Unternehmensbewertungen haben zum Ziel den Wert einer Unternehmung zu ermitteln. Dabei gleicht aufgrund der Heterogenität der Objekte kein Unternehmen einem anderen. So beeinflussen die Anlässe einer Bewertung, die Spezifika des Objektes sowie der Nutzen des Subjektes das Ergebnis der Wertermittlung. Aufgrund dessen haben sich viele unterschiedliche Bewertungsverfahren über die Zeit ergeben, die einen Schätzwert für die Unternehmung ermitteln. So stand früher der Substanzwert im Mittelpunkt der Betrachtung. Die neueren Ansätze stellen Ertrags- und Marktwerte in den Fokus. Der errechnete Wert für die Unternehmung ist die Basis für die Verhandlungen zwischen den Transaktionspartnern. In dieser Arbeit wird die Anwendbarkeit von Unternehmensbewertungsverfahren bei start-up Unternehmen untersucht. Start-up Unternehmen sind Unternehmen, die erst seit sehr kurzer Zeit am Markt aktiv sind. Die Geschäftsidee, sei sie neu oder schon erprobt, ist der Antrieb in den Markt zu gehen. Erfolg und Misserfolg dieses Wagnisses lassen sich in einer so frühen Phase schwer prognostizieren. Weiter sind start-up Unternehmen durch ganz spezifische Charakteristika gekennzeichnet.
Neben den spezifischen Eigenschaften eines start-up Unternehmens kommt den verschiedenen Bewertungsanlässen eine große Bedeutung zu. So können Transaktionen, was früher meist der Fall war, diese begründen. Heutzutage steht jedoch auch oft ein werthaltiges Managements im Mittelpunkt einer Unternehmensbewertung. Gerade bei start-up Unternehmen gilt es die Stake- und Shareholderinteressen zu befriedigen, da junge Unternehmen häufig abhängig von Dritten und deren Unterstützung sind. Ein Beispiel stellt hier die kontinuierliche Versorgung mit Kapital dar.
Die Schwierigkeit bei der Bewertung junger Unternehmen begründet sich in der grundsätzlich sehr komplexen Aufgabe einer Unternehmensbewertung, welche bei start-up Unternehmen im Besonderen noch durch die hohe Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Unternehmung und eine geringe Datenbasis, aufgrund fehlender Vergangenheitswerte erschwert wird. Aufgrund dessen bedarf es vieler Schätzungen und Analysen. Die Herausforderung besteht darin, dasjenige Verfahren herauszuarbeiten, welches die Situation von start-up Unternehmen am besten widerspiegelt. Fraglich ist, ob dieser Zielsetzung ein Verfahren alleine gerecht werden kann, oder ob eine Kombination von Verfahren zu favorisieren ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Grundlagen der Unternehmensbewertung und Besonderheiten von start-up Unternehmen
2.1 Werttheorien
2.1.1 Objektive Werttheorie
2.1.2 Subjektive Werttheorie
2.1.3 Funktionale Werttheorie
2.2 Wert-Preis-Divergenzen
2.3 Anlässe der Unternehmensbewertung
2.4 Charakteristika von start-up Unternehmen
2.4.1 Allgemeine Charakteristika von start-up Unternehmen
2.4.2 Spezifische Charakteristika von start-up Unternehmen
3. Darstellung und kritische Analyse der ausgewählten Bewertungsverfahren
3.1 Auswahl der Bewertungsverfahren
3.2 Substanzwertverfahren
3.2.1 Grundlagen
3.2.2 Varianten des Substanzwertverfahrens
3.3 Discounted Cashflow Verfahren
3.3.1 Ermittlung und Kapitalisierung zukünftiger Cashflows
3.3.2 Varianten des Discounted Cashflow Verfahrens
3.4 Vergleichsverfahren
3.4.1 Grundlagen
3.4.2 Varianten der Vergleichsverfahren
3.5 Realoptionsansatz
3.5.1 Grundlagen
3.5.2 Realoptions-Modelle
4. Analyse und Anwendbarkeit der Bewertungsverfahren bei start-up Unternehmen
4.1 Substanzwertverfahren
4.2 Discounted Cashflow Verfahren
4.3 Vergleichsverfahren
4.4 Realoptionsansatz
4.5 Zwischenfazit
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Funktionen der Unternehmensbewertung
Abbildung 2: Systematisierung der Bewertungsansätze
Abbildung 3: Unternehmensphasen
Abbildung 4: Bewertungsverfahren
Abbildung 5: Überblick über die DCF-Verfahren
