Die Rolle der Vereinten Nationen ist in der internationalen Politik nicht hoch genug einzuschätzen. Zur Förderung multilateraler Problemlösungen besitzt die über 60 Jahre alte Organisation vielfaItige, von ihr entwickelte Mechanismen. Blickt man auf die Funktionen der Organisation, stellt man fest, dass sie sowohl als Gestalter des Völkerrechts als auch dessen Garant zu klassifizieren ist. Die Vereinten Nationen können auf zahlreiche Errungenschaften verweisen. Dies wird insbesondere im Bereich der Menschenrechte sehr deutlich. Hier kann die Organisation auf der Ebene der Normsetzung, der Verbürgung und der Verbreitung der Idee der Menschenrechte eine positive Bilanz ziehen. Zahlreiche Konventionen und Pakte, die grundlegende Menschenrechte bestimmen, haben ihren Ursprung im modemen Völkerrecht und damit auch in den Vereinten Nationen. So ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948 als eine wegweisende Normsetzung anzusehen, um die sich mit den Jahren eine Reihe von Konventionen und Pakte gesammelt haben und zur sektoralen Ausgestaltung menschenrechtlicher Teilaspekte beitrugen. Doch kann keine positive Rechtsordnung sich alleine auf die Nonnsetzung beschränken, will man die Normen auch universell durchsetzen. Im Bereich der Verbürgung von Normen kann die Organisation im Feld der Menschenrechte auf von ihr entwickelte Instrumente, wie z.B. die Berichterstattungspflicht der Länder, verweisen, um so die Universalität und den bindenden Charakter völkerrechtlicher Verträge zu unterstreichen. Am Beispiel der Menschenrechte ist ersichtlich, dass die Vereinten Nationen in den internationalen Beziehungen entscheidende Funktionen einnehmen, auf die nicht mehr verzichtet werden kann. Im Hinblick auf die Weltkonferenzen, mit dem Ziel, eine gemeinsame internationale Agenda zu formen, können die Vereinten Nationen als Weltforum betitelt werden, dessen Funktion unerlässlich für multilaterale Problemlösungen ist. Die zweite wichtige Funktion klassifiziert die Vereinten Nationen als Koordinator bereitgestellter Ressourcen zur Lösung internationaler Probleme. Die dritte wichtige Funktion ist die der Vereinten Nationen als Gestalter des Völkerrechts, wie am Beispiel der Menschenrechte bereits erwähnt wurde.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Charta der Vereinten Nationen
2.1 Die Ziele der Vereinten Nationen anhand der Charta
2.2 Die Grundsätze der Vereinten Nationen anhand der Charta
2.3 Die Bedeutung der Vereinten Nationen für die internationale Politik am Beispiel des internationalen Terrorismus
3. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
3.1 Die Zusammensetzung
3.2 Arbeitsweise und Entscheidungsverfahren
3.3 Die Kompetenzen
3.4 Der Funktionswandel
3.5 Die Reformbemühungen rund um den Sicherheitsrates
4. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen
4.1 Die Zusammensetzung
4.2 Die Beratungsformen
4.3 Die Aufgaben und Kompetenzen
4.4 Die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung
4.5 Die Reformansätze für die Generalversammlung
5. Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
5.1 Die Zusammensetzung
5.2 Die Aufgaben und Kompetenzen
5.3 Die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung
5.4 Die Reform des Wirtschafts- und Sozialrates
6. Das Sekretariat der Vereinten Nationen und der Generalsekretär
6.1 Die Zusammensetzung und der Aufbau
6.2 Die Aufgaben und Funktionen des Generalsekretärs
6.3 Die Reformfahigkeit des Sekretariats
7. Schlussfolgerungen
8. Literaturverzeichnis
8.1 Sekundärliteratur
8.2 Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Die Rolle der Vereinten Nationen ist in der internationalen Politik nicht hoch genug einzuschätzen. Zur Förderung multilateraler Problemlösungen besitzt die über 60 Jahre alte Organisation vielfältige, von ihr entwickelte Mechanismen. Blickt man auf die Funktionen der Organisation, stellt man fest, dass sie sowohl als Gestalter des Völkerrechts als auch dessen Garant zu klassifizieren ist. Die Vereinten Nationen können auf zahlreiche Errungenschaften verweisen. Dies wird insbesondere im Bereich der Menschenrechte sehr deutlich. Hier kann die Organisation auf der Ebene der Normsetzung, der Verbürgung und der Verbreitung der Idee der Menschenrechte eine positive Bilanz ziehen. Zahlreiche Konventionen und Pakte, die grundlegende Menschenrechte bestimmen, haben ihren Ursprung im modernen Völkerrecht und damit auch in den Vereinten Nationen. So ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948 als eine wegweisende Normsetzung anzusehen, um die sich mit den Jahren eine Reihe von Konventionen und Pakte gesammelt haben und zur sektoralen Ausgestaltung menschenrechtlicher Teilaspekte beitrugen. Doch kann keine positive Rechtsordnung sich alleine auf die Normsetzung beschränken, will man die Normen auch universell durchsetzen. Im Bereich der Verbürgung von Normen kann die Organisation im Feld der Menschenrechte auf von ihr entwickelte Instrumente, wie z.B. die Berichterstattungspflicht der Länder, verweisen, um so die Universalität und den bindenden Charakter völkerrechtlicher Verträge zu unterstreichen. Am Beispiel der Menschenrechte ist ersichtlich, dass die Vereinten Nationen in den internationalen Beziehungen entscheidende Funktionen einnehmen, auf die nicht mehr verzichtet werden kann. Im Hinblick auf die Weltkonferenzen, mit dem Ziel, eine gemeinsame internationale Agenda zu formen, können die Vereinten Nationen als Weltforum betitelt werden, dessen Funktion unerlässlich für multilaterale Problemlösungen ist. Die zweite wichtige Funktion klassifiziert die Vereinten Nationen als Koordinator bereitgestellter Ressourcen zur Lösung internationaler Probleme. Die dritte wichtige Funktion ist die der Vereinten Nationen als Gestalter des Völkerrechts, wie am Beispiel der Menschenrechte bereits erwähnt wurde.
Trotz dieser durchaus wichtigen Funktionen befinden sich die Vereinten Nationen in einer tiefen Krise. So ist unter anderem ein strukturelles Problem zu beobachten, das eine ineffektive und ineffiziente Arbeit der Organisation nach sich zieht und sich vorwiegend in einem organisatorischen Wildwuchs äußert. Eben durch dieses strukturelle Problem ist davon auszugehen, dass die knappen Ressourcen nicht effektiv genug eingesetzt werden. Ein weiteres Problem sind unter anderem sich überschneidende Mandate und die damit fast unmögliche Abgrenzung der Organe und ihrer Kompetenzen untereinander. Darüber hinaus ergibt sich aus den vorhandenen und seit sechzig Jahren nur punktuell geänderten Strukturen der Organisation in einigen Bereichen eine mangelhafte Repräsentanz der heutigen machtpolitischen Verhältnisse auf der Welt. Dies führt nicht nur zu großem Unmut unter den meisten der 191 Mitglieder der Vereinten Nationen, sondern untergräbt unter anderem auch die Legitimation der Beschlüsse der Organe. Als ein letztes Beispiel für die durchaus gravierenden strukturellen Probleme soll noch der unzureichende Kontakt der Organisation mit der Zivilgesellschaft genannt werden. Insbesondere die nur rudimentär vorhandene Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen in die Arbeit der Organe muss als ein klares strukturelles Defizit gewertet werden. Diese könnten speziell durch die Weitergabe von Informationen einen wichtigen Beitrag fur die Arbeit, die Ziele imd die Grundsätze der Vereinten Nationen leisten. Diese Defizite führen nicht nur zu einem enormen Machtverlust der Organisation, sondern auch zu den damit verbundenen Problemen der mangelnden Legitimität und der Glaubwürdigkeit.
