennzeichnend für den OTC-Handel sind die individuelle Gestaltung der Verträge sowie die fehlende Standardisierung der Produkte[12] [13].
Aufgrund der Individualität und Flexibilität der Verträge, die nur auf die Zustimmung der Gegenpartei ausgerichtet sind, ist der OTC-Handel mit höheren Risiken verbunden. Im Mittelpunkt der Unsicher- heiten steht der potentielle Vertragspartner, da klare Strukturen zur Absicherung und Erfüllung der Geschäfte sowie die Überwachung durch eine Institution fehlen. Infolge der individuellen Strukturen der gehandelten Produkte sind allgemein zugängliche Preise, Anzahl und Größe der Geschäftsabschlüsse sowie Angebots- und Nachfrageniveau kaum vorhanden[13]. Dennoch wird derzeit ein Großteil der Stromgeschäfte in bilateralen Verträgen gehandelt. Die restliche Menge an Kontrakten erfolgt über die Abwicklung an der Börse[14] [15]. Der Handel an der Börse beschränkt sich nur auf standardisierte Produkte. Allerdings bietet die Börse eine hohe Transparenz, eine einfache Abwicklung der Geschäfte sowie geringe Transaktionsrisiken[11].
Auf den folgenden Seiten werden die weiteren Segmente des Großhandelsmarkts dargestellt, der Terminmarkt und der Spotmarkt. Dabei wird der Fokus insbesondere auf die börslichen Strukturen gelegt, da der Stromhandel aus EE ausschließlich an der Strombörse stattfindet. Hinzu stellt der börsliche Handel einen Orientierungswert für den OTC-Markt dar[16].
2.1.4.1 Terminmarkt für Strom
Der Terminmarkt stellt ein Marktsegment der Großhandelsebene dar, auf dem die längerfristigen Kontrakte gehandelt werden. Diese Kontrakte bezeichnet man als Futures[17].
Seit 2000 übernimmt für die Gebiete Deutschland, Österreich und Schweiz sowie Frankreich die Euro- pean Energy Exchange (EEX) den börslichen Terminhandel. Die EEX mit Sitz in Leipzig ist eine auf den Bereich Energie spezialisierte Börse, an der Strom, Erdgas, Kohle und Emissionszertifikate gehandelt werden[18]. Der Terminmarkt für Strom umfasst den Handel von standardisierten Produkten mit Lieferzeiträumen von einer Kalenderwoche, einem Kalendermonat, einem Quartal sowie einem Kalenderjahr. Die Futures können sich auf eine bestimmte Lastsituation (Base oder Peak) beziehen. Base bedeutet eine konstante Lieferung einer Menge Strom über den gesamten Lieferzeitraum hin- weg, die Strommenge wird beim Verkauf vereinbart. Dagegen steht Peak für die Lieferung von Strom zu den Zeiten des hohen Verbrauchs, nämlich werktags in der Zeitspanne von 8:00 bis 20:00 Uhr[11].
Insgesamt wurde im Jahr 2013 am Terminmarkt ein Transaktionsvolumen in Höhe von 1.264 TWh um- gesetzt[18]. In dieser Größenordnung lag auch das Handelsvolumen in den vergangenen Jahren, sodass diese Größe eher einen stabilen Wert darstellt. Annähernd entsprach diese Menge der jähr- lichen Nachfrage in Deutschland, Frankreich und Österreich. Die Akteure verfolgen mit ihren Aktivitäten am Terminmarkt verschiedene Ziele: Die großen Stromerzeuger sichern ihre Position am Terminmarkt. Die Vertriebe, die den Strom weiterveräußern, beschaffen den Strom am Terminmarkt, um sich gegen das Preisrisiko zu sichern und Preisgarantien an ihre Kunden weitergeben zu können.
Banken und Investmentfonds, die auch am Stromhandel teilnehmen, nehmen Positionen insbesondere im Bereich der finanziellen Futures ein, um Gewinne durch Preisgarantien abgeben zu können[19]. Die Preisbildung am Terminmarkt wird dabei vorwiegend durch die Erwartungen an die Preise auf dem Spotmarkt bestimmt. Diese hängen wiederum mittel- und langfristig vor allem von den Preisen für Primärenergieträger ab[12].
Aufgrund der langfristigen Kontrakte, die auf dem Terminmarkt gehandelt werden, mit einer Woche als kürzestem Lieferzeitraum und den festen Peak- oder Base-Strukturen ist Strom aus fluktuierenden EE für den Handel am Terminmarkt wenig geeignet Die Vermarktung des Stroms aus den fluktu- ierenden Energiequellen erfordert kurzfristige Kontrakte. Diese Möglichkeit bietet der Spotmarkt, an dem der Strom bereits für den folgenden Tag gehandelt wird. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen zur Integration der EE in wettbewerbliche Marktstrukturen wird hier der weitaus größte Teil des Stroms aus EE gehandelt. Der Spotmarkt ist daher für das Thema dieser Arbeit von großem Interesse und wird im folgenden Unterkapitel behandelt. In diesem Zusammenhang wird außerdem die Not- wendigkeit von Prognosen auf der Nachfrage- und der Erzeugerseite aufgezeigt.
2.1.4.2 Stromhandel am Spotmarkt
Während der Terminmarkt zur langfristigen Sicherung der Stromversorgung genutzt wird, dient der Spotmarkt dazu, den kurzfristigen Handel mit physischer Erfüllung zu ermöglichen. Der Handel kann vom Großabnehmer als Ergänzung zu einer vorhandenen Band- oder Programmlieferung genutzt werden, um die überschüssige Menge an Strom zu veräußern oder im Falle eines Defizits zusätzliche Mengen zu beschaffen. Die Ursachen hierfür liegen unter anderem in den kurzfristig auftretenden Laständerungen oder ungeplanten Ausfällen von Erzeugungsanlagen[9]. Die genauen Gründe für die Bilanzungleichgewichte zwischen der Nachfrage und der Erzeugung, deren Ausgleich für den stabilen Netzbetrieb essentiell ist, werden umfassend im weiteren Verlauf der Arbeit vorgestellt. Aufgrund des kurzfristigen Charakters bietet der Spotmarkt die Möglichkeit, die Risiken der Versorgung mit elektri- scher Energie zu minimieren und das Portfolio auf der Nachfrage- sowie der Erzeugerseite für den folgenden Tag zu optimieren[18].
Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffe des Spotmarkts erläutert. Die zeitliche Einordnung der einzelnen Segmente auf der Großhandelsebene findet sich in Abbildung 2-3. Mit Day-ahead-Markt wird der Markt für den Handel von Strom mit Lieferung am nächsten Tag bezeichnet. Aufgrund des zeitlichen Bezugs wird für den Markt auch die Bezeichnung vortäglicher Handel verwendet. Der Gate Closure ist der Zeitpunkt der letzten möglichen Fahrplanänderung bzw. die letzte Möglichkeit zur Gebotsabgabe. Der Intraday-Markt stellt einen Markt für den Handel von Strom mit einem sehr kurzen Horizont vom Handel bis zum Beginn der Lieferung da[20] [18].
Die auf dem Spotmarkt gehandelten Lieferungen beinhalten eine festgesetzte Menge an Strom in MW pro Kontrakt. Zudem werden für jeden Kontrakt der Lieferzeitraum sowie der Lieferort festgelegt. Je nach Spotmarkt unterscheidet sich der Lieferzeitraum der Kontrakte, in der Regel beträgt er eine halbe oder eine ganze Stunde, wobei mit der zunehmenden Integration der EE in die Marktstrukturen auch kürzere Intervalle möglich sind[21] [18].
Die Vielzahl von Kontrakten erlaubt es den Marktteilnehmern, ihr eigenes Portfolio an den Verlauf der Last optimal anzupassen und somit die Kosten der Erzeugung effizient zu gestalten[9].
In der nachfolgenden Abbildung wird die Deckung der Nachfrage exemplarisch für einen typischen Werktag dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-4: Deckung der Nachfrage an einem durchschnittlichen Werktag[1]
2.1.4.2.1. Der Day-ahead-Handel für Strom
Der börsliche Handel für das deutsche Marktgebiet findet überwiegend an der Energy Power Exchange (EPEX) in Paris statt. Dabei stellt die EPEX ein Gemeinschaftsunternehmen der EEX und der französischen Strombörse Powernext dar[18]. Die EPEX deckt neben dem deutschen Marktgebiet auch französische, österreichische und schweizerische Märkte ab[21].
Der Day-ahead-Markt ermöglicht den Handel von Kontrakten, die jeweils die konstante Lieferung von Strom für den folgenden Tag umfassen. Dabei werden die Geschäfte nur mit physischen Lieferungen abgeschlossen. Die Preisgestaltung auf dem Day-ahead-Markt erfolgt nach dem Einheitspreisverfahren. So können bis 12:00 Uhr Gebote über die Lieferungen am Vortag abgegeben werden. Danach wird über die EPEX für jede Stunde des folgenden Tages ein einheitlicher Marktgleichgewichtspreis ermittelt[21]. Der ermittelte Preis dient der Abwicklung aller Geschäfte in der jeweiligen Stunde[12]. Auf dem Day-ahead-Markt ist neben den Geboten für Einzelstunden auch die Abgabe von Blockgeboten möglich, die mehrere Stundenkontrakte beinhalten[9].
Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch die aus den Geboten der Markteilnehmer resultierende Nachfrage- und Angebotskurve am 22. März 2014 für die Stunde vierzehn.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-5: Angebots- und Nachfragekurve der 14. Stunde am 22.03.2014[22]
Die beiden Kurven schneiden sich bei dem Preis in Höhe von 27,8400 €/MWh, mit dem Handelsgeschäfte für die betrachtete Stunde abgewickelt werden.
Der Day-ahead-Handel ist für die Vermarktung des Stroms aus EE gut geeignet, da am Vortag bereits Prognosen für die Stromerzeugung zur Verfügung stehen. Hinzu kann über die stündliche Auflösung der gehandelten Kontrakte der Verlauf der Stromerzeugung nachgebildet werden. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Liquidität des Marktes, die vor allem durch die Kopplung der nationalen Day-ahead-Märkte erreicht wird. Trotz der guten Eignung des Marktes können aufgrund des relativ großen Progno- sehorizonts, insbesondere beim Handel für die späten Abendstunden, die Prognosewerte signifikante Abweichungen aufweisen.
2.1.4.2.2. Kopplung der Spotmärkte
Eine Besonderheit des Spotmarkts stellt das Zusammenfügen mehrerer europäischer Marktgebiete durch Market Coupling dar. Die Abbildung 2-6 zeigt die Marktgebiete, die über den Mechanismus ge- koppelt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-6: Gekoppelte Marktgebiete
Die Zielsetzung der Marktbindung ist die effiziente Nutzung der Day-ahead verfügbaren Übertragungs- kapazitäten zwischen den beteiligten Ländern. Im Ergebnis führt der Mechanismus zu einer Preisangleichung der nationalen Day-ahead-Märkte[23]. Das Market Coupling erfasst dabei alle Gebote auf den beteiligten Spotmarktbörsen sowie die zur Verfügung stehenden Transportkapazitäten und ermittelt mit Hilfe der Daten die kostenoptimalen Stromlieferungen zwischen den Marktgebieten[24]. Aus den grenzüberschreitenden Transfers werden des Weiteren die Gleichgewichtspreise in den diversen Marktgebieten berechnet. In Abhängigkeit von den verfügbaren Übertragungskapazitäten ergibt sich entweder ein einheitlicher Preis für alle betrachteten Marktgebiete oder die Preise unterscheiden sich. Im zweiten Fall beschreibt die Differenz der Preise zwischen zwei Marktgebieten den Wert der Übertragungskapazität[12].
Der Marktkopplungsmechanismus wird kalendarisch unter der Beteiligung aller in Abbildung 2-6 dar- gestellten Spotmärkte ausgeführt und dient als Grundlage für die Preisgestaltung in den gekoppelten Marktgebieten. Das EMCC (European Market Coupling Company) ist dabei ein Gemeinschafts- unternehmen der Übertragungsnetzbetreiber und Strombörsen in Nordwesteuropa und bietet Engpassmanagement auf grenzüberschreitenden Hochspannungsleitungen im Bereich der Transport- netzebene[25].
In der Zeitspanne von 2006 bis 2010 war die französische EPEX SPOT am Trilateralen Market Coupling (TLC) beteiligt, das die französischen, belgischen und niederländischen Day-ahead-Märkte integrierte. Hinzu kam im Jahr 2010 eine weitere Marktbindung in Zentralwesteuropa (kurz CWE), die Frankreich, Deutschland und die Benelux-Staaten umfasst. Im gleichen Jahr erfolgte eine weitere Kopplung der Märkte der nordischen Staaten an CWE. Ferner wurden im Februar 2014 weitere Marktgebiete der nordwesteuropäischen Nationen (NWE) in die Marktkopplung aufgenommen[26].
2.1.4.2.3. Der Intraday-Markt für Strom
Der Intraday-Markt stellt einen Markt für den Stromhandel mit einem sehr kurzen Horizont bis zur physischen Lieferung dar. Der Zeitpunkt des Gate Closure ist im deutschen System 45 Minuten vor dem Beginn der Lieferung. Der Intraday-Handel wird genauso wie der Day-ahead-Markt von der EPEX or- ganisiert. Im Vergleich zum Day-ahead-Handel findet hier ein laufender Handel statt, d. h. es werden Kontrakte permanent an sieben Tage der Woche und 24 Stunden pro Tag gehandelt[18]. Die Stromlie- ferungen können bereits ab 15 Uhr des Vortages gehandelt werden. Um den wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien besser handhaben zu können, bietet EPEX SPOT seit 2012 flexible Viertel- stundenkontrakte an. Sie erlauben es den Börsenmitgliedern, ihr Portfolio innerhalb einer Stunde auf 15 Minuten genau auszugleichen [21].
Ein umfangreicher Marktkopplungsmechanismus wie beim Day-ahead-Markt existiert für den Intra- day-Markt nicht. Dennoch werden auf dem Intraday-Markt Anstrengungen betrieben, die nationalen Märkte näher zusammenzubringen. Daher können über das Flexible Intraday Trading Scheme (FITS) der EPEX kurzfristige, grenzüberschreitende Transaktionen zwischen den deutschen und den fran- zösischen Marktgebieten durchgeführt werden, indem die Übertragungskapazitäten zwischen den Marktgebieten effizient ausgenutzt werden[27]. Der Intraday Capacity Service ermöglicht es den Übertragungsnetzbetreibern, die grenzüberschreitenden Kapazitäten über die Börse anzubieten und zu vergeben[28]. Die Integration der nationalen Märkte mit Hilfe von FITS ist in der nachfolgenden Abbildung visualisiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-7: Integration der Intraday-Märkte durch FITS
Das Flexible Intraday Trading Scheme (FITS) wurde 2010 eingeführt, um den Handel zwischen Deutschland und Frankreich zu vereinfachen. Derzeit erlaubt das System bereits einen nahtlosen impliziten Handel zwischen Deutschland, Frankreich und Österreich[21].
Dadurch, dass auf dem Spotmarkt kurz vor der physischen Lieferung mit dem Strom gehandelt und damit das Portfolio auf der Erzeugerseite durch kurzfristige Kontrakte optimiert wird, weist der Intra- day-Markt gute Eignungscharakteristika für die Vermarktung der EE auf. Hinzu kommt, dass der Handel von Viertelstundenkontrakten möglich ist. Allerdings besteht infolge einer geringen Liquidität des Marktes die Gefahr, dass die angebotenen Strommengen aus EE nicht veräußert werden können, so- dass er nur für den Handel mit geringen Mengen geeignet ist[12]. Der allergrößte Anteil an EE wird daher am Day-ahead-Markt gehandelt. Dennoch steigt das Handelsvolumen, das am Intraday-Markt umgesetzt wird, kontinuierlich[27].
2.1.4.3 Der Regelenergiemarkt
Nachdem vorangehend der Spot- und Terminhandel sowie die Eignung der Segmente auf der Groß- handelsebene zur Vermarktung von EE im Detail untersucht wurden, folgt nun die Vorstellung des Marktes für Systemdienstleistungen. Die wesentliche Aufgabe einer Systemdienstleistung ist die Siche- rung des notwendigen Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Nachfrage an elektrischer Energie[29].
Alle Generatoren der thermischen und hydraulischen Kraftwerke im europäischen Verbundsystem arbeiten synchron mit dem Sollwert der Netzfrequenz von 50 Hz. Zur Gewährleitung einer sicheren Energieversorgung erfordert dies, dass im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt ein Gleichgewicht vorliegt. Die Abweichungen innerhalb des Verbundsystems von der Sollfrequenz können die Stromversorgung stören und große Teile des Verbundnetzes außer Kraft setzen[30].
Bedingt durch die Tatsache, dass die elektrische Energie heute mit Einschränkung wirtschaftlich gespeichert werden kann, benötigt man zur Auffüllung von Leistungsungleichgewichten zwischen Erzeugung und Nachfrage ein aufwendiges und umfangreiches Regelungssystem. Bei einer Abweichung von der Sollfrequenz werden nacheinander die verschiedenen Regelungen aktiviert, bis der Sollwert der Frequenz wieder erreicht wird[31].
Die Vorhaltung von Regelleistung in Europa wird einerseits durch das europäische ENTSO-E Verbundnetz (European Network of Transmission System Operators for Electricity) und andererseits durch staatlich verantwortliche Akteure, meist Regulatoren und Übertragungsnetzbetreiber, in sog. Network-Codes geregelt. Dabei wird die Regelleistungsvorhaltung zeitlich differenziert, wobei drei Reserveprodukte - Primärregelreserve, Sekundärregelreserve und Tertiärregelreserve - definiert werden[32]. Letztere wird in Deutschland auch als Minutenreserve bezeichnet. Die Differenzierung erfolgt nach dem Prinzip der zeitlichen und technischen Verfügbarkeit der angeforderten Leistung. Dabei erfolgt der Abruf der Regelenergie durch den ÜNB[33].
Die Abbildung 2-8 stellt den zeitlichen Ablauf des Einsatzes der drei Regelenergiearten am Beispiel Deutschland dar. In den folgenden Kapiteln werden die Sachverhalte noch im Detail präsentiert.
[...]
[1] Eigene Darstellung nach [37]
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