Abbildung 6: Ausprägungen von Vergleichsverfahren
Abbildung 7: Wahrscheinlichkeitsverteilung der erwarteten Nettocashflows mit und cohne Flexibilität
Formelverzeichnis
Formel 1: Berechnung des Substanzwertes
Formel 2: Berechnung des Substanzwertes auf Basis von Reproduktionswerten
Formel 3: Berechnung des Nettoreproduktionsaltwertes
Formel 4: Berechnug des Substanzwertes auf Basis von Liquidationswerten
Formel 5: Berechnung des Present Value mit dem Phasenmodell
Formel 6: Berechnug der gewichteten Kapitalkosten mit der WACC-Formel
Formel 7: Berechnug der Eigenkapitalkosten mit der CAPM-Formel
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Unternehmensbewertungen haben zum Ziel den Wert einer Unternehmung zu ermitteln. Dabei gleicht aufgrund der Heterogenität der Objekte kein Unternehmen einem anderen. So beeinflussen die Anlässe einer Bewertung, die Spezifika des Objektes sowie der Nutzen des Subjektes das Ergebnis der Wertermittlung. Aufgrund dessen haben sich viele unterschiedliche Bewertungsverfahren über die Zeit ergeben, die einen Schätzwert für die Unternehmung ermitteln.[1] So stand früher der Substanzwert im Mittelpunkt der Betrachtung. Die neueren Ansätze stellen Ertrags- und Marktwerte in den Fokus.[2] Der errechnete Wert für die Unternehmung ist die Basis für die Verhandlungen zwischen den Transaktionspartnern. In dieser Arbeit wird die Anwendbarkeit von Unternehmensbewertungsverfahren bei start-up Unternehmen untersucht. Start-up Unternehmen sind Unternehmen, die erst seit sehr kurzer Zeit am Markt aktiv sind. Die Geschäftsidee, sei sie neu oder schon erprobt, ist der Antrieb in den Markt zu gehen. Erfolg und Misserfolg dieses Wagnisses lassen sich in einer so frühen Phase schwer prognostizieren. Weiter sind start-up Unternehmen durch ganz spezifische Charakteristika gekennzeichnet. So sind ihre Produkte meistens sehr innovativ. Des Weiteren wird für die Umsetzung der Geschäftsideen normalerweise viel Kapital benötigt, welches jedoch in der Regel negativen Cashflows in der Anfangszeit gegenübersteht. Weitere Eigenschaften, die den jungen Unternehmen anhaften, sind eine große Anzahl an immateriellen Vermögensgegenständen, eine geringe Substanz, eine starke Flexibilität sowie ein hohes Geschäftsrisiko in dynamischen Märkten. Die Bewertung von start-up Unternehmen muss daher diesen Spezifika gerecht werden, um so einen adäquaten Wert für die Unternehmung zu ermitteln. Um dieses Ziel zu erfüllen, bedarf es der genauen Prüfung der Geschäftsidee und der Unternehmung an sich.
Neben den spezifischen Eigenschaften eines start-up Unternehmens kommt den verschiedenen Bewertungsanlässen eine große Bedeutung zu. So können Transaktionen, was früher meist der Fall war, diese begründen. Heutzutage steht jedoch auch oft ein werthaltiges Managements im Mittelpunkt einer Unternehmensbewertung. Gerade bei start-up Unternehmen gilt es die Stake- und Shareholderinteressen zu befriedigen, da junge Unternehmen häufig abhängig von Dritten und deren Unterstützung sind. Ein Beispiel stellt hier die kontinuierliche Versorgung mit Kapital dar.
Die Schwierigkeit bei der Bewertung junger Unternehmen begründet sich in der grundsätzlich sehr komplexen Aufgabe einer Unternehmensbewertung, welche bei start-up Unternehmen im Besonderen noch durch die hohe Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Unternehmung und eine geringe Datenbasis, aufgrund fehlender Vergangenheitswerte erschwert wird. Aufgrund dessen bedarf es vieler Schätzungen und Analysen. Die Herausforderung besteht darin, dasjenige Verfahren herauszuarbeiten, welches die Situation von start-up Unternehmen am besten widerspiegelt. Fraglich ist, ob dieser Zielsetzung ein Verfahren alleine gerecht werden kann, oder ob eine Kombination von Verfahren zu favorisieren ist.