Die Herausforderungen der sich wandelnden internationalen Beziehungen lassen eine schwache Organisation, die für die Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zuständig ist, als keine annehmbare Option erscheinen. Die Vereinten Nationen stehen am Scheideweg. Wollen die Mitglieder der Vereinten Nationen auch in Zukunft auf die wichtigen Funktionen der Organisation zurückgreifen, müssen sich die Staaten den enormen strukturellen Defiziten stellen. Diese Probleme der Organisation können nur durch weit reichende Reformen behoben werden, zu denen gemäß der Charta der Vereinten Nationen nur die Mitglieder selbst berechtigt sind.
Das Interesse der Arbeit ist es, aufzuzeigen, dass sich die Vereinten Nationen in einer Krise befinden. Diese zeigte sich vornehmlich an den großen negativen Entwicklungen der neunziger Jahre, die die Vereinten Nationen im ehemaligen Jugoslawien, Ruanda oder aber auch in Somalia hinnehmen mussten. Diese Krisen haben mehr als verdeutlicht, dass vorwiegend strukturelle Probleme die Tätigkeit der Organisation fast unmöglich machen. Der Versuch soll während dieser Arbeit unternommen werden, darzustellen, dass die Vereinten Nationen dringend reformiert werden müssen, um weiterhin für die Herausforderungen der internationalen Politik eine adäquate Handlungsfähigkeit beanspruchen zu können.
Um sich diesen Problemen der Organisation angemessen anzunähem, erscheint es als angebracht, die vorhandenen Strukturen genauer zu analysieren. Diese Analyse muss sich nicht nur mit den rechtlichen Grundlagen des jeweiligen Organs, wie sie in der Charta normiert sind, beschäftigen, vielmehr muss die Analyse auf eine eventuell von der rechtlichen Grundlage abweichende Praxis ausgedehnt werden. Somit sollten auch die Probleme der Organe leichter identifiziert werden können. Als nächster Schritt erscheint es angebracht, die Reformvorschläge, die sowohl organisationsintem als auch -extern kursieren und sich mit dem jeweiligen Organ beschäftigen, zu untersuchen, um so eventuelle Anhaltspunkte über die Möglichkeiten der Umsetzung zu gewinnen. Als von besonderer Bedeutung werden in diesem Zusammenhang auch die nationalstaatlichen Interessen der Mitglieder der Vereinten Nationen angesehen, die genauer zu betrachten sind. Da alleine die in den Vereinten Nationen organisierten Staaten die notwendigen Reformen durchfuhren können, kann eine Analyse über die Mängel der Organisation ohne die Berücksichtigung der Interessen einzelner Staaten und insbesondere die der ständigen Mitglieder als nicht vollständig betrachtet werden.
Im ersten Kapitel soll darauf eingegangen werden, warum die Vereinten Nationen für die internationale Ordnung so entscheidend sind. Einen großen Anhaltspunkt bieten hier die Ziele und Grundsätze der Organisation, wie sie in der Charta normiert wurden. Die nähere Analyse eben dieser Chartabestimmungen könnte eventuelle Aufschlüsse über das moderne Völkerrecht geben und die Vereinten Nationen von ihrem Vorläufer, dem Völkerbund, abheben. Auf diesen Ausgangspunkt aufbauend, soll wie bereits erwähnt in den nachfolgenden Kapiteln auf die einzelnen Organe der Vereinten Nationen eingegangen werden. Dabei sind folgende Schwerpunkte besonders zu berücksichtigen: Entscheidend ist zunächst die Untersuchung der Zusammensetzung, um einer möglichen anachronistischen Zusammensetzung nachzugehen. Eben in der ausgewogenen Zusammensetzung eines internationalen Organs liegt die Basis für ein hohes Maß an Legitimität ihrer Beschlüsse und Resolutionen. Bei der Untersuchung der Kompetenzen und Funktionen im gesamten Gefüge der Organisation selbst können durchaus sich überschneidende Mandate entdeckt werden, die eine Kompetenzüberlagerung zur Folge haben und somit nicht nur die Effektivität der gesamten Organisation untergraben, sondern dessen Handlungsfähigkeit minimieren können. Somit erscheinen die Begriffe der Effektivität und Effizienz eng mit denen der Handlungsfähigkeit respektive Macht verknüpft zu sein. Die Arbeitsmethoden und die Entscheidungsfindungsverfahren eines Organs geben nicht nur Aufschluss darüber wie Entscheidungen getroffen werden, inwiefern sie tragfahig sind und inwieweit abweichende Meinungen berücksichtigt werden. Vielmehr liegt eben auch in der Frage nach den Arbeitsmethoden ein Indiz für die Effektivität und Transparenz eines Organs und seiner Entscheidungen. Als letzter Punkt der Betrachtungen sollen die Reformbemühungen näher analysiert werden, mit deren Hilfe die Mängel eines Organs beseitigt werden sollen. Dabei ist auch zu unterscheiden ob die Reforminitiative von organisationsintemen oder aber -externen Parteien vorgebracht wird. Diese Komponente der Analyse ist insofern nicht zu unterschätzen, als dass die internen Bemühungen eher dazu neigen werden, Kompromisse bei den Reformen einzugehen, um ein tragfahiges Konzept zu präsentieren und so womöglich eher auf notwendige Reformvorhaben verzichten.
2. Die Vereinten Nationen
Jede positive Rechtsordnung beruht auf bestimmten Wertvorstellungen, welche die Ziele der von ihr normierten Gemeinschaft bestimmen. Die Charta der Vereinten Nationen bezeichnet sowohl in ihrer Präambel als auch in Artikel 1 ihre Ziele, welche die in die Organisation eingebundenen Staaten als Richtschnur ihres individuellen und kollektiven Handelns anerkannt haben. Das oberste Ziel ist es demnach, für die Erhaltung und gegebenenfalls Wiederherstellung des Weltfriedens einzutreten. Aufbauend auf den schrecklichen Erfahrungen der beiden Weltkriege, sollten zukünftige Geschlechter von der Geißel des Krieges bewahrt werden.
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels sollen die genaueren Ziele der Vereinten Nationen, wie sie in der Charta festgelegt wurden, näher betrachtet werden.
2.1 Die Ziele der Vereinten Nationen anhand der Charta
Die Präambel der Charta ist ein integraler Bestandteil der Satzung der Vereinten Nationen. Sie war ursprünglich nicht vorgesehen, wurde aber kurzfristig auf der Konferenz in San Francisco entworfen und mit in die Satzung eingebaut.[1] Aufgrund des „spontanen“ Entwurfs ist eine fehlende Abgestimmtheit des Textes besonders daran deutlich zu erkennen, dass die in der Präambel benannten Zielsetzungen und Prinzipien in veränderter Wortwahl in den beiden ersten Kapiteln der Charta wiederzufinden sind.
Bereits zu Beginn des Textes der Präambel kommt in pathetischer Wortwahl die Essenz des Friedenskonzeptes der Vereinten Nationen zum Ausdruck.[2] Zunächst wird besonders deutlich, dass der hier verwendete Friedensbegriff über die bloße Abwesenheit bewaffneter Konflikte hinausgeht. Zwar ist die Verbannung von bewaffneten Konflikten aus den internationalen Beziehungen das oberste Ziel der neuen Organisation, das Ziel ist es demnach, den negativen Frieden zu erreichen, doch muss darauf verwiesen werden, dass der Friedensbegriff des Weiteren mit bestimmten Wertvorstellungen angereichert wurde und über den rein politischjuristischen Umgang der Staaten und Individuen miteinander hinausgeht.[3] Wertvorstellungen wie z.B. der Glaube an die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Grundrechte der Menschen aber auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau sind zentrale Aussagen der Präambel[4] und verweisen in der Tat auf einen positiven Friedensbegriff. Um diese Wertvorstellungen zu etablieren, sollen Bedingungen geschaffen werden, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können mit dem Ziel, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fordern.[5] Insbesondere die Verwendung des Begriffs der Gerechtigkeit, also der Verweis auf ein naturrechtliches Element, soll noch einmal als ein Bekenntnis der Organisation fur ihre Existenz als Wertegemeinschaft verstanden werden.[6] Die Erwähnung des Begriffs der Gerechtigkeit eröffnet auch eine gewisse juristisch-politische, aber auch philosophische Flexibilität für die Charta, da neuere Entwicklungen in der politischen Wissenschaft ebenfalls unter diesem Begriff subsumiert werden können. So würden heutzutage z.B. sozioökonomische Verhältnisse in den jeweiligen Einzelstaaten durchaus als ein wesentlicher Bestandteil des Begriffs der Gerechtigkeit verstanden werden.
