Herr A u. Frau B sind die Eltern der 12-jährigen C. Die Eltern kümmern sich nicht um C. C führt überwiegend den Haushalt der Familie und ist ziemlich verstört. Wenn C morgens zur Schule geht, liegen A + B oft noch betrunken im Bett. A schlägt B u. C oft aus nichtigem Anlass.
Das Gericht hat A u. B das Aufenthaltsbestimmungsrecht für C entzogen. C wendet sich nun an das Jugendamt mit der Bitte um Unterbringung in einem Heim.
Die Eltern sind mit der Maßnahme nicht einverstanden.
Frage: Was kann das Jugendamt tun, um der Tochter C zu helfen?
Fallbeispiel:
Herr A u. Frau B sind die Eltern der 12J. C. Die Eltern kümmern sich nicht um C. C führt überwiegend den Haushalt der Familie und ist ziemlich verstört. Wenn C morgens zur Schule geht, liegen A + B oft noch betrunken im Bett. A schlägt B u. C oft aus nichtigem Anlass. Das Gericht hat A u. B das Aufenthaltsbestimmungsrecht für C entzogen. C wendet sich nun an das Jugendamt mit der Bitte um Unterbringung in einem Heim.
Die Eltern sind mit der Maßnahme nicht einverstanden. Frage: Was kann das Jugendamt tun, um der Tochter C zu helfen?
1. Arbeit am Sachverhalt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Tochter möchte vom Jugendamt in einem Heim untergebracht werden à Eltern von C lehnen dies ab
- Den Eltern wurde allerdings das Aufenthaltsbestimmungsrecht vom Familiengericht entzogen
Vorläufige Lösung aus dem Rechtsgefühl:
- Das Jugendamt kann dem Wunsch der Tochter C nachgehen und eine Heimunterbringung anregen
2.Suche nach Anspruchsgrundlagen
Wer will was von wem woraus?
Tochter C möchte ein Unterbringung in einem Heim beim Jugendamt beantragen aus ihrem Rechten aus Artikel 6 (2) GG und §1631 (2) BGB.
Ergänzende Fragen zum Fall:
1. Auf wen wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen?
2. Haben A+B weiterhin die elterliche Sorge (Sorgerecht) für C?
3. Ist das körperliche, geistige … Wohl (Kindeswohl) gefährdet?
4. Welche Aufgaben hat das Jugendamt bzw. ist es Aufgabe des Jugendamtes sich um das Problem von C zu kümmern?
Aufgaben des Jugendamtes: §2 SGB VIII
1. Allgemeiner Schutzauftrag gem. §1 Abs. 3 Nr. 3 a. D.h. Kinder und Jugendliche sind vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen b. Um das Gefährdungsrisiko abzuschätzen muss sich das Jugendamt am §8a SGB VIII orientieren
2. Beratung bei Kindererziehung, bei Adoptionen, bei Unterhaltsstreitigkeiten, bei Sorge- und Umgangsrecht
3. Förderung von Jugendarbeit (§ 11, § 12, § 13, § 14 SGB-VIII)
4. Förderung der Erziehung in der Familie / Hilfen zur Erziehung bieten (§ 16, § 17, § 18, § 19, § 20, § 21 SGB-VIII)
5. Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege.
Des weiteren
5. Unterstützung von Gerichten
- D.h. Unterstützung des Vormundschaftsgerichts und des Familiengerichts bei allen Maßnahmen die das Sorgerecht und das Umgangsrecht für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen.
6. Vormundschaften und Pflegschaften
- Jugendamt kann auch zum Vormund oder Pfleger eines Minderjährigen bestellt werden (Amtsvormundschaft, Amtspflegschaft), ist also gesetzlicher Vertreter des Betreffenden (vgl. §§ 55 ff. SGB-VIII, § 1751, § 1791b, § 1791c BGB.)
7. Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen – Eingriffe in das Sorgerecht
- Jugendämter dürfen und müssen unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen durchführen (§ 42 SGB-VIII).
- Voraussetzungen dafür:
- 1. Das Kind oder der Jugendliche bittet selbst darum, in Obhut genommen zu werden
- 2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen erfordert die Inobhutnahme, beispielsweise wenn eine so genannte Gefährdungsmeldung eingereicht worden ist.
Findet eine Inobhutnahme gegen den Willen der Sorgeberechtigten statt, muss das Jugendamt das Kind an den/die Sorgeberechtigten mit Ablauf des nächsten Tages herausgeben, wenn bis dahin nicht eine Entscheidung des Familiengerichtes herbeigeführt wurde, welche anderes besagt. Das Familiengericht trifft gemäß den § 1666 und § 1666a BGB geeignete Maßnahmen, um die Gefahr abzuwenden, wenn die Eltern nicht willens oder in der Lage sind, dies selbst zu tun. Maßnahmen, die mit einer Trennung des Kindes von der Familie verbunden sind, gelten nur als zulässig, wenn die Gefahr nicht auf andere Weise wirkungsvoll beseitigt werden kann.
à Nun gibt es allerdings Situationen, in denen die Eltern ihre Verantwortung nicht wahrnehmen wollen oder können oder aus Gründen der Kindeswohlgefährdung gem. §1666 es gebietet, in die elterliche Sorge einzugreifen und sie den Eltern ganz oder teilweise zu entziehen (§ 1666 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6 BGB).
- Nun dürfen andererseits Minderjährige auch nicht einfach sich selbst überlassen bleiben, das heißt in solchen Fällen muss ein anderer an die Stelle der Eltern treten.