1.2 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, wie start-up Unternehmen adäquat bewertet werden können. Dafür muss zunächst definiert werden was ein start-up Unternehmen ist und welche Charakteristika ein solch junges Unternehmen aufweist. Die Anlässe und Funktionen determinieren weiterhin die Wahl der Bewertungsmethode. Somit ist das Ziel der Arbeit darzulegen, welche Bewertungsmethode oder Kombination aus verschiedenen Verfahren der Unternehmensbewertung den Wert eines start-up Unternehmens bestmöglich aufzeigen kann. Bei den Bewertungsansätzen werden das Substanzwert-, DCF-, Vergleichsverfahren sowie der Realoptionsansatz behandelt. Abschließend sollen Defizite der verschiedenen vorgestellten Verfahren und deren Vorteile bei der Bewertung von start-up Unternehmen dargestellt und diskutiert werden.
1.3 Vorgehensweise
Im zweiten Kapitel werden zunächst die Grundlagen der Unternehmensbewertung und die Besonderheiten von start-up Unternehmen behandelt. Hier werden die verschiedenen Werttheorien dargestellt sowie Wert-Preis-Divergenzen thematisiert. Weiter findet eine Klassifizierung der Bewertungsanlässe statt. Die Darstellung der Charakteristika von start-up Unternehmen komplettiert das zweite Kapitel. Im dritten Kapitel kommt es zur Darstellung und Analyse der ausgewählten Bewertungsverfahren. Die Arbeit behandelt das Substanzwertverfahren, das DCF-Verfahren, das Vergleichsverfahren sowie den Realoptionsansatz. Im vierten Kapitel werden die vorgestellten Verfahren auf ihre Anwendbarkeit bei start-up Unternehmen analysiert. Am Ende dieses Kapitels werden die gewonnenen Erkenntnisse in einem Zwischenfazit zusammengefasst. Im fünften Kapitel wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf weiterführende Themen im Rahmen der Bewertung von start-up Unternehmen gegeben.
2. Grundlagen der Unternehmensbewertung und Besonderheiten von start-up Unternehmen
2.1 Werttheorien
Die Werttheorien versuchen zu erklären, welcher Wert einem Gegenstand anhaftet. Im Laufe der Zeit entwickelten sich im Wesentlichen drei werttheoretische Ansätze. So werden im Folgenden die objektive, subjektive und funktionale Werttheorie dargestellt.[3]
2.1.1 Objektive Werttheorie
Bei der objektiven Werttheorie wird unterstellt, dass jeder Gegenstand einen ganz bestimmten Wert hat. Ziel des Ansatzes ist es, einen Wert zu ermitteln der sich durch eine rein objektive Betrachtung des Objektes und dessen Eigenschaften ergibt.[4] Daraus folgt, dass der ermittelte Wert untrennbar mit dem Gegenstand verbunden ist. Somit ist der Wert nach dieser Theorie für alle Subjekte gleich.[5] Die objektive Werttheorie versteht demnach den Wert einer Unternehmung darin, dass jener losgelöst vom Subjekt ist und auf einer Grundlage ermittelt wurde die für jedes Subjekt realisierbar ist.[6] Der Marktpreis repräsentiert einen objektiven und somit unparteiischen Wert. Bei der Wertermittlung nach diesem Ansatz stehen somit nicht die Interessen der Käufer oder Verkäufer im Mittelpunkt. Vielmehr wird das Unternehmen mit seinen Erfolgspotentialen, welche für beide Transaktionspartner gelten, in den Fokus der Theorie gestellt.[7] Demnach ist der Unternehmenswert nach jener Theorie unabhängig von den Subjekten und deren individuellen Interessen. Anhand dieser Vorgehensweise ergibt sich ein Wert, der allgemein gültig ist. Dieser ermittelte Wert repräsentiert den Preis unter Normalbedingungen. Der individuelle Nutzen, die Präferenzen der einzelnen Subjekte sowie der Grund für die Durchführung der Bewertung finden in diesem Ansatz keine Berücksichtigung.