Nach nunmehr fast drei Jahren Entwicklungszeit des Crowdinvesting in Deutschland und Europa ist es unseres Erachtens an der Zeit, eine Vorausschau über das etwaige Potenzial des Crowdinvesting als Finanzierungsinstrument für Unternehmen vorzunehmen. Wir selbst haben im Rahmen unserer Forschungsarbeiten zum Phänomen des Crowdinvesting die Verbesserungspotenziale in der rechtlichen und prozessualen Durchführung erschöpfend erörtert und dabei die Crowdinvesting Szene in Deutschland intensiv beobachtet und untersucht . Auf wissenschaftlicher Basis wurden von uns Szenarien entwickelt und begründete Vorhersagen alternativer Anwendungsfelder des Crowdinvesting vorgenommen. Weitestgehend sind diese eingetreten oder entwickeln sich derzeit. Änderungen in der Portfoliopolitik der Crowdinvesting Plattformen zu Gunsten technologieorientierter, aber auch speziell zu Gunsten des Bereichs erneuerbarer Energien werden vorgenommen. Voraussichtlich werden auch Investitionen in den Bereichen Real Estates und kommunaler Investitionen zukünftig vermehrt durch Crowdinvesting finanziert werden können. All das trägt einerseits zu einer Reduzierung der erheblichen Risiken des Crowdinvesting für den Kleinanleger bzw. Crowdinvestor bei, andererseits zu einer Etablierung dieser modernen und digitalen Finanzierungsform als nachhaltiges Finanzierungsinstrument. Crowdinvesting erreicht für die Internetökonomie einen wesentlichen Entwicklungsschritt. In dem folgenden Aufsatz beschäftigen wir uns losgelöst von Fragen der Prozessstruktur und der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Crowdinvesting mit der Frage, in welchem Umfang eigentlich Crowdinvesting mittel- und langfristig angewendet werden könnte und welches Potenzial sich daraus ergibt. Wir nehmen in diesem Zusammenhang an, dass sich zukünftige Crowdinvestoren aus dem Bestand der Kleinanleger und (Klein-)Aktionäre rekrutieren werden. Unstrittig ist, dass das bisherige, über Crowdinvesting erzielte Finanzierungsvolumen bei Weitem nicht ausreichen wird, Crowdinvesting zu einem nachhaltigen Finanzierungsinstrument für Unternehmen des (deutschen) Mittelstandes zu entwickeln.
Abstrakt
Nach nunmehr fast drei Jahren Entwicklungszeit des Crowdinvesting in Deutschland und Europa ist es unseres Erachtens an der Zeit, eine Vorausschau über das etwaige Potenzial des Crowdinvesting als Finanzierungsinstrument für Unternehmen vorzunehmen. Wir selbst haben im Rahmen unserer Forschungsarbeiten zum Phänomen des Crowdinvesting die Verbesserungspotenziale in der rechtlichen und prozessualen Durchführung erschöpfend erörtert und dabei die Crowdinvesting Szene in Deutschland intensiv beobachtet und untersucht[1]. Auf wissenschaftlicher Basis wurden von uns Szenarien entwickelt und begründete Vorhersagen alternativer Anwendungsfelder des Crowdinvesting vorgenommen. Weitestgehend sind diese eingetreten oder entwickeln sich derzeit. Änderungen in der Portfoliopolitik der Crowdinvesting Plattformen zu Gunsten technologieorientierter, aber auch speziell zu Gunsten des Bereichs erneuerbarer Energien werden vorgenommen.[2] Voraussichtlich werden auch Investitionen in den Bereichen Real Estates und kommunaler Investitionen zukünftig vermehrt durch Crowdinvesting finanziert werden können. All das trägt einerseits zu einer Reduzierung der erheblichen Risiken des Crowdinvesting für den Kleinanleger bzw. Crowdinvestor bei, andererseits zu einer Etablierung dieser modernen und digitalen Finanzierungsform als nachhaltiges Finanzierungsinstrument. Crowdinvesting erreicht für die Internetökonomie einen wesentlichen Entwicklungsschritt. In dem folgenden Aufsatz beschäftigen wir uns losgelöst von Fragen der Prozessstruktur und der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Crowdinvesting mit der Frage, in welchem Umfang eigentlich Crowdinvesting mittel- und langfristig angewendet werden könnte und welches Potenzial sich daraus ergibt. Wir nehmen in diesem Zusammenhang an, dass sich zukünftige Crowdinvestoren aus dem Bestand der Kleinanleger und (Klein-)Aktionäre rekrutieren werden. Unstrittig ist, dass das bisherige, über Crowdinvesting erzielte Finanzierungsvolumen[3] bei Weitem nicht ausreichen wird, Crowdinvesting zu einem nachhaltigen Finanzierungsinstrument für Unternehmen des (deutschen) Mittelstandes zu entwickeln.
