Das Nibelungenlied ist in seiner thematischen Vielfalt nahezu unerschöpflich und bietet bis heute Stoff für spannende Diskussionen, gedankliche Interpretationen, historische Untersuchungen und Diskurse über die Aktualität diverser Themen im Epos. Das Interesse für ein bestimmtes Untersuchungsfeld wird vermutlich immer aus subjektiven Präferenzen heraus geweckt. Die Auswahl des Themas der hier vorliegenden Arbeit bildet da nun keine Ausnahme. Aus dieser Fülle der thematischen Vielfalt, hat mich stets die Frage beschäftigt, warum Siegfried bei Ankunft in Worms nicht etwa wahrheitsgemäß seine Werbungsabsicht um Kriemhild ausspricht und stattdessen zu einer irrsinnigen Lüge greift, die den Grundstein für die Katastrophe und seinen eigenen Untergang legt. Bereits diese ersten einleitenden Zeilen enthalten subjektive Interpretation und Mutmaßungen, und genau hier liegt die Schwierigkeit und die Herausforderung im Umgang mit dem Nibelungenlied. Es ist außerordentlich schwierig, sich dem Epos zu widmen, ohne die Helden und ihr Handeln zu bewerten und zu deuten. Die Herausforderung liegt dann darin begründet, für die subjektiven Mutmaßungen, im Text enthaltene Belege und Beweise zu finden, die diese Vermutung unterstützen. Für das ausgewählte Thema dieser Arbeit sind solche Textbelege für das Verständnis der darzustellenden Problematik von unverzichtbarer Bedeutung. Ich werde versuchen das Thema des minne-Erwerbs durch Täuschung anhand einiger Beispiele, die exemplarisch für das Betrügerische im Nibelungenlied und meiner Ansicht nach die Hauptszenarien für den Weg zum Untergang sind, zu diskutieren und die augenscheinlichen Unstimmigkeiten, die sich aus dem Untersuchungsfeld und den Textstellen ergeben, zu analysieren. Dabei werde ich mich auf Zitate und Äußerungen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen beziehen, die ich entweder zur Unterstützung eigener Aussagen verwenden oder kritisch hinterfragen werde. Diese Arbeit wird sich an der Leitfrage orientieren, warum Lügen im Nibelungenlied nötig werden und welchen Gehalt Lügen und die Unstimmigkeiten für den Verlauf der Erzählung tragen. Interessant in diesem Zusammenhang wird auch die Rolle der Absicht dieser Diskrepanzen durch die Nibelungenlied-Autoren/Erzähler sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die erste Lüge als rollender Stein
- Der Zusammenhang zwischen minne und Macht
- Die Standeslüge
- Unstimmigkeiten als Stilmittel?
- Warum Siegfried nicht um Brünhild wirbt
- Welche Funktion(en) haben Lügen und Täuschungen im Nibelungenlied?
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle von Lügen, Täuschungen und textinternen Unstimmigkeiten im Nibelungenlied. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, wie diese Stilmittel die Erzählung voranbringen und die Handlung des Epos prägen.
- Analyse der Rolle von Lügen und Täuschungen im Nibelungenlied
- Bedeutung der Unstimmigkeiten im Text für den Verlauf der Handlung
- Zusammenhang zwischen minne und Macht im Nibelungenlied
- Untersuchung der Intentionen des Nibelungenlied-Autors/Erzählers
- Bewertung der Auswirkungen von Täuschungen und Lügen auf die Hauptfiguren
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Text beleuchtet die Frage, warum Siegfried bei seiner Ankunft in Worms nicht offen seine Werbungsabsicht um Kriemhild bekundet, sondern stattdessen zu einer Lüge greift, die den Grundstein für die Katastrophe und seinen eigenen Untergang legt. Die Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung der Bedeutung von Täuschungen im Kontext des minne-Erwerbs und analysiert die Unstimmigkeiten im Text, die sich aus diesem Untersuchungsfeld ergeben.
- Die erste Lüge als rollender Stein: Das Kapitel analysiert die Ankunft Siegfrieds in Worms und die Lüge, die er im Zusammenhang mit seinem Besuch äußert. Es werden verschiedene mögliche Gründe für Siegfrieds Täuschung diskutiert, wie z. B. Machthunger oder das Streben nach Ehre, und der Text untersucht die Auswirkungen dieser Lüge auf den weiteren Verlauf des Epos.
- Der Zusammenhang zwischen minne und Macht: Das Kapitel beleuchtet den Zusammenhang zwischen Minne und Macht im Nibelungenlied und untersucht die Bedeutung dieser Beziehung für das Handeln der Hauptfiguren. Der Text analysiert die Motivationen und Strategien der Figuren im Kontext der Brautwerbung und die Rolle der Macht in der Minne-Erzählung.
- Die Standeslüge: Dieses Kapitel fokussiert sich auf die Standesunterschiede zwischen Siegfried und Kriemhild und beleuchtet die Art der Täuschung, die im Zusammenhang mit dem Standesunterschied auftritt.
- Unstimmigkeiten als Stilmittel?: Dieses Kapitel widmet sich der Analyse der Unstimmigkeiten im Text und untersucht deren Rolle für die Handlung des Epos. Es werden die Möglichkeiten beleuchtet, inwieweit die Unstimmigkeiten als bewusstes Stilmittel eingesetzt wurden, um Spannung zu erzeugen und die Erzählung weiterzutreiben.
- Warum Siegfried nicht um Brünhild wirbt: Das Kapitel untersucht die Beweggründe, die dazu führten, dass Siegfried sich nicht um Brünhild bewirbt, und beleuchtet die Rolle der Täuschung in diesem Kontext.
Schlüsselwörter
Das Nibelungenlied, Täuschung, Lüge, Unstimmigkeiten, Minne, Macht, Brautwerbung, Standesunterschiede, Siegfried, Kriemhild, Gunther, Erzähltechnik, Stilmittel.
- Quote paper
- Ani Kirakosyan (Author), 2014, Lügen, Täuschungen und textinterne Unstimmigkeiten als Stilmittel zur motivierten Weitererzählung des Nibelungenliedes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274185