Anfang Februar 2011 brach in Nordafrika die Arabische Revolution aus und zog in Libyen einen Volksaufstand gegen das diktatorische Regime Muammar al-Gaddafis nach sich. Die Ereignisse sorgten in der UN sowie unter den Mitgliedsstaaten der NATO für Überraschung und Besorgnis. Die durch Repression hervorgerufene revolutionäre Stimmung drohte, in einen unmittelbaren Bürgerkrieg auszuarten. Es stellte sich nunmehr die Frage nach einer angemessenen Reaktion, um die internationale Sicherheit und die Einhaltung der Menschenrechte zu wahren. Als der Weltsicherheitsrat am 17. März mit der Resolution 1973 schließlich über das weitere Vorgehen abstimmte, wurden die Beteiligten ein zweites Mal überrascht: Deutschland enthielt sich seiner Stimme und sprach sich somit – entgegen dem Stimmverhalten seiner engsten Verbündeten – nicht für eine Intervention in Libyen aus. Der Entschluss zog heftige Debatten nach sich, sowohl im Aus- als auch im Inland. Massive Kritik hagelte auf die Köpfe der Entscheidungsträger nieder: Deutschland habe mit seinen wichtigsten Traditionslinien gebrochen und die transatlantischen Beziehungen vernachlässigt, wenn nicht sogar aufs Spiel gesetzt. Doch hatte die Bundesrepublik bereits im Vorfeld der Unruhen ihre Skepsis gegenüber der Herrschaft al-Gadaffis ausgesprochen. Anders als Frankreich oder Italien hatte sie keine engen Beziehungen zu dem Oberst gepflegt, auch wurde er niemals innerhalb Deutschlands empfangen. Und obwohl sie sich nicht militärisch beteiligen wollte, erklärte die Regierung nach dem Resolutionsbeschluss, dass ein Eingreifen richtig sei und sprach den teilnehmenden Staaten bestmögliche Unterstützung zu. Das Verhalten scheint widersprüchlich und die Enthaltung Deutschlands überrascht dadurch umso mehr. Vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit folgender Frage:
Wieso enthielt sich die Bundesrepublik Deutschland im UN-Sicherheitsrat angesichts der Libyenintervention ihrer Stimme, wenn sie die Unterstützung der Rebellen als moralisch gegeben betrachtete?
Inhaltsverzeichnis
- Widersprüchlichkeit im Verhalten der Bundesregierung
- Literaturbericht
- Forschungsbericht
- Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik
- Vorrang der Gesellschaft vor den Staatspräferenzen
- Repräsentation und staatliche Präferenzbildung
- Internationale Umwelt und interdependente Präferenzordnung
- Revolution in Libyen und Entscheidung im Sicherheitsrat
- Innenpolitischer Kontext Deutschlands
- Ablehnung der Bevölkerung
- Situation der FDP
- Einfluss sozialer Überzeugungen
- Kostenkalkulation der Regierung
- Kompatibilität der Theorie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Enthaltung Deutschlands bei der UN-Sicherheitsratsabstimmung zur Libyen-Intervention im März 2011. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Warum enthielt sich die Bundesrepublik Deutschland ihrer Stimme, obwohl sie die Unterstützung der Rebellen moralisch befürwortete? Die Arbeit analysiert dieses scheinbar widersprüchliche Verhalten anhand des neolibaralen Ansatzes von Andrew Moravcsik.
- Widersprüchliches Verhalten der deutschen Bundesregierung bezüglich der Libyen-Intervention.
- Anwendung des Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik zur Erklärung des deutschen Verhaltens.
- Analyse des innenpolitischen Kontextes in Deutschland (öffentliche Meinung, FDP-Situation).
- Bewertung der Kompatibilität des neolibaralen Modells mit den Ereignissen in Libyen.
- Die Rolle gesellschaftlicher Strukturen und Interessen auf die deutsche Außenpolitik.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Widersprüchlichkeit im Verhalten der Bundesregierung: Dieses Kapitel beschreibt die überraschende Enthaltung Deutschlands bei der UN-Sicherheitsratsabstimmung zur Intervention in Libyen im März 2011. Es hebt den scheinbaren Widerspruch zwischen der deutschen moralischen Unterstützung der Rebellen und der Ablehnung einer militärischen Intervention hervor. Die Einleitung skizziert die politischen Reaktionen auf die deutsche Entscheidung, sowohl national als auch international, und betont die kritische Auseinandersetzung mit dem deutschen Verhalten im Kontext des transatlantischen Bündnisses. Das Kapitel legt den Grundstein für die folgende Analyse, indem es die zentrale Forschungsfrage formuliert und die Notwendigkeit einer vertieften Untersuchung unterstreicht.
2. Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik: Dieses Kapitel präsentiert den theoretischen Rahmen der Arbeit: den Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik. Es erläutert die Grundannahmen des Ansatzes, der den Fokus auf die gesellschaftlichen Strukturen und Interessen legt, die das außenpolitische Handeln eines Staates prägen. Im Gegensatz zum Neorealismus, der Staaten als einheitliche Akteure betrachtet, betont der Neoliberalismus die Rolle der Gesellschaft bei der Definition nationaler Interessen und der Präferenzbildung. Das Kapitel beschreibt Moravcsiks drei zentrale Annahmen und legt die Basis für die Anwendung dieses theoretischen Modells auf den Fall der Libyen-Intervention.