Die Integrierung der Menschenrechte in einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag stellt zweifelsohne eine entscheidende Innovation durch die Vereinten Nationen dar. Dieser Gedanke beruht auf dem Verständnis, dass sowohl der Friede als auch die internationale Sicherheit durchaus von der Beachtung der fundamentalen Rechte der Einzelpersonen in den jeweiligen Staaten abhängen.[7] Bekräftigt wird in der Präambel auch die Gleichberechtigung der Nationen untereinander, unabhängig davon ob es sich um kleine oder große Nationen handelt. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass dieser Grundsatz der Vereinten Nationen jene Ideologie des politischen Realismus ablehnt, die die Beziehungen der Staaten untereinander als ein Nullsummenspiel versteht und die Notwendigkeit internationaler Organisationen mit zentralen Entscheidungsfindungs- und Sanktionsmöglichkeiten ablehnt.
Der letzte in der Präambel der Charta angesprochene Punkt betrifft die soziale, aber auch wirtschaftliche Dimension der Vereinten Nationen und ihre Bedeutung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit. Die Idee der engen Zusammenarbeit
In Artikel 1 Ziffer 3 machen es sich die Vereinten Nationen zur Aufgabe, eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fordern und zu festigen.[17] In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Achtung der Menschenrechte noch einmal besonders hervorgehoben. Das Zusammenarbeitsgebot ist zwar hier denkbar allgemein gehalten, soll aber die Mitgliedstaaten dazu anhalten, eine umfassende Kooperation mit anderen Staaten einzugehen. Dem liegt nicht nur der Grundgedanke des sozialen Fortschritts und eines besseren Lebensstandards für alle zu Grunde, to sondern auch ein Konzept der Friedenssicherung.[18] Ein auf allen Ebenen mit vielen Staaten kooperierender Staat wird demzufolge seltener bestehende Konflikte mit Waffengewalt lösen, da z.B. wirtschaftliche Interessen dies verhindern könnten. Darüber hinaus wird durch die „Friendly-Relations-Decleration“ das Prinzip der Zusammenarbeit der Staaten untereinander zu Pflicht eines jeden Staates erklärt. Des Weiteren ermöglicht es Artikel 1 Ziffer 3 den Vereinten Nationen, sich mit allen Fragen zu befassen, die nicht in die innere Zuständigkeit eines Staates fallen.[19] Diese Zielvorgabe war in der Vergangenheit stets das Thema scharf geführter Kontroversen.
So bestand eine grundlegende Kontroverse z.B. in der Frage, inwieweit die Verbürgung von fundamentalen Menschenrechten als eine Angelegenheit der inneren Souveränität eines Staates zu sehen ist und ob schwerste innerstaatliche Verletzungen grundlegender Menschenrechte durch die Anwendung militärischer Zwangsmaßnahmen geahndet werden können.
Das Ziel der Vereinten Nationen, ein Mittelpunkt zu sein, in dem die Bemühungen der Nationen zur Verwirklichung dieser gemeinsamen Ziele aufeinander abgestimmt werden, wird in Artikel 1 Ziffer 4 der Charta konstatiert.[20] Das in diesem Abschnitt der Satzung dargestellte Ziel entspricht der Vorstellung, dass die Vereinten Nationen nach dem Ende des 2.Weltkrieges in der neu geschaffenen Ordnung der internationalen Beziehungen das institutionelle System darstellen würden, in dem die Staatengemeinschaft alle gemeinsamen interessierenden Fragen diskutieren würden, vornehmlich aber die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu regeln hätte. Doch zeigte sich schon sehr bald, dass das spannungsgeladene Verhältnis der Supermächte zu einer ständigen Blockierung des Rates führte und somit das Konzept der Friedenssicherung in den ersten Jahren der Organisation als gescheitert betrachtet werden muss.[21]
Es kann auch durchaus davon die Rede sein, dass sich das moderne Völkerrecht durch ihren hohen Grad an Verbindlichkeit klar vom klassischen Völkerrecht unterscheidet. Dies ist alleine an der Tatsache ersichtlich, dass sich jeder Mitgliedstaat den Zielen und Prinzipien der Organisation verpflichtet. Dieser hohe Grad an Verpflichtung ist zwar ein Novum in den internationalen Beziehungen, doch muss auch davon ausgegangen werden, das jedes zuwiderhandeln einen eindeutigen Vertragsbruch darstellt und somit auch geahndet werden müsste. Dieser Argumentation folgend, erfahrt jede Gewaltanwendung ohne die ausdrückliche Legitimierung durch die Vereinten Nationen, etwa der Irakkrieg der USA, eine explosive Betrachtungsweise.
2.2 Die Grundsätze der Vereinten Nationen anhand der Charta
Die in Artikel 2 der Charta festgesetzten sieben Grundsätze der Vereinten Nationen regeln zum einen generell die Pflichten und Rechte der Mitgliedstaaten, zum anderen stecken sie die Möglichkeiten und Grenzen der Organisation selbst ab. Im weiteren Verlauf sollen diese näher betrachtet werden.
Der Grundsatz der souveränen Gleichheit aller Mitglieder der Vereinten Nationen entspricht einem der wichtigsten Strukturelemente des Völkerrechts überhaupt. Dieser in Artikel 2 Ziffer 1 fixierte Grundsatz, wonach die Organisation auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder beruht [22], geht davon aus, dass die Staaten zum einen als die Hauptakteure der internationalen Beziehungen zu betrachten sind und zum anderen wird von einer rechtlichen und politischen Gleichheit aller Einheiten ausgegangen; gleichwohl ihrer faktischen Unterschiede, seien sie nun wirtschaftlicher, kultureller, aber auch militärisch-strategischer Art. Das Gleichheitsgebot entfaltet eine integrative Funktion, die es auch kleineren Staaten ermöglicht, sich mit den Vereinten Nationen zu identifizieren und sich fur die Arbeit der Organisation zu engagieren. Jedoch ist zunächst mit der Verwendung des Begriffes der Souveränität eine nicht minder wichtige Einschränkung verbunden. Hier ist ausschließlich von dem Attribut der äußeren Souveränität die Rede, was im Umkehrschluss die notwendigen Merkmale einer Staatlichkeit voraussetzt.
