Von der Industriegesellschaft zur Wis-sensgesellschaft – die „neue“ Klassenge-sellschaft?
1. Einleitung
Wie ist die Gesellschaft, in der wir leben, zu charakterisieren? Die Antworten auf diese Frage fallen sehr unterschiedlich aus. Neben Begriffen wie Risikogesellschaft, Klassengesellschaft, Industriegesellschaft, Dienstleistungsgesellschaft, Kommunikationsgesellschaft, Erlebnisgesellschaft oder Multioptionsge-sellschaft ist vor allem der Begriff der Informationsgesellschaft und der Wissensgesellschaft in den letzen Jahren verstärkt in den Vordergrund gerückt.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den durch den Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft bedingten Veränderungen, die in allen oder zumindest den meisten gesellschaftlichen Bereichen zu spüren sind und so einen gesamtgesellschaftlichen Wandel bedingen.
In dieser Arbeit sollen genauer die Auswirkungen auf die Bildung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitswelt betrachtet werden, die der Wandel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft mit sich bringt.
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Inhalt
1. Einleitung
2. Von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft
2.1. Herausforderungen an die Ökonomie und Arbeitswelt
2.2. Herausforderungen an Bildung und Wissen
3. Die Risiken der Wissensgesellschaft
4. Polarisierung durch Wissen
5. Die Wissensgesellschaft als „neue“ Klassengesellschaft?
Literatur
1. Einleitung
Wie ist die Gesellschaft, in der wir leben, zu charakterisieren? Die Antworten auf diese Frage fallen sehr unterschiedlich aus. Neben Begriffen wie Risikogesellschaft, Klassengesellschaft, Industriegesellschaft, Dienstleistungsgesellschaft, Kommunikationsgesellschaft, Erlebnisgesellschaft oder Multioptionsgesellschaft ist vor allem der Begriff der Informationsgesellschaft und der Wissensgesellschaft in den letzen Jahren verstärkt in den Vordergrund gerückt.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den durch den Übergang von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft bedingten Veränderungen, die in allen oder zumindest den meisten gesellschaftlichen Bereichen zu spüren sind und so einen gesamtgesellschaftlichen Wandel bedingen.
In dieser Arbeit sollen genauer die Auswirkungen auf die Bildung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitswelt betrachtet werden, die der Wandel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft mit sich bringt.
2. Von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft
„Die Industriegesellschaft, […], wird gegen Ende des 20. Jahrhunderts von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Veränderungen erfasst, die in ihrer Summe und Qualität den Übergang zu einer neuen Gesellschaftsformation signalisieren und vergleichbar der Transformation von der Agrar- zur Industriegesellschaft sind.“[1]
„Von einer Wissensgesellschaft oder einer wissensbasierten Gesellschaft lässt sich sprechen, wenn die Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft so von wissensabhängigen Operationen durchdrungen sind, dass die Informationsverbreitung, symbolische Analyse und Expertensysteme gegenüber anderen Faktoren der Reproduktion vorrangig werden. „[2]
Den Begriff „Wissensarbeiter“ verwendete 1959 der Managementtheoretiker, Peter F. Druckerstand in seinem Buch „Landmarks of Tomorrow“ erstmalig und 1969 führte er in dem Buch „The Age of Discontinuity“ den Begriff der Wissensgesellschaft ein. Diese Gesellschaft sei dadurch gekennzeichnet, das dass Wissen die Quelle von Produktivität, Wachstum und sozialer Ungleichheit sei und nicht die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden.[3]
Daran schließt sich Daniel Bells „postindustrielle Wissensgesellschaft“ an, die er durch die zentrale Stellung des theoretischen Wissens und durch zunehmende Wissensabhängigkeit gekennzeichnet:
„Die nachindustrielle Gesellschaft ist in zweifacher Hinsicht eine Wissensgesellschaft einmal, weil sich auf Grund der zentralen Stellung des theoretischen Wissens eine neue Beziehung zwischen Wissenschaft und Technologie herausgebildet hat, und zum anderen, weil die Gesellschaft – wie aus dem aufgewandten höheren Prozentsatz des Bruttosozialprodukts und dem steigenden Anteil der auf diesem Sektor Beschäftigten ersichtlich – immer mehr Gewicht auf das Gebiet des Wissens legt.“[4]
War das axiale Prinzip der Industriegesellschaft die industrielle Produktion, soll das der nachindustriellen Gesellschaft die „Zentralität theoretischen Wissens als Quelle von Innovationen aus Ausgangspunkt der gesellschaftlich-politischen Programmatik [sein].“[5]
Daniel Bell schreibt den Gruppen, die über Wissen verfügen und dieses anwenden, eine zentrale Machtstellung zu. In erster Linie, denkt er an die Ingenieure, die Naturwissenschaftler, und andere Gruppen von Wissenschaftlern, wie auch an Intellektuelle und Künstler allgemein.[6]
In den 1980er Jahren wies Peter Drucker darauf hin, dass Wissen für die Wirtschaft unter drei Gesichtspunkten zunehmend an Bedeutung gewinne: Erstens für die Verbesserung der bestehenden Produkte und Dienstleistungen, zweitens für die Entwicklung und Herstellung neuer Produkte und drittens wird Wissen wichtig, um neues Wissen zu schaffen.
