In der vorliegende Untersuchung werden Grundzüge der Exportkreditversicherungen vorgestellt und der Einfluss der OECD auf staatliche Exportkreditversicherungen geschildert, der für Wettbewerbsgleichheit sorgen soll.
Spezieller Untersuchungsgegenstand ist dann der Sektor der erneuerbaren Energien, wobei auch das zugehörige, spezifische OECD Sektorenabkommen dargestellt wird. Mit den Bedingungen des Sektorenabkommens werden anschließend die Besonderheiten der Finanzierung von Investitionen in Erneuerbare Energieprojekte abgeglichen und schließlich daraus resultierende Probleme offen gelegt und Lösungsvorschläge unterbreitet.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einführung
2. Grundlagen und Deckungsformen der Exportkreditversicherungen am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Grundlagen der staatlichen Exportkreditversicherung
2.1.1 Bedeutung
2.1.2 Organisation
2.1.3 Antragsverfahren
2.1.4 Gebühren und Entgelte
2.1.5 Internationales Regelwerk
2.1.6 Schadenfall
2.2 Deckungsformen der staatlichen Ausfuhrgewährleistungen
des Bundes und gedeckte Risiken
2.2.1 Garantien und Bürgschaften und gedeckte Risiken
2.2.2 Deckungsformen nach Risikophasen
2.2.3 Deckungsformen im Kurzfristgeschäft
2.2.4 Deckungsformen im mittel- und langfristigen Bereich und Sonderdeckungsformen
3.Einfluss der OECD im Bereich der staatlichen Exportkreditversicherungen
3.1 Die OECD
3.2 Wirken der OECD im Bereich der staatlichen
Exportkreditversicherungen
3.2.1 Der OECD-Konsensus
3.2.2 Umweltprüfung
3.2.3 Empfehlung zur Korruptionsprävention und -bekämpfung
3.2.4 Nachhaltige Kreditvergabe
3.2.5 Die Sektorenabkommen des OECD-Konsensus
3.2.5.1 Sektorenabkommen für Schiffe
3.2.5.2 Sektorenabkommen für Kernkraftwerke
3.2.5.3 Sektorenabkommen für Flugzeuge
3.2.5.4 Sektorenabkommen für Erneuerbare Energien,
Klimaschutz und Wasserprojekte
4. Der Sektor der Erneuerbaren Energien
4.1 Arten Erneuerbarer Energien
4.2 Status Quo
4.3 Aussichten
4.4 Motive und Bedeutung bei der Vereinbarung
des Sektorenabkommens
5. Erfordernisse von Finanzierungen im Bereich der Erneuerbaren Energien im Hinblick auf die Richtlinien des Sektorenabkommens
5.1 Lange Kreditlaufzeiten und flexibles Rückzahlungsprofil
5.2 Lokale Kosten und ausländische Zulieferungen
5.3 Erlösgenerierung in der Landeswährung
6. Kritische Betrachtung der Richtlinien des Sektorenabkommens für Erneuerbare Energien - Probleme und Lösungsansätze
6.1 Energieversorgungsstruktur und Energiespeicher
6.2 Internationale Arbeitsteilung und Multisourcing
6.3 Inländischer Wertschöpfungsanteil für
staatlich garantierte Einspeisevergütungen
Fazit
Literaturverzeichnis
Internetverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Risikophasen und Deckungsformen eines Exportgeschäftes
Abbildung 2:
Schema einer Hermes-gedeckten Bestellerkredit-Finanzierung
Abbildung 3:
Projektkategorien gemäß Appendix II des CCSU
Abbildung 4:
Höchstkreditlaufzeiten für Klimaschutzprojekte gemäß Appendix II des CCSU
Abbildung 5:
Struktur der Strombereitstellung aus erneuerbaren Energien in Deutschland
im Jahr 2012
Abbildung 6:
Volumen der von Hermes übernommenen Exportkreditgarantien im Bereich
Erneuerbare Energien
1. Einführung
Der Energiesektor befindet sich derzeit in einem umfassenden Wandlungsprozess. Traditionelle, zentralisierte Energieversorgungsstrukturen auf Basis fossiler Energieträger werden nicht mehr nur von wissenschaftlicher, sondern inzwischen auch von politischer Seite infrage gestellt. So sind Berichte über die Klimaerwärmung allgegenwärtig in den Medien zu finden. Das Steigern der Effizienz und Nachhaltigkeit in einer zunehmend diversifizierten Energiewirtschaft ist keine Vision von übermorgen, sondern ist schon heute die Realität.[1] Die begrenzten Energieressourcen und der globale Klimawandel stellen die Industrienationen und die sich entwickelnden Länder vor besondere Herausforderungen und erhöhen das Interesse an alternativen Energiequellen. Bereits im Jahr 1997 haben sich die Industrienationen im Kyoto-Protokoll dazu verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2012 um durchschnittlich 5,2 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren.[2] Damit schlug die Stunde für die Erneuerbaren Energien (EE).
