Im Verlauf der Arbeit wird zunächst kurz auf die Entwicklung der Novelle nach 1945 bis zur Gegenwart eingegangen. Daran anschließend steht sowohl die Frage nach der Erzählbarkeit des Holocaust, als auch die die Auseinandersetzung mit der NS-Thematik in der Gesellschaft nach 1945 im Fokus der Betrachtung. Danach werden die Werke "Das Konzert", "Frühling", "Im Krebsgang", "Morire in levitate", "Die Vogelwelt von Auschwitz" und "Im Museum" in chronologischer Reihenfolge beschrieben und hinsichtlich der Thematisierung der NS-Vergangenheit analysiert.
Der Nationalsozialismus stellt für die Geschichte Deutschlands eine historische Wende dar, die neue Herausforderungen an das Erinnern des Individuums und der Gesellschaft stellt. Das kollektive Gedächtnis gibt Aufschluss darüber, in welcher Form und unter welchen Einflüssen an jene Ereignisse erinnert wird. Die Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen des zweiten Weltkriegs findet in den ausgewählten Novellen der Gegenwart ihren Niederschlag, die in dieser Arbeit vorgestellt und analysiert werden.
Um eine begriffliche Grundlage für die vorliegende Arbeit zu schaffen, ist anzumerken, dass Gegenwart in diesem Zusammenhang als Zeitraum definiert wird, der sich vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2011 erstreckt und Werke einbezieht, die nach dem Jahr 2000 erschienen sind.
Ein weiteres Kriterium zur Auswahl der Werke stellt die explizite Bezeichnung im Titel Novelle als auch die Thematisierung der nationalistischen Vergangenheit dar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entwicklung der Novelle nach 1945 bis in die Gegenwart
- Zur Erzählbarkeit des Holocaust und der Thematisierung der Ereignisse des zweiten Weltkriegs in der deutschen Gesellschaft
- Hartmut Lange: Das Konzert 1986
- Zum Inhalt
- Darstellungsweise der NS-Thematik
- Die Welt der Toten und die Wirkung des Unheimlichen
- Schuld und Sühne
- Der Bezug auf die Tradition — gattungsspezifische Merkmale der Novelle
- Thomas Lehr: Frühling 2001
- Zum Inhalt
- Zur Darstellung der NS-Thematik
- Das sprachliche Experiment und seine Bedeutung
- Die Interpunktion
- Zur Rolle des Schweigens
- Das sprachliche Experiment und seine Bedeutung
- Der Bezug auf die Tradition- gattungsspezifische Novelle
- Günter Grass: Im Krebsgang 2002
- Zum Inhalt
- Die Darstellung der NS-Thematik
- Der Drang des Erzählens
- Der Bezug auf die Tradition —gattungsspezifische Novelle
- Marlene Streeruwitz: Morire in levitate 2004
- Zum Inhalt
- Die Darstellung der NS-Thematik
- Der Ausdruck der Melancholie und der Aspekt der Schuldübemahme
- Der Bezug auf die Tradition — gattungsspezifische Merkmale der Novelle
- Amo Surminski: Die Vogelwelt von Auschwitz 2008
- Zum Inhalt
- Darstellung des NS-Thematik
- Das Groteske der sprachlichen Gestaltung
- Der Bezug auf die Tradition- gattungsspezifische Novelle
- Hartmut Lange: Im Museum 2011
- Zum Inhalt und dem Stil von Hartmut Lange
- Darstellungsweise der NS-Thematik
- Die Angehörigen Hitlers und der unheimliche Schatten
- Der Bezug auf die Tradition — gattungsspezifische Merkmale der Novelle
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in ausgewählten Novellen der Gegenwart. Sie analysiert, wie verschiedene Autoren die NS-Thematik in ihren Werken behandeln und welche gattungsspezifischen Merkmale der Novelle dabei zum Einsatz kommen. Der Zeitraum der Analyse erstreckt sich von 2000 bis 2011, wobei auch Werke aus den 1980er Jahren berücksichtigt werden, die als wichtige Vorläufer für die spätere Entwicklung der Novelle dienen.
- Die Entwicklung der Novelle nach 1945
- Die Erzählbarkeit des Holocaust
- Die Thematisierung der NS-Thematik in der Gesellschaft nach 1945
- Die Darstellung von Schuld und Sühne im Kontext des Holocaust
- Die Bedeutung des Sprachstils und der gattungsspezifischen Merkmale der Novelle
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und erläutert die Auswahlkriterien für die zu analysierenden Novellen. Die Entwicklung der Novelle nach 1945 wird im zweiten Kapitel beleuchtet, wobei die Annahme, die Novelle sei nach dem Zweiten Weltkrieg aus der deutschen Literatur verschwunden, widerlegt wird. Im dritten Kapitel wird die Frage nach der Erzählbarkeit des Holocaust und der Thematisierung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Gesellschaft behandelt. Dabei werden verschiedene Aspekte der Erinnerungskultur und die Herausforderungen der Auseinandersetzung mit dem Holocaust beleuchtet.