[8] Aus der „Objektbezogenheit und Entpersonalisierung“[9] ergibt sich jedoch eine starke Betrachtung der Vergangenheit und Gegenwart, da diese Zeiträume verlässliche Daten für die Wertermittlung liefern. Die zukünftigen Potentiale werden nicht mit in die Wertbildung einbezogen. In der Bewertungspraxis erfuhr daher das Substanzwertverfahren großen Zuspruch.[10] Der isolierte Blick auf die Substanzwerte des Unternehmens ermöglicht es jeder Zeit einen identischen Wert zu errechnen.[11] Der einheitliche Wert eines Gutes wurde jedoch im Laufe der Zeit in Frage gestellt, da die spezifische Situation und Interessen der Subjekte nicht ausreichend beachtet werden. Ein für die Preisbildung essentieller Verhandlungsspielraum kann sich somit nicht ausbilden.[12] Aus diesem Grund sank seit dem Ende der 1950er Jahre die Relevanz der objektiven Werttheorie kontinuierlich.[13]
Die Kritik, die dieser Theorie anhaftet, ist die Ignorierung der subjektiven Interessen der Transaktionspartner. Verhandlungen werden somit komplett unterbunden. Weiter wird kritisiert, dass ein objektiver Wert überhaupt nicht zu bestimmen ist, da sich ein Wert stets aus der Beziehung zwischen Objekt und Subjekt ergibt. Der objektive Wert kann jedoch als Basis für Verhandlungen herangezogen und zu einem subjektiven Wert ausgebaut werden. Diese Methodik wird im Regelwerk des IDW beschrieben.[14] In der Praxis übernimmt der objektive Wert somit oft die Funktion eines ersten Richtwertes, welcher zu einem subjektiven Entscheidungswert ausgebaut wird.[15]
2.1.2 Subjektive Werttheorie
Anfang bis Mitte der 1960er Jahren kam es zu einem Wandel von der objektiven hin zur subjektiven Unternehmensbewertung.[16] Bei der subjektiven Werttheorie wird der Unternehmenswert auch als Gebrauchswert bezeichnet. Dies resultiert aus der Subjektivität des Wertes, welcher individuell durch die Präferenzen des Bewertungssubjektes für das Objekt gebildet wird. Die verschiedenen Nutzenvorstellungen führen zu unterschiedlichen Wertvorstellungen der Parteien.[17] Die Grenznutzentheorie beeinflusst die subjektive Werttheorie, da diese besagt, dass die Stärke eines Bedürfnisses sich mit steigender Befriedigung verringert.[18] Der Wert wird anhand der subjektiven Absichten, Möglichkeiten, Zielen, Erwartungen, Chancen und Risiken, als auch der Vor- und Nachteilen ermittelt.[19] Diese Ansicht kommt einem auf die Zukunft gerichteten Ertragswert gleich. Bei der subjektiven Werterstellung werden alle für das Subjekt relevanten Parameter in den Wert einbezogen und bilden somit den maximalen Wert, welchen der Käufer investieren würde. Dieser Wert beschreibt lediglich die Preisobergrenze und ist somit nicht gleichzusetzen mit dem endgültigen zu zahlenden Preis.[20] Dieser bildet sich erst durch Verhandlungen zwischen den Transaktionspartnern, falls es eine Schnittmenge der subjektiven Werte beider Parteien gibt.[21] Demnach gelten die Prinzipien der subjektiven Bewertung, der Fokussierung auf die Zukunft sowie dem Vorrang der gesamten Bewertung. Hier kommt im Wesentlichen durch die Berücksichtigung der Zukunft das Ertragswertverfahren zum Einsatz.[22]
Die Kritik bei dieser Theorie begründet sich in der Annahme, dass unterschiedliche Werte bei gleicher Zielsetzung möglich sind. Weiter ist die Bewertung des Einzelnen nicht sehr transparent, da sie durch Subjektivität geprägt ist. Somit ist die Ermittlung eines fairen Wertes, unter Berücksichtigung beidseitiger Interessen, durch diese Theorie nicht möglich.[23]
2.1.3 Funktionale Werttheorie