Insbesondere sind hier Staatsgebiet, Staatsvolk und eine effektive Regierungsmacht zu nennen, die eine Staatlichkeit charakterisieren.[23] Bei der praktischen Umsetzung des Gleichheitsgebots durch die Vereinten Nationen scheint jedoch ein Punkt besonders ins Auge zu springen, nämlich die besondere Stellung der ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dies scheint bis zu einem bestimmten Grad das Gleichheitsgebot ad absurdum zu führen, kann jedoch, wenn man von dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Recht ausgeht und nicht der Gleichheit im Recht, als durchaus vereinbar mit der Charta verstanden werden.[24] In Artikel 2 Ziffer 2 wird ein schon weitläufig bekannter Grundsatz aufgegriffen. Demnach verpflichten sich alle Mitglieder, die Verbindlichkeiten, die ilmen durch die Charta erwachsen nach Treu und Glauben zu erfüllen.[25] Hier kann man von einem Verweis auf den alten Rechtssatz des pacta sunt servanda sprechen. Das naturrechtliche Element zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Charta und unterstreicht die Überzeugung, dass alle Mitglieder der Vereinten Nationen gleichermaßen ernsthaft und aufrichtig an den Zielen der Organisation arbeiten wollen. Augenscheinlich wird hierbei eine rein formal juristische Problemlösung abgelehnt, die womöglich von der Überzeugung getragen wird, dass nicht alle Staaten aufgrund wirtschaftlicher, kultureller und auch sozialer Unterschiede denselben Beitrag zu leisten in der Lage sind.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz der Vereinten Nationen ist die Vorgabe an ihre Mitglieder, alle internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so beizulegen, dass der Weltfrieden und die internationale Sicherheit nicht gefährdet werden. Wie in Artikel 2 Ziffer 3 der Charta ausgeführt, sind zwar friedliche Mittel zur Lösung internationaler Streitigkeiten zu bevorzugen, doch macht die Satzung selbst an dieser Stelle keine näheren Angaben über die Art der Mittel.[26] Dies soll jedoch diesen Grundsatz in keiner Weise negieren. Vielmehr kann hier von einer politischen Flexibilität gesprochen werden, die neue Ansätze an verfügbaren Instrumentarien zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten mit einschließen könnte, wie z.B. die der präventiven Diplomatie. Dass dieser Grundsatz kein starres, ein jeglicher Weiterentwicklung entbehrendes Prinzip ist, zeigt die Tatsache, dass sich die Vereinten Nationen durch zahlreiche Resolutionen und Beschlüsse dem Thema angenommen haben. So sind z.B. der „ Friendly-Relations-Decleration die Manila Erklärung über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten oder auch die Erklärung über die Verhütung und Beseitigung von Streitigkeiten und Situationen, die den Weltfrieden und die internationale Sicherheit bedrohen können, und über die Rolle der Vereinten Nationen auf diesem Gebiet nur einige Beispiele zu diesem Themenbereich.
Eine große Innovation der Charta stellt das Prinzip des Gewaltverbotes dar, das auf die gesamte Charta angewendet, sehr eng mit dem Instrumentarium der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten verknüpft ist. Dieser Grundsatz besitzt im modernen Völkerrecht allgemeine Gültigkeit und zählt auch zu den weitaus wichtigsten Grundsätzen der Vereinten Nationen. Nach Artikel 2 Ziffer 4 verpflichten sich alle Mitgliedstaaten in ihren internationalen Beziehungen, jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen.[27] Das Prinzip des Verzichtes auf Gewaltanwendung, aber auch Gewaltandrohung ist nicht allein auf die Mitgliedschaft der Organisation beschränkt, vielmehr hat sich die Ächtung der Gewaltanwendung und -androhung als Instrument der internationalen Beziehungen seit der Gründung der Vereinten Nationen weltweit durchgesetzt und sollte in der Gründungsphase auch alle Nichtmitglieder der Vereinten Nationen erfassen. Jedoch sind auch die zahlreichen Bemühungen erwähnenswert, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Versuch unternahmen, ein gewaltfreies internationales System zu etablieren. So ist insbesondere der Briand-Kellogg-Pakt aus dem Jahr 1928 in diesem Zusammenhang ein besonderes Beispiel. Dass sich dieses Prinzip internationaler Interaktion durchgesetzt hat, ist auch stets mit den enormen Umbrüchen auf internationaler Ebene verbunden. Die vermehrte Zusammenarbeit und die zunehmende Vernetzung zwischen den Staaten haben den Krieg zu einem wirtschaftlichen und politischen Wagnis degradiert. Sowohl Umfang als auch Inhalt des zwischenstaatlichen Gewaltverbotes, erschließen sich aus dem Gesamtkonzept der Vereinten Nationen und ihrer Daseinsberechtigung als Friedensorganisation. In ihrer Konzeption stellen die Vereinten Nationen den Grundsatz des Gewaltverbotes an die Spitze aller zwischenstaatlichen Verhaltensregeln.[28] Der tragende Gedanke hinter dem Gewaltverbotsprinzip war stets die Idee, dass lediglich das Selbstverteidigungsrecht der Staaten im Falle eines unmittelbaren militärischen Angriffs auf das eigene Staatsgebiet von diesem Grundsatz ausgenommen werden sollte; dies wird am Gesamtkonzept des Gewaltverbotes ersichtlich. So unumstößlich dieser Grundsatz auch erscheint, hat er doch in jüngster Zeit auch durchaus wichtige Fragen aufgeworfen. So muss man sich der Problematik der innerstaatlich begangenen Menschenrechtsverletzungen stellen, welche die Frage nach militärischen Interventionen, also einer bewussten Gewaltanwendung, aber auch nach dem Eingreifen in eine mögliche innere Angelegenheit eines Staates mit sich bringt. Ein weiteres Beispiel fìir die höchst kontroverse Diskussion um das zwischenstaatliche Gewaltverbot stellen Maßnahmen zum Schutz eigener Staatsbürger ohne Zustimmung des betroffenen Gebietsstaates dar, wie sie z.B. durch eine Kommandoaktion der USA zur Befreiung von Botschaftsangehörigen im Iran ausgefuhrt wurde.[29] Eine weitere durchaus wichtige Diskussion stellt die Frage nach dem Begriff von Gewalt selbst dar. Wird unter dem Gewaltbegriff, ganz ähnlich wie beim positiven Friedensbegriff, nicht nur die Anwendung von militärischen Mitteln verstanden, sondern auch strukturelle Gewalt, so könnten vermeintlich gewaltfreie Maßnahmen der Vereinten Nationen selbst wie z.B. Wirtschaftssanktionen aus ganz anderer Perspektive betrachtet werden, da sie in ihren Auswirkungen durchaus Gewalt auf die Zivilbevölkerung ausüben. Zudem kann am Beispiel des Prinzips des Gewaltverbotes die Krise des modernen Völkerrechts deutlich aufgezeigt werden. Aufgrund veränderter Sicherheitsstrukturen im internationalen System, ausgelöst durch die Globalisierung und der damit verbundenen gesteigerten Beweglichkeit von Menschen, Waren, Kapital und Informationen in Verbindung mit dem Hegemonialismus der einzig verbleibenden Supermacht USA, kann eine Marginalisierung und Instrumentalisierung des modernen Völkerrechts aufgezeigt werden. Dies wurde während des an der Weltorganisation vorbei geführten Irakkrieges sehr deutlich.
Nach den Bestimmungen des Artikels 2 Ziffer 5 verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme zu leisten, welche die Organisation im Einklang mit der Charta ergreift.[30] Dieser Grundsatz sollte mit den Instrumentarien, die dem Sicherheitsrat nach Kapitel VI und Kapitel VII zur Verfügung stehen, betrachtet werden.[31] Diese beinhalten sowohl Vorbeugungsais auch Zwangsmaßnamen, die in das System der kollektiven Sicherheit eingebettet sind. Sobald die in diesem Abschnitt erwähnten Maßnahmen militärische Mittel umfassen und daher die Abstellung von militärischen Kontingenten erfordern, muss dies durch den Abschluss näher erläuternder Verträge kodifiziert werden . Jedoch zeigt die Verpflichtungsmöglichkeit in der bisherigen Praxis der Vereinten Nationen, dass dieser Grundsatz über den guten Vorsatz eines theoretischen Ansatzes nicht hinauskam. Sobald die Notwendigkeit für ein militärisches Eingreifen bestand, waren in der Vergangenheit die Operationen der Vereinten Nationen stets vom Wohlwollen der Staaten abhängig. Sollten jedoch Maßnahmen getroffen werden, die keine militärische Präsenz notwendig machen wie z.B. Wirtschaftssanktionen, so sind die Staaten verpflichtet, diesen Beschlüssen Wirksamkeit zu verleihen. Aus den Bestimmungen des Artikels 2 Ziffer 5 geht weiter hervor, dass kein Beistand für einen Staat geleistet werden darf, gegen den die Organisation Vorbeugungs- bzw. Zwangsmaßnahmen ergriffen hat.[32] Dieser Grundsatz verpflichtet die Staaten im vollen Umfang allein auf die Ziele der Vereinten Nationen. So soll den Staaten die Möglichkeit verwehrt werden, durch Aktionen gegen die kollektiven Maßnahmen die Autorität der Organisation zu untergraben.
