Produkte und Leistungen gewinnen das Vertrauen von Konsumenten erst dann, wenn sie dauerhaft mit einer hohen Qualität überzeugen. Eine Universität, wie jede andere Bildungseinrichtung, ist in der Regel bestrebt, hohe Qualität in Lehre und Forschung zu erreichen. Die Qualität in diesen Bereichen lässt sich in erster Linie mit Hilfe ihrer Kernleistungen - einer exzellenten Forschung und einer hervorragenden Lehre, als sogenannte harte Faktoren, erreichen. Wichtig ist allerdings auch die Berücksichtigung der sogenannten weichen Faktoren: Diese beeinflussen, wie die Universität mit ihren Leistungen von der Gesellschaft bzw. von den relevanten Anspruchsgruppen wahrgenommen wird und wie die Qualität der Universitätsleistungen bewertet wird.
Eine Universität hebt sich von den anderen ab, wenn es ihr gelingt, die Qualität ihrer Leistungen dauerhaft zu sichern und eine Verbesserung kontinuierlich anzustreben. In den Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbs auf dem nationalen und internationalen Bildungsmarkt, ist es nicht ausreichend, nur qualitätsorientiert zu arbeiten, sondern es ist notwendig, die Universitätsumwelt über die hervorragenden Leistungen und Erfolge der Universität zu informieren. Über welche Kanäle diese Information vermittelt wird und welche strategischen Instrumente dafür eingesetzt werden sollen, um sich von den Wettbewerbern zu unterscheiden, stellt eine neue Herausforderung für die Universitäten dar.
Professoren und Studierende sind das Potenzial und die Stärke jeder Universität. Vom Kenntnisniveau und dem Engagement der Professoren hängt die Qualität der Lehre und der Forschung ab, die eine Universität von den anderen unterscheidet. Die Professoren sind auch diejenigen, die die Studierenden motivieren und zu ihrer Entfaltung als Persönlichkeiten beitragen können. Aus diesem Grund sind die Universitäten bemüht, die besten Professoren bzw. Wissenschaftler anzuziehen und sie dauerhaft zu binden. Die Frage nach Bindung und dem Engagement der Professoren ist für eine Universität nicht nur Ergebnis materieller Vorteile, sondern Ergebnis komplexer Einflussfaktoren. Die Gemeinschaft der Lehrenden ist prägend für die „Persönlichkeit“ bzw. Kultur der Universität. […] Es wird von dem Management einer Universität erwartet, die Entfaltung dieser Kultur in die Richtung zu lenken, welche der Universität hilft, auf dem Bildungsmarkt sich von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Die Studierenden sind dabei Vermittler dieser Universitätskultur nach außen.
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Die Problemstellung und die Zielsetzung
1.2 Der Aufbau der Arbeit und die methodische Vorgehensweise
2 Zum Begriff und Situation der Universität
2.1 Zum Begriff der Universität
2.2 Eine funktionsorientierte Definition des Universitätsbegriffs
2.3 Zur gesellschaftlichen Bedeutung einer Universität
2.4 Zur aktuellen Situation auf dem Bildungsmarkt
3 Hochschulmarketing im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Wettbewerbsfähigkeit
3.1 Die Ziele des Hochschulmarketings
3.2 Die neuen Herausforderungen für Universitäten
3.3 Das ganzheitliche Hochschulmarketing
3.4 Die Universität als Dienstleister
3.5 Zum Vertrauen im Markenbildungsprozess
4 Identitätsorientierte Markenführung einer Universität
4.1 Der begriffliche Rahmen der Marke
4.2 Das Konzept einer identitätsorientierten Markenführung
4.2.1 Die Markenidentität als Aussagekonzept der Marke
4.2.2 Das Markenimage als Akzeptanzkonzept der Marke
4.2.3 Die Markenpositionierung
4.3 Von der Markenidentität zum Aufbau von Vertrauen
5 Implementierung einer identitätsorientierten Markenführung
5.1 Der Aufbau und die Stärkung einer Marke mittels des Behavior Branding-Ansatzes
5.2 Die Konzeption des Behavioral Branding
5.3 Die Herausforderungen für das Behavioral Branding
6 Die Markenlandschaft der deutschen Universitäten
6.1 Leitbild, Logo und Markenname als Vermittler der Werte einer Universität
6.2 Eine Kategorisierung deutscher Universitäten
6.2.1 Universitäten mit Tradition
6.2.2 Universitäten der Nachkriegszeit
6.2.3 Universitäten der 60er und 70er Jahre
6.2.4 Neue Universitäten
6.3 Kriterien für eine erfolgreiche Identitätsvermittlung einer Universität
6.4 Die Universität Kassel als Marke
6.4.1 Das Selbstbild der Universität Kassel
6.4.2 Das Fremdbild der Universität Kassel
6.4.3 Die Perspektiven der Universität Kassel
7 Empirische Untersuchung
7.1 Datenerhebung
7.2 Interviewpartner
7.2.1 Akquisition
7.2.2 Durchführung der Datenerhebung
7.3 Erhebungsmethode
7.3.1 Das problemzentrierte Interview als Erhebungsmethode
7.3.2 Der Interviewleitfaden
7.3.3 Die Hypothesenbildung
7.3.4 Die Zielsetzung einzelner Fragen des Interviews
7.4 Datenauswertung
7.4.1 Die formalen und inhaltlichen Charakteristika des Datenmaterials
7.4.2 Qualitative Inhaltsanalyse
7.5 Die Ergebnisse und Diskussion der empirischen Untersuchung
7.5.1 Prüfung der Hypothesen und Diskussion der Ergebnisse
7.5.2 Kritische Anregungen und Vorschläge der Interviewten
8 Konstruktion einer Marke für eine Universität
9 Schlussbetrachtung
9.1 Fazit
9.2 Empfehlungen und Ausblick
Literatur- und Internetquellenverzeichnis
Anhang
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
A. Abbildungen
1. Abbildung 1: Anspruchsspektrum im Hochschulmarketing
2. Abbildung 2: Elemente aus Markendefinitionen
3. Abbildung 3: Grundidee des identitätsorientierten Markenmanagements
4. Abbildung 4: Komponenten der Markenidentität
5. Abbildung 5: Komponenten des Markenimages
6. Abbildung 6: Zusammenhang zwischen Identität und Image der Marke
7. Abbildung 7: Interaktivitätspotenzial verschiedener Medien
8. Abbildung 8: Behavioral-Branding-Lückenanalyse
9. Abbildung 9: Markenverständnis und Markencommitment
10. Abbildung 10: Service Brand Modell
B. Tabellen:
1. Tabelle 1a: Universitäten mit Tradition
2. Tabelle 1b: Universitäten mit Tradition
3. Tabelle 2: Universitäten der Nachkriegszeit
4. Tabelle 3: Universitäten der 60er und 70er Jahre
5. Tabelle 4: Neue Universitäten
6. Tabelle 5: Ziele der einzelnen Fragen für die empirische Untersuchung
7. Tabelle 6: Rolle des Hochschulmarketings
8. Tabelle 7: Marketingverständnis der Befragten
9. Tabelle 8: Marketingziele und Werte
10. Tabelle 9: Abrufen der aktuellen Vision
11. Tabelle 10: Weiche Kompetenzen der Lehrenden als Wettbewerbsfaktor
12. Tabelle 11: Markenbotschafter einer Universität
13. Tabelle 12: Positive Kritik der aktuellen Vision der Universität Kassel
14. Tabelle 13: Negative Kritik der aktuellen Vision der Universität Kassel
15. Tabelle 14: Verbesserungsvorschläge und Ideen der Dekane zu der Vision Vision der Universität Kassel
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Universitäten werden zu dem, was die Professoren und Studenten aus ihnen machen.
Gero Lenhardt
Produkte und Leistungen gewinnen das Vertrauen von Konsumenten erst dann, wenn sie dauerhaft mit einer hohen Qualität überzeugen. Eine Universität, wie jede andere Bildungseinrichtung, ist in der Regel bestrebt, hohe Qualität in Lehre und Forschung zu erreichen. Die Qualität in diesen Bereichen lässt sich in erster Linie mit Hilfe ihrer Kernleistungen - einer exzellenten Forschung und einer hervorragenden Lehre, als sogenannte harte Faktoren, erreichen. Wichtig ist allerdings auch die Berücksichtigung der sogenannten weichen Faktoren: Diese beeinflussen, wie die Universität mit ihren Leistungen von der Gesellschaft bzw. von den relevanten Anspruchsgruppen wahrgenommen wird und wie die Qualität der Universitätsleistungen bewertet wird.
Eine Universität hebt sich von den anderen ab, wenn es ihr gelingt, die Qualität ihrer Leistungen dauerhaft zu sichern und eine Verbesserung kontinuierlich anzustreben. In den Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbs auf dem nationalen und internationalen Bildungsmarkt, ist es nicht ausreichend, nur qualitätsorientiert zu arbeiten, sondern es ist notwendig, die Universitätsumwelt über die hervorragenden Leistungen und Erfolge der Universität zu informieren. Über welche Kanäle diese Information vermittelt wird und welche strategischen Instrumente dafür eingesetzt werden sollen, um sich von den Wettbewerbern zu unterscheiden, stellt eine neue Herausforderung für die Universitäten dar.
Professoren und Studierende sind das Potenzial und die Stärke jeder Universität. Vom Kenntnisniveau und dem Engagement der Professoren hängt die Qualität der Lehre und der Forschung ab, die eine Universität von den anderen unterscheidet. Die Professoren sind auch diejenigen, die die Studierenden motivieren und zu ihrer Entfaltung als Persönlichkeiten beitragen können. Aus diesem Grund sind die Universitäten bemüht, die besten Professoren bzw. Wissenschaftler anzuziehen und sie dauerhaft zu binden. Die Frage nach Bindung und dem Engagement der Professoren ist für eine Universität nicht nur Ergebnis materieller Vorteile, sondern Ergebnis komplexer Einflussfaktoren. Die Gemeinschaft der Lehrenden ist prägend für die „Persönlichkeit“ bzw. Kultur der Universität. Nach Lenhardt werden Universitäten zu dem, was die Professoren und Studierenden aus ihnen machen (vgl. Lenhardt 2005, S. 75). Es wird von dem Management einer Universität erwartet, die Entfaltung dieser Kultur in die Richtung zu lenken, welche der Universität hilft, auf dem Bildungsmarkt sich von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Die Studierenden sind dabei Vermittler dieser Universitätskultur nach außen. Eine zentrale Aufgabe der Universitätsleitung ist es, diese zwei wichtigsten Anspruchsgruppen von den Werten ihrer Universität zu überzeugen, sodass sie diese Werte weiter vermitteln und die Botschaft an die Universitätsumwelt überzeugend kommunizieren.