- Das könnte im Prinzip auch eine staatliche Institution sein. Tatsächlich gibt es Einzelfälle, in denen die Sorge für einen Minderjährigen unmittelbar durch staatliche Institutionen nach den für sie geltenden Verfahrensregeln ausgeübt wird, nämlich durch das Familiengericht in den Fällen der §§ 1693- gerichtliche Maßnahmen bei Verhinderung der Eltern -, 1846 BGB und das Jugendamt in den Fällen des § 42 Abs. 2 S. 3 und 4 SGB VIII (Inobhutnahme) .
Normalerweise geht das BGB jedoch einen anderen Weg:
- Die Verantwortung geht auf eine Person über, die sie zwar aufgrund staatlicher Bestellung, jedoch in den Formen des bürgerlichen Rechts ausübt.
- Der Minderjährige erhält einen staatlich bestellten Sachwalter. Dieser handelt im wesentlichen in den selben familienrechtlichen Formen für ihn, wie sie auch für das Handeln der Eltern gelten, nur daß das Fehlen eines eigenen Grundrechts zur Sorge für den Minderjährigen in einer größeren staatlichen Kontrolldichte Ausdruck findet.
Die Sorge des Vormunds, Pflegers und Beistands ist daher nichts anderes als modifizierte elterliche Sorge.
Staatliches Handeln sind lediglich Auswahl und Aufsicht über Vormund,
Pfleger und Beistand.
Möglichkeiten des Jugendamtes:
à Das Jugendamt muss auf in jedem Fall eingreifen um seinem Schutzauftrag gem. §1 Abs. 3 Nr. 3 gerecht zu werden.
Da den Eltern bereits ein Teil der Personensorge für C nämlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch das Familiengericht entzogen worden ist, bestehen nun folgende Möglichkeiten:
1. Wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf das Jugendamt oder eine andere Person (Vormund oder Pfleger) übertragen wurde
- Dann hätte das Amt oder aber die andere Person das Recht über eine evtl. Heimeinweisung zu entscheiden, auch gegen den Willen der Eltern.
2. Wenn noch nicht klar ist wer das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat aber das Kindeswohl gemäß §1666 BGB gefährdet ist,
- Dann wäre nach § 1666 BGB vorrübergehend eine Herausnahme (Inobhutnahme) seitens des Jugendamtes von C. aus der Familie, auch gegen den Willen der Eltern, gerechtfertigt.
- Weiterhin könnte das Jugendamt beim Familiengericht das Aufenthaltsbestim-mungsrecht anfordern oder eine Pflegschaft anregen.
Beachte: Eine Vormundschaft kommt in diesem Fallbeispiel nicht in Betracht, da die Tatbestände nicht hinreichend erfüllt sind
8. Falls die Eltern doch bereit wären mitzuwirken, könnte das Jugendamt Hilfen zur Erziehung anregen (z.B. eine Sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehungsberatung, Vermittelnde Gespräche usw.)
9. Es kann eine Ergänzungspflegschaft §1909 BGB beantragt werden
10. Das Jugendamt kann anregen das ein Vormund oder Pfleger vom Familiengericht bestellt wird.
Vorgehen bei der Heimunterbringung:
§151 FamFG, §159 FamFG,
3.3. Anträge Minderjähriger? § 36 I SGB I. Problematisch ist die Minderjährigkeit der Tochter. Mit 12 ist sie beschränkt geschäftsfähig (vgl. § 106 BGB), d.h. sie hat dann nur Rechte, die er eigenständig (ohne Eltern) ausüben kann, wenn ein Gesetz ihm das erlaubt. Hier geht es um einen Antrag auf Heimerziehung gem. § 34 KJHG, der von C gestellt wurde. Dazu erläutert § 27 I KJHG, das ein Personensorgeberechtigter (PSB) den Antrag auf Hilfe, also auch Heimerziehung, stellen muss. Das KJHG enthält keine Regelungen hinsichtlich des Alters von Menschen, die selber tätig werden und Leistungen der Jugendhilfe in Anspruch nehmen möchten. Hintergrund ist, dass nach der Konzeption des KJHG nicht die Minderjährigen die Leistungsberechtigten sind, sondern die Erziehungsberechtigten, denen dann mit der Erziehung geholfen wird. D.h. bisher, nicht C kann Anträge stellen, sondern nur seine Eltern. Das wäre sehr nachteilig für selbständig agierende Minderjährige, deren Eltern vielleicht die Mitarbeit verweigern. Zu beachten ist deswegen der § 36 I SGB I, der eben normiert, dass jemand, der das 15. Lebensjahr vollendet hat, Anträge auf Sozialleistungen stellen kann. Der § 36 I SGB I kann also hier für das KJHG nur so gemeint sein: C bewirkt durch ihre Antragstellung, dass das JA verpflichtet ist, den Eltern als Personensorgeberechtigten das Leistungsangebot auf Heimunterbringung zu machen. Ob diese es annehmen, liegt in deren Ermessen. Erst wenn feststeht, dass ein Minderjähriger in seiner Familie gefährdet ist, muss das JA gem. § 50 III KJHG das Vormundschaftsgericht einschalten und dann dem Minderjährigen mit der Einwilligung des gerichtlich bestellten Pflegers die begehrte Leistung erbringen.
Da in dem Fallbeispiel allerdings die Eltern kein Aufenthaltsbestimmungsrecht für C haben, kann der Antrag auf Heimunterbringung von der Person welche das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat gestellt werden.
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- Anonymous,, 2012, Praktische Falllösung im Kinder- und Jugendhilferecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277930