Der sechste Grundsatz verpflichtet die Vereinten Nationen dafür Sorge zu tragen, dass Staaten die nicht der Organisation selbst angehören, insoweit nach diesen Grundsätzen handeln, als zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlich ist.[33] Rein völkerrechtlich betrachtet, ist hier insbesondere Artikel 34 der Wiener Vertragskonvention zu erwähnen, wonach Drittstaaten ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte auferlegt werden können.[34] Da jedoch praktisch alle Staaten ihren Weg in die Vereinten Nationen gefunden haben, ist dieser Grundsatz in der praktischen Anwendung obsolet geworden.
In Artikel 2 Ziffer 7 wird ebenfalls eines der wichtigsten und auch kontrovers diskutierten Grundsätze der Vereinten Nationen entfaltet. Demnach kann aus der Charta keinerlei Befugnis der Organisation zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören oder einer Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung aufgrund der Charta zu unterwerfen, abgeleitet werden.[35] Es wird deutlich, das dieser Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates nicht nur die Organisation selbst verpflichtet, sondern auch als Verhaltensregel im Umgang der Staaten untereinander dient. Insbesondere eine zunehmend dichter vernetzte Staatengemeinschaft lässt hier die Frage nach dem Wesen von inneren Angelegenheiten zunehmend kontroverser diskutieren. So stellen mittlerweile fundamentale Menschenrechtsverletzungen, die zuvor als in die innere Zuständigkeit eines Staates gehörend interpretiert wurden, nunmehr ein zunehmend globales Problem dar, das insbesondere auch Nachbarstaaten zunehmend beeinflussen und eine ganze Region ins Chaos stürzen kann. Aus gegebenem Anlass sei auf die Flüchtlingsströme hingewiesen, die zum Teil gravierende Ergebnisse ftir die Nachbarstaaten mit sich bringen.[36]
2.3 Die Bedeutung der Vereinten Nationen für die internationale Politik am Beispiel des internationalen Terrorismus
Die Bedeutung der Vereinten Nationen für die internationale Politik ist nicht hoch genug einzuschätzen. Dabei kommen der Organisation entscheidende Aufgaben und Funktionen zu, darauf wurde bereits verwiesen. Am folgenden Beispiel soll insbesondere auf zwei dieser Funktionen eingegangen werden. Die Vereinten Nationen, selbst ein Produkt des Völkerrechts, sind zum einen nicht nur als Garant des Völkerrechts zu bezeichnen, sondern nehmen auch die Position seines Gestalters ein.
Am Beispiel des internationalen Terrorismus sollen diese beiden Funktionen näher betrachtet werden. Im Blickfeld der Untersuchung soll hier zunächst einmal die Arbeit der Generalversammlung und des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen stehen. Es ist ersichtlich, dass sich die wandelnde Weltordnung die Vereinten Nationen vor neue Herausforderungen stellt.
Der internationale Terrorismus stellt zwar kein neues Phänomen des 21. Jahrhunderts dar, doch kann durchaus davon die Rede sein, dass die Anschläge vom 11. September 2001 nicht den Beginn der Bemühungen, sondern eine Intensivierung und Beschleunigung der Aktivitäten der Vereinten Nationen auf diesem Gebiet darstellen.[37]
Bereits seit den sechziger Jahren befasste sich die Generalversammlung mit dem Phänomen des Terrorismus. Doch erst die tragischen Ereignisse bei den Olympischen Spielen in München ließen die Weltgemeinschaft erkennen, dass diese Akte eine generelle Bedrohung darstellen.[38] Als Reaktion auf diese Ereignisse wurde am 18. Dezember 1972 die Resolution A/Res./3034(XXVII) verabschiedet. Inhaltlich verwies die Resolution etwa auf die „Friendly-Relations-Decleration“ und rief die Staaten dazu auf, eine intensivere internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um dem Terrorismus adäquat zu begegnen.[39] Der Akzent der Terrorismusbekämpfung wird jedoch zunächst auf die Erforschung der Ursachen beschränkt, weshalb diese Resolution als der Anfang einer systematischen Befassung der Vereinten Nationen mit dem Terrorismus betrachtet werden kann. Auch wurden zwei entscheidende Aspekte thematisiert, die auch heute noch die Diskussion um den internationalen Terrorismus bestimmen. Zum einen wurde der internationale Terrorismus als eine generelle Bedrohung klassifiziert, jedoch auf der anderen Seite die besondere Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der kolonialen und fremdbestimmten Völker hervorgehoben. Den Staaten, die den Terrorismus als eine Bedrohung für die internationale Sicherheit sehen, stehen diejenigen Staaten gegenüber, die unter bestimmten Umständen den Terrorismus als legitimes Mittel im Freiheitskampf verstanden wissen wollen.[40] So offenkundig führte unter anderem auch das Problem der unterschiedlichen Auffassungen über das Wesen des Terrorismus zu einer fast unmöglichen Aufgabe, dieses Phänomen definitorisch näher zu bestimmen.
Erst mit dem Ende des Kalten Krieges war es möglich, aus dem Feld der Ursachenforschung herauszutreten, um einen pragmatischeren Ansatz zu verfolgen. Nun wurde der Terrorismus nicht mehr nur als ein zu verhinderndes Phänomen verstanden, vielmehr galt es fortan, ihn zu eliminieren.[41] Die Resolution A/Res/49/60 vom 9.Dezember 1994 baute auf den vorangegangenen Dokumenten auf und umschrieb terroristische Handlungen als kriminelle Akte mit besonderem Motivationshintergrund, ohne jedoch den Begriff „terroristischer Akt“ selbst zu erwähnen. Darüber hinaus fehlte jeglicher Bezug auf Befreiungsbewegungen, womit eine implizite Legitimierung terroristischer Akte als zulässiges Mittel nationaler Befreiungskämpfe verhindert werden sollte. Dieser pragmatische Ansatzpunkt wurde auch in den Folgeresolutionen verfolgt, in denen der Terrorismus ungeachtet der Motivation ausnahmslos verurteilt wurde.[42] Abgesehen von den Resolutionen hat sich mit der Zeit eine ganze Reihe von Konventionen entwickelt, die als die entscheidenden Normen für die Bekämpfung des Terrorismus gelten. Diese zwölf Anti-Terrorismus-Übereinkommen der Generalversammlung gehen auf verschiedene spezifische Handlungen ein, die als terroristische Akte definiert werden. Zu nennen sind hier unter anderem die International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism aus dem Jahre 1999 oder aber auch die International Convention for the Suppression of Terrorist Bombings von 1997.[43] Bei seiner Beschäftigung mit dem internationalen Terrorismus versuchte die Generalversammlung auch, den Aspekt der Verbürgung der Menschenrechte nicht außer Acht zu lassen. Die Argumentation der Vereinten Nationen orientierte sich an der Erkenntnis, dass terroristische Akte negative Auswirkungen auf die Verbürgung von Menschenrechten ausüben. Zum einen beeinträchtigt der Terrorismus den Genuss der Menschenrechte selbst wie z.B. das Recht, sich innerhalb eines Staatsgebietes frei zu bewegen, das Recht auf Unversehrtheit des Lebens aber auch das Recht, keiner grausamen und unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Zum anderen stellt sich vermehrt die Frage nach der Vereinbarkeit staatlicher Maßnahmen gegen den Terrorismus und ihrer Zulässigkeit aus menschenrechtlicher Perspektive.[44] Das amerikanische Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba gehört zu jenen Beispielen, die eine Diskussion um die Rechtmäßigkeit aber auch die Verhältnismäßigkeit von staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus auslösten. Insbesondere Resolution A/Res/54/164 vom 24 Februar 2000 weist explizit darauf hin, dass Maßnahmen gegen den Terrorismus nur im Einklang mit der Wahrung der Menschenrechte getroffen werden dürfen.