Mit der Bedeutung universitärer Bildung in der Wissensgesellschaft gewinnt das Thema „Universität als Marke“ als ein neues Thema an Aufmerksamkeit. Zwar befassten sich bisher nur wenige Schriften explizit mit der Konstruktion einer Universitätsmarke, jedoch gab es bereits einige Versuche, die existierenden Modelle der Markenkonstruktion auf das Beispiel einer Universität zu übertragen. Ein Beispiel dafür ist die Dissertation von Gerhard Die Hochschulmarke: Ein Konzept für die deutschen Hochschulen (2004).
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Markenbildung deutscher staatlicher Universitäten zu untersuchen. Private Hochschulen werden aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielsegmente auf dem Bildungsmarkt und Strukturen hier nicht behandelt.
Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist: Wie gelingt es einer Universität sich als eine Marke zu etablieren? Hierzu werden die aktuelle Situation auf dem Bildungsmarkt, die Problemfelder, mit welchen die deutschen Universitäten in den letzten Zeiten konfrontiert wurden, analysiert und auf Grundlage von theoretischen Konzepte zum Thema Markenmanagement gezeigt, welche Aspekte zu berücksichtigen sind, um eine erfolgreiche Universitätsmarke zu bilden.
1.1 Die Problemstellung und die Zielsetzung
Der Erwerb der wissenschaftlichen Reputation für eine Universität nimmt Zeit in Anspruch. Es sind vor allem „alte“ Universitäten, die ein hohes Renommee besitzen. Die derzeit international führenden Universitäten begannen bereits vor den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, an einem eigenen Image und dabei an ihrer Positionierung zu arbeiten. Die deutschen Universitäten verharrten dagegen lange „in der Isolation“ von der restlichen Welt (vgl. Lenhardt 2005, S. 7ff.). Ein wesentlicher Grund war, dass die universitäre Ausbildung in Deutschland anders organisiert und finanziert war, andere Aufgabenstellung, andere politische und soziale Rahmenbedingungen hatte, als zum Beispiel in den USA oder in Großbritannien. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es keinen Konkurrenzkampf zwischen den Universitäten, sie sahen sich eher als Kooperationspartner und ihr Ziel war, die regionale Nachfrage nach Studienplätzen zu befriedigen. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass die deutschen Universitäten sich in den internationalen Rankings mit Plätzen ab 50 nicht hervorheben (vgl. The Times HIGHER Education Supplement 2004). Dennoch ist die Position der deutschen Universitäten in den internationalen Rankings im weltweiten Vergleich gut. Die deutschen Universitäten liefern hervorragende Forschung und Lehre in vielen wissenschaftlichen Bereichen. Der Grund ihrer verhältnismäßig zu niedrigen Platzierung in den internationalen Rankings liegt möglicherweise in einer unzureichenden Kommunikation der eigenen Fortschritte und nicht ausreichenden internationalen Vernetzung mit anderen Universitäten weltweit. Werden in einer globalen Wissensgesellschaft Leistungen einer Universität nicht intensiv genug oder nicht an die richtigen Informationsempfänger vermittelt, besteht die Gefahr, dass die Universität ihre Leistungskraft und Attraktivität verliert. Sie zentrale Aufgabe einer Universität ist es daher, ihr Image zu verbessern, um auch zukünftig für exzellente Wissenschaftler und Studierende attraktiv zu sein.
Das Problem der schwachen Positionierung der deutschen Universitäten auf dem internationalen Bildungsmarkt wird heute dem Hochschulmanagement vieler Universitäten zunehmend bewusst. Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass den Universitäten öffentliche Mittel in Abhängigkeit von den erbrachten Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Als Folge dieser Neuerung in der Mittelvergabe verschärfte sich der Wettbewerb zwischen den staatlichen Universitäten und der Wettbewerb führt zur Notwendigkeit einer Differenzierung.
Zahlreiche Universitäten in Deutschland genießen sowohl auf dem nationalen als auch auf dem internationalen Bildungsmarkt einen guten Ruf. Dazu zählen: Universität Mannheim, Humboldt Universität zu Berlin, LMU München, Technische Universität München, Universität Heidelberg. Jedoch genießen sie nicht den gleichen Ruf, wie die deutschen Universitäten vor dem Zweiten Weltkrieg, die die Studierenden und Wissenschaftler aus der ganzen Welt wie ein Magnet angezogen haben und die angesehensten Zentren der Wissenschaft für die ganze Welt waren.
Heute gilt die Universität Harvard als die führende Universität der Welt, jedoch geht diese Positionierung hauptsächlich auf ihre Business School zurück. Das professionelle Markenmanagement dieser Universität als Ganzes führte dazu, dass heute alle Fachbereiche der Universität Harvard von der Marke „Harvard“ profitieren können und somit findet sich diese Universität in den internationalen Rankings fast immer auf den ersten Plätzen. Die Absolventen von Universitäten wie Harvard, Cambridge, Oxford, Stanford, oder anderer berühmter und sich als Marken etablierter Universitäten werden viel höher geschätzt als Absolventen weniger bekannter Universitäten. Sie finden schneller einen attraktiven Arbeitsplatz, machen hervorragende Karrieren und werden auch in der Business-Welt wegen ihres Kenntnis- und Leistungsniveaus respektiert. Der Abschluss an einer solchen Universität gilt als ein Qualitätszertifikat für einen Studierenden. Auch die Professoren und Wissenschaftler profitieren außerordentlich, wenn in ihrem Curriculum Vitae die Universität Harvard als Arbeitgeber zu finden ist. Die deutschen Universitäten stehen daher heute vor der Herausforderung, ebenfalls sich als Marke zu etablieren und einen guten Ruf auf dem nationalen und internationalen Bildungsmarkt aufzubauen.
Das zentrale Thema der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, wie eine identitätsorientierte Markenführung einer Universität entstehen kann. Dafür werden folgende Fragestellungen zentral behandelt:
- Warum ist der Aufbau einer Marke für eine Universität gerade heute besonders wichtig?
- Welche sind die grundlegenden Komponenten einer identitätsorientierten Markenführung einer Universität?
- Mit Hilfe welcher Instrumente kann die identitätsorientierte Markenführung einer Universität implementiert werden?
- Wie wird eine Universitätsmarke konstruiert?
1.2 Der Aufbau der Arbeit und die methodische Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit umfasst einen theoretischen, praktischen bzw. empirischen Teil und ist in neun Kapitel gegliedert.
Im einführenden Teil der Arbeit, in den Kapiteln zwei und drei, wird auf die Besonderheit des Begriffes Universität eingegangen, die Bedeutung der Universität in der modernen Gesellschaft erläutert und die aktuelle Marktsituation beschrieben. Das dritte Kapitel erläutert die Bedeutung des Hochschulmarketings und die neuen Herausforderungen, vor denen die Universitäten stehen. Die Universität als eine öffentliche Einrichtung wird als Dienstleister im Gesellschaftsauftrag dargestellt und in diesem Zusammenhang wird die besondere Rolle des Vertrauensaufbaus für solche Institutionen explizit erläutert.
Die theoretischen Grundlagen zum Thema Identitätsorientierte Markenführung werden im vierten Kapitel eingeführt. Es wird darauf eingegangen, was unter einer Marke verstanden wird und aus welchen wesentlichen Komponenten eine Marke besteht. Die Ausführungen beruhen auf Betrachtungen von Meffert und Burmann der zwei Perspektiven der Markenführung: Identität als Aussagekonzept und Image als Akzeptanzkonzept.
Im fünften Kapitel wird das Behavioral Branding Ansatz als ein Ansatz zur Implementierung der identitätsorientierten Markenführung vorgestellt. In diesem Ansatz wird die Betonung auf die Identifikation der Mitarbeitenden mit der Markenbotschaft der Organisation gesetzt.
Der praktische Teil wird im sechsten Kapitel eingeführt und richtet sich auf die Analyse der Markenlandschaft der deutschen Universitäten aus. Diese Analyse wird zeigen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Markenbildung der deutschen Universitäten festzustellen sind und welche Kriterien der erfolgreichen Identitätsvermittlung davon abzuleiten sind.
Die Universität Kassel dient in der vorliegenden Arbeit als Untersuchungsobjekt für eine empirische Untersuchung. Aus diesem Grund wird die Universität Kassel als Marke im sechsten Kapitel ausführlich analysiert.
Im Anschluss an den praktischen Teil der Arbeit wird im siebten Kapitel die empirische Untersuchung, die zum Thema „Universität als Marke“ für die vorliegende Arbeit durchgeführt wurde, vorgestellt. Es erfolgte eine Datenerhebung an der Universität Kassel mittels einer qualitativen Befragung zum Thema „Universität als Marke“. Die Befragung wurde auf die zentralen Themen der vorliegenden Arbeit ausgerichtet, wie z. B. die Rolle und Bedeutung des Hochschulmarketing, strategische Marketingziele der Fachbereiche, Werte der
Fachbereiche und Markenpolitik. Das Ziel der Befragung war, zu klären, inwiefern die Leitung der Fachbereiche sich mit dem Thema Hochschulmarketing auseinandersetzt und wie sie die aktuelle Vision der Universität Kassel wahrnimmt.
Als Empfehlung für die Konstruktion einer Universitätsmarke wird im achten Kapitel die Konstruktion einer Dienstleistungsmarke erläutert.
Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung, in der die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zusammengefasst werden und die Empfehlungen für die Bildung einer Universitätsmarke gegeben werden.
2 Zum Begriff und Situation der Universität
Es ist notwendig, bevor man mit den theoretischen Grundlagen der Markenführung beginnt, den Begriff Universität zu erläutern. Des Weiteren wird die gesellschaftliche Bedeutung einer Universität analysiert und die aktuelle Marktsituation der Universitäten in Deutschland beschrieben. Ausgangspunkt bildet dabei die These, dass wissenschaftliche Bildung einen universalistischen Charakter besitzt, d. h. die Regeln des wissenschaftlichen Denkens gelten für alle Menschen und sollen nicht partikularistischer Natur sein und von Macht und Herrschaft, Stand und Klasse, Stamm und Nation und traditionelle Geschlechts- und Altersrollen abhängen. Lenhardt betont, dass der wissenschaftliche Universalismus das weltliche Erbe der christlichen Universalethik ist (vgl. Lenhardt 2005, S. 15).