Ab den 1970er Jahren entwickelte sich eine weitere Methode zur Wertermittlung. Die funktionale Werttheorie setzt sich das Ziel die Probleme der objektiven und subjektiven Werttheorie zu lösen.[24] Ebenso wie bei der subjektiven Werttheorie gelten auch bei der funktionalen Werttheorie die Grundsätze der Gesamtbewertung sowie der Zukunftsbezogenheit bei der Bewertung des Objektes. Diese Prinzipien werden bei diesem werttheoretischen Ansatz jedoch um die Zweckabhängigkeit erweitert.[25] Die Beachtung der Absichten und der Handlungsmöglichkeiten der bewertenden Person determinieren diese Werttheorie. Dabei unterstellt die Theorie Aufgaben- und Personenabhängigkeit. Dies bedeutet, dass der Wert nicht nur zwischen den Personen, sondern auch für eine einzelne Person, ganz nach dem Anlass, unterschiedlich ausfällt.[26] Der durch diese Werttheorie gebildete Wert ist für jeden nachvollziehbar. Die Kölner Funktionenlehre prägt diesen werttheoretischen Ansatz. Weiter existiert noch die Funktionslehre des IDW.[27]
Das Merkmal der funktionalen Werttheorie liegt in der Betrachtung der Bewertungsfunktion. Der Bewertungszweck determiniert somit den Wert der Unternehmung.[28] Moxter spricht hier vom Zweckadäquanzprinzip.[29] „Es gibt nicht den schlechthin richtigen Unternehmenswert: Da Unternehmenswertermittlungen sehr unterschiedlichen Zwecken dienen können, ist der richtige Unternehmenswert jeweils der zweckadäquate.“[30] Demnach stehen das Subjekt und dessen Zielsetzung bei der Wertermittlung des Objektes im Mittelpunkt. Diese spezifische Wertermittlung negiert einen allgemeingültigen Wert.[31]
Der Bewertungszweck wird bei diesem werttheoretischen Ansatz in Funktionen zusammengefasst.[32] Diese Funktionen gliedern sich nach der Kölner Funktionenlehre in jeweils drei Haupt- und drei Nebenfunktionen.[33] Bei den Hauptfunktionen wird zwischen der Beratungs-, Vermittlungs- und Argumentationsfunktion unterschieden.[34] Im Regelwerk des IDW wird weiterhin die Funktion des neutralen Gutachters aufgeführt. Das IDW lehnt jedoch die Argumentationsfunktion ab.[35] Bei den Nebenfunktionen handelt es sich um die Informations-, Steuerbemessungs- und Vertragsgestaltungsfunktion.[36] Im Regelwerk des IDW werden keine gesonderten Nebenfunktionen aufgeführt.[37]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Funktionen der Unternehmensbewertung
Quelle: In Anlehnung an: Mandl, G., Rabel, K. (1997), S.15; Sieben, G. (1983), S. 540.
Bei der Beratungsfunktion geht es um Grenzpreise, die auch als Entscheidungswerte bezeichnet werden.[38] Der Verkäufer hat ein Interesse daran zu erfahren, bei welchem Wert sein Mindestpreis liegen sollte, um sich bei einer alternativen Anlage des Geldes nicht zu verschlechtern. Der Käufer möchte in Erfahrung bringen, wie hoch sein maximal zu zahlender Betrag sein sollte, um zu wissen, ob die Verwendung seiner Mittel in einer Vergleichsinvestition, aufgrund einer höhere Verzinsung des eingesetzten Kapitals, zu präferieren ist. Beide Transaktionspartner müssen über ihre jeweiligen Grenzpreise Bescheid wissen. Nur so können sie erfolgreich Verhandlungen über den Preis der Unternehmung führen. Die Grenzpreise beider Verhandlungspartner sind normalerweise nicht gleich, da Käufer und Verkäufer unterschiedliche subjektive Vorstellungen haben. Die Entscheidungswerte markieren den Bereich, in dem Preisverhandlungen geführt werden können. Die Grenzpreise sind jedoch der anderen Partei nicht bekannt und können daher nur geschätzt werden. Weicht der Grenzpreis vom tatsächlich gezahlten Preis ab, kommt es zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage eines Transaktionspartners und zur Verschlechterung des anderen.[39]