3. Revolution in Libyen und Entscheidung im Sicherheitsrat: Dieses Kapitel wird voraussichtlich die Ereignisse in Libyen detailliert beschreiben, beginnend mit dem Ausbruch der Arabischen Revolution und dem Aufstand gegen Gaddafi. Es wird die Eskalation der Situation und die Debatten im UN-Sicherheitsrat analysieren, die zur Resolution 1973 führten. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Kontextes, in dem Deutschland seine Entscheidung traf.
4. Innenpolitischer Kontext Deutschlands: Dieses Kapitel untersucht den innenpolitischen Kontext Deutschlands zur Zeit der Libyen-Intervention. Es analysiert die öffentliche Meinung in Deutschland, die vorwiegend gegen ein militärisches Eingreifen war, und die Situation der FDP, einer der Regierungsparteien. Es wird untersucht, wie die sozialen Überzeugungen der Bevölkerung und die Kostenkalkulationen der Regierung die Entscheidung Deutschlands beeinflusst haben. Dieses Kapitel verdeutlicht die innenpolitischen Zwänge und die Kompromissfindung innerhalb der deutschen Regierung.
Schlüsselwörter
Libyen-Intervention, UN-Sicherheitsrat, Enthaltung Deutschlands, Neoliberalismus, Andrew Moravcsik, Innenpolitik, Außenpolitik, transatlantisches Bündnis, öffentliche Meinung, gesellschaftliche Interessen, Staatspräferenzen, Arabischer Frühling.
FAQ: Analyse der deutschen Enthaltung bei der Libyen-Intervention 2011
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Enthaltung Deutschlands bei der UN-Sicherheitsratsabstimmung zur Intervention in Libyen im März 2011. Die zentrale Frage ist: Warum enthielt sich Deutschland der Stimme, obwohl es die Rebellen moralisch unterstützte?
Welchen theoretischen Ansatz verwendet die Arbeit?
Die Arbeit verwendet den neolibaralen Ansatz von Andrew Moravcsik. Dieser Ansatz betont die Rolle gesellschaftlicher Strukturen und Interessen bei der Präferenzbildung und dem außenpolitischen Handeln von Staaten.
Welche Aspekte werden untersucht?
Die Analyse umfasst das widersprüchliche Verhalten der deutschen Bundesregierung, die Anwendung des neolibaralen Modells auf den Fall Libyen, den innenpolitischen Kontext (öffentliche Meinung, Situation der FDP), die Kompatibilität des Modells mit den Ereignissen und den Einfluss gesellschaftlicher Strukturen auf die deutsche Außenpolitik.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: 1. Widersprüchlichkeit im Verhalten der Bundesregierung; 2. Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik; 3. Revolution in Libyen und Entscheidung im Sicherheitsrat; 4. Innenpolitischer Kontext Deutschlands. Zusätzlich gibt es ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte sowie Schlüsselwörter.
Was wird im Kapitel "Widersprüchlichkeit im Verhalten der Bundesregierung" behandelt?
Dieses Kapitel beschreibt die deutsche Enthaltung bei der UN-Abstimmung und den scheinbaren Widerspruch zwischen moralischer Unterstützung der Rebellen und Ablehnung militärischer Intervention. Es skizziert die politischen Reaktionen und formuliert die zentrale Forschungsfrage.
Was wird im Kapitel "Neoliberalismus nach Andrew Moravcsik" behandelt?
Dieses Kapitel erläutert den neolibaralen Ansatz von Moravcsik, der die gesellschaftlichen Strukturen und Interessen als prägend für das außenpolitische Handeln sieht. Es beschreibt Moravcsiks drei zentrale Annahmen und bildet die Grundlage für die Anwendung des Modells.
Was wird im Kapitel "Revolution in Libyen und Entscheidung im Sicherheitsrat" behandelt?
Dieses Kapitel beschreibt detailliert die Ereignisse in Libyen, den Aufstand gegen Gaddafi, die Eskalation der Situation und die Debatten im UN-Sicherheitsrat, die zur Resolution 1973 führten.
Was wird im Kapitel "Innenpolitischer Kontext Deutschlands" behandelt?
Dieses Kapitel analysiert die öffentliche Meinung in Deutschland (Ablehnung militärischen Eingreifens), die Situation der FDP und den Einfluss sozialer Überzeugungen und der Kostenkalkulation der Regierung auf die deutsche Entscheidung.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind Libyen-Intervention, UN-Sicherheitsrat, Enthaltung Deutschlands, Neoliberalismus, Andrew Moravcsik, Innenpolitik, Außenpolitik, transatlantisches Bündnis, öffentliche Meinung, gesellschaftliche Interessen, Staatspräferenzen und Arabischer Frühling.
- Quote paper
- Pauline Meinke (Author), 2013, Die Lybien-Intervention. Warum sich Deutschland im Sicherheitsrat enthalten hat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272698