Im vierten Kapitel wird Hartmut Langes Novelle „Das Konzert" aus dem Jahr 1986 analysiert. Die Handlung spielt in einer Parallelwelt, in der sich Tote in der Nachkriegszeit bewegen. Die Novelle beschäftigt sich mit der Konfrontation von Opfern und Tätern, der Frage nach Schuld und Sühne und der Unmöglichkeit, die Vergangenheit zu vergessen. Lange greift dabei auf traditionelle gattungsspezifische Merkmale der Novelle zurück, wie die Darstellung des Einzelnen, die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt.
Im fünften Kapitel wird Thomas Lehrs Novelle „Frühling" aus dem Jahr 2001 betrachtet. Die Novelle zeichnet sich durch einen experimentellen Sprachstil aus, der die Verwirrtheit und die Erregung des Protagonisten widerspiegelt. Der Bruch der Rechtschreibkonventionen und die besondere Interpunktionsstruktur unterstreichen den geistigen Zustand des Sterbenden. Das Schweigen des Vaters über seine Vergangenheit im Nationalsozialismus belastet die beiden Söhne und führt schließlich zum Selbstmord. Lehrs Werk bezieht sich auf die Tradition der Novelle, insbesondere auf Heinrich von Kleist, und greift auf Merkmale wie die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt zurück.
Im sechsten Kapitel wird Günter Grass' Novelle „Im Krebsgang" aus dem Jahr 2002 analysiert. Die Novelle erzählt die Geschichte des Untergangs der Wilhelm Gustloff und thematisiert die deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs. Die Erzählung zeichnet sich durch eine krebsende Erzählweise aus, die immer wieder in die Vergangenheit zurückblickt. Die Novelle bricht Tabus und stellt die deutsche Opfergeschichte in ein neues Licht. Auch hier werden traditionelle Merkmale der Novelle wie die unerhörte Begebenheit und der Wendepunkt deutlich.
Im siebten Kapitel wird Marlene Streeruwitz' Novelle „Morire in levitate" aus dem Jahr 2004 betrachtet. Die Protagonistin Geraldine Denner leidet unter der Vergangenheit ihres Großvaters, der als Bahnlogistiker an der Organisation der Deportationszüge beteiligt war. Die Novelle ist geprägt von Melancholie und Selbstmitleid, das sich aus der Schuld der Tätergeneration ableitet. Der Aspekt des kollektiven Schweigens spielt eine wichtige Rolle. Auch Streeruwitz greift auf traditionelle Elemente der Novelle zurück, wie die unerhörte Begebenheit und die Darstellung des Einzelnen.
Im achten Kapitel wird Arno Surminskis Novelle „Die Vogelwelt von Auschwitz" aus dem Jahr 2008 analysiert. Die Geschichte handelt von der Begegnung eines polnischen KZ-Häftlings und eines SS-Wachmanns, die beide ein Interesse an der Vogelwelt haben. Die Novelle zeichnet sich durch eine groteske sprachliche Gestaltung aus, die die Gegensätze und die Grausamkeit des Lagers hervorhebt. Die Begegnung der beiden Protagonisten kann als unerhörte Begebenheit betrachtet werden.
Das neunte Kapitel befasst sich mit Hartmut Langes Werk „Im Museum" aus dem Jahr 2011. Die Novelle erzählt sieben verschiedene Geschichten, die sich im Deutsch-Historischen Museum in Berlin ereignen. Die Vergangenheit wird lebendig und die Figuren werden von unheimlichen Erlebnissen und unlösbaren Rätseln konfrontiert. Der Schatten Adolf Hitlers taucht auf und symbolisiert die ungesühnte Schuld der Vergangenheit. Langes Werk greift auf traditionelle Merkmale der Novelle zurück, wie die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt. Das Museum stellt einen wichtigen Ort der Erinnerung und der Vergegenwärtigung der Geschichte dar.
Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und beleuchtet die Bedeutung der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Gegenwartsliteratur. Die Novelle erweist sich als eine flexible und vielseitige Gattung, die sich hervorragend eignet, um die unerhörten Begebenheiten des Holocaust und die damit verbundenen Themen wie Schuld, Sühne, Erinnerung und Vergessen darzustellen. Die in der Arbeit vorgestellten Novellen zeigen die Aktualität der Novelle in der Gegenwart und ihren Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Novelle, die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit, den Holocaust, die Erinnerungskultur, Schuld und Sühne, das Unheimliche, die sprachliche Gestaltung, das Schweigen und die gattungsspezifischen Merkmale der Novelle. Die Analyse beleuchtet die unterschiedlichen Ansätze der Autoren, die NS-Thematik in ihren Werken zu behandeln, und zeigt die Bedeutung der Novelle als Gattung, die sich hervorragend eignet, um die unerhörten Begebenheiten des Holocaust und die damit verbundenen Themen zu verarbeiten und zu reflektieren.
- Arbeit zitieren
- Kaja Börner (Autor:in), 2011, Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in ausgewählten Novellen der Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273380
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