Deutsch ist in Europa die „kontaktfreudigste“ Sprache, besitzt sie doch, wie keine
andere ein derartig vielfältiges Minderheitenbild. Wurden die deutschsprachigen
Minderheiten noch in der Nachkriegszeit diskriminiert1, so hat sich das Blatt zum
heutigen Tage hin geändert. In den 70er und 80er Jahren erwachte ein neues
Interesse an den fast schon untergegangenen Mundarten, an ihren regional
variierenden Traditionen und Lebensverhältnissen. Trotzdem die deutschen
Minoritäten ständig gegenüber der sie überdachenden Kultur und Sprache
unterlegen waren, entwickelte sich in ihren Gebieten dennoch eine regionale
Eigenständigkeit und ein großes Selbstbewusstsein. Durch neue außersprachliche
Faktoren (politische sowie rechtliche) verbesserten sich die Bedingungen zum
Überleben der jeweiligen Dialekte der deutschen Sprachinseln in Europa (Vgl.
Hinderling 1986, 251). Eine in Europa herausragende Minderheitenpolitik ist seit den letzten beiden
Jahrzehnten in Ungarn zu betrachten, sicherlich basierend auf den negativen
Erfahrungen der ungarischen Minoritäten in den angrenzenden Ländern (Vgl.
Hinderling 1986, 260). Die Volksgruppe der Ungarndeutschen, auch mit
Deutschungarn oder Donauschwaben2 betitelt, ist - neben den in geringem Maße
sesshaften Sinti und Roma - die größte Minderheitengruppe im Magyarenstaat (Vgl.
Born 1989, 229). Jedoch taten sich die Ungarndeutschen im Laufe ihrer
Siedlungszeit schwer ein stärkeres Gruppenbewusstsein zu entwickeln. [...]
1 In Robert Hinderlings Abhandlung über die europäischen Sprachminderheiten im Vergleich, scheint, obwohl
vielfach verwendet, eine deutliche Abneigung gegenüber des Begriffes „Minderheit“ durch. Hinderling sieht das
Wort selbst schon als Diskriminierung an (siehe: Hinderling 1986, 251).
Der Begriff der Minderheit soll in meiner nun folgenden näheren Betrachtung der deutschsprachigen
Volksgruppen in Ungarn ganz und gar nicht negativ konnotiert sein, stellt er doch im Eigentlichen nur die
zahlenmäßige Unterlegenheit gegenüber der überdachenden Gesellschaft dar.
2 Der Begriff der „Donauschwaben“ umfasst im heutigen Sprachgebrauch die gesamte ungarndeutsche
Bevölkerung, wobei im früheren, eigentlichen Sinn nur die deutschen Siedler in der Schwäbischen Türkei (im
südwestlichen Ungarn) gemeint waren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Worte mit Blick auf die Forschungsliteratur
- Geographische und Demographische Beschreibung
- Ungarndeutsche Siedlungsgebiete und ihre Sprachvarietäten
- Domänenkonzept in Vergangenheit und Gegenwart
- Ungarndeutsche Traditionen
- Institutionen
- Nationalitätenpolitik und Spracherhalt
- Assimilationstendenzen des Deutschen in Ungarn
- Aktuelle Situation der deutschen Sprache in Ungarn und Motivationsfaktoren hinsichtlich des Erlernens des Deutschen
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Volksgruppe der Ungarndeutschen, ihrer Geschichte, Kultur und der aktuellen Situation der deutschen Sprache in Ungarn. Es werden die sprachlichen Besonderheiten der ungarndeutschen Mundarten, der Prozess des Sprachverlustes und die Bemühungen um den Spracherhalt beleuchtet. Darüber hinaus wird ein Exkurs zur heutigen Situation des Deutschen als Fremdsprache in Ungarn unternommen.
- Die Geschichte und kulturelle Entwicklung der Ungarndeutschen
- Die ungarndeutschen Mundarten und deren Besonderheiten
- Die Herausforderungen des Sprachverlustes und die Maßnahmen zur Spracherhaltung
- Die Rolle der Nationalitätenpolitik und die Assimilationstendenzen
- Die Situation des Deutschen als Fremdsprache in Ungarn
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der Forschungsliteratur zum Thema der deutschen Sprachinseln in Europa. Der Fokus liegt auf den negativen Erfahrungen der deutschen Minderheiten in der Nachkriegszeit und dem neu erwachten Interesse an den fast verloren gegangenen Mundarten und Traditionen. Das zweite Kapitel bietet eine geographische und demographische Beschreibung der ungarndeutschen Bevölkerung, ihrer Siedlungsgebiete und der Veränderungen nach dem Friedensvertrag von Trianon. Im dritten Kapitel werden die ungarndeutschen Siedlungsgebiete und ihre Sprachvarietäten vorgestellt, insbesondere das Domänenkonzept in Vergangenheit und Gegenwart. Das vierte Kapitel befasst sich mit ungarndeutschen Traditionen, Institutionen, der Nationalitätenpolitik und dem Spracherhalt sowie den Assimilationstendenzen. Das fünfte Kapitel beleuchtet die aktuelle Situation der deutschen Sprache in Ungarn und die Motivationsfaktoren hinsichtlich des Erlernens des Deutschen.
Schlüsselwörter
Ungarndeutsche, Donauschwaben, deutsche Sprachinsel, Mundart, Sprachverlust, Spracherhalt, Nationalitätenpolitik, Assimilation, Fremdsprache, Geschichte, Kultur, Demographie, Siedlungsgebiete, Domänenkonzept.
- Quote paper
- Adeline Pissang (Author), 2003, Die Deutsche Sprachinsel in Ungarn - die Volksgruppe der Ungarndeutschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27394