Keywords: Crowdinvesting, Aktien, Kleinanleger, Digital Financing, Corporate Financing, kollektive Intelligenz, Crowdfunding, Crowdfinancing.
Einführung
Die Crowdinvesting Szene in Deutschlands hat sich seit 2011 dynamisch entwickelt und verfolgt das Ziel, insbesondere Startups zu finanzieren. Gerade hinsichtlich der Finanzierung von Startups herrscht bei den hiesigen Banken eine restriktive Kreditvergabepolitik. Dieser Umstand bietet Raum für die weitere Entwicklung der digitalen Finanzierung mittels Crowdinvesting. Die restriktive Kreditvergabepolitik der Banken könnte sich auch wegen der strengeren Regel von BASEL III generell negativ auf die Finanzierungssituation mittelständischer Unternehmen auswirken.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Crowdinvesting sind in Deutschland suboptimal, mit der Folge, dass die am Markt agierenden Crowdinvesting Plattformen rechtliche Schlupflöcher in einer rechtlichen Grauzone nutzen, um ein entsprechendes Finanzierungsvolumen darstellen zu können. Weder die derzeit rechtliche Kontingentierung von Beteiligungen ohne kostspielige Prospektpflicht auf 100.000 Euro je Crowdinvesting Projekt, noch die Nutzung der rechtlichen Gestaltung über Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen (rechtliche Schlupflöcher) tragen dazu bei, dass sich in Deutschland Crowdinvesting vernünftig weiterentwickeln kann.[4] Somit beschränkt sich Crowdinvesting aktuell weitestgehend auf die Finanzierung kleiner wenig technologieorientierter Startups. Untersucht man die Aktienlandschaft in Deutschland, kann man Schlussfolgerungen auf das mittelfristige Potenzial für Crowdinvesting ziehen, oder zumindest vorsichtige Prognosen abgeben. Bis einschließlich März 2014 wurden seit 2011 in Deutschland mittels Crowdinvesting lediglich ca. 23 Mio. Euro finanziert.[5] Sofern sich Crowdinvesting auch zur Finanzierung bestehender mittelständischer Unternehmen eignen sollte, stellt sich die Frage, inwieweit es seitens der in Deutschland vorhandnen Aktionäre genug Potenzial gibt, einen entsprechenden Finanzierungsbedarf abzudecken. Hierzu ist es erforderlich, die Aktionärsstruktur in Deutschland zu untersuchen, um mit den Ergebnissen Rückschlüsse auf eine etwaige gemeinsame Schnittmenge von Finanzierungsbedarf und Finanzierungsbereitschaft zu finden. Zunächst soll in diesem Aufsatz nur auf die Finanzierungsbereitschaft und das sich ergebende Finanzierungsvolumen (Crowdinvesting Capital) eingegangen werden. In einem der folgenden Aufsätze werden wir die Zielgruppe der Unternehmen und deren Finanzierungsbedarf untersuchen. Maßgebliche Datenbasis unserer folgenden Ausführungen bilden die statistischen Erhebungen des Deutschen Aktieninstituts[6]. Wir gehen dabei zunächst auf das typisierende Profil eines Crowdinvestors ein. Daran schließt sich die Untersuchung der Kleinanleger-Strukturen und des Aktieninteresses in Deutschland an. Dieser folgen Überlegungen zur Ausgestaltung der Informationspolitik für Crowdinvesting, mit dem Ziel, die Wahrnehmung dieses Phänomens bei den vorhandenen Aktionären zu erhöhen. Zum Ende des Aufsatzes hin bewerten wir die demographische Zusammensetzung der Aktionäre in Deutschland und erörtern eine etwaige Schnittmenge zu den entsprechenden Verhältnissen auf Seiten der bisherigen Crowdinvestoren und geben einen Ausblick über das Crowdinvesting Potenzial der Zukunft. Unabhängig davon wird es zukünftig Crowdinvestoren geben, die bisher nicht in Aktien investiert haben und vielmehr vom Phänomen des Crowdinvesting als neue Internet-Bewegung angetan sein könnten.