Auch die Arbeit des Sicherheitsrates als „Gesetzgeber“ im Bereich des Terrorismus erfuhr mit den Ereignissen vom 11. September 2001 eine enorme Intensivierung. Bei der Arbeit des Rates ist insbesondere die Auffächerung nach Adressaten und des Inhalts seiner Resolutionen besonders kontrovers diskutiert. Zu Anfang wurden Staaten und Regierungen, aber auch Einzelpersonen und nichtstaatliche Akteure angesprochen und zu einer intensiveren Zusammenarbeit animiert. Jedoch in jüngster Zeit zeigte sich eine spezifischere und intensiver in die staatliche Souveränität eingreifende und verbindlicheren Regelungscharakter besitzende Vorgehensweise des Rates.[45]
Aufgrund ihrer besonderen Brisanz soll im weiteren Verlauf auf die Resolution S/Res/1373 aus dem Jahr 2001 eingegangen werden, da insbesondere an diesem Beispiel die geänderte Praxis des Sicherheitsrates deutlich wird.
Die Resolution 1373 des Sicherheitsrates wurde am 28. September 2001 ohne eine weitere Aussprache einstimmig angenommen. Inhaltlich regelt die Resolution die Terrorismusbekämpfung in abstrakt-genereller Weise. Die Resolution nimmt direkten Bezug auf die Anschläge vom 11. September 2001 und verurteilt sie, indem sie internationale terroristische Handlungen im Allgemeinen, unabhängig von ihrer Motivation, als eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit einstuft.[47]
Im operativen Abschnitt der Resolution wird den Staaten die Verpflichtung auferlegt, jegliche Finanzierung terroristischer Handlungen zu verhüten und zu bekämpfen. Das Einfrieren von Geldern und finanziellen Mitteln wie etwa aus Vermögenswerten soll zu diesem Zweck eine geeignete Maßnahme darstellen. Jegliche Unterstützung für Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen oder durchfuhren, sei es durch die Bereitstellung sicherer Unterkünfte oder aber auch durch materielle Werte wie etwa Waffen, wird den Staaten untersagt. Außerdem sollen Staaten zum Zwecke einer angemessen frühzeitigen Warnung zu einem intensiveren Informationsaustausch verpflichtet werden, um alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen zu können.[48] Die Entschließung entwickelt die Vorgängerresolutionen 1269 und 1368 des Sicherheitsrates in zwei Richtungen beachtlich weiter. Zum einen werden unter Berufung auf Kapitel VII der Charta abstrakt-generelle Maßnahmen zur Bestrafung der Finanzierung des Terrorismus und zum Einfrieren von Geldern und Vermögenswerten gleich welcher Art beschlossen und zum anderen wird ein intensiver Dialog- und Überwachungsmechanismus etabliert, der in der Praxis des Sicherheitsrates so kein weiteres Beispiel kennt . Das Beachtliche an der Resolution ist auch die Tatsache, dass kein bestimmter Adressat genannt wird, sei es in Form eines Regimes, eines Staates oder aber auch als nichtstaatlicher Akteur. Vielmehr verpflichtet die Resolution insgesamt alle Staaten zur Ausgestaltung ihres innerstaatlichen Rechts und zu straf- oder verwaltungsrechtlichen Handlungen. Inhaltlich reguliert die Resolution sogar die Organisation des innerstaatlichen Rechtssystems.
Die Resolution 1373 und die Resolution 1540 vom 28.April 2004 des Sicherheitsrates sorgen in jüngster Zeit immer mehr für kontrovers geführte Diskussionen. Dabei ist weder die Einstufung eines Phänomens, des internationalen Terrorismus oder der Weiterverbreitung von Massenvemichtungswaffen, als eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit noch der fehlende Adressat ein Novum in der Praxis des Rates. Das Entscheidende an der Resolution sind die auf Kapitel VII der Charta gestützten abstrakt-generellen Verpflichtungen für die gesamte Staatengemeinschaft. Dies bedeutet bei näherer Betrachtung eine Aktivität des Sicherheitsrates als „Weltgesetzgeber“.[49] Ob sich diese Funktion mit dem chartarechtlichen Mandat des Rates deckt oder ob diese Entwicklung rechtlich eher problematisch einzustufen ist, soll im nächsten Kapitel näher betrachtet werden.
Den Vereinten Nationen kommt auch als Garant des Völkerrechts eine Schlüsselrolle zu. Hierbei kann sich keine Organisation, die eine ernsthafte Politik verfolgt, allein auf die Normsetzung verlassen. Vielmehr bedarf es ebenfalls eines institutioneilen Rahmens mit Kontroll- und Sanktionsmechanismen. Im Bereich der Implementierung der festgelegten Normen soll im weiteren Verlauf auf den Ausschuss des Sicherheitsrates zur Bekämpfung des Terrorismus eingegangen werden.
Das Counter Terrorism Committee (CTC) wurde durch Resolution 1373 eingesetzt. Durch §6 der Resolution wird ein Ausschuss ins Leben gerufen, der aus allen Ratsmitgliedem besteht und dem die Überwachung der Umsetzung der Resolutionsbeschlüsse überantwortet werden soll.[50] Das primäre Ziel des CTC ist es also, dafür Sorge zu tragen, dass alle Staaten die Vorgaben der Resolution in ihr nationales Recht aufhehmen und dieses Recht auch anwenden. Zu diesem Zweck stehen dem Ausschuss verschiedene Mittel zur Verfügung. Zum einen ist vorgesehen, dass jedem Staat eine Berichtspflicht auferlegt wird, in der über die Entwicklung seiner Gesetzgebung zu jedem Punkt der Resolution zu berichtet hat. Die Staatenberichte werden als Dokument des Sicherheitsrates veröffentlicht[51], was ohne Zweifel im Lichte des öffentlichen Drucks zu einer engeren Kooperation der Staaten mit dem CTC anhalten soll. Neben diesen Staatenberichten steht dem Ausschuss das Instrument der Vermittlung von Hilfe zu.[52] hn Kontext dieses Instruments wird das CTC aufgefordert, mit anderen Staaten oder Organisationen nach einer Möglichkeit zu suchen, wie technische und finanzielle Hilfe an bedürftige Staaten vermittelt werden kann, um die Umsetzung der Vorgaben der Resolution zu erleichtern.[53] Im Zuge begrenzter Kapazitäten ist das CTC jedoch selbst nicht in der Lage, diese Hilfe anzubieten, weshalb regionalen Organisationen eine enorm wichtige Rolle zukommt. Das dritte Ziel des CTC ist es, eine enge Vernetzung mit Institutionen innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen zu etablieren. So ist nicht nur eine enge Zusammenarbeit des CTC mit dem Sicherheitsrat vorgesehen, sondern z.B. auch mit internationalen Sicherheitseinrichtungen wie etwa Interpol. Die Vernetzung mit anderen Institutionen soll einen intensiven Informationsaustausch herbeiführen, auf dessen Grundlage präzisere Analysen möglich sind. Das vierte und letzte Ziel des CTC ist es, in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen ein so genanntes set of best practices für den Kampf gegen den Terrorismus zu etablieren.[54] Dem kam der Ausschuss dadurch nach, indem er auf seiner Homepage auf die entsprechenden Seiten anderer Organisationen verwies. Als Beispiel sei hier auf das „Hand Book on Legislation Drafting“ des Internationalen Währungsfonds verwiesen, in dem Beispielgesetzgebungen zur Bekämpfung des Terrorismus zu finden sind.