2.1 Zum Begriff der Universität
Universitäten sind die ältesten wissenschaftlichen Lehranstalten, an denen das wissenschaftliche Wissen generiert und weitervermittelt wird. Das Wort universitas kommt aus dem Lateinischen und bedeutet die Gesamtheit, das Ganze. Bereits im Mittelalter wurden die wissenschaftlichen Lehranstalten als universitas magistrorum et scholarium bezeichnet, d. h. Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden. In abgekürzter Form ist das Wort Universität in die Sprache eingegangen. Auch heute wird unter Universität ein „Verband von Lehrenden und Lernenden mit dem Recht akademische Titel zu verleihen“1 verstanden (vgl. Gerhard 2004, S. 59).
Die universitäre Bildung und allgemein die Bildung waren lange Zeit ein Privileg der wohlhabenden Menschen. Heute hat jeder die Möglichkeit ein universitäres Studium in Anspruch zu nehmen. Laut Lenhardt ist die Universität heute zu einem Bürgerrecht geworden. Somit wuchs der Anteil der Studierenden zwischen 1950 und 2000 nach Berechnungen der Weltbank weltweit von zwei auf circa 20 Prozent. Die Studentenquoten der westlichen Demokratien erstrecken sich heute auf 50 Prozent (vgl. Lenhardt 2005, S. 16). Den Anfang des Universalismus legte Humboldt mit seiner Reformierung der preußischen Universitäten, welche auf folgenden Prinzipien aufbauen sollte: Autonomie der Hochschule, Einheit von Forschung und Lehre, akademische Freiheit und staatspolitische Relevanz der Bildungsreise. Die heutigen Universitäten basieren nicht nur auf diesen Prinzipien, sondern vereinen ein breites Spektrum an Studienfächern unter einem Dach (vgl. Gerhard 2004, S. 59).
2.2 Eine funktionsorientierte Definition des Universitätsbegriffs
Im deutschen Hochschulrahmengesetz (HRG) von 1999 werden die Aufgaben der deutschen Universitäten wie folgt definiert:
Universitäten dienen der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung. Sie vermitteln eine wissenschaftliche Ausbildung, die zur selbständigen Entwicklung und Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse befähigen soll (HRG § 2, 1999).
Des Weiteren sorgen die Universitäten auch für die internationale Anerkennung, Einbettung und Kommunikationsfähigkeit des Lehr- und Forschungssystems (vgl. Gerhard 2004, S. 114).
Universitäten sind der fachlich wichtigste Träger der Grundlagenforschung. Sie erneuern, entwickeln, erhalten und übermitteln Wissen in die Praxis, betreiben anwendungsbezogene Forschung und schaffen Interdisziplinarität. Sie geben Forschungsergebnisse an die Lehre weiter (Einheit von Forschung und Lehre), aktualisieren Wissen durch Weiterbildung und verzahnen sich mit Unternehmen, um Wissen in die Wirtschaft zu transferieren. Auch als Stätte der hochqualifizierten Ausbildung haben sie eine Verpflichtung zu Mindeststandards in der Ausbildungsqualität. Die Universitäten haben ebenso eine politische Bedeutung, da sie junge Menschen in ihren Ansichten, ihrer Motivation und ihrem Leistungsverhalten prägen und die Zentren für die geistige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen in kulturellen, wirtschaftlichen, technischen und sozialen Bereichen einer komplexen, international eingebetteten Gesellschaft sind (vgl. Gerhard 2004, S. 114ff.).
Die Zusammenfassung der Aufgaben für eine Universität nach Gerhard entspricht einem Idealfall. Die Realität der Universitäten laut Interview mit Armbruster sieht jedoch anders aus: Es gibt Universitäten, die sich nur auf die Grundlagenforschung ausrichten, und es gibt andere Universitäten, die anwendungsorientierte Lehre betreiben. Es gibt aber sehr wenige Universitäten, die beide Aspekte vereinen (siehe Anhang, 2. Interview, S. 16).
2.3 Zur gesellschaftlichen Bedeutung einer Universität
Die Vereinheitlichung der wissenschaftlichen Bildung, die der Bologna-Prozess2 in die Wege geleitet hat, kennzeichnet auch die Hochschulentwicklung in Deutschland. Demnach werden die Universitäten sich nicht mehr als wissenschaftliche Einrichtungen eines einzigen Staates verstehen, sondern der gesamten Europäischen Union.
Die deutschen Universitäten gehörten seit dem 18. Jahrhundert bis 1933 zu den Vorreitern eines weltweit integrierten Hochschulwesens. Sie zogen damals viele Studierenden und Wissenschaftler aus der ganzen Welt an und überzeugten diese Gruppen mit der Idee der wissenschaftlichen Bildung (vgl. Lenhardt 2005, S. 16ff.).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Universitäten zu wissenschaftlichen Einrichtungen umstrukturiert, wobei anzumerken ist, dass viel geistiges Potenzial durch den Krieg verlorenging. In der Nachkriegszeit spielte die universitäre Bildung für die deutsche Gesellschaft eine geringe Rolle, der schnelle Wiederaufbau stand im Vordergrund. Für ein universitäres Studium fehlten den meisten Schichten der deutschen Bevölkerung die finanziellen Mittel und die Zeit. Viele junge Menschen mussten direkt nach dem Schulabschluss arbeiten gehen, um zu überleben. Das führte dazu, dass es sich eine Art pessimistischer Glaube sowohl bei der Bevölkerung als auch an den deutschen wissenschaftlichen Einrichtungen entwickelt hat, dass nicht jeder für die universitäre Bildung von Geburt her geeignet sei. Als Ergebnis dieser Entwicklung waren eine sehr niedrige Studierendenzahl an den deutschen Universitäten und ein Rückgang der internationalen Bekanntheit (vgl. Lenhardt 2005, S. 16ff.).
Zur Nachkriegszeitentwicklung konstatiert Picht in seinem Buch „Die deutsche Bildungskatastrophe“ (1965), dass die Zahl der Abiturienten das geistige Potenzial eines Volkes bezeichnet und dass davon in der modernen Welt die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft, die Höhe des Sozialproduktes und die politische Stellung abhängig sind (vgl. Picht 1965, S. 17).
Die gesellschaftliche Bedeutung der Universitäten in Deutschland wuchs mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Somit entstand in den 70er Jahren aus Mangel an Studienplätzen eine Vielzahl neuer Hochschulen. Die Wirtschaft forderte qualifizierte Kräfte, die Gesellschaft verstand die Bedeutung der Bildung und nahm das Bildungsangebot in Anspruch.
Die Wiedervereinigung Deutschlands brachte 66 ostdeutsche Hochschulen zu den 249 westdeutschen hinzu. Laut der Statistiken des Statistischen Bundesamtes gibt es heute in Deutschland 391 Hochschulen, davon 104 Universitäten, an welchen ca. 70 Prozent der Studierenden eingeschrieben sind (vgl. Statistisches Bundesamt 2008).
Während in Deutschland die wirtschaftliche Entwicklung den gesellschaftlichen Wertewandel beeinflusst hat und sie zur Expansion der Universitäten führte, sorgten in einigen anderen Ländern die Bildungsmarktstrukturen dafür, dass sich eine wettbewerbsorientierte, marktwirtschaftliche Universitätsforschung entwickelte. In Australien beispielsweise tragen Bildungsdienstleistungen signifikant zum Bruttosozialprodukt bei (vgl. Gerhardt 2004, S. 85). In Deutschland steht für die Universitäten der gesellschaftliche Auftrag3 im Vordergrund.
Wefers sieht die deutschen Universitäten aktuell in einer Situation der Neudefinition ihrer Aufgaben, da die heutige Gesellschaft sich sehr schnell verändert. Dabei sieht sie nicht den Übergang von der Industriegesellschaft hin zu einer Dienstleistungs- oder Informationsgesellschaft als das vordergründige Problem, sondern ihrer Meinung nach ist der neue Umgang mit dem Wissen in der Gesellschaft entscheidender: „Die Universitäten dürfen es nicht verpassen, ihre Stellung in dieser neuen wissensbasierten Gesellschaft zu definieren und die Wichtigkeit ihrer Existenz zu begründen“ (Wefers 2007, S. 26).
In der neudefinierten Wissensgesellschaft stellen die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden die Basis für berufliche, private und politische Entscheidungen dar. Auch die Verbraucherwünsche werden mittels wissenschaftlicher Methoden erforscht, um dann aus den Erkenntnissen der Marktforschung ein vollkommenes, den Kundenwünschen entsprechendes Produkt zu kreieren (vgl. Wefers 2007, S. 26).
Altbach und Teichler schreiben über die gesellschaftliche Rolle der Universitäten folgendes:
They provide the basic research that enables innovation to take place. They are also the source of training for the personnel required for the knowledge- and service-based industries of the new century. All of this takes place in a global framework (Altbach/Teichler 2001, S. 5).
Aus der Sicht von Wefers erfordert der Übergang in eine wissenschaftsbasierte Gesellschaft von einem Hochschulsystem Qualität. Nur unter dieser Bedingung kann eine Gesellschaft so gut und leistungsfähig sein, wie es ihr Bildungssystem zulässt. Wefers plädiert dafür, dass die Hochschulen sich den verändernden Ansprüchen und Erwartungen anpassen müssen, da es um Wettbewerb, Differenzierung und Transparenz geht (vgl. Wefers 2007, S. 26).
Die Universitäten sind die Bewahrer des Wissens und der Kultur. Durch die Entwicklung der Universitäten finden ein dynamischer Dialog und eine kritische Infragestellung zwischen Generationen, der Wissenschaft und der Gesellschaft statt. Die Zukunft der deutschen Universitäten ist daher auch von großer Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft (vgl. Trogele 1997, S. 6).
2.4 Zur aktuellen Situation auf dem Bildungsmarkt
Die deutschen Universitäten werden sowohl auf dem nationalen als auch auf dem internationalen Bildungsmarkt mit dem immer stärker werdenden Einfluss der harten Konkurrenz konfrontiert.