Bei der Vermittlungsfunktion übernimmt ein neutraler Vermittler die Aufgabe den beiden Verhandlungspartnern einen fairen Einigungspreis zu präsentieren. Hierfür benötigt der Gutachter Informationen über die Interessen von Käufer und Verkäufer. Des Weiteren muss er die mit den daraus resultierenden Grenzpreisen vertraut sein.[40] Der Einigungspreis wird auch als Arbitriumwert bezeichnet.[41] Dieser Wert stellt weder einen losgelösten und objektiven noch einen für jedes Subjekt passenden Wert dar. Er soll vielmehr die spezifische Situation und die Rahmenbedingungen der Transaktionspartner angemessen berücksichtigen.[42] Ziel ist es einen neutralen und angemessenen Wert für beide Parteien zu ermitteln.[43] Dieser liegt regelmäßig zwischen der Preisobergrenze des Käufers und der Preisuntergrenze des Verkäufers.[44]
Die Argumentationsfunktion hat die Aufgabe durch Argumente die Preisvorstellung einer Partei zu stärken. Dafür wird der Argumentationswert der anderen Partei offengelegt.[45] Ziel ist es durch die Aufführung von überzeugenden Argumenten dem Transaktionspartner zu erklären, dass der vorgegebene Wert gerechtfertigt ist. Der so begründete Preis sollte dem eigenen Grenzwert möglichst nahe kommen.[46] Damit die Möglichkeit für Verhandlungen besteht, darf der Argumentationswert nicht fix sein. Für ein optimales Ergebnis der Argumentation bedarf es bester Kenntnisse aller Verfahren unter Berücksichtigung der Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung. Das IDW akzeptiert die Argumentationsfunktion für Wirtschaftsprüfer nicht. Als Grund wird angegeben, dass diese Funktion nicht mit den objektiven Maßstäben eines Wirtschaftsprüfers zu vereinen ist.
Das IDW ergänzt die zuvor behandelten Hauptfunktionen um die Funktion des neutralen Gutachters. Diese wird als diejenige Funktion gesehen, welche die Grundsätze der Wirtschaftsprüfer am besten widerspiegelt. Der hier ermittelte Wert unterliegt sehr objektiven Kriterien und dient als Grundlage für die darauffolgenden Preisverhandlungen. Jener Wert ist jedoch normalerweise ein Verkäuferwert. Die Kritik bei dieser Wertermittlung liegt in der Vernachlässigung der zukünftigen Entwicklungspotentiale durch den Käufer.[47] Somit kann dieser Wert nicht als unparteiisch interpretiert werden.[48]
Bei den Nebenfunktionen kommt es nicht wie bei den Hauptfunktionen zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse.[49] So wird diesen insgesamt eine geringere Bedeutung zugeschrieben, obwohl sie keinesfalls „weniger bedeutend“[50] sind.[51] Im Folgenden werden lediglich die herkömmlichen Nebenfunktionen thematisiert. Neben diesen Funktionen wird in der Literatur eine Vielzahl anderer Funktionen diskutiert.[52]
Die Informationsfunktion hat das Ziel über die Ertragskraft des Unternehmens zu berichten. Dabei wird der Wert über die Bilanz abgeleitet. Die Rechnungslegungsnormen determinieren die Wertermittlung maßgeblich.[53] Bei einem Verkauf des gesamten Unternehmens oder einzelner Teile dessen, werden lediglich die dem Unternehmen zugehörigen Teile bewertet.[54]
Bei der Steuerbemessungsfunktion steht die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung im Mittelpunkt der Bewertung.[55] Dabei soll bei der Wertermittlung die Sachlichkeit der Bewertung durch die Grundsätze der Steuergerechtigkeit und Rechtssicherheit in Abhängigkeit von steuerlichen Richtlinien und Gesetzen berücksichtigt werden.[56] Die fiskalischen Rahmenbedingungen müssen gewahrt werden, wobei die allgemeine Anwendbarkeit nur durch Vereinfachungen erreicht werden kann.[57]
Bei der Vertragsgestaltungsfunktion steht die Vertragsgestaltung im Mittelpunkt. Besonders relevant ist hier die Ermittlung der Abfindungswerte ausscheidender Gesellschafter.[58] Die Interessen der Vertragsparteien sollen bei dieser Funktion Beachtung finden. Ziel ist es den Fortbestand der Unternehmung zu sichern, indem die zu leistenden Abfindungszahlungen gering gehalten werden.[59] Trotz veränderten Eigentumsverhältnissen wird die Vertragsgestaltungsfunktion den Nebenfunktionen zugerechnet. Dies begründet sich in den verbeugenden Regelungen und der noch nicht verwirklichten Konfliktzustandes.[60]