Im Jahr 2012 wurden neben zahlreichen Energieprojekten in den Bereichen Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft insbesondere die Errichtung von Windkraftenergieanlagen finanziert und mit sogenannten staatlichen Exportkreditversicherungen abgesichert. Hierzu gehören sowohl Ausfuhren von Anlagen auf dem Festland (onshore) als auch vor den Küsten bzw. auf dem Meer (offshore). So sichert eine sogenannte Finanzkreditdeckung der Bundesrepublik Deutschland (Bund) aktuell einen Kredit der BayernLB für die Finanzierung einer Windkraftanlage in der Türkei ab. Dieser Windpark mit Namen „Zeytineli“ entsteht auf einem Höhenzug in der Provinz Izmir im Nordwesten der Türkei und wird von dem Windenergieanlagen-Anbieter Nordex SE aus Hamburg mit 20 Großturbinen der 2,5 Megawatt-Baureihe beliefert. Dank dieses küstennahen Standorts wird bei günstigen Windbedingungen mit der Produktion eines Jahresertrages von ca. 165 Gigawattstunden ab September 2013 gerechnet. Dies entspricht etwa 160.000 Tonnen CO2-Einsparung. Ein weiteres Beispiel ist der Windpark „Dorper“ in Südafrika, für den der Bund für die Lieferung von 40 Windenergieanlagen eines mittelständischen Herstellers aus Norddeutschland eine sogenannte staatliche Ausfuhrdeckung übernahm. Mit diesem Projekt wird ein wichtiger Beitrag zur CO2-Reduktion in der südafrikanischen Energieversorgung geleistet.[3] Die beschriebenen Projekte im Bereich EE verdeutlichen, dass innovative Technologien zur klimaschonenden Energieerzeugung weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Alternative Stromerzeugungsanlagen sind daher international gefragt, auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern. In diesen Ländern sollen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung eine umweltfreundliche Energieversorgung etabliert und EE-Projekte gefördert werden. Aus diesem Grund spielen die nationalen Förderprogramme und –instrumente für die Finanzierung und Exportförderung von EE-Projekten eine immer wichtigere Rolle und somit auch die bereits genannten staatlichen Exportkreditversicherungen. Jedoch zeichnen sich Projekte im Bereich der EE durch spezifische Erfordernisse und Risiken im Vergleich zu konventionellen Projekten aus. Während diese in Deutschland als Projektfinanzierungen umgesetzt werden können, stößt man bei Exporten in andere Länder auf schwer einschätzbare politische und rechtliche Risiken sowie wirtschaftlich und finanziell schwache Käufer, wodurch die hier vorliegenden, schwer zu erfassenden Umstände eine solide Finanzierungsplanung mit den üblichen Berechnungstools erschweren. Sie erfordern vielmehr komplexe Finanzierungs- und Absicherungsstrukturen. In diesem Zusammenhang kamen mehrere Industrienationen im Rahmen der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development, dt. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) über speziell auf diesen Sektor zugeschnittene Sondervereinbarungen für Exportkreditversicherungen im Bereich EE überein.[4]
Im Rahmen dieser Arbeit soll herausgestellt werden, inwieweit dieses sogenannte „OECD-Sektorenabkommen für Erneuerbare Energien, Klimaschutz und Wasserprojekte“ (CCSU) den besonderen Erfordernissen von Finanzierungen dieser Branche gerecht werden. Hierfür werden im Kapitel Zwei zuerst die Grundlagen der staatlichen Exportkreditversicherung, die Deckungsformen und gedeckte Risiken am Beispiel der Exportkreditversicherungen des Bundes aufgeführt.
Gegenstand des darauffolgenden Kapitels ist die internationale Zusammenarbeit der Exportkreditversicherer im Rahmen der OECD sowie ihr Wirken im System der Exportkreditversicherer. Im vierten Kapitel wird der Sektor der Erneuerbaren Energien, dessen Potenziale und die Beweggründe zur Vereinbarung eines speziellen Sektorenabkommens für die Branche dargelegt. Im Anschluss werden die besonderen Erfordernisse von Finanzierungen in diesem Bereich und deren Würdigung im Sektorenabkommen behandelt. Abschließend werden im letzten Kapitel bestehende Probleme und noch zu berücksichtigende Details bei Finanzierungen von EE-Projekten erläutert und Lösungsansätze vorgeschlagen, gefolgt von einem Fazit.
2. Grundlagen und Deckungsformen der Exportkreditversicherungen am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland
Exportkreditgarantien stellen eines der wichtigsten Instrumente der nationalen Exportförderung dar. Im folgenden Abschnitt werden die Grundlagen und die Organisation der staatlichen Exportkreditversicherung am Beispiel der Euler Hermes Deutschland AG (Hermes) besprochen.
2.1 Grundlagen der staatlichen Exportkreditversicherung
Schon seit über 60 Jahren hat sich für das bewährte Förderinstrument der Bundesrepublik Deutschland (Bund) der Begriff „Hermesdeckungen“ etabliert und wird im weltweiten Handel vielfach mit Erfahrung, Kompetenz und Nachhaltigkeit verbunden.[5]
Diese sogenannten staatlichen Exportkreditversicherungen (oder auch Ausfuhrgewährleistungen) des Bundes stellen Versicherungen für Exportgeschäfte dar, mit deren Hilfe Risiken von Forderungs- bzw. Zahlungsausfällen aus wirtschaftlichen und/oder politischen Gründen zugunsten deutscher Exportunternehmen und/ oder der diese Geschäfte finanzierenden Institute gegen Zahlung einer Versicherungsprämie abgedeckt werden.[6] Im folgenden Abschnitt werden die Grundstrukturen der staatlichen Ausfuhrgewährleistungen des Bundes dargelegt.