Auf dem nationalen Bildungsmarkt setzen sich die deutschen staatlichen Universitäten, die zum größten Teil auf staatliche Mittel angewiesen sind, mit der Frage der Unterfinanzierung auseinander. Daraus ergeben sich weitere Problemfelder, wie: schlechte Betreuungsverhält- nisse, lange Studienzeiten, hohe Abbrecherquoten und Schwierigkeiten bei der Anwerbung von qualifiziertem wissenschaftlichen Personal (vgl. Wefers 2007, S. 27). Um die Kosten zu decken, entscheiden sich die Universitäten oftmals für die Einführung von Studiengebühren, was zur Folge hat, dass nur noch die finanziell besser Gestellten die Universitäten besuchen können und niedrigere soziale Schichten ausgegrenzt werden (vgl. Wefers 2007, S. 28).
Die Unterfinanzierung der Universitäten gilt häufig als Ursache einer gesamten Unzufriedenheit aller am Universitätsleben Beteiligten. In der wissenschaftlichen Literatur wird oft die ganze Kette der Probleme der deutschen Universitäten mit der Unterfinanzierung in Verbindung gebracht. Einige Kritiker, wie z. B. Lenhardt, suchen nach einer Begründung für die Unterfinanzierung der deutschen Universitäten. Somit kritisiert er in seinem Buch „Hochschulen in Deutschland und in den USA. Deutsche Hochschulpolitik in der Isolation“ das deutsche Hochschulwesen und wirft vor, dass dem deutschen Hochschulwesen der naturalistische Glaube an Begabung charakteristisch sei, was bedeutet, dass nicht jedes Individuum für ein Hochschulstudium geeignet ist. Diese Behauptung lässt sich empirisch nicht bestätigen, obwohl die Befragungen der deutschen, amerikanischen und schwedischen Professoren bekannt sind, welche die allgemeine Einstellung der deutschen Professoren zu den Studierenden aufzeigen. Die oben genannten Professoren wurden gefragt: „How would you rate the quality of the students currently enrolled in your department?“ (Dallinger 2000, S. 140). Weniger als 30 Prozent der deutschen Professoren, jedoch über 60 Prozent der amerikanischen und schwedischen Professoren antworteten darauf mit „exzellent“ oder „gut“. Dieser Vergleich wird in der Zeitschrift des Hochschulverbandes „Forschung und Lehre“ als Beweis für die Auffassung zitiert, vielen der deutschen Studierenden fehle die Fähigkeit zum Hochschulstudium (vgl. Lenhardt 2005, S. 28; Dallinger, 2000, S. 140). Dies könnte ebenso als ein Indiz für die allgemeine Unzufriedenheit der deutschen Professoren mit den Arbeitsbedingungen an der Universität gesehen werden.
Der pessimistische Begabungsglaube trägt auch dazu bei, dass das deutsche Bildungswesen in einer Weise unterfinanziert ist, was in den anderen westlichen Demokratien kaum eine Parallele hat. Er sieht das Problem darin, dass die deutsche Gesellschaft der Bildung nur eine vergleichsweise niedrige Priorität zumisst und deswegen ihre unzureichende Finanzierung hinnimmt (vgl. Lenhardt 2005, S. 28). Diese Entwicklung findet die Bestätigung in den Statistiken der OECD, wonach der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland am unteren Ende der Skala der OECD-Länder liegt (vgl. OECD 2007, S. 194).
3 Hochschulmarketing im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Wettbewerbsfähigkeit
Hochschulmarketing ist ein Thema, das bereits Ende der 70er Jahre die Wissenschaftler beschäftigte. Es wurde versucht, in den ersten wissenschaftlichen Schriften, Marketing auf das Beispiel einer universitären Einrichtung zu übertragen. Kotler und Fox (1985) waren die ersten, die die Übertragung des Marketings auf eine Bildungseinrichtung in ihrem Buch „Strategic Marketing for Educational Institutions” behandelten (vgl. Müller-Böhling 2007, S. 8). Ende 90er Jahre gab es auch in Deutschland zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema Hochschulmarketing (vgl. Müller-Böling 2007, S. 8).
Bis heute bleibt in dem Bewusstsein vieler Angehörigen einer Universität verankert, dass Marketing an einer akademischen Einrichtung nur der Öffentlichkeitsarbeit gleichzusetzen ist. Öffentlichkeitsarbeit ist jedoch nur ein Teil des Marketings, welcher als ein Instrument der Steuerung der Kommunikation eingesetzt werden sollte. Müller-Böling unterstreicht in seinem Vortrag bei der CHE Tagung am 15. November 2007, der Philosophie des Marketings folgend:
Hochschulen müssen ganzheitliche Marketingkonzepte entwickeln, konsequent vom Markt und den Zielgruppen her denken und auch die übrigen Instrumentalbereiche des Marketings berücksichtigen. Nur ein integriertes Marketingkonzept, welches die marktorientierte Gestaltung von „Produkten“ in Forschung und Lehre einschließt, kann dieser Herausforderung adäquat entsprechen (Müller-Böling 2007, S. 9).
Hellstern und Freitag führten 1997 eine bundesweite Erhebung zum Thema „Marketing an den Hochschulen“ unter dem Motto „Von der Öffentlichkeitsarbeit zum Hochschulmarketing“ durch. Sie zeigen in ihrer Studie, dass die Kommunikation einer Universität mit ihrer Umwelt sich nicht nur auf die Arbeit mit der Öffentlichkeit beschränken darf, sondern ein neues konzeptionelles Gerüst aus alten und neuen Kommunikationsinstrumenten erforderlich ist, um konzeptionell und organisatorisch Kommunikationsstrukturen und -prozesse zu gestalten (vgl. Hellstern/Freitag 1997, S. 2). Die Hauptproblematik der deutschen Universitäten besteht darin, dass die neuen Managementkonzepte und strategischen Marketinginstrumente als eine Möglichkeit den gesellschaftlichen Auftrag bestens zu erfüllen, abgelehnt werden, mit der Begründung, dass eine Universität als staatliche Bildungseinrichtung die finanziellen Mittel nicht für Marketing „verschwenden“ dürfe, da häufig unter Marketing nur Werbung verstanden wird.
3.1 Die Ziele des Hochschulmarketings
Private Unternehmen betreiben strategisches Marketing, um sich langfristige Existenz zu gewährleisten. Dieses Ziel wird auch für solche staatlichen Einrichtungen wie Universitäten immer aktueller. Müller-Böling nannte in seinem Vortrag bei der CHE-Tagung folgende marketingpolitischen Zielvorstellungen einer Hochschule:
1. Studierendenwerbung/-Recruitment: Dies bedeutet mit den eingesetzten Kommunikationsinstrumenten so viel wie möglich Studienbewerber anzusprechen und von ihnen die besten für die Universität auszuwählen.
2. Studiengebühren: Eine geschickte Preispolitik kann zur Profilierung der Hochschule beitragen.
3. Schulprogramme: Ganz wichtig ist, dass die Universitäten eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen betreiben, damit sie einen gewissen Einfluss auf die Schulpolitik ausüben können, eine Basis für eine regional höhere Studierbereitschaft schaffen und Präferenzen für die jeweilige Hochschule bilden.
4. Imagepolitik: Die Universitäten dürfen es nicht unterlassen, an der Verbesserung und positiven Gestaltung des Bildes der Hochschule bei verschiedenen Stakeholdern sowohl dessen inhaltlicher Ausgestaltung ständig zu arbeiten.
5. Public Understanding of Sciences and Humanities (PUSH): Die Förderung der Allgemeinbildung muss ein zentrales Ziel sein; die Wissenschaft muss für breite Schichten der Bevölkerung begreifbar sein.
6. Internetkommunikation: Der Internetauftritt ist einer der wichtigsten und unverzichtbaren bzw. zwingend erforderlichen Informationsinstrumente einer Universität und sollte unbedingt auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ausgerichtet sein. 7. Alumniarbeit: Die Erschaffung eines Alumninetzwerkes sollte sowohl zur Imagebildung beitragen als auch eine Quelle des Fundraising darstellen. 8. Fundraising: In diesem Bereich haben die Universitäten bereits Erfahrungen und sollten sie weiter ausbauen (vgl. Müller-Böling 2007, S. 10f.).
Berücksichtigend das Oberziel der langfristigen Existenzsicherung einer Hochschule sind folgende Zielstellungen für die Universitäten von der zentralen Bedeutung: Lebenslange Bindung der (ehemaligen) Studierenden, Kapazitätsauslastung, Verbesserung und Diversifizierung der finanziellen Basis und Entwicklung eines positiven Images in der Öffentlichkeit.
Diese Ziele machen deutlich, dass die unterschiedlichen Aufgabenfelder Public Relations, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und Marketing von Hochschulen verknüpft arbeiten müssen, wenn man erfolgreich sein will (vgl. Müller-Böling 2007, S. 11f.).
Die Problematik der geringen Akzeptanz von Hochschulmarketing besteht in der hochschulspezifischen Aufgabenstellung und dem gesellschaftlichen Auftrag einer Universität gegenüber ihrer Zielgruppen: Studienbewerbern, allen Steuerzahlern als Shareholder einer Universität, Politikern, Bewerbern um eine Arbeitsstelle, privaten Unternehmen als Sponsoren, die diverse eigene Anforderungen im Hinblick auf die universitäre Forschung und Lehre haben. Dies bedeutet, dass eine Universität nicht nur die Interessen der eigenen „Kunden“ zu berücksichtigen hat, wie Studierende und Drittmittelgeber, sondern auch die Interessen der Gesellschaft als Ganzes, die einen Rahmen bzw. einen Bildungsauftrag definiert (vgl. Müller-Böling 2007, S. 12).
Eine Universität befindet sich in einer diffizilen Situation, da sie einerseits ihre Leistungen auf dem Markt strategisch anbieten soll und andererseits so Müller-Böling: „Eine Universität, die ihre Forschung nur an der Nachfrage ausrichten würde, hat ihren gesellschaftlichen Auftrag und ihre Sinngebung verloren“ (Müller-Böling 2007, S. 12). Diese beiden Aspekte zu verknüpfen, so dass alle Beteiligten zufrieden sind, ist eine komplexe Aufgabe, die nur langfristig zu erfüllen ist.