Die Kritik gegenüber der funktionalen Werttheorie begründet sich in der Einteilung der verschiedenen Zielsetzungen einer Bewertung. Die Schwierigkeit der Einteilung in bestimmte Funktionen zeigt sich in der Debatte um die Funktion des neutralen Gutachters und der Argumentationsfunktion. Weiter besteht das Problem Haupt- und Nebenfunktionen eindeutig voneinander zu trennen, da die Sichtweise des Betrachters variieren kann. Weiter finden einige Zielsetzungen der Bewertung, wie die Wertermittlung des Unternehmens mit der Absicht der Ermittlung des Shareholder Values, keine Anwendung. Eine Entwicklung dieser Werttheorie hat eine Ausdehnung der Funktionen oder die Auflösung der Funktionen zu Folge.[61]
2.2 Wert-Preis-Divergenzen
Bei der Bewertung von Unternehmen steht der Wert des Objektes im Mittelpunkt. Aufgrund der Wichtigkeit des Wertes im gesamten Kontext der Arbeit wird nachfolgend der Begriff analysiert.
In der Betriebswirtschaftslehre kommen dem Ausdruck Wert viele unterschiedliche Bedeutungen zu. Der Begriff kann sowohl als Zahl als auch als ein Wort, welches die grundlegenden Werte der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung beschreibt, verstanden werden.[62] Bei einer Unternehmensbewertung wird der Wert für ein Unternehmen oder einzelner Teile dessen ermittelt. Dabei gilt es die gesamten Potentiale zukünftigen Erfolges und die auf diese wirkenden Größen zu beachten. Bei der Bewertung von Unternehmen kommt der Zukunftsbezogenheit, Nutzenbewertung, den Chancen und Risiken sowie dem Investorbezug eine hohe Bedeutung zu.[63] Die Preisbildung erfolgt im Anschluss durch die Verhandlung der Parteien. Ein Wert wird durch einen bestimmten Zweck determiniert. Da dieser jedoch zwischen allen Individuen unterschiedlich ist, kann ein Wert nicht einheitlich als der richtige festgelegt werden. Bei einem ökonomischen Wert hingegen basiert die Wertermittlung auf realistischen und sachlichen Befunden. Der Wert ist durch gesetzliche Rahmenbedingungen, Regeln und die Handlungsalternativen des Bewertenden fixiert. Der ökonomische Wert resultiert aus den grenzenlosen Bedürfnissen und der Begrenztheit der Güter. Dabei wird zwischen dem Gebrauchs-, Tausch- und Ertragswert differenziert.[64] Sind Güter in der Lage menschliche Bedürfnisse zu befriedigen haben sie einen Gebrauchswert. Falls jene Güter begrenzt vorhanden sind, können diese gegen andere knappe Güter getauscht werden und haben somit einen Tauschwert, welcher sich durch einen Preis am Markt definiert. Güter, die Erträge erwirtschaften, haben einen Ertragswert, der durch Nutzungsdauer und Absatzentwicklung determiniert wird.[65]
Im Rahmen der klassischen Wirtschaftstheorie wurde der Wert eines Objektes anhand seiner Kosten bestimmt, um so möglichst sachlich zu sein.[66] Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese Art der Bewertung ausgeweitet. Der Wert eines Gutes wurde um den quantifizierten Nutzen, den das Objekt dem Subjekt stiftet, erweitert. Der Wert ist somit der subjektive, in Geldeinheiten ausgedrückte Nutzen zur Bedürfnisbefriedigung und demnach durch die Person selber und dessen Beziehung zum Objekt determiniert. Der Wert ist demnach abhängig von den Vorstellungen des Individuums. Er zeigt jenen Betrag auf, den ein Subjekt zahlen würde, um seine spezifischen Bedürfnisse zu befriedigen. Aufgrund der verschiedenen Bedürfnisse der Personen ist der Betrag stets unterschiedlich.[67] Im Rahmen einer Unternehmensbewertung setzt sich der Nutzen sowohl aus den finanziellen Überschüssen als auch aus dem nicht-monetären Nutzen zusammen.
