„Hans Jacob Christoffel Grimmelshausen erscheint uns heute als der bedeutendste der deutschsprachigen Prosa-Autoren des 17. Jahrhunderts.“ Die Aufmerksamkeit des Lesers seines Werkes Simplicissimus Teutsch wird zunächst durch eine graphische Arbeit (Abbildung 1), bestehend aus einer Überschrift, einer Darstellung eines hybriden Wesens und einem Achtzeiler, geweckt. Dieses Frontispiz mit einer eigenartigen Mischgestalt sorgt für offene Fragen und Verwunderung.
Ein Titelkupfer kann z.B. als Inhaltsangabe fungieren, im Dienste der Selbstpräsentation in Erscheinung treten, oder Multifunktionalität aufzeigen. Für ein barockes Buch ist so eine Art von Frontispiz nicht ungewöhnlich, da solche Kupferstiche, „besonders wenn ihre Gestaltung vom Autor mitbestimmt war, zur Aufschlüsselung, d. h. der im Sinne des Verfassers ‚richtigen‘ Interpretation des Textes mitgegeben“ worden. Bei der vorliegenden graphischen Darstellung wird zunächst jedoch nicht deutlich, welche Funktion das Bild erfüllen soll. Des Weiteren „fehlen die in der damaligen Zeit üblichen Widmungen an reale oder fingierte Persönlichkeiten und ‚Vorreden‘ an Leser.“ Die Aussagen des Achtzeilers „Ich flog durch die Lüffte“, „Ich wandert durchs Wasser“ oder „Ich raißt über Landt“ (ST, S. 10) den einzelnen Merkmalen Flügel, Fischschwanz und Hufe zuzuordnen, könnte ein erster Interpretationsschritt des Betrachters sein, doch ohne Kommentierungen und Erläuterungen des Autors und eine darauffolgende intensive Auseinandersetzung mit dem Buch wären unfundierte Aussagen das Ergebnis. Es verwundert also nicht, dass es bis heute sehr viele unterschiedliche Deutungen des rätselhaften Frontispizes gab.
In dieser Hausarbeit sollen die Deutungen des Titelkupfers von Grimmelshausens Simplicissimus Teutsch im 20. Jahrhundert von den wichtigsten Autoren vorgestellt, verglichen und mit Hilfe neuerer Forschungsliteratur (z.B. Bässler (2006), Borgstedt (2007)) kommentiert werden. Mit Walter Ernst Schäfers Arbeiten (1972) entstanden die ersten bis heute akzeptierten Interpretationen, welche zu Beginn analysiert werden. Im Anschluss werden die Deutungen von Hubert Gersch (1973) und Karl-Heinz Habersetzer (1974) thematisiert. Das abschließende Kapitel des Haupttextes wird die Arbeit von Rolf Tarot (1980) fokussieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die verschiedenen Deutungen des Titelkupfers
- Der Satyr
- Der Einfluss von Horaz
- Die scheußliche Seele
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert verschiedene Deutungen des Titelkupfers von Grimmelshausens Simplicissimus Teutsch im 20. Jahrhundert. Die Analyse fokussiert die Werke von Walter Ernst Schäfer, Hubert Gersch, Karl-Heinz Habersetzer und Rolf Tarot und setzt diese in den Kontext der neueren Forschung.
- Die unterschiedlichen Interpretationen des Satyrkopfs
- Der Einfluss von Horaz' Ars Poetica auf die Deutung des Kupfers
- Die Rolle der Mischgestalt als Allegorie für die "scheußliche Seele" des Protagonisten
- Die emblematische Struktur des Titelkupfers
- Die Beziehung zwischen dem Titelkupfer und dem Inhalt des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Titelkupfer des Simplicissimus Teutsch als Ausgangspunkt der Arbeit vor und beleuchtet dessen Bedeutung als visuelle Repräsentation des Romans.
- Die verschiedenen Deutungen des Titelkupfers: Dieses Kapitel präsentiert die verschiedenen Interpretationen des Titelkupfers, beginnend mit den Arbeiten von Walter Ernst Schäfer und seinen Thesen zur Satyrgestalt. Es untersucht die Deutungen von Hubert Gersch und Karl-Heinz Habersetzer, die den Einfluss von Horaz' Ars Poetica hervorheben, sowie die Arbeit von Rolf Tarot, der das Wesen auf dem Titelkupfer als Allegorie für die "scheußliche Seele" des Protagonisten interpretiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Interpretation des Titelkupfers von Grimmelshausens Simplicissimus Teutsch. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Satyr, Horaz, Ars Poetica, Allegorie, Emblem, Mischwesen, "scheußliche Seele", satirische Textsorte, Monstrum.
- Quote paper
- MA Daniel Schroeder (Author), 2012, Die verschiedenen Deutungen des Titelkupfers von Grimmelshausens "Simplicissimus Teutsch", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279071