3.2 Die neuen Herausforderungen für Universitäten
Das Thema Hochschulmarketing hat trotz vieler divergierender Meinungen an Aktualität gewonnen. In den Medien wird immer häufiger über „Elite-Unis“ und „Hochschulen auf Geldjagd“ oder den „Kampf um die besten Köpfe“ gesprochen. Die Hochschulen sehen sich heute vor einer Reihe neuer Herausforderungen (vgl. Meffert 2007, S.3):
- Der Bildungssektor wird zunehmend globalisiert und internationalisiert. Ein Beispiel dafür ist der Bologna-Prozess, der das Ziel verfolgt, mit der Vereinheitlichung der Studiengänge an den europäischen Hochschulen die internationale Wettbewerbs- fähigkeit zu steigern. Die Einführung der Studienabschlüsse wie Bachelor- und Masterprogramme soll eine Vergleichbarkeit der Hochschulleistungen herstellen. Auch Deutschland soll davon profitieren und durch diese Anpassung ausländische Studierende anziehen.
- Die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich geändert. Die Hochschulen sind durch sinkende Bildungsetats und die starren Strukturen in ihrem Handlungsspielraum in hohem Maße eingeschränkt. Die Mittel werden leistungsorientiert verteilt, was einerseits neuen Chancen für die Hochschulen eröffnet und andererseits Risiken darstellt.
- Die Berufswelt stellt neue Anforderungen an die Ausbildungsstätten. Nicht nur Fachwissen wird bei der Auswahl von Absolventen berücksichtigt, sondern auch soziale und interkulturelle Kompetenz, analytisches Denk- und Abstraktionsvermögen und zunehmend auch Praxiserfahrungen.
- Die Wettbewerbsfähigkeit einer Universität kann durch den Einsatz des technologischen Know-hows verbessert werden.
- Im Bereich des Hochschulpersonals herrscht zwischen den Hochschulen starke Konkurrenz um die besten Professoren, sowohl wissenschaftliche als auch nichtwissenschaftliche Mitarbeiter.
- Der Wettbewerb um die Gunst der Mittel- bzw. Geldgeber nimmt aufgrund der Finanzknappheit deutlich zu.
- Die Konkurrenz um Kooperationspartner steigt.
Diese Wettbewerbssituation ist nicht nur national charakteristisch, sondern auch international (vgl. Meffert 2007, S. 3f.), dies hat zur Folge, dass die Universitäten verstärkt mit ihrer Profilierung beschäftigt sind.
Meffert weist auf eine aktuelle Studie (2005) hin, die von „Publicis Consultants | Deutschland“ über die Einschätzung der Hochschulen als Marken durchgeführt worden ist. Sie analysierten die deutsche Hochschullandschaft und kamen zu dem Ergebnis, dass nur einige der 365 Hochschulen zu dem Zeitpunkt auf dem Weg der Profilierung waren. Zu den
Top 10 der wahrgenommen Hochschulmarken in Deutschland gehören laut der Studie die RWTH Aachen (Platz 1), die es geschafft hat, ihre Identität professionell zu kommunizieren, dann die TU München. Die Universität Heidelberg und die LMU München sind ebenfalls auf den vorderen Plätzen zu finden.
Das Ziel einer Hochschulpolitik ist es, diesen positiven Beispielen zu folgen und die eigene Marke aufzubauen und aufzuladen. Der Grund dafür liegt in den aufgezeigten Herausforderungen und Veränderungen des Marktes und in einem zunehmenden Wettbewerb, worauf angemessen reagiert werden soll. Es bedarf eines auf den Markt gerichteten Konzeptes, um die Existenz im Wettbewerb und die Qualität der Hochschule zu sichern (vgl. Meffert 2007, S. 4).
3.3 Das ganzheitliche Hochschulmarketing
Unter Marketing wird eine „marktorientierte Führung“ bzw. „Management von Wettbewerbsvorteilen“ verstanden. Bereits in den 70er Jahren wurde das Marketing innerhalb des Profit-Bereiches auf den Dienstleistungssektor und schließlich auf den Nonprofit-Bereich übertragen. Dieses Marketingverständnis kann auch auf Hochschulen angewendet werden (vgl. Meffert 2007, S. 4).
Meffert betont, dass Hochschulmarketing vielmehr als „nur Werbung“ ist. Er definiert Hochschulmarketing als:
die bewusst marktorientierte Führung der gesamten Hochschule: Also die Ausrichtung und Koordination aller Aktivitäten auf die Bedürfnisse von Zielgruppen und damit Sicherung von Vorteilen im Hochschulwettbewerb (Meffert 2007, S. 4).
Das Hochschulmarketing nach Meffert muss ganzheitlich verankert werden und besteht aus der Vereinigung der fünf Aspekte, die in der Abbildung 1 (siehe S. 18) präsentiert sind und eine wichtigste Voraussetzung für marktorientierte Führung einer Universität darstellen (vgl. Meffert 2007, S. 4).
An erster Stelle nennt Meffert den Philosophieaspekt. Es handelt sich dabei um die bewusste Bedürfnisorientierung aller Hochschulbereiche, d. h. die Wünsche und Vorstellungen der relevanten Anspruchsgruppen müssen erkannt und zentral gemacht werden. Meffert betont,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Anspruchsspektrum im Hochschulmarketing Quelle: Meffert 2007, S. 5
dass dieser Aspekt oft in dem Leitbild der Hochschule verankert ist (vgl. Meffert 2007, S. 5). Ein Leitbild enthält die Zielvorstellungen einer Organisation und zeigt wie eine Organisation diese Ziele erreichen möchte und bringt damit zum Ausdruck die Organisationskultur und Wertekomplex. Ein Leitbild ist eine Selbstdarstellung der Organisation, d. h. ein Bild, das die Organisation über sich vermitteln möchte. Wie dieses Bild entsteht, aus welchen Komponenten es sich bildet und wie es korrekt bei den Anspruchsgruppen verankert wird, gehört zu den zentralen Fragestellungen der vorliegenden Arbeit.
Der nächste Aspekt ist der Segmentierungsaspekt. Wenn es bedürfnisorientiert auf dem Markt agiert wird, sollten die relevanten Anspruchsgruppen erfasst und analysiert werden. Daraus resultiert eine Marktbearbeitung nach Zielgruppen, und es ist wichtig, die Zielgruppen in interne und externe einzuteilen und sie zu unterscheiden (vgl. Meffert 2007, S. 5).
Der dritte Aspekt ist der Strategieaspekt. Die Segmentierung dient dabei als Grundlage für die Festlegung der langfristigen strategischen Ziele (vgl. Meffert 2007, S. 6).
Die obengenannten Aspekte sollen in der Hochschulorganisation verankert werden (Organisationsaspekt) und dies ist für eine Universität eine besondere Herausforderung, wie Meffert betont, da für die Hochschulen ein dezentraler Aufbau charakteristisch ist (vgl. Meffert 2007, S. 6).
Zuletzt werden die Maßnahmen und Instrumente ausgewählt (Aktionsaspekt), welche geeignet sein sollten, um sowohl die gesetzten strategischen Ziele als auch die relevanten Zielgruppen entsprechend zu erreichen und schließlich an die eigene Hochschule zu binden (vgl. Meffert 2007, S. 6).
Es ist wichtig für eine Universität die Zielgruppen in die internen und externen zu unterscheiden: das ist noch ein Problembereich vieler staatlichen Einrichtungen, dass sie häufig diese Unterteilung nicht berücksichtigen. Meffert betont in seinem Vortrag bei der CHE-Tagung, dass ein integriertes Hochschulmarketing nur erfolgreich sein kann, wenn ein abgestimmtes Beziehungsmarketing zu allen relevanten Zielgruppen stattfindet. Er unterstreicht, dass zunächst die internen Zielgruppen fokussiert werden müssen: „Die Hochschule muss sich somit von innen heraus eine von allen internen Zielgruppen mitgetragene Identität schaffen“ (Meffert 2007, S. 6). Ebenso wie Müller-Böling (vgl. Müller- Böling 2007, S. 10ff.) unterstreicht Meffert, dass das zentrale Element einer Organisation ihr Identitätskern ist, z. B. in Form eines Leitbildes, welcher letztlich zur Profilbildung beiträgt. Die darin verankerten Werte und Ziele müssen im Sinne von Shared Values von innen gelebt werden und somit nach außen, auf die externen Anspruchsgruppen gerichtet, kommuniziert werden, um so zur Differenzierung im Wettbewerb und zur Signalisierung klarer Kompetenzen beizutragen (vgl. Meffert 2007, S. 6) Die Relevanz des Vorlebens der Werte einer Organisation ist besonders deutlich bei den Dienstleistungsunternehmen festgehalten. Eine Universität dient im gesellschaftlichen Auftrag und soll sich als Dienstleister verstehen, worauf im nächsten Kapitel eingegangen wird.
3.4 Die Universität als Dienstleister
Die Zahl der Universitäten hat sich in den letzten zwei Dekaden in Deutschland und weltweit deutlich erhöht und sie erhöhte sich auch weltweit. Das passierte und passiert, weil das Studium an einer Universität in vielen Ländern zu einer Notwendigkeit geworden ist, ohne die eine Integration des Individuums in das soziale Leben nur schwer möglich ist. Aus diesem Grund richten sich die Studieninteressenten bei der Auswahl der Bildungseinrichtung nach solchen Kriterien wie Ruf und Prestige.
Um einen guten Ruf aufzubauen, brauchen Universitäten exzellente Professoren bzw. Wissenschaftler und Studierende. Diese Bedingung ist nicht nur für den Rufaufbau relevant, sondern auch für die Stärkung der Position einer Universität im Wettbewerb. Der Kundengedanke soll bei den Universitäten gestärkt werden: die Studierende, externe Kooperationspartner für Forschungs- und Ausbildungsprojekte wie auch die gesamte Gesellschaft werden als Kunden betrachtet, für die die Universität Dienstleistungen im Bereich der Ausbildung, der Forschung, des Wissenstransfers, der Kultur etc. zu erbringen hat (vgl. Amrhein 1998, S. 1ff.).
Bereits 1996 betonte Roman Herzog, der damalige Bundespräsident:
Bildungsinstitutionen - Hochschulen ausdrücklich eingeschlossen - sind keine philanthropischen Inseln abstrakten Diskurses, sondern Dienstleistungszentren, die - zumal wenn sie vom Souverän, dem steuerzahlenden Bürger finanziert sind - einem Legitimationsdruck ausgesetzt sind. […] Hochschulen als Schnittpunkt zwischen Bildungsvermittlung und Forschung können sich Berührungsängste nicht leisten (Herzog, 1996, S. 241).
Dienstleistungen haben einen immateriellen Charakter, sie sind nicht lagerfähig, nur in bestimmten Ausnahmen transportfähig, abhängig von der aktiven oder passiven Beteiligung des Nachfragers (externer Faktor) und wenig standardisierbar. Die Einbindung des Kunden als externen Faktor in den Dienstleistungsprozess bedeutet auch, dass die Kommunikation und Interaktion mit dem Nachfrager einen integrativen Bestandteil der Leistungserstellung darstellt (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 50ff.).
Problematisch ist es für die Dienstleistungsunternehmen, die Qualität der Leistungen zu sichern. Wie kann eine Universität die Qualität der Leistungen sichern, die einen zentralen Wettbewerbsfaktor darstellt? Im Dienstleistungsmarketing spielen das Qualitätsmanagement und die Kundenzufriedenheit eine zentrale Rolle, weshalb dem Dienstleistungsmarketing ein hoher Stellenwert zukommt. Diese besonderen Charakteristika der Dienstleistungen machen es nötig, Dienstleistungen als Marken zu etablieren (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 267f.). Bruhn sieht die Notwendigkeit einer Dienstleistungsmarke darin, dass die
Dienstleistungsanbieter damit die Vertrauens- und Qualitätssignale leichter an die Abnehmer senden können (vgl. Bruhn 2001, S. 216).
3.5 Zum Vertrauen im Markenbildungsprozess
Das Thema Vertrauensmanagement in den Organisationen ist kein neues Thema, aber ein sehr aktuelles Thema, vor allem im Kontext des Managements der Nonprofit-Organisationen. Es ist insbesondere für staatliche Organisationen und im Zusammenhang mit der aktuellen Situation auf dem deutschen Bildungsmarkt auch für die Universitäten relevant. Seligman schreibt in diesem Zusammenhang folgendes:
The emphasis in modern societies on consensus, the ideology of pragmatism, problem-solving, and technocratic expertise, as well as conflict management (as opposed to ideological fission), are all founded on an image of society based on interconnected networks of trust - among citizens, families, voluntary organizations, religious dominations, civic associations and the like (Seligman 2000, S. 14).
Herger sieht im Vertrauensaufbau eine Grundvoraussetzung für die Organisationen, um ihre Beziehungen zu einer Umwelt aufzubauen, die sich ständig ändert (vgl. Herger 2006, S. 25). Seinerseits betont Kückelhaus (1998), dass aufgrund der hohen informativen Bedeutung der Medien und vor allem des Vertrauens, welches den Medien von den meisten Menschen geschenkt wird, eine Verwischung zwischen Realität und Nicht-Realität, die sogenannte Fiktionalisierung der Gesellschaft erfolgt. Aus diesem Grund wird es für Organisationen immer wichtiger, ein professionelles Management der Symbolik und der Kommunikation zu betreiben, um diese sensiblen Wahrnehmungsprozesse der Gesellschaft zu stabilisieren (vgl. Kückelhaus 1998, S. 349). Nach Luhmann prozessieren die Organisationen das Vertrauen, indem sie solche kommunikativen Entscheidungsstrukturen wie Identität, Marke, Image und Reputation bilden (vgl. Luhmann 2000, S. 103f.).
Vertrauen in Organisationen wird in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedlich gedeutet. Luhmann definiert das Vertrauen als eine äquivalente Funktion zur Reduktion von Komplexität (vgl. Luhmann 2000, S. 6). Ripperger versteht unter Vertrauen eine mögliche Reaktion auf spezifische Risikosituationen (vgl. Ripperger 1998, S. 36). Laut Herger ist das Vertrauen eine Art „licence to operate“ für die Organisationen. Vertrauen fördert das innovative Handeln der Organisationen, absorbiert die Unsicherheiten und Risiken und als Folge führt es zu niedrigen Transaktions- und Kontrollkosten (vgl. Herger 2006, S. 31)
Es gibt verschiedene Instrumente, welche eigesetzt werden, um Vertrauen in einer Organisation zu konstruieren. Herger analysiert drei Systeme, welche die Funktionalität des Vertrauens in der Organisation sichern könnten: Rechtssystem, Wissenssystem und Moralsystem. Er kommt in seiner Analyse zur Schlussfolgerung, dass die Vertrauenswürdigkeit von Organisationen über drei mögliche Strategien aufgebaut und stabilisiert werden kann:
- über die rechtliche und moralische Normbildung und deren Sanktionierbarkeit mittels der Selbstverpflichtung;
- über ein differenziertes Entscheidungshandeln aufgrund umfassender Wissensbestände und
- über die Kommunikation (vgl. Herger 2006, S. 34ff.).
Diverse empirische Untersuchungen zeigen, dass das Vertrauen in der Öffentlichkeit durch die Selbstverpflichtung, Durchsetzung der Normen und Kommunikation wiederhergestellt werden kann (vgl. Herger 2006, S. 40). Da die Organisationen auf eine kontinuierliche Selbstdarstellung (Identität) angewiesen sind, um das Vertrauen zu stabilisieren und die Gefahr eines abrupten Misstrauens zu verringern, spielt die Organisationskommunikation eine vorrangige Rolle im Vertrauensbildungsprozess (vgl. Herger 2006, S. 43).
Zu den realen strategischen Konzepten der Organisationskommunikation gehört nach Herger das Management der organisationalen Identität, der Marke(n), der Images oder auch der Reputation. Zuerst konstruieren die Organisationen ihre wünschenswerten Wirklichkeiten über die Selbstdarstellung und die Markenführung, anschließend beobachten sie, wie sich die Vermittlung dieses Selbstbildes verwirklicht und als Ergebnis entsteht ein Image und eine Reputation, entweder positiv oder negativ. Der Einsatz von Ressourcen lohnt sich in diese vier Konstruktionen umso mehr, je weniger Primärerfahrungen die Stakeholdergruppen mit der Organisation erreichen können. Dies trifft besonders stark auf die Dienst- leistungsorganisationen zu, zu denen auch die Universitäten zählen. Für die Dienst- leistungsunternehmen ist dies von besonderer Bedeutung, da die Intangibilität der Angebote solche Konstruktionen voraussetzt, die die Entscheidungsstrukturen etablieren und den Kommunikationsprogrammen eine strategische Dimension verleihen (vgl. Herger 2006, S. 42). Aus diesem Grund richtet sich die vorliegende Arbeit auf die Konstruktion der Selbstdarstellung einer Universität (Identitätskonstruktion) und Möglichkeiten der Vermittlung dieser Identität an die Anspruchsgruppen, um das gewünschte Image zu erreichen.
Im Folgenden wird die Konzeption der identitätsorientierten Markenkenführung vorgestellt. Es werden zwei Perspektiven betrachtet, sowohl die Konstruktion der Selbstdarstellung (Identität) einer Organisation, die mit Hilfe von einem Markenzeichen visualisiert wird als auch die Konstruktion von Image als Ergebnis der Vermittlung der Identität.
4 Identitätsorientierte Markenführung einer Universität
Wie bereits oben dargestellt wurde, sind die Universitäten heute mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Die größte Herausforderung ist, sich aus der Masse der Wettbewerber zu differenzieren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn eine Universität es schafft, eine Eigenständigkeit zu bilden, einen bedeutenden Platz auf dem Bildungsmarkt und insbesondere einen signifikanten Platz im Bewusstsein der Anspruchsgruppen zu besetzen.
Die vorliegende Arbeit baut auf dem Konzept der identitätsorientierten Markenführung auf, das von Meffert und Burmann Mitte der 90er Jahre entwickelt worden ist. Im Weiteren werden der begriffliche Rahmen der Marke und das o. g. Konzept ausführlich erläutert.
4.1 Der begriffliche Rahmen der Marke
Das Markieren der Produkte gab es schon Jahrtausende vor Christus. Diese Tradition entstand aus dem Wunsch Sachen bzw. Produkte von anderen zu unterscheiden und ihre Zugehörigkeit bzw. Identität auf diese Art und Weise zu kennzeichnen(vgl. Esch 2007, S. 3 ff.). Diese zwei Funktionen der Marke, Differenzierungsfunktion und Identifizierungsfunktion gehören auch heute zu den grundlegenden Funktionen einer Marke. Heute können nicht nur Produkte oder Unternehmen eine Marke werden, sondern auch Dienstleistungen, Menschen, Nationen, Länder und Städte. Jedoch erfüllt die Marke nicht nur diese zwei oben genannten Funktionen. Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur eine Vielzahl der Definitionen des Begriffes Marke, einige davon werden im Folgenden erläutert, um zu zeigen, welche weiteren Funktionen eine Marke hat.
Eine Legaldefinition des Begriffes Marke liefert das Markenschutzgesetz (MSchG) vom 28. August 1992. Diese Definition bezieht sich auf die Zeichenhaftigkeit der Marke: Die Marke ist ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Marken können insbesondere Wörter, Buchstaben, Zahlen, bildliche Darstellungen, dreidimensionale Formen oder Verbindungen solcher Elemente untereinander oder mit Farben sein (MSchG 1992, Art. 1, Abs. 1 und 2,).
In der Fachliteratur wird die Marke nicht nur nach ihrer Zeichenhaftigkeit und transaktionsunterstützenden Funktion definiert, sondern auch nach ihrer differenzierenden
Wirkung charakterisiert. Die American Marketing Association hat im Jahre 1960 folgende Definition der Marke vorgeschlagen: name, term, sign, symbol, or design, or a combination of them intended to identify the goods and services of one seller or group of sellers and to differentiate them from those of competition (Keller, 2003, S. 3).