Profil des typischen Crowdinvestors
Den letzten Umfrageergebnissen der deutschen Crowdinvesting Plattform Seedmatch[7] zu Folge ist der typische Crowdinvestor im Durchschnitt 37 Jahre alt und hat sich bisher bei 2,6 Crowdinvesting Projekten (jedoch nur Startups) finanziell mit einem Gesamtbetrag von 1.996 Euro engagiert. Das durchschnittliche Finanzierungsprojekt umfasst je Startup, das mittels Crowdinvesting finanziert wurde, 217 Crowdinvestoren und 237 Einzelinvestments bei einem Gesamtvolumen von durchschnittlich ca. 170 TEUR.[8] Dieses Investoren Profil wird sich im lauf des Jahres 2014 sicher noch verändern, auch vor dem Hintergrund, dass Seedmatch, aber auch andere deutsche Crowdinvesting Plattformen, die rechtliche Grauzone der Nachrangdarlehen bzw. partiarische Darlehen[9] nutzen und dadurch die Finanzierungvolumina im Vergleich zu den ursprünglichen auf 100 TEUR begrenzen Finanzierungsvarianten mittels stiller Beteiligungen bzw. partiarischer Darlehen nach oben hin geöffnet haben. Über die Sonderstellung des Crowdinvesting Plattformbetreibers Bergfürst AG aus Berlin, der über eine eigene Bafin Lizenz verfügt und einen eigenen Crowdinvesting Aktienhandelsplatz initiiert und implementiert hat liegen derzeit hinsichtlich dessen Anlegerprofils noch keine verwertbaren statistischen Zahlen vor. Bergfürst konnte immerhin bei seinem bisher einzigen Crowdinvesting Projekt rund 3 Mio. Euro an Aktienkapital einwerben und dabei ein bestehendes Unternehmen mit Sitz in Deutschland (Urbanara AG) mit Aktienkapital ausstatten.
Die Erhebung von Seedmatch bezieht sich auf den Auswertungszeitraum bis zum 30.06.2013. Laut Angaben von Seedmatch sind ca. 89 % der Investoren männlich. Zur Risikostreuung hat sich je Investor die Anzahl der Investments in Startups von 2,5 auf 2,6 erhöht. Selektiv hat sich im ersten Quartal 2013 die Zahl weiter auf 2,9 Investments erhöht. Man kann davon ausgehen, dass womöglich die Sensibilisierung hinsichtlich des Risikos beim Crowdinvesting durch Streuung der Engagements bei den Investoren zugenommen hat.[10]
Kleinanleger-Strukturen in Deutschland
Wenn man für das zukünftige Finanzierungsvolumen des Crowdinvesting eine Vorhersage treffen möchte, kann dies nur unter den folgenden Annahmen erfolgen:
[...]
[1] Vgl. Schenk, R., Opportunities and Threats of Crowdinvesting, April 2014, veröffentlicht erst im Juli 2014.
[2] Schenk, R., The Future of Crowdinvesting, Grin Verlag, München, 2014.
[3] Bis zum 31.03.2014 wurden in Deutschland insgesamt 22,67 Mio. Euro mittels Crowdinvesting investiert. Vgl. http://www.fuer-gruender.de/kapital/eigenkapital/crowd-investing/monitor/ retrieved 18/04/2014.
[4] Vgl. Schenk, R., Crowdinvesting in Deutschland - rechtliche Aspekte, München 2012
[5] Vgl. http://www.fuer-gruender.de/kapital/eigenkapital/crowd-investing/monitor/, retrieved 18/04/2014.
[6] Deutsches Aktieninstitut e.V., Niedenau 13-19, 60325 Frankfurt am Main.
[7] Seedmatch GmbH mit Sitz in Dresden/Germany.
[8] Vgl. http://blog.seedmatch.de/2013/07/10/seedmatch-in-zahlen-618-prozent-mehr-investitionen-in-innovative-unternehmen/ retrieved 18/04/2014.
[9] Mit qualifizierter Nachrangabrede zwischen dem „Beteiligungs“-Unternehmen und den Crowdinvestoren, die noch weniger Rechte der Crowdinvestoren indiziert als bisher über die rechtlich limitierte Beteiligungsform typisch stille Beteiligung bzw. unverbrieftes Genussrecht. Wir hatten indessen bereits vor der Anwendung der Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen auf diese rechtliche „Schlupflochgestaltung“ hingewiesen, die dann auch von Seedmatch und anderen Betreibern von Crowdinvesting Plattformen zur Anwendung kam.
[10] Vgl. http://blog.seedmatch.de/2013/07/10/seedmatch-in-zahlen-618-prozent-mehr-investitionen-in-innovative-unternehmen/ retrieved 18/04/2014.
- Arbeit zitieren
- Rainer Schenk (Autor:in), 2014, Crowdinvesting als neue Aktienkultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272675
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