2.1.1 Bedeutung
Das Auslandsgeschäft ist ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolgs einer Exportnation wie der Bundesrepublik Deutschland. Es birgt viele besondere Schwierigkeiten und Risiken, die ein exportorientiertes Unternehmen zwingend berücksichtigen muss. Nicht zuletzt bedeutet die Insolvenz eines ausländischen Kunden zumeist den Ausfall der gesamten Forderung des Exporteurs. Vor allem der Lieferantenkredit, d.h. das Einräumen längerer Zahlungsziele für Forderungen aus Warenlieferungen und/oder Dienstleistungen gegenüber dem ausländischen Käufer (Besteller) stellt im nicht abgesicherten Fall den größten und risikoreichsten Aktivposten in der Bilanz des exportierenden Unternehmens dar, da sich die Kreditwürdigkeit von ausländischen Abnehmern, aber auch die politischen Risiken des Abnehmerlandes nur sehr schwer beurteilen lassen. Dies gilt insbesondere für jene Abnehmerländer, die nicht zur Gruppe der wirtschaftlich und politisch stabilen, industriell hoch entwickelten Mitgliedsstaaten der OECD, d.h. den Ländern der EU, USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Schweiz und Norwegen zählen. Der Bund bietet den Exporteuren in Deutschland Schutz gegen diese wirtschaftlichen und politischen Risiken im Rahmen der Absicherung durch Hermesdeckungen.[7]
Diese Absicherung eröffnet den heimischen Exporteuren somit die Chance zur Erschließung neuer Märkte, da sie Exportverträge und wirtschaftliche Handelsbeziehungen eingehen können, wozu sie ohne die Deckung des Bundes unter Umständen nicht in der Lage wären. Insbesondere kleine und mittelständische Exportunternehmen können sich so vor Forderungsausfällen schützen, die für sie andernfalls ungleich schwerwiegendere Folgen hätten als bei Großunternehmen. Auf diese Weise wird das Risiko für Banken und Exporteure verringert und gestattet ihnen eine preisgünstigere Kalkulation, sodass sie diese Preisvorteile auch an ihre Kunden weitergeben können. Folglich tragen Exportkreditversicherungen maßgeblich zur Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei und sind ein wesentliches Element der Außenhandelsförderung. Zudem dienen sie der Sicherung stabiler Wirtschaftsbeziehungen und der damit verbundenen Arbeitsplätze exportorientierter Betriebe.[8]
In den Jahren 2000 bis 2010 nahm der Einfluss von Hermesdeckungen auf die Beschäftigung in der Exportnation Deutschland stetig zu und betraf laut einem Gutachten des ifo-Instituts im Jahr 2010 rund 240.000 gesicherte Arbeitsplätze in allen Branchen.[9]
Ein Teil der deutschen Exportgeschäfte, insbesondere diejenigen Investitionsgeschäfte mit längeren Kreditlaufzeiten, lässt sich in der Regel nur mit Hilfe von Exportkreditversicherungen darstellen. Dies betrifft vor allem kapitalintensive Investitionen und Projekte, wie z.B. im Flugzeug- und Schiffsbau oder bei der Errichtung von Kernkraftwerken und Anlagen zur Stromerzeugung mit Erneuerbaren Energien. Sie weisen Besonderheiten bei der Finanzierung auf, auf die im Abschnitt 3.2.5 näher eingegangen wird. Rund 75% der Ausfuhrgewährleistungen des Bundes für bspw. Anlagen und Maschinen neuester Technologien, Schiffe und Flugzeuge, aber auch für komplexere Infrastrukturprojekte entfallen auf Entwicklungs- und Schwellenländer.
Dies unterstreicht ihre signifikante Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung solcher Länder als auch für die Gewährleistung der Chancengleichheit der deutschen Exporteure im internationalen Wettbewerb. Aus diesem Grund haben alle westlichen Industrieländer, aber auch einige aufstrebende Länder ihre eigene „Export Credit Agency“ (ECA), d.h. staatliche Exportkreditversicherungen zur Förderung der eigenen Exportwirtschaft aufgebaut.[10]
2.1.2 Organisation
Bereits im Jahr 1949 hat der Bund zwei private Unternehmen, die heutige Euler Hermes Deutschland AG (Hermes) und die heutige PricewaterhouseCoopers AG (PwC) als Mandatare mit der Geschäftsführung im Zusammenhang mit der Übernahme und Abwicklung der Ausfuhrgewährleistungen beauftragt. Hermes ist hierbei federführend ermächtigt, „alle die Ausfuhrgewährleistungen betreffenden Erklärungen im Namen, im Auftrag und für Rechnung des Bundes abzugeben und entgegenzunehmen“[11]. Hieraus resultiert auch der allgemein bekannte Begriff „Hermesdeckungen“. Anzumerken ist, dass Hermes neben dem Mandatsgeschäft für den Bund auch private Versicherungsleistungen auf eigene Rechnung anbietet.[12]
Die Bundesregierung trägt für die übernommenen staatlichen Ausfuhrgewährleistungen die haushaltsrechtliche Verantwortung und verfügt über die Entscheidungsgewalt im Hinblick auf die Deckungspolitik. Wirtschaftlich gesehen trägt sich das Deckungsinstrumentarium des Bundes langfristig selbst über die eingenommenen Versicherungsprämien für abgeschlossene Neugeschäfte und die Rückflüsse aus gezahlten Entschädigungen. Dabei profitiert der Bundeshaushalt von positiven Ergebnissen der ausgereichten Deckungen. bzw. wird er durch anfallende Entschädigungszahlungen belastet. Für die Berechnung der vom Deckungsnehmer jeweils zu zahlenden Prämie finden bestimmte Berechnungsmethoden Anwendung, die im Verlauf in Punkt 2.1.4 noch kurz dargestellt werden. Der Eingang von fälligen Versicherungsprämien sowie Rückflüssen aus Schadensfällen wird von den Mandataren überwacht und zunächst gemäß ihrem öffentlichen Auftrag vereinnahmt. Danach transferieren sie den vereinnahmten Einnahmenbetrag an einem festgesetzten Termin an das für den Bundeshaushalt zuständige Bundesfinanzministerium.[13]
Neben den staatlichen Versicherungen kann die Absicherung von Exportrisiken (Vgl. Punkt 2.2.2) auch durch private Exportkreditversicherungen[14] erfolgen. Diese gewinnen für Exporteure zunehmend an Bedeutung, da der Bund gemäß dem Subsidiaritätsprinzip[15] seit 2002 keine Absicherung sogenannter marktfähiger Risiken[16] mehr vornimmt. Dies bedeutet, dass kurzfristige Auslandsgeschäfte mit Kernmitgliedern der Europäischen Union (EU) und der OECD (EU-Mitgliedsstaaten, Australien, Island, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz und USA) mit einer Kreditlaufzeit bis zu zwei Jahren mit in Art und Umfang vergleichbaren privaten Ausfuhrkreditversicherungen[17] versichert werden müssen. Nicht-marktfähige Risiken im Kurzfristbereich werden weiterhin vom Bund gedeckt.[18]
In der einschlägigen Literatur werden private Ausfuhrkreditversicherungen daher so definiert, dass sie in den meisten Fällen nur die Zahlungsunfähigkeit bzw. das wirtschaftliche bzw. Delkredererisiko des ausländischen Abnehmers bei Handelsgeschäften mit Schuldnern aus wirtschaftlich und politisch stabilen Ländern mit meist sehr kurzen Laufzeiten abdecken. Dabei werden Kredite bzw. Zahlungsziele des Exporteurs an ausländische gewerbliche Abnehmer mit einer versicherbaren Forderungslaufzeit von in der Regel bis zu 180 Tagen versichert. Zusätzlich besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, weitere Risiken des Exporteurs in die Versicherung einzubeziehen. Eine Deckung von politischen Risiken bzw. Länderrisiken wird von privatwirtschaftlichen Kreditversicherungsgesellschaften regelmäßig ausgeschlossen. Die konkreten Versicherungsbestimmungen unterliegen dynamischen Veränderungen,[19] weshalb hier nur allgemeine Grundzüge festgehalten werden können.
Die Mandatare dürfen staatliche Exportkreditgarantien nur in einem bestimmten Ermächtigungsrahmen übernehmen, welcher gem. Art. 115 Grundgesetz jährlich im Rahmen des Haushaltsgesetzes des Bundes erlassen wird. Im Jahr 2012 betrug dieser 135 Mrd. Euro im Vergleich zu 2011 mit 117 Mrd. Euro und ist somit an das steigende Volumen deutscher Exporte angepasst worden. Das Volumen der Exportkreditgarantien erhöhte sich im ersten Halbjahr 2012 im Vergleich zu 2011 um 10,5 % auf 14,3 Mrd. Euro mit einer um 1,6% gestiegenen Anzahl der Neuanträge und hebt die zunehmende Bedeutung der Ausfuhrrisikodeckung für deutsche Exporteure hervor.[20]
2.1.3 Antragsverfahren
Die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen des Bundes erfolgt ausschließlich auf Antrag, wobei die Deckungsnehmer keinen Anspruch auf Deckungsübernahme durch den Bund haben. Deckungsnehmer dürfen in der Regel nur deutsche Exporteure und deutsche Kreditinstitute (bzw. Finanzierungsinstitute) sein, deren zu versicherndes Exportgeschäft zum überwiegenden Teil Lieferungen und Leistungen deutschen Ursprungs beinhaltet.[21]
Ein Antrag sollte möglichst vor Abschluss des Ausfuhrvertrages gestellt werden. Schon während der frühen Vertragsverhandlungen kann der Exporteur anhand des soweit vorhandenen Auskunftsmaterials somit in Erfahrung bringen, inwieweit sein Geschäft deckungsfähig ist und gegebenenfalls etwaige Auflagen und Einschränkungen seitens Hermes berücksichtigen. Für eine positive Deckungsentscheidung sind beispielsweise Hermes-konforme Zahlungsbedingungen oder Kreditkonditionen zu vereinbaren.[22]
Nach einer versicherungstechnischen Bearbeitung und Bonitätsprüfung[23] wird der Antrag dem „Interministeriellen Ausschuss für Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften“ (IMA) zur Entscheidung über die Übernahme der Ausfuhrgewährleistung vorgelegt. Zu diesem Ausschuss gehören neben den Mandataren und Vertretern der zuständigen Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie, der Finanzen, des Auswärtigen und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch nicht-ministerielle Vertreter mit beratender Funktion. Dazu werden Abgesandte von der Kreditanstalt für Wiederaufbau Internationale Projekt- und Exportfinanzierungs-Bank (KfW IPEX-Bank), der Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH (AKA), dem Bundesrechnungshof, sowie aus der Exportwirtschaft und dem Bankgewerbe berufen, um möglichst praxisnahe Entscheidungen zu gewährleisten.[24]
In den monatlich stattfindenden Tagungen des IMA wird im Namen der Bundesregierung noch vor Abschluss des Grundgeschäftes gegenüber dem Antragsteller eine „grundsätzliche Stellungnahme“ abgegeben, welche Aussichten auf Deckungsübernahme für das in Anbahnung befindliche Geschäft bestehen. Sie umfasst bei einem positiven Ergebnis die Zusicherung des Bundes zur Deckungsübernahme im Falle der Unterzeichnung des Ausfuhrvertrages und gegebenenfalls des Finanzkreditvertrages. Jedoch muss gewährleistet sein, dass beide Verträge innerhalb einer festgesetzten Frist unterschrieben werden und den in der Stellungnahme festgelegten Kriterien bei unveränderter Rechts- und Sachlage entsprechen. Bei Ausschreibungen hat der Exporteur dank einer grundsätzlichen Stellungnahme den Vorteil einer größeren Verhandlungssicherheit. Im Falle von gravierenden Änderungen der sachlichen und rechtlichen Faktoren des Geschäftes nach bereits erfolgter Abgabe der Stellungnahme ist der Bund nicht an seine Zusicherung gebunden, wenn er diese bei Kenntnis der nachträglich erfolgten Änderungen nicht abgegeben hätte oder nicht hätte abgeben dürfen.[25]
Die endgültige Entscheidung über den Antrag auf Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung wird regelmäßig erst dann gefällt, wenn sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen vorliegen. Für eine endgültige positive Deckungszusage ist es maßgeblich, dass der Abschluss des Exportvertrages und ggf. des Kreditvertrages erfolgt ist und die für die Beurkundung notwendigen Daten vorhanden sind.[26]
Neben den wesentlichen Grundsätzen von Hermes, ausschließlich inländische Exporteure und Banken abzusichern, deren zugrundeliegende Ausfuhrgeschäfte im Wesentlichen deutschen Ursprungs sind, prüft der Bund außerdem, ob das Ausfuhrgeschäft eine vernünftige Perspektive auf eine schadensfreie Durchführung gewährt. Es wird weiterhin der Grad der Förderungswürdigkeit des Exportgeschäfts berücksichtigt, wobei insbesondere das gesamtwirtschaftliche Interesse, so z.B. die Sicherung von Arbeitsplätzen eine Rolle spielt.[27]
Nach der finalen Zusage schließt die Bundesregierung einen Gewährleistungsvertrag mit dem Deckungsnehmer. Er enthält alle für die Deckung relevanten Einzelheiten und Regelungen, wie Angaben zum Geschäft und zur Art und Höhe der versicherten Risiken. Abschließend wird eine Deckungsurkunde angefertigt und unterzeichnet dem Deckungsnehmer zugestellt.[28]
2.1.4 Gebühren und Entgelte
Für die Gewährung von Ausfuhrdeckungen stellt der Bund dem Deckungsnehmer Bearbeitungsgebühren und ein Entgelt für die Deckungsübernahme bzw. die Risikoprämie in Rechnung, wobei keine Versicherungssteuern anfallen. Die zu leistenden Bearbeitungsgebühren variieren je nach Deckungsart und sind in ihrer Höhe abhängig vom Auftragswert bzw. Darlehensbetrag. Sie entstehen bei Beantragung einer Deckung, zudem im Falle von Verlängerungen der grundsätzlichen Stellungnahme über ein Jahr hinaus sowie in Form einer Ausfertigungsgebühr für die Beurkundung der Deckungsübernahme.[29]
Die Risikoprämie, welche im Zuge der endgültigen Deckungsübernahme von Forderungsdeckungen (Lieferanten- und Finanzkreditdeckung) zu entrichten ist, bestimmt sich durch einen Prozentsatz bzw. Entgeltsatz des zu versichernden Betrages. Dieser Satz richtet sich nach zentralen risikobezogenen Faktoren des zu versichernden Risikos:
- Der Auftragswert bzw. Kreditbetrag ist die Bemessungsgrundlage.
- Wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Entgelthöhe ist das Länderrisiko des Käuferlandes. Hierzu erfolgt eine Einstufung des Landes in eine von acht Länderkategorien (0, gefolgt von 1 = bestes Risiko, 7 = schlechtestes Risiko).[30]
- Die Bonität des ausländischen Bestellers bzw. Garanten fließt seit Einführung eines neuen einheitlichen OECD-Entgeltsystems am 01. September 2011 durch Zuordnung des Käufers zu einer von sieben Käuferkategorien [31] in die Prämienberechnung ein. Diese steht für das wirtschaftliche Schuldnerrisiko, wobei nicht zwischen Banken- oder Käuferrisiken unterschieden wird.
- Des Weiteren haben die vereinbarten Zahlungsbedingungen bzw. die Laufzeit des Geschäftes oder Kredites, die sog. Risikolaufzeit (RZL), erheblichen Einfluss.[32]
- Zusätzlich zu den genannten Faktoren beeinflussen auch die Höhe der Selbstbeteiligung, bzw. die sog. Deckungsquote des Geschäfts,
- gestellte Sicherheiten (Credit Enhancements (CE)), die gegebenenfalls zur Verbesserung der Risikoposition des Schuldners beitragen und
- die Währung der zu deckenden Forderung eine Rolle.
Das im Jahr 2011 im Zeichen der Harmonisierungsbestrebungen von der OECD eingeführte neue Entgeltsystem mit einheitlichen Mindestprämiensätzen für sowohl Länder- als auch Käuferrisiken legte den Grundstein für mehr Transparenz und Wettbewerbsgleichheit bezüglich der Deckungsentgelte auf OECD-Ebene.[33]
2.1.5 Internationales Regelwerk
Die Thematik der Prämienfrage verdeutlicht, dass der Bund bei der Entscheidung über die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen, aber auch die Vertragsparteien bei der Ausgestaltung des Exportgeschäftes grundlegende Aspekte zu beachten haben. Obwohl es hierbei zwischen den ECA’s von Land zu Land Unterschiede, bspw. in ihren Anforderungen oder dem Angebot der Deckungsprodukte gibt, sind die wesentlichen Aufgaben und Handlungsrahmen durch internationale Abkommen definiert. So ist auch der Bund nicht autark in seiner Ausrichtung und Umsetzung der Exportförderungspolitik. Die ECA’s sind vielmehr und vor allem auf der Ebene der OECD in ein internationales Regelwerk eingebunden, dessen Wirken im Bereich staatlicher Exportkreditversicherungen Gegenstand des 3. Kapitels ist. Das Bundeswirtschaftsministerium gewährleistet eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der deutschen Exportwirtschaft im Rahmen von internationalen Übereinkommen über die Handlungsspielräume der Exportkreditversicherungen. Hierzu wohnt sie als Teilnehmer stellvertretend für die Bundesregierung allen relevanten Gremien und Sitzungen in der OECD und der Europäischen Union (EU) bei.[34]
Eine besondere Bedeutung bei der Vereinbarung von Zahlungsbedingungen bzw. Rückzahlungsbedingungen des Exportgeschäfts hat die unbedingte Beachtung der zwischenstaatlichen Vereinbarungen und international abgestimmten Grundsätze. Die wichtigsten Grundsätze wurden hierbei von der EU, den Kreditversicherern im Rahmen ihres Zusammenschlusses zur „Berner Union“ (BU) und insbesondere von der OECD beschlossen. Abweichende Vereinbarungen im Exportgeschäft können dazu führen, dass dem Exporteur keine Ausfuhrdeckung des Bundes gewährt wird.[35]
2.1.6 Schadenfall
Bei jeder Deckungsart ist der Deckungsnehmer im Schadenfall durch vom Bund definierte Regelsätze am Verlust selbst beteiligt. Diese Selbstbeteiligung liegt abhängig von der Deckungsart und den jeweils eingetretenen politischen oder wirtschaftlichen Risiken in der Regel in einer Spanne von 5% bis 15%. Für die Entschädigung wird festgestellt, ob wirtschaftliche oder politische Gründe ursächlich für die Zahlungsverzögerung bzw. den Zahlungsausfall sind, da sich die Selbstbeteiligung und somit die Höhe der Entschädigung je nach Schadenstatbestand richtet. Es wurde hierbei festgelegt, dass eine Selbstbeteiligung in Höhe von 5% vom Deckungsnehmer nicht anderweitig abgewälzt werden darf.[36]
Sobald der Schuldner die Forderung nicht oder nicht fristgemäß beglichen hat[37], ist vom Deckungsnehmer nach Einhaltung einer Karenzfrist je nach Deckungsform und Garantiefall ein Entschädigungsantrag zu stellen. Nach Eingang aller für den Entschädigungsantrag erforderlichen Unterlagen wird innerhalb einer Zwei-Monats-Frist eine Schadensentscheidung gefällt. Einen Monat nach Bekanntgabe der Schadenabrechnung wird vom Bund die Auszahlung des Entschädigungsbetrags an den Deckungsnehmer veranlasst.[38]
2.2 Deckungsformen der staatlichen Ausfuhrgewährleistungen und gedeckte Risiken
Nicht zuletzt wegen der voranschreitenden Globalisierung der Märkte und der damit einhergehenden direkteren Übertragung von externen Einflüssen auf die nationale Volkswirtschaft haben die staatlichen Exportkreditversicherungen als ein wichtiges Instrument zur Risikovorsorge für Unternehmen im In- und Ausland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Im folgenden Kapitel werden die einzelnen Deckungsformen und gedeckte Risiken beschrieben.
2.2.1 Garantien und Bürgschaften und gedeckte Risiken
Die Ausfuhrgewährleistungen des Bundes lassen sich in eine Vielzahl unterschiedlicher Deckungsformen differenzieren. Grundsätzlich unterteilt man nach der rechtlichen Stellung des ausländischen Käufers in Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften. Beide Begriffe entsprechen hier nicht der Bedeutung aus dem bankrechtlichen Verständnis. Sie dienen vielmehr der systematischen Einteilung nach Bestellerkategorien.
Bei Ausfuhren, bei denen der Staat, Körperschaften des öffentlichen Rechts oder eine vergleichbare Institution als Besteller auftreten bzw. eine derartige Institution durch Übernahme einer Garantie für einen privaten Käufer haftet, erfolgt die Absicherung durch Ausfuhrbürgschaften. Handelt es sich bei dem ausländischen Kunden um eine Privatperson oder eine insolvenzfähige privatrechtlich organisierte Firma, übernimmt der Bund die Deckung in Form einer Ausfuhrgarantie. Diese Deckungsform schließt das sog. Insolvenzrisiko ein, das bei Bürgschaften für staatliche Schuldner aufgrund der fehlenden Konkursfähigkeit entfällt.[39]
Man spricht von wirtschaftlichen Risiken, wenn der Grund für einen Forderungsausfall seitens des ausländischen Abnehmers begründet ist. Dazu gehören Forderungsausfälle im Nichtzahlungsfall (engl. „Protracted Default“) sowie durch Insolvenztatbestände (z.B. Konkurs, Vergleich, erfolglose Zwangsvollstreckung, Zahlungseinstellung), ungünstige wirtschaftliche Bedingungen des Schuldners oder Zahlungsverzug.[40]
Im Gegensatz dazu liegen politische Risiken vor, wenn der Nichtzahlungsgrund durch allgemeine gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen des Abnehmerlandes (z.B. Moratorium, Zahlungsverbot) oder kriegerische Ereignisse und Aufruhr bedingt ist. Weiterhin zählen zu den politischen Risiken auch Beschränkungen im zwischenstaatlichen Zahlungsverkehr im Rahmen von Konvertierungs- und Transferierungsverboten der vom Schuldner in der Fremdwährung bereits geleisteten Geldforderung, oder Verluste der Ware infolge von politischen Eingriffen vor dem Gefahrenübergang. Aufgrund des niedrigeren Risikos bei staatlichen Abnehmern fällt für Ausfuhrbürgschaften ein geringeres Entgelt an als bei Ausfuhrgarantien.[41]
2.2.3 Deckungsformen nach Risikophasen
Die Ausfuhrgewährleistungen werden zudem nach den einzelnen Risikophasen in der zeitlichen Abfolge des Exportgeschäftes unterschieden. Diese sind in der nachfolgenden Abbildung 1 grafisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Risikophasen und Deckungsformen eines Exportgeschäftes.Eigene Darstellung
Der Bund sichert Risiken sowohl vor als auch nach Versand der Ware ab. Das sog. Fabrikationsrisiko bezeichnet die Möglichkeit, dass bestimmte wirtschaftliche und/oder politische Umstände es unmöglich oder nicht mehr zumutbar machen, die Fertigstellung oder den Versand des Exportguts vorzunehmen (Phase 1 Abbildung 1). Hierfür bietet die Fabrikationsrisikodeckung eine Absicherung in Höhe der Selbstkosten des Exporteurs für die Herstellung der Ware. Sie empfiehlt sich vor allem bei Spezialanfertigungen, die sonst bei Nichtauslieferung in den seltensten Fällen anderweitig absetzbar wären.[42]
Phase 2 in Abbildung 1 stellt die Zeitspanne von Versand der Ware bis zum Lieferende bzw. zur Betriebsbereitschaft dar. Die hier bestehenden Ausfuhrrisiken bis zur vollständigen Bezahlung der noch ausstehenden Geldforderung (zzgl. vereinbarter Käuferzinsen) werden mit der Ausfuhrdeckung abgesichert.
In der Regel nimmt der Abnehmer zur Finanzierung eines Exportgeschäftes entweder einen Lieferantenkredit oder einen Finanzkredit zu Gunsten des Exporteurs (bzw. Bestellerkredit) in Anspruch. In Verbindung mit dem gegenüber dem ausländischen Abnehmer gewährten Bestellerkredit beantragt der deutsche Exporteur eine Ausfuhrdeckung (Vgl. Abbildung 2). Diese umfasst die Absicherung nicht-marktfähiger Risiken vom Zeitpunkt des Versands der Ware bis zum vollständigen Eingang der Forderung (Phase 3 Abbildung 1).[43]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Schema einer Hermes-gedeckten Bestellerkredit-Finanzierung,In Anlehnung an: Hartmann, Jörg (2012) S. 7.