Seit 1960 hat sich das Verständnis von Marken stark geändert. Heute werden der Marke mehr Funktionen zugeschrieben, als vor fast 50 Jahren. De Chernatony und Riley führen in ihrem Artikel Defining a ‘ Brand ‘ . Beyond The Literature With Experts ‘ Interpretations in Journal of Marketing Management (1998) eine ausführliche Analyse der Markendefinitionen aus der wissenschaftlichen Literatur und aus den Interviews mit Experten durch. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse dieser Analyse:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Elemente aus Markendefinitionen
Quelle: In Anlehnung an de Chernatony/Riley 1998, S. 417ff; zitiert in Baumgarth 2001, S. 3
Die Analyse von de Chernatony und Riley zeigt deutlich, dass Marke am häufigsten als ein System der Werte definiert wird. An zweiter Stelle steht die Definition der Marke als Persönlichkeit, d. h. einer Marke werden Eigenschaften genau wie einem Menschen zugeschrieben. An dritter Stelle wird die Marke als Image verstanden, was bedeutet, wie sie in den Vorstellungen im Bewusstsein der Anspruchsgruppen entspricht. Des Weiteren wird Marke als Logo definiert. Ebenso finden sich relativ häufig in der wissenschaftlichen Literatur die Definitionen der Marke als Risiko-Minimierer, als Unternehmen, als Zusatznutzen, als Gedächtnisstütze, als rechtliches Instrument, als Identitätssystem, als Beziehung, als Entwicklung und die Experten fügen hinzu, dass Marke ein Träger der Positionierungseigenschaften, der Vision oder des Goodwills sein kann (vgl. de Chernatony/Riley 1998, S. 417ff). Die Vielzahl der Definitionen zeigt, dass ein Markenzeichen Träger diverser Informationen sein kann und dass die Marke nicht nur ein Zeichen oder ein Name ist, sondern alle Vorstellungen im Bewusstsein der Anspruchsgruppen über die Werte, die mit dem Produkt, der Leistung oder mit der ganzen Organisation in Verbindung gebracht werden, einbezieht.
Herger ist der Meinung, dass die Marke primär von ihrer semantischen Struktur lebt und somit sich gegenüber der Konkurrenz abgrenzt. Das Ziel dieser Abgrenzung ist darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Wettbewerbsvorteile zu generieren und Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erreichen (vgl. Herger 2006, S. 124). Der Inhalt oder die Bedeutung der Marke müssen mit den organisationalen Werten und den Mitarbeitenden abgestimmt werden: „However ours is a new approach to managing company as a brand“ (Keller 2003, S. xii).
Nicht zu übersehen sind, das organisationale und das individuelle Verhalten, die eng mit der Marke verknüpft sind. Argenti und Druckenmüller betonen, dass dem Leistungsversprechen, welches über die Marke vermittelt wird, das Verhalten und die Einstellung der Organisationsmitglieder gegenüberstehen. Diese müssen für die Glaubwürdigkeit der Marke in größtmöglicher Annäherung zum Versprechen stehen. Diese Kohärenz ist letztlich auch für die Reputation bestimmend.
[…] a company can define and communicate its identity and corporate brand, but its image and reputation result from constituency impressions of a company’s behavior and are less within the company’s direct control (Argentini/Druckenmiller 2004, S. 369).
Die gleiche Überlegung kommt in dem Konzept der identitätsorientierten Markenführung zum Ausdruck, die im Folgenden dargestellt wird.
4.2 Das Konzept einer identitätsorientierten Markenführung
Das Konzept der identitätsorientierten Markenführung ergänzt die „klassische“ Outside-in- Perspektive der Marke um eine Inside-out-Perspektive, welche das Selbstbild der Marke aus Sicht der internen Zielgruppen analysiert. Dieses Selbstbild bezeichnen Meffert und Burmann als Markenidentität. Die Grundidee des identitätsorientierten Markenmanagements stellt Meffert et al. folgenderweise dar:
Abb. 3: Grundidee des identitätsorientierten Markenmanagements Quelle: Meffert et al. 2005, S. 52
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Meffert und Burmann definieren Markenführung als einen innen- und außengerichteten Managementprozess mit dem Ziel der funktionsübergreifenden Vernetzung aller mit der Markierung von Leistungen zusammenhängenden Entscheidungen und Maßnahmen zum Aufbau einer starken Markenidentität […]. Die Markenführung umfasst somit die Planung, Koordination, Durchsetzung und Kontrolle aller Maßnahmen zur Erzielung eines definierten Soll-Images […] bei den relevanten externen und internen Bezugsgruppen des Unternehmens (Meffert/Burmann 2005, S. 30).
4.2.1 Die Markenidentität als Aussagekonzept der Marke
Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts erkannte Domizlaff die Bedeutung der Marke und schrieb, dass jede Marke über ein eigenes Gesicht verfügt und dieses Gesicht dem Kunden vertraut werden muss und gemeinsam mit der verlässlichen Markenleistung zu einem Garanten für seine Treue werden (vgl. Domizlaff 1992, S. 97). Nach der Interpretation von Domizlaff verfügt eine Marke wie ein Mensch über eine Identität. Zu beachten ist dabei, dass ebenso wie die Identität einer Person erst im Laufe mehrerer Jahre heranwächst (vgl. Wiedmann 1994, S. 1045), kann sich auch eine klare Markenidentität nur über einen längeren Zeitraum entwickeln (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 58).
Nach Kapferer bringt die Markenidentität zum Ausdruck wofür eine Marke stehen soll. Die Markenidentität umfasst die essenziellen und wesensprägenden Merkmale einer Marke (vgl. Kapferer 1992, S. 44). Die Festlegung einer Markenidentität muss als Erstes erfolgen. Dies bedeutet, dass die Organisation festlegt, welches Selbstbild sie über sich vermitteln will, was ihre Produkte oder Leistungen versprechen sollen, und ob dies durch die Gestaltungsform der Marke richtig zum Ausdruck gebracht werden kann. Kapferer bezeichnet dies als ein Aussagekonzept der Marke (vgl. Kapferer 1992, S. 44f.).
Meffert und Burmann zeigen, dass im Mittelpunkt der Markenidentität die Formulierung eines Kundennutzens steht, den die Marke aus der Sicht des Anbieters erfüllen soll und der in der spezifischen (Kern-)Kompetenz der Marke verankert ist (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 52). Wichtig ist dabei, dass die essenziellen Merkmale der Markenidentität (Kern der Marke oder der genetische Code der Marke) nicht verändert werden, da dies meistens dazu führt, dass die Identität der Marke nachhaltig beschädigt wird (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 56).
In der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Identitätsforschung wird zwischen sechs konstitutiven Komponenten, welche eine umfassende Beschreibung der Markenidentität im Sinne ihrer raum-zeitlich gleichartigen Merkmale ermöglichen, unterschieden. Die folgende Abbildung 4 (siehe S. 29) veranschaulicht diese Komponenten.
Die Markenherkunft stellt die Basis der Markenidentität dar. Der Ursprung der Marke muss zuerst wahrgenommen und interpretiert werden, danach werden die einzelnen Facetten der Markenhistorie herausgegriffen und in besonderer Weise in der Markenherkunft betont.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Komponenten der Markenidentität Quelle: Burmann et al. 2003, S. 7
Markenherkunft bildet sich im Laufe der Zeit und kann deswegen gestaltet werden, was bei erfolgreicher Umsetzung zu einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit und Authentizität führt. Es wird zwischen drei Facetten der Markenherkunft unterschieden:
- die regionale,
- die kulturelle und
- die institutionelle Herkunft (vgl. Blinda 2003, S. 38 und 51ff.).
Die regionale und die kulturelle Herkunft einer Marke umfassen demnach alle Einflüsse, die sich aus den Herkunftsländern und -regionen für die Markenidentität ergeben und diese stärken können (vgl. Charmasson 1988; Leclerc et al. 1994, S. 263f.)
Die institutionelle Herkunft der Markenherkunft umfasst den Ursprung einer Marke in einer bestimmten Branche oder Organisation, häufig als sogenannte „Made-by“-Herkunft bezeichnet, und die daraus resultierenden Einflüsse auf die Identität der Marke. Nach Burmann und Maloney sind die wichtigsten Determinanten in diesem Zusammenhang die Branchennuancen, die Unternehmenskultur und die Unternehmensgründer (vgl. Burmann/Maloney 2004, S. 3). Meffert und Burmann legen besonderen Wert auf die Prägung der Markenidentität durch Unternehmensgründer und -führer (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 59). Dies trifft insoweit auch auf die Universitäten, welche den Namen des Gründers tragen, wie z. B. Johann Wolfgang Goethe Universität-Frankfurt am Main oder Humboldt Universität zu Berlin zu. Die Markenidentität solch einer Universität trägt einen Teil der Identität dieser Persönlichkeiten mit, welche seit langem einen hervorragenden Ruf genießen. Die Universitäten, die Namen eines berühmten Wissenschaftlers tragen, haben es leichter, sich auf den Gebieten, für welche diese Wissenschaftler bekannt sind, zu profilieren.
Die nächste Komponente der Markenidentität ist die Markenkompetenz. Sie basiert auf Ressourcen und organisationalen Fähigkeiten einer Unternehmung. Die Markenkompetenz begründet den spezifischen Wettbewerbsvorteil der Marke und sichert diesen ab. Ein dauerhaft überlegter Kundennutzen basiert auf den Kernkompetenzen einer Marke. Nach Meffert und Burmann bemisst sich die Existenz von Kompetenzen und Kernkompetenzen aus der Perspektive des identitätsorientierten Markenmanagementansatzes somit stets an der Erzeugung von mit Preisbereitschaften verknüpften Kundennutzens durch die die Marke tragende Institution (vgl. Meffert und Burmann 2005, S. 60). Angewendet auf ein Beispiel im Zusammenhang mit einer Universität, könnte man sagen, dass solche Marken wie Harvard, Standford oder Yale sehr gute Beispiele für die Marken mit den prägnanten und starken Kernkompetenzen sind. Diese Universitäten erheben sehr hohe Studiengebühren und trotzdem sind sie sehr begehrt, da der Nutzen solch eine Universität abzuschließen, vermutlich viel höher ist als die zu erwartenden Kosten.
Meffert und Burmann betonen, dass die Kompetenzen und Kernkompetenzen einer Marke auf Wissensvorsprüngen gegenüber den Wettbewerbern basieren. Die Institutionen sollen sich deshalb permanent bemühen, die Kompetenzen zu erneuern, um Wissensvorsprünge und die mit ihnen verknüpften Wettbewerbsvorteile der Marke zu verteidigen. Noch wichtiger ist es, diejenigen Humanressourcen, die für die Entstehung der Kernkompetenzen einer Marke verantwortlich sind, an die Organisation zu binden, da alle organisationalen Fähigkeiten letztlich auf der Verknüpfung des Knowhows von Individuen basieren (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 60). An dieser Stelle eignet sich das von Herrn Prof. Dr. XX während der Befragung für die empirische Untersuchung der vorliegenden Arbeit angeführtes Beispiel: Es ging um die Frage, wie der Studiengang DaF der Universität Kassel zu einer Marke geworden ist. Laut Gardt lag dies an der Persönlichkeit von Herrn Prof. Dr. XXX wer dieses Fachgebiet mit viel Engagement aufgebaut und mit anderen Universitäten weltweit vernetzt hat. Dies bedeutet, dass das größte Potenzial in der Kompetenzbildung einer Organisation sich in den Händen engagierter Persönlichkeiten befindet (siehe Anhang, 4. Interview, S. 32).