Das Wissen bildet einen neuen Sektor in der Drei-Sektoren-Hypothese[7]. Die drei klassischen Wirtschaftssektoren bestehen aus dem primären Sektor, der Tätigkeiten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, der Viehhaltung und der Fleischerei beinhaltet; dem sekundären Sektor, der als Industriesektor bezeichnet wird und die industrielle Produktion zusammenfasst; und dem tertiären Sektor, den Dienstleistungssektor, der den Handel, die Dienstungen und das Handwerk umschließt.[8] Die einzelnen Sektoren verlieren immer mehr an Bedeutung. Die Güternachfragen im primären Sektor sind zwar weitgehend konstant, jedoch sinken die Beschäftigten hier stetig. In der Industriegesellschaft sind im sekundären Sektor die meisten Menschen tätig, jedoch werden auch hier bedingt durch technische Neuerungen und Kapitaleinsatz stetig Arbeitskräfte freigesetzt.
Das Drei-Sektoren-Modell wird nun um einen vierten Sektor einen Wissenssektor erweitert. Auch dieser Sektor gewinnt in dem Masse an Bedeutung indem der primäre und sekundäre Sektor zurückgeht. In der Industriegesellschaft war geprägt vom Einsatz von Kapital und Energie zur Wissensproduktion. In der Wissensgesellschaft spielt theoretisches Wissen als umwandelnde Kraft eine wesentliche Rolle. „War die Industriegesellschaft eine Güterproduzierende, so ist die nachindustrielle Gesellschaft eine Informationsgesellschaft“.[9] Der neue Stellenwert des Wissens erklärt Bell aus dem exponentiellen Wachstum des „Wissensumfangs“ und der steigenden „Verzweigung“ und Differenzierung des Wissens.
2.1 Herausforderungen an die Ökonomie und Arbeitswelt
Im Zentrum der Wissensgesellschaft steht nicht mehr die arbeitsteilige, hierarchisch organisierte Massenproduktion von Waren durch lohnabhängig Beschäftigte, wie sie in der Industriegesellschaft vorherrschte, neben ihnen tritt eine Vielzahl von selbstständigen und abhängigen Erwerbstätigen mit flexiblen Zeit-, Aufgaben- und Entlohnungsstrukturen.[10] Um die Herstellung von Gütern gruppieren sich „wissensintensivere“ produktionsbegleitende Dienstleistungen, wie Forschung und Entwicklung, Design, Logistik, Marketing, Beratung und Service.[11] Es ist also ein neues Wertschöpfungssystem entstanden, dass nicht mehr auf die Anwendung von Muskelkraft beruht, sondern auf Information. Das bedeutet eine stärkere Verlagerung von der Hand- zur Kopf- oder zur Wissensarbeit. Wissensarbeit ist dadurch gekennzeichnet, „daß das relevante Wissen (1) kontinuierlich revidiert, (2) permanent als verbesserungsfähig angesehen, (3) prinzipiell nicht als Wahrheit, sondern als Ressource betrachtet wird und (4) untrennbar mit Nichtwissen gekoppelt ist, so daß mit Wissensarbeit spezifische Risiken verbunden sind.“[12] Wissensarbeit ist also nicht einfach mit Kopfarbeit gleichzusetzen. Ob eine Tätigkeit als Wissens- oder Nicht-Wissensarbeit einzustufen ist, hängt (a) vom Bezugsproblem und (b) vom Komplexitätsgrad des Arbeitsprozesses bzw. -resultats ab. Das Resultat geistiger Arbeit ist objektivierend. Objektivierende Arbeit verändert nie direkt etwas am Problem, das gelöst werden soll, sondern liefert erst Zwischenschritte in Form von Symbolen oder Objekten.
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[1] Kneer/Nassehi Schroer 2000. S. 205
[2] Wilke, H. 1998. S. 355
[3] Vgl. Drucker, Peter F. 1994.
[4] Bell, D. 1985. S. 219
[5] Ebd. S. 32
[6] Ebd.
[7] Nach Colin Clark bzw. Jean Fourastié
[8] Vgl. Wagner, R. 1996. S. 2ff.
[9] Bell, D. 1985. S. 353
[10] Sennett, R. 1998.
[11] Vgl. Bittlingmayer U. 2001. S. 15-22
[12] Willke, H. 1998. S. 21
- Arbeit zitieren
- Jennifer Moczko (Autor:in), 2003, Von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft - die "neue" Klassengesellschaft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27196
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