Die Arbeit der Vereinten Nationen ist für die internationalen Beziehungen unerlässlich. Nicht nur die Tatsache, dass sie auf der Grundlage einer sehr breiten Basis operieren können und somit die entscheidende Legitimation der Staatengemeinschaft besitzen, macht sie unverzichtbar. Vielmehr ist es auch von Bedeutung, dass die Vereinten Nationen ein Forum darstellen, ohne dessen Arbeit wohl entscheidende Übereinkünfte und Agenden nie zu Stande gekommen wären.
3. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist das mit Abstand mächtigste der sechs Hauptorgane der Vereinten Nationen und auch im gesamten Bereich der internationalen Politik ein einzigartiges Instrument.[55] Nach den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen wird dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung fur den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zugewiesen. Zur Erfüllung seiner Aufgaben steht dem Rat ein weites Spektrum an Instrumentarien und Mechanismen zur Verfügung, die im Verlauf dieses Kapitels näher betrachtet werden sollen. Ein weiterer Gesichtspunkt dieser Ausarbeitung soll die Frage nach den etwaigen Mängeln des Rates sein, wie sie sich etwa in der Zusammensetzung, den Kompetenzen, der Arbeitsweise und in den Entscheidungsverfahren offenbaren könnten. Diesen Ausführungen folgend, wird sich auch die Frage nach einem System der „checks and balances“ stellen müssen, um eine Überprüfung der Arbeit des Sicherheitsrates zu gewährleisten.
3.1 Die Zusammensetzung
Der Sicherheitsrat besteht, wie es Artikel 23 der Charta festlegt, aus 15 Mitgliedern, die den Vereinten Nationen angehören und jeweils durch einen Vertreter repräsentiert werden. Dabei sind chartarechtlich gegenwärtig fünf ständige Mitglieder vorgesehen: die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, die Volksrepublik China und die Russische Föderation[56], die Siegermächten des 2.Weltkrieges. Die zehn nichtständigen Mitglieder werden durch die Generalversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit für eine zweijährige Amtszeit gewählt, wobei die direkte Wiederwahl eines ausscheidenden Mitglieds ausgeschlossen wird. Die Zusammensetzung des Rates ist einer jährlichen Änderung unterworfen, wohingegen jedes Jahr fünf Sitze mit diesem Rotationsprinzip neu vergeben werden.[57] Zum einen sorgt diese jährliche Änderung lediglich der Hälfte der nichtständigen Mitglieder für Kontinuität in der Arbeit des Rates und zum anderen entfaltet sich durch das jährliche Austauschen einiger Mitglieder eine integrative Funktion für die restlichen nicht vertretenen Mitglieder der Vereinten Nationen. Darüber hinaus wurden einige Prinzipien ausgearbeitet, die bei der Wahl der nichtständigen Mitglieder berücksichtigt werden sollten. So ist unter anderem die geographisch ausgewogene Sitzverteilung ein wesentlicher Bestandteil dieser Kriterien für einen Sitz im Sicherheitsrat, jedem Kontinent wird eine bestimmte Zahl an Sitzen zugesprochen. Das zweite Kriterium fur einen Sitz im Sicherheitsrat ist die in der Charta verankerte Leistung eines Staates für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie die Verwirklichung der weiteren Ziele der Vereinten Nationen.[58] Diese Wahlkriterien entsprechen, betrachtet man die Vereinten Nationen als eine Wertegemeinschaft mit universellem Anspruch, im vollen Umfang den Zielen und Grundsätzen der Organisation. Somit soll etwa Staaten mit prekärer Menschenrechtslage der Weg in eines der zentralsten Organe der Vereinten Nationen verwehrt bleiben, um damit die Arbeit des Rates auf der einen Seite nicht zu blockieren und zum anderen den Zielen und Grundsätzen der Organisation selbst Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Die Zusammensetzung des Rates bildet in der Reformdiskussion rund um den Rat einen wesentlichen Kritikpunkt und Raum für kontroverse Auseinandersetzungen. Das Problem bei der Zusammensetzung des Rates stellt die zunehmend von der Staatengemeinschaft als anachronistisch empfundene Sitzverteilung dar. Die Zusammensetzung, so die Kritik, bilde angesichts der sich enorm gewandelten machtpolitischen Verhältnisse kein ausreichend repräsentatives Abbild der internationalen Gemeinschaft als Ganzes mehr dar.[59] Jedoch sind die Reformbestrebungen, die eine Änderung in der Zusammensetzung des Rates erreichen wollen durchaus kritisch zu betrachten. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass jede institutioneile Reform des Sicherheitsrates mit einer Schwächung der Position der ständigen Mitglieder einhergehen würde. Höchst bedenklich ist in diesem Zusammenhang, inwieweit ein freiwilliger Machtverlust durch die permanent five Akzeptanz findet. Zum anderen ist davon auszugehen, dass eine Erhöhung der Mitgliederzahl des Sicherheitsrates eine größere Schwerfälligkeit des Organs mit sich bringen würde und daher aus Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten als kontraproduktiv zu bezeichnen wäre.
Auch hat sich aus einer Vielzahl an Wahlkriterien für den Sicherheitsrat, die chartarechtlich verankert sind, vorwiegend die Sitzverteilung nach geographischpolitischen Gesichtspunkten durchgesetzt[60], was keine allein bestimmende
Richtschnur sein darf. Aus diesen Gründen wird von der überwältigenden Mehrzahl der Mitglieder eine Anpassung an die machtpolitische Realität und eine gerechtere Repräsentanz verlangt, um dem Sicherheitsrat und seinen Beschlüssen die notwendige Glaubwürdigkeit und Legitimität zu verleihen.[61]
3.2 Arbeitsweise und Entscheidungsverfahren
Der Sicherheitsrat ist durch seine Geschäftsordnung so angelegt, dass jederzeit in der Lage ist seine Arbeit aufzunehmen. Der Präsident des Organs besitzt die Befugnis, jederzeit eine Sitzung anzuberaumen, was die ständige Vertretung der Mitglieder des Rates am Hauptsitz erfordert.[62] Darüber hinaus kann auch ein Mitglied der Vereinten Nationen, ein Mitglied des Rates, die Generalversammlung aber auch der Generalsekretär eine Sitzung einfordem, wenn die Aufmerksamkeit des Rates auf eine bestimmte Situation gelenkt werden soll. Das Amt des Präsidenten des Sicherheitsrates wird von den Mitgliedern des Rates in einem monatlichen Turnus in der alphabetischen Reihenfolge der Staatsnamen in englischer Sprache wahrgenommen. Seine Aufgaben beschränken sich auf die Repräsentierung des Rates als Hauptorgan der Vereinten Nationen in dessen Eigenschaften und die Übernahme des Vorsitzes einer jeden Sitzung. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist im Sicherheitsrat als Sekretär tätig, kann aber diese Aufgabe auf einen von ihm bestimmten Stellvertreter übertragen. Seine Aufgaben beschränken sich zum größten Teil auf organisatorische Angelegenheiten wie z.B. das Erarbeiten der Tagesordnung oder das Bereitstellen von benötigtem Personal.[63] Ferner kann der Sekretär als Berichterstatter über bestimmte Themenbereiche fur den Sicherheitsrat fungieren. Gegenwärtig existieren gemäß Artikel 28 Absätze 1 und 2, ergänzt durch die Geschäftsordnung und die vom Rat selbst entwickelten Praktiken, unterschiedliche Beratungsformen im Sicherheitsrat. Abgesehen von den außerplanmäßigen Sitzungen sind ordentliche Sitzungen, Dringlichkeitssitzungen, informelle Sitzungen, formelle Konsultationen und informelle Konsultationen möglich. Seit den 70er Jahren spielt sich jedoch ein immer größer werdender Anteil der Arbeit des Rates, der nunmehr fast täglich Zusammentritt, auf der Ebene nichtöffentlicher informeller Konsultationen ab. Hier finden die eigentlichen politischen Beratungen und Verhandlungen statt. Da aufgrund der weltpolitischen Entwicklungen die ständigen Mitglieder zu exklusiven Verständigungsformen neigen,[64] wird oft der Ausschluss der nicht privilegierten Mitglieder von der Entscheidungsfindung beanstandet. In ihrer Summe können die formellen öffentlichen Sitzungen in der Praxis, so erweckt es den Eindruck, als eine Art Zeremoniell verstanden werden, da eben nicht hier die Entscheidungen über Resolutionen und förmliche Erklärungen getroffen werden, wie ursprünglich vorgesehen, sondern hinter verschlossenen Türen. Infolge dessen muss sich der Sicherheitsrat immer häufiger die Kritik gefallen lassen, dass seine Arbeit nicht transparent und die Entscheidungsfindung nicht nachvollziehbar seien.
Die Bestimmungen des Artikels 27 der Charta unterscheiden zwischen zwei Arten von Abstimmungen. Zum einen ist die Rede von Verfahrensfragen, bei denen die Zustimmung von neun Mitgliedern des Rates zur Annahme ausreicht. Beschlüsse über alle sonstigen Fragen des Sicherheitsrates kommen zu Stande, wenn neun Ratsmitglieder einschließlich aller fünf ständigen Mitglieder dem Beschluss zustimmen.[65] Dies eröffnet die Möglichkeit für jedes ständige Mitglied, eine Beschlussfassung über eine Resolution zu verhindern, auch gegen die Mehrheit der Stimmen. Betrachtet man Artikel 27 der Charta, der die Entscheidungsfindung des Sicherheitsrates näher bestimmt, so fallen einige Merkmale besonders ins Auge, die das Abstimmungsverfahren prägen. Zum einen besitzt jedes Mitglied des Rates eine Stimme.[66] Diese Bestimmung korrespondiert zwar auf der einen Seite mit dem Prinzip der Gleichheit aller Staaten der Vereinten Nationen, auf der anderen Seite jedoch kann das Gleichheitsgebot bei keinem anderen Organ der Vereinten Nationen so infrage gestellt werden wie am Beispiel des Sicherheitsrates, da hier insbesondere das Privileg der ständigen Mitglieder des Rates in Form ihres Vetorechtes besonders negativ auffallt. Die Rolle der fünf Staaten wird durch das Vetorecht rechtlich und machtpolitisch höher eingestuft. In diesem Vetorecht, so der Grundgedanke der Gründungsväter der Vereinten Nationen sollte ein Gegengewicht zur Machtfülle des Sicherheitsrates liegen.[67] Einer wie auch immer ausgearteten willkürlichen und rechtsmissbräuchlichen Ausweitung der Kompetenzen des Rates sollte durch die Etablierung eines Systems der „checks and balances“ ein Riegel vorgeschoben werden. Trotzdem wird insbesondere das Vetorecht der ständigen Mitglieder des
[...]
1 Franz Cede/Lilly Sucharipa-Behrmann, Die Vereinten Nationen, Wien 1999, Seite 12 (im weiteren Verlauf nur noch Cede/Sucharipa-Behrmann)
2 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 12
3 Vgl. zur Einführung in die Thematik: Peter Imbusch/Ralf Zoll(Hrsg-),Friedens- und Konfliktforschung, Opladen 1996; Reinhard Meyers, Begriffe und Probleme des Friedens, Opladen 1994; Dieter Senghaas, Gewalt-Konflikt-Frieden, Hamburg 1974
4 Präambel der Charta der Vereinten Nationen in: Sven Bernhard Gareis/ Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen, Aufgaben, Instrumente und Reformen, Opladen 2002,2.Auflage (im weiteren Verlauf nur noch: Varwick/Gareis2002), Seite 309f.
5 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis, Seite 309f.
6 Cede/ Sucharipa-Behrmann, Seite 13
7 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 12
17 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
18 Günther Unser, Die UNO, Aufgaben und Strukturen der Vereinten Nationen, München 1997, Seite 29 (im weiteren Verlauf nur noch: Unser)
19 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
20 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
21 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 18
22 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
23 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 19
24 Unser, Seite 31
25 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
26 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 310
27 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 311
28 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 21
29 Cede/Sucharipa-Behrmann, Seite 22
30 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 311
31 Vgl. hierzu Artikel 43 der Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 319
32 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 311
33 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 311
34 Wiener Konvention über das Vertragsrecht vom 23. Mai 1969 in: Schweitzer/Rudolf, Friedensvölkerrecht, Baden-Baden 1985, Seite 588
35 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis2002, Seite 311
36 Dies zeigten insbesondere die gravierenden innerstaatlichen Menschenrechtsverletzungen in Ruanda
37 Georg Witschel/Mario Brandes, Die Vereinten Nationen und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, in: Sabine von Schorlemer (Hrsg.), Globale Probleme und Zukunftsaufgaben der Vereinten Nationen, Baden- Baden 2006, Seite 22 (im weiteren Verlauf nur noch: Witschel/Brandes)
38 Witschel/Brandes, Seite 22f.
39 www.im.org/documents/ga/docs/27/ares3034(xxvii).pdf : letzter Zugriff erfolgte am 1.4 2009
40 Witschel/Brandes, Seite 23
41 Vgl. Resolution A/Res/49/51 vom 9. Dezember 1994 unter: www.un.org/Dents/dhl/res/resa49.htm letzter Zugriff erfolgte am: 1.4. 2009
42 Vgl. Resolutionen A/Res/51/210 vom 1996 und A/Res/49/60 aus dem Jahr 1994 unter: www.un.org/documents/resga.htm letzter Zugriff erfolgte am 1.4.2009
43 Zur Übersicht siehe: Ralph Alexander Lorz/Lars Mammen, Die Bedeutung multilateraler Konventionen für das Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus in: Knop/Neisser/Crefeld(Hrsg.), Countering modern Terrorism, Bielefeld 2005
44 Witschel/Brandes, Seite 27
45 Witschel/Brandes, Seite 40
46 Vgl. S/Res/1373 vom 28. September 2001 unter: www.cilip.de/terror/sr13 73 .pdf letzter Zugriff erfolgte am: 1.4.2009
47 Vgl. S/Res/1373
48 Witschel/Brandes, Seite 40
49 Zinmiermann/Elberling, Grenzen der Legislativbefugnisse des Sicherheitsrates in: Vereinte Nationen, Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen, 3/2004, Seite 71
50 Vgl. S/Res/1373
51 Peter Neusüß, Legislative Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, München 2008, Seite 105 ff.
52 Peter Neusüß, Legislative Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, München 2008, Seite 107
53 Peter Neusüß, Legislative Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, München 2008, Seite 108f.
54 Peter Neusüß, Legislative Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, München 2008, Seite 108
55 Varwick/Gareis 2002, Seite 51
56 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis 2002, Seite 315
57 Unser, Seite 87
58 Charta der Vereinten Nationen in: Varwick/Gareis 2002, Seite 315
59 Kofi Annan, In größerer Freiheit, Seite 48 unter: www.un.org/Dents/german/gs-sonst/a-59-2005- ger.pdf : letzter Zugriff erfolgte am 30.4.2009
60 Unser, Seite 88
61 Dies wird im Bericht Kofi Annans In größerer Freiheit noch einmal deutlich hervorgehoben
62 Sven Bernhard Gareis/Johannes Varwick, Die Vereinten Nationen, Opladen 2006,4.Auflage, Seite 44 (im weiteren Verlauf nur noch: Gareis/Varwick 2006)
63 Vgl. hierzu Geschäftsordnung des Sicherheitsrates unter: www.un.org/Depts/german/go/sr/srgo.html letzter Zugriff am: 30.4. 2009
64 Unser, Seite 101
65 Charta der Vereinten Nationen in: Gareis/Varwick 2002, Seite 316
66 Charta der Vereinten Nationen in: Gareis/V arwick 2002, Seite 316
67 Andreas Stein, Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die Rule of Law, Baden-Baden 1999, Seite 335f. (im weiteren Verlauf nur noch: Stein)
- Arbeit zitieren
- Deniz Tekmen (Autor:in), 2009, Die Stärkung der Vereinten Nationen durch strukturelle Reformen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270149
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