Größere Exporttransaktionen werden zunehmend über gebundene Finanzkredite bzw. Bestellerkredite (Vgl. Abbildung 2) einer Bank finanziert.Hierbei gewährt ein deutsches Kreditinstitut infolge der Vermittlung durch den Exporteur dem ausländischen Besteller bzw. dessen Bank ein Darlehen, mit dem der Exporteur bereits pro rata Lieferung/ Leistung die Kaufpreiszahlung[44] erhält. Bei einem Bestellerkredit profitiert der Exporteur daher von einer sofortigen Bilanzentlastung und der Erhöhung seiner Liquidität. Die kreditgewährende Bank hat sodann einen Rückzahlungsanspruch gegen den ausländischen Kunden und kann sich vom Zeitpunkt der ersten Kreditauszahlung bis zur vollständigen Rückzahlung gegen die Uneinbringlichkeit der Darlehensforderung durch eine Finanzkreditdeckung absichern (Phase 3 Abbildung 1).[45]
Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei um die Absicherung einer abstrakten Geldforderung handelt, beinhaltet die Finanzkreditdeckung besondere Risiken, falls die Rückzahlung des Darlehens unter Hinweis auf Mängelrügen aus dem Liefergeschäft verweigert wird. Der Exporteur wird daher durch die Abgabe der sog. Verpflichtungserklärung in die Vertragsbeziehung der Bank eingebunden. Darin verpflichtet er sich gegenüber dem Bund zur Erteilung jeglicher Auskünfte über das zu Grunde liegende Exportgeschäft, des Weiteren zur Anerkennung der Weisungsbefugnis des Bundes und unter bestimmten Voraussetzungen auch zur Freistellung des Bundes von der Entschädigungsverpflichtung aus der Finanzkreditdeckung, bspw. im Falle einer Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Ausfuhrvertrag seitens des Exporteurs.[46]
2.2.4 Deckungsformen im Kurzfristgeschäft
Zudem unterscheidet man noch Arten der Deckungsformen abhängig von der Laufzeit der Kredite. Für das Kurzfristgeschäft mit maximal 12 Monaten, in Ausnahmefällen bis zu 24 Monaten Kreditlaufzeit stehen grundsätzlich vier Deckungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Kurzfristige Einzeldeckungen: Diese Lieferantenkreditdeckung übernimmt der Bund für Geldforderungen aus Lieferungen, bei denen es sich in erster Linie um Rohstoffe, Halbfertigwaren, Konsumgüter, Ersatzteile u.a. mit vereinbarten Kreditlaufzeiten von maximal 12 Monaten handelt. Neben dem politischen Risiko wird hier auch das Insolvenz- und Nichtzahlungsrisiko für eine Zeitspanne von sechs Monaten abgedeckt
- Revolvierende Einzeldeckung: Bestehen mit demselben Importeur regelmäßig Ausfuhrgeschäfte mit kurzfristiger Laufzeit, räumt der Bund auf Antrag eine Sammeldeckung für die zu erwartenden Umsätze mit einem im Voraus festgelegten Höchstbetrag auf revolvierender Basis ein. Der Exporteur muss daher nicht bei jedem einzelnen Geschäft einen gesonderten Antrag stellen
- Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung (APG): Die APG stellt den Schwerpunkt der staatlichen Ausfuhrdeckungen des Bundes dar. Sie eignet sich besonders dann, wenn der Exporteur laufend eine Vielzahl ausländischer Abnehmer aus unterschiedlichen Ländern unter Gewährung von kurzfristigen Zahlungszielen beliefert und hierbei eine ausgewogene Risikodiversifikation vorliegt. Besonders die mittelständische Exportwirtschaft schätzt die im Vergleich zur Einzeldeckung vielfach günstigere APG als einen umfassenden, flexiblen und verwaltungsarmen Deckungsschutz für die ausstehenden Forderungen ab dem Zeitpunkt der Versand der Ware mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr
- Ausfuhr-Pauschal-Gewährleistung-light (APG-light): Diese Pauschaldeckung wird für Ausfuhrgeschäfte mit maximalen Zahlungszielen von vier Monaten gewährt, deren Deckungsnehmer vor allem kleine und mittelständische Unternehmen mit geringem Jahresumsatz bzw. überschaubarem deckungsfähigen Exportumsatz sind. Ihr Zweck besteht darin, als eine leicht handhabbare Deckungsform zu fungieren. Daher ist auch nur ein Schadenfall definiert: Die gedeckte Forderung wird entschädigt, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit nicht erfüllt wurde.[47]
[...]
[1] Vgl. Geitmann, Sven (2005) S. 11.
[2] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2012) a S. 6.
[3] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2013) S. 25.
[4] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) s 2. Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[5] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2013) 1.Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[6] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) a 1.Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[7] Vgl. Andrich, René/ Steighan, Barbara (2004) S. 1031 ff.
[8] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) a 1.Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[9] Vgl. ifo-Institut (2011) S. 2.
[10] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) a 1.Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[11] Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 387.
[12] Vgl. ebenda, S. 387.
[13] Vgl. Schuhmacher, Ralph J. (2010) S. 30.
[14] Private Exportkreditversicherer sind beispielsweise die COFACE Kreditversicherung AG, Atradius Kreditversicherung, die privatwirtschaftliche Euler Hermes Kreditversicherungs-AG und weitere. Vgl. IXPOS – Das Außenwirtschaftsportal (2013) 1.Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[15] Der Staat interveniert nur dort, wo der private Markt keine adäquate Absicherung stellen kann.
[16] Marktfähige Risiken stellen z.B. Risiken des Transports dar. Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 384.
[17] Seit dem 20. April 2012 gibt es eine Ausnahmeregelung der EU Kommission für die Absicherung marktfähiger Risiken für Griechenland, die es den staatlichen Exportkreditversicherungen der EU erlaubt, Lieferantenkreditdeckungen für kurzfristige Geschäfte zu übernehmen. Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) b 5. Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[18] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 384, sowie Vgl. Olfert, Klaus (Hrsg.) (2010) S. 358.
[19] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 377.
[20] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2012) b S. 2 ff.
[21] Seit 1999 ist die Finanzkreditdeckung (Vgl. Punkt 2.2.2) prinzipiell auch für ausländische Banken unter der Voraussetzung möglich, dass diese Exportgeschäfte deutscher Exporteure finanzieren und eine zweifelsfreie Durchführung der betreffenden Kreditverträge gewährleistet wird. Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 384.
[22] Vgl. ebenda, S. 388.
[23] Mithilfe eines sich über die meisten Auslandsmärkte erstreckenden Korrespondenznetzes bestehen zwischen Hermes und den ausländischen Kreditversicherungsunternehmen etliche Kooperationen. Hermes nimmt unter Ausnutzung dieser Informationsquellen und im wechselseitigen Interesse eine qualifizierte Bonitätsprüfung und deren laufende Überwachung der im Antrag genannten Vertragsparteien vor. Zum Schutz vor Forderungsausfällen informiert Hermes das deutsche Unternehmen über die Ergebnisse der Bonitätsprüfung, sodass dieses zu einer ausgewogeneren Abnehmerauswahl in der Lage ist. Vgl. ebenda, S. 380.
[24] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 387.
[25] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) c mittlerer Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[26] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 388.
[27] Vgl. ebenda, S. 385.
[28] Vgl. ebenda, S. 388.
[29] Vgl. Olfert, Klaus (Hrsg.) (2010) S. 370.
[30] Für Zuordnungen in die Länderkategorie 0, zutreffend bei den Hocheinkommensländern der OECD und der Euro-Zone, wird mindestens der Entgeltsatz der Länderkategorie 1 angewendet. Bei Deckungen für Länder der Länderkategorie 0 mit Deckungslaufzeiten ab zwei Jahren ist zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ein marktgerechtes Entgelt einzuholen, das anhand von Markttests ermittelt wird. Dadurch fällt unter Umständen ein höheres Entgelt an, als bei Länderkategorie 1. Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) d oberer und mittlerer Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[31] Die Käuferkategorien reichen von SOV+ („besser als staatlich“), SOV (staatlich) und CC 0 (bestes privat/ quasi-staatlich) bis CC 5 (schlechtestes privat) und orientieren sich stark an externen Ratings. Je nach Länderkategorie unterscheidet sich die Anzahl der möglichen Käuferkategorien. Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2012) c S.3 f.
[32] Die Risikolaufzeit setzt sich aus der Kreditlaufzeit bzw. der Zeitspanne vom „Starting Point“ (letzte oder mittlere gewogene Lieferung/ Betriebsbereitschaft bzw. vollständige Kreditauszahlung und Tilgungsbeginn) bis zur letzten Kreditrate, sowie der Hälfte der Vorlaufzeit ( Zeitspanne von der ersten bis zur letzten Lieferung bzw. endgültigen Inbetriebnahme oder vollständigen Kreditauszahlung) zusammen. Vgl. ebenda, c S.9.
[33] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (2012) c S.2 ff.
[34] Vgl. Schuhmacher, Ralph J. (2010) S. 35.
[35] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 386.
[36] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) d unterer Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[37] Bei der Ausfuhrpauschalgewährleistung liegt der Nichtzahlungsfall 6 Monate nach Fälligkeit der Forderung, bei der Finanzkreditdeckung schon nach einem Monat vor. Vor Stellung eines Entschädigungsantrages empfiehlt es sich eine schadenabwendende Prolongation des Ausfuhr- bzw. Kreditvertrages in Betracht zu ziehen. Bei Änderung der gedeckten Fälligkeiten muss vorher die Zustimmung des Bundes eingeholt werden. Im Falle einer Insolvenz des Auslandsschuldners oder bei erfolglos durchgeführter Zwangsvollstreckung bzw. dem Beschluss eines amtlichen bzw. außeramtlichen Vergleichs tritt der Garantiefall bereits mit Verfahrensöffnung ein, jedoch erst wenn der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung eingetreten ist. Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) e 1. Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[38] Vgl. ebenda, 7. Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[39] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) f 2. Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[40] Vgl. ebenda, letzter Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[41] Vgl. Euler Hermes Deutschland AG (o.J.) f letzter Abschnitt im Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).
[42] Vgl. Andrich, René/ Steighan, Barbara (2004) S. 1044.
[43] Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 392 f.
[44] Häufig wird als Zahlungsinstrument das Dokumentenakkreditiv genutzt. Dieses stellt eine Vereinbarung dar, wonach die akkreditiveröffnende Bank im Auftrag und gemäß Weisung des Akkreditivauftraggebers (ausländischer Abnehmer) gegen Übergabe vorgeschriebener Dokumente eine Zahlung an einen Dritten (Begünstigter/ deutscher Exporteur) leistet, unter der Bedingung, dass die Akkreditivbedingungen erfüllt sind. Bei Geschäften mit Laufzeiten über 24 Monaten erfolgt die Eröffnung des Akkreditivs über bis zu 85% des Auftragswertes (Vgl. Abbildung 2), da für die Gewährung einer Ausfuhrgewährleistung des Bundes gemäß OECD-Konsensus mindestens eine 15 %ige Anzahlung geleistet werden muss. Vgl. Häberle, Siegfried Georg (2002) S. 156.
[45] Vgl. Andrich, René/ Steighan, Barbara (2004) S. 1044 f.
[46] Vgl. ebenda, S. 1046 f.
[47] Vgl. Andrich, René/ Steighan, Barbara (2004) S. 1044 f.
- Arbeit zitieren
- Kathrin Jerjomenko (Autor:in), 2013, Das OECD-Sektorenabkommen zur Exportförderung erneuerbarer Energien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270854
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