Der Begriff Preis grenzt sich über die Einigung zweier Subjekte vom Wert ab.[68] Demnach ist der Preis das Entgelt, zu welchem das Objekt tatsächlich veräußert wird. Der Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage oder durch Verhandlungen der Transaktionspartner.[69] Die Transaktionspartner schätzen ihren Nutzen durch das Objekt, welcher dann wiederum den Preis determiniert.[70] Marktpreise existieren für Güter wenn der Markt durch viele Anbieter und Nachfrager geprägt ist.[71] Dieser Preis befriedigt die größte Anzahl an Marktteilnehmern. Bei einer Abweichung vom Gleichgewichtspreis würde es zu einem Angebots- oder Nachfrageüberhang kommen.[72] Der Schnittpunkt beider Funktionen ergibt sich somit aus der Übereinstimmung der einzelnen individuellen Nutzen- und Kostenschätzungen der Transaktionspartner.[73] Bei Unternehmenstransaktionen ist die Zahl der Anbieter und Nachfrager regelmäßig sehr gering. Dies begründet sich in der Heterogenität und Individualität der Objekte. Daher gibt es meist keine Marktpreise für diese. Durch die unvollständige Konkurrenz kann der Markt zur Bildung zweiseitiger Monopole neigen. Demnach haben beide Transaktionspartner eine gewisse Machtposition und können daher nur über Verhandlungen zu einem Preis gelangen. Eine im Vorfeld durchgeführte Wertermittlung hilft den Beteiligten bei der Verhandlung über den Unternehmenspreis.[74] Der Wert bildet jedoch nur die Basis für die Preisverhandlungen und ist nicht gleichzusetzen mit dem Preis welcher abschließend für das Unternehmen gezahlt wird. Der Preis ergibt sich aufgrund von subjektiven Zu- und Abschläge. So kommt es zu Abschlägen bei Konglomeraten und zu Zuschlägen bei angestrebter finanzieller oder strategischer Kontrolle durch den Erwerb des Unternehmens.[75] Demnach unterscheidet sich der Preis regelmäßig von dem ermittelten Wert. Es gilt: „Price is what you pay. Value is what you get.“[76]
2.3 Anlässe der Unternehmensbewertung
Ziel einer Unternehmensbewertung ist es einen Unternehmenswert zu ermitteln der zweckadäquat ist. Demnach besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Bewertungszweck und dem Bewertungsanlass. Die Wertermittlung eines Unternehmens erfolgt somit stets aufgrund eines spezifischen Anlasses. Aufgrund der Vielfalt an Bewertungsanlässen haben sich diverse Möglichkeiten der Systematisierung in der Literatur entwickelt. Eine allgemeingültige Struktur hat sich jedoch noch nicht ausgebildet. Die von Künnemann entwickelte Einteilung ist weit verbreitet.
Zunächst wird zwischen der Änderung des Eigentumsverhältnisses unterschieden. Darunter werden transaktionsbezogene und nicht transaktionsbezogene Anlässe verstanden. Des Weiteren kommt es bei den Anlässen mit Änderung der Eigentumsverhältnisse zu der Untergliederung in dominierte und nicht dominierte Situationen.[77] Bei nicht dominierten Situationen kann die Eigentumsänderung nicht durch eine Partei alleine durchgesetzt werden. Bei einer dominierten Situation ist dies möglich.[78] Jedoch besteht hier in der Literatur ebenfalls keine abschließende Einigkeit über die Zuordnung der Anlässe zu den einzelnen Kategorien.[79] Einige Autoren nehmen zum Teil eine weitere Unterscheidung innerhalb der Anlässe mit Eigentumswechsel vor. In jenen Fällen kommt es zur Aufspaltung in Kauf und Verkauf sowie in Fusion und Spaltung.[80] Diejenigen Anlässe, bei denen es zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse kommt, sind in der Praxis am relevantesten.[81] Die Anlässe zur Bewertung ergeben sich beispielsweise aufgrund von Erbauseinandersetzungen, dem Eintritt neuer Gesellschafter oder der Zