Die induktive Logik ist eines der größten Forschungsbereiche der zeitgenössischen Philosophie. Die große Bedeutung eines solchen logischen Systems ergibt sich schon allein durch die Wichtigkeit der Induktion in den Wissenschaften. Induktives Schließen ist dort an der Tagesordnung. Wären beispielsweise Natur- oder Sozialwissenschaften nur fähig deduktive Schlüsse anzuwenden, würde jede Forschung zu einem totalen Halt kommen. In den Wissenschaften werden täglich Hypothesen aufgestellt und wieder verworfen. Es werden Gesetzte postuliert, die auch für die Zukunft gelten sollen. Wie aber schon David Hume in seiner klassischen Kritik der Induktion klargemacht hat, kann von einer begrenzten Anzahl von beobachteten Fällen nicht auf den nächsten noch unbeobachteten Fall, oder g ar auf eine allgemeine Gesetzesmäßigkeit geschlossen werden. 1
Eine mögliche Lösung bietet die Verwendung von Wahrscheinlichkeitskalkülen, mit deren Hilfe wir schon Beobachtetes mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auch in der Zukunft erwarten dürfen. Dieser Ansatz wurde unter anderem auch von Rudolf Carnap vertreten. Es ergibt sich jedoch bei der Annahme eines solchen induktiven Kalküls eine große Problematik, auf die Nelson Goodman erstmals hinwies 2 . Dieses heute als das Goodman-Paradoxa bekannte Problem besteht darin, dass nicht alle Prädikate in die Zukunft projiziert werden können. Gewisse Merkmale führen zu Widersprüchen. Die große Aufgabe der induktiven Logik ist auch heue noch die Trennung von projizierbaren und nicht projizierbaren Prädikaten. Im zweiten Kapitel wird eine naive induktive Regel, die Regel R aufgestellt, an derer das Goodman Paradoxa erläutert werden soll. Dann folgt die eigentliche Problematik und das neue Rätsel der induktiven Logik. Im letzten Kapitel folgt ein Lösungsvorschlag v on Professor Gerhard Schurz, der die Lösung des Problems in Überlegungen über Invarianz und Relevanz sieht.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Die Regel R
3. Probleme mit der Regel R
4. Das Goodman Paradoxa
5. Das Prinzip der Gleichförmigkeit der Natur
6. Möglicher Lösungsvorschlag für das Goodman Paradoxa
7. Schlussbemerkungen
8. Verwendete Literatur
1. Einführung
Die induktive Logik ist eines der größten Forschungsbereiche der zeitgenössischen Philosophie. Die große Bedeutung eines solchen logischen Systems ergibt sich schon allein durch die Wichtigkeit der Induktion in den Wissenschaften. Induktives Schließen ist dort an der Tagesordnung. Wären beispielsweise Natur- oder Sozialwissenschaften nur fähig deduktive Schlüsse anzuwenden, würde jede Forschung zu einem totalen Halt kommen. In den Wissenschaften werden täglich Hypothesen aufgestellt und wieder verworfen. Es werden Gesetzte postuliert, die auch für die Zukunft gelten sollen. Wie aber schon David Hume in seiner klassischen Kritik der Induktion klargemacht hat, kann von einer begrenzten Anzahl von beobachteten Fällen nicht auf den nächsten noch unbeobachteten Fall, oder gar auf eine allgemeine Gesetzesmäßigkeit geschlossen werden.[1]
Eine mögliche Lösung bietet die Verwendung von Wahrscheinlichkeitskalkülen, mit deren Hilfe wir schon Beobachtetes mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auch in der Zukunft erwarten dürfen. Dieser Ansatz wurde unter anderem auch von Rudolf Carnap vertreten. Es ergibt sich jedoch bei der Annahme eines solchen induktiven Kalküls eine große Problematik, auf die Nelson Goodman erstmals hinwies[2]. Dieses heute als das Goodman-Paradoxa bekannte Problem besteht darin, dass nicht alle Prädikate in die Zukunft projiziert werden können. Gewisse Merkmale führen zu Widersprüchen. Die große Aufgabe der induktiven Logik ist auch heue noch die Trennung von projizierbaren und nicht projizierbaren Prädikaten.
Im zweiten Kapitel wird eine naive induktive Regel, die Regel R aufgestellt, an derer das Goodman Paradoxa erläutert werden soll. Dann folgt die eigentliche Problematik und das neue Rätsel der induktiven Logik. Im letzten Kapitel folgt ein Lösungsvorschlag von Professor Gerhard Schurz, der die Lösung des Problems in Überlegungen über Invarianz und Relevanz sieht.[3]
Inhaltlich ist das Buch an das 3. Kapitel von Brian Skyrms’ Buch „Einführung in die induktive Logik“[4] angelehnt.
2. Die Regel R
Regel R:
Einem Argument der Form[5]
n% der bisher beobachteten X sind Y gewesen
Das X, das als nächstes beobachtet werden wird, wird (auch) Y sein.
wird die induktive Wahrscheinlichkeit n/100 zugeordnet.
Bei diesem Schluss wird eine bisher beobachtete Regelmäßigkeit in die Zukunft projiziert, was ja bei der Annahme der Gleichförmigkeit der Natur[6] durchaus legitim zu sein scheint.
Beispiele:
Das induktive Argument
99% aller bisher beobachteten Raben waren schwarz.
Der Rabe, der als nächster beobachtet werden wird, wird schwarz sein.
würde dann die hohe induktive Wahrscheinlichkeit 99/100 haben.
Ein anderes Argument
24% aller bisher an Lungenkrebs erkrankten Personen waren Nicht-Raucher.
Die nächste Person, die an Lungenkrebs erkranken wird, wird auch Nicht-Raucher sein.
würde die niedrigere Wahrscheinlichkeit 24/100 haben.
3. Probleme mit der Regel R
Die Regel R wirft natürlich einige Probleme auf. Zum Beispiel bezieht[7] sie sich nur auf Argumente, die auch in das Schema derselben passen. Argumente mit Allsätzen als Konklusionen, wie z. B.
100% der bisher beobachteten Italiener waren schwarzhaarig.
Alle Italiener sind schwarzhaarig.
werden von der Regel R außer Acht gelassen.
Auch Konklusionen wie „Die meisten Italiener sind schwarzhaarig“ und „Alle Italiener sind schwarzhaarig“ passen nicht ins Schema der Regel R.
Weiters berücksichtigt die Regel R die Anzahl der beobachteten Fälle nicht, was zu schwerwiegenden Uneinigkeiten mit dem gesunden Menschenverstand führen kann. Für die Regel R ist es nämlich egal, ob 10 oder 10 Millionen Italiener untersucht worden sind, für unsere Intuition nicht.
Beispiel:
Das Argument
90% der bisher untersuchten Italiener waren schwarzhaarig.
Bisher wurden 10 Italiener untersucht.
Der Italiener, der als nächster untersucht wird, wird schwarzhaarig sein.
ist intuitiv viel induktiv schwächer als das Argument
90% der bisher untersuchten Italiener waren schwarzhaarig.
Bisher wurden 10.000.000 Italiener untersucht.
Der Italiener, der als nächster untersucht wird, wird schwarzhaarig sein.
Wenn wir aber nach der Regel R gehen, sind beide induktiv gleich stark, beide haben die induktive Wahrscheinlichkeit 90/100.
Die Regel R lässt auch die Verschiedenartigkeit (Variabilität) der gemachten Beobachtungen außer Acht, und unter welchen Umständen diese Beobachtungen gemacht wurden.
[...]
[1] Siehe: Hume 1967, Abschnitt IV
[2] Siehe: Goodman 1975, S. 97ff
[3] Siehe: Schurz 1997
[4] Skyrms 1989, Kapitel 3 S. 97-122
[5] vgl. Skyrms 1989, S. 98ff
[6] Siehe auch Kapitel 10 dieser Arbeit
[7] vgl. Skyrms 1989, S. 100ff
- Quote paper
- Gerald Buttinger (Author), 2000, Das Goodman-Paradox und das moderne Problem der Induktion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27006
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