Die weitere Komponente der Markenidentität ist die Art der Markenleistung. Die Festlegung der grundsätzlichen Form und der Art der Markenleistung basiert direkt auf der Markenkompetenz. Die grundsätzliche Art der Markenleistungen determiniert, wie eine Marke für die Nachfrager nutzbar wird. Es muss die grundsätzliche Form und Ausstattung von Produkten und Dienstleistungen, die eine Marke anbieten soll, festgelegt werden. Ebenso wie ein Mensch im Rahmen seiner persönlichen Identität für sich bestimmt, welche Rolle und Funktion er in der Gesellschaft erfüllen möchte, wird bei der Markenidentität festgelegt, welchen funktionalen Nutzen eine Marke dem Nachfrager bieten soll (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 60). Zum Beispiel hat die Universität Mannheim nur fünf Fakultäten, die miteinander eng verknüpft sind. Diese Tatsache macht es dieser Universität leichter, auf dem Bildungsmarkt einen signifikanten Platz zu besetzen. Würde sie ihr Leistungsangebot um weitere Fachbereiche erweitern, würde sich möglicherweise die Art der Markenleistung dieser Universität verzerren.
Die Markenvision ist ein weiterer, wesentlicher Bestandteil der Markenidentität. Sie gibt die langfristige Entwicklungsrichtung (fünf bis zehn Jahre) einer Marke vor. Zudem stellt sie für alle internen Zielgruppen eine wichtige Motivation dar (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 61). Ind spricht in diesem Zusammenhang von einer so genannten Ideologie, welche in der Lage ist, allen Mitarbeitern ein gemeinsames Credo zu bieten, mit dem sie sich identifizieren können (vgl. Ind 2003, S. 365). Kapferer behauptet, dass mittels bildhaft-emotionaler Leitlinien die Bedeutung und die Funktion der Marke bei der Realisierung der langfristigen, strategischen Unternehmensziele dargestellt werden sollten. Im Vergleich zur Markenvision sind Markenziele jedoch durch einen höheren Konkretisierungsgrad und einen kürzeren Zeithorizont gekennzeichnet. Die Markenvision übernimmt somit eine Koordinationsfunktion und dient der Sicherstellung eines unternehmensweiten, mit den Markenzielen konformen Handelns. Sie sollte sowohl die anvisierten Marktsegmente als auch die grundlegenden Differenzierungsmerkmale gegenüber Wettbewerbern beinhalten. Die Markenvision muss dabei eine langfristig realisierbare Wunschvorstellung zum Ausdruck bringen, um intern Motivations- und Identifikationskraft entfalten zu können (vgl. Kapferer 1992, S. 110f.). Zum Beispiel basiert die Vision der Universität Kassel auf vier Säulen: Natur, Technik, Kultur und Gesellschaft. Diese vier Säulen sollen den internen Zielgruppen vermitteln, dass diese vier Bereiche für die Universität Kassel besonders signifikant sind. Da die meisten Fachbereiche an der Universität Kassel in vielen Lehr- und Forschungsrichtungen miteinander verknüpft sind, soll diese Vision intern die Motivationskraft entfalten.
Die Markenwerte sind eine weitere wichtige Komponente der Markenidentität und repräsentieren die Grundüberzeugungen von Management und Mitarbeitern oder mit anderen Worten, woran die Marke „glaubt“, exakter ausgedrückt, welche Werte4 die Organisation mit sich in Verbindung gebracht haben will. Sie sollen vor allem wichtige emotionale Komponenten der Markenidentität sowie die Wünsche der relevanten Zielgruppen an eine ideale Marke zum Ausdruck bringen. Fokussiert auf wenige Aussagen, sollen sie einen Bezug zu dem durch die Marke versprochenen, vor allem symbolischen Kundennutzen aufweisen (vgl. Burmann et al. 2003, S. 22).
Meffert und Burmann weisen darauf hin, dass die Markenwerte für die Authentizität der Marke eine wichtige Rolle spielen, und dass sie daher von den Mitarbeitern „gelebt“ werden sollten. Denn erst durch ein konsequentes, aktives „Leben“ seitens der Mitarbeiter einer Marke können die Markenwerte ein integraler Teil der Markenidentität werden und die Marke emotional aufladen. In einem solchen Fall werden derartige Glaubenssätze eine wichtige Komponente dessen, was sich im Bewusstsein der externen Zielgruppen als Markenimage herausbildet (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 63). Eine Universität mit einem heterogenen Bildungsangebot kann nur schwer das Vorleben der allgemeinen Universitätswerte erreichen.
Die letzte Komponente der Markenidentität ist die Markenpersönlichkeit. Azoulay und Kapferer verstehen unter Markenpersönlichkeit “the set of human personality traits that are both applicable and relevant for brands“ (Azoolay/Kapferer 2003, S. 151). Diese für Marken relevanten Persönlichkeitsmerkmale finden ihren Ausdruck im verbalen und non-verbalen Kommunikationsstil einer Marke. Der markenspezifische Kommunikationsstil wird sowohl von den typischen Repräsentanten einer Marke als auch von der Herkunft der Marke geprägt (vgl. Aaker 1997, S. 348; Burmann et al. 2003, S. 23). Moser fügt hinzu, dass nach der Markteinführung einer Marke die Persönlichkeit der Marke auch durch die typischen Verwender und Käufer der Marke beeinflusst werden kann und zum Beispiel in der Markenkommunikation ausgelobt werden. Sie kann sich jedoch auch ungeplant einstellen und gegebenfalls negativ auf die Marke wirken. Vor allem über die Markenpersönlichkeit und die Markenwerte kann die Beziehung zwischen der Marke und den Nachfragern emotional aufladen und dadurch gefestigt werden. Sie beeinflussen in starkem Maße, ob die Marke von den Zielgruppen gemocht bzw. als sympathisch wahrgenommen wird (vgl. Moser 2003, S. 67ff.). Zum Beispiel geht die Universität Harvard gründlich bei der Auswahl der Studierenden, der Wissenschaftler und der Professoren vor, welche an der Universität studieren bzw. arbeiten werden. Diese Universität hat sich das Image einer Elite-Universität aufgebaut, an der jedoch nicht nur Reiche studieren können, sondern insbesondere talentierte und engagierte Studierende. Auch einige Hochschulen in Deutschland folgen der strengen Auswahl der Studienbewerber, wie z. B. die Universität Mannheim oder Kunsthochschule Kassel, um die Persönlichkeit der Marke zu „festigen“.
Goodyear betont, dass der Stellenwert der einzelnen Identitätskomponenten letztlich auch von der betrachteten Produktkategorie abhängt (Dienstleistungen, Investitionsgüter, Convenience, Shopping-, Specialty Goods etc.). Darüber hinaus stellen die Zielgruppenstruktur, die Art des zentralen Markennutzens, die Markenidentität der Hauptwettbewerber und die Struktur des Markenportfolios eines Unternehmens wesentliche Determinanten dar. Die generelle Bedeutung der Markenidentität für das Verhalten gegenüber der Marke wird darüber hinaus von der Stärke der persönlichen Identität des Individuums beeinflusst. Personen mit schwacher Ich-Identität werden sich in der Identität einer Marke wiederfinden und sich mit dieser identifizieren als Personen mit einer starken Ich-Identität (vgl. Goodyear 1994, S. 65). Diese Behauptung trifft ganz gut auf das Beispiel einer Bildungseinrichtung wie die Universität zu, da die Studierenden als wichtigste Kunden einer Universität, am Anfang des Studiums, werden als Personen mit schwacher Identität bezeichnet. Sie kommen an einer Universität mit den Persönlichkeiten der Professoren in Kontakt, die einerseits prägend für die Universität sind und andererseits eine Motivation für die Studierenden darstellen. Engagierte Professoren, die für ihren Fach begeistern können und die inspirierend wirken, so dass danach streben will, werden für die Erzielung der oben genannten Wirkung gewünscht. Somit stellen die engagierten Professoren eine signifikante Komponente für die Bildung einer Universitätsmarke dar.
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1 In der wissenschaftlichen Literatur wird häufig der Begriff Hochschule dem Begriff Universität gleichgestellt. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen beiden Begriffen. Hochschule ist ein Oberbegriff für diverse Einrichtungen des tertiären Bildungsbereichs des deutschen Bildungssystems. Universitäten sind Hochschulen mit dem Promotionsrecht, die der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung und Lehre und Studium dienen, ein möglichst umfassendes Fächerspektrum bieten (Universalität) sowohl ihren Studierenden wissenschaftsbezogene Berufsqualifikationen vermitteln sollen (vgl. Hessisches Hochschulgesetz 2007, Abs. 1, § 3). Zur Vereinfachung werden in der vorliegenden Arbeit diese beiden Begriffe als Synonyme verwendet.
2 Der Begriff Bologna-Prozess bezeichnet ein politisches Vorhaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens. Im Jahre 1999 einigte sich Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Nachbarn das Ziel bis zum Jahre 2010 einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen (vgl. BMBF 2008).
3 Der gesellschaftliche Auftrag einer Universität ist im Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslandes festgehalten und umfasst die Aufgaben einer Universität (vgl. Hessisches Hochschulgesetz 2007, Abs. 1, § 3).
4 Werte stellen eine grundlegende, zentrale, allgemeine Zielvorstellung und Orientierungsleitlinie für menschliches Handeln und soziales Zusammenleben innerhalb einer Kultur dar. Die breite Skala faktischer Bewertungen und theoretischer Bewertungsmöglichkeiten bildet das Wertesystem einer Gesellschaft. Werte sind einerseits maßgeblich an der Entstehung einer Kultur beteiligt, andererseits unterliegen sie einem ständigen Prozess der Veränderung (vgl. Meyers Lexikon, 2008).
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- Ludmila Cecan (Author), 2008, Konzeptionierung und Implementierung einer identitätsorientierten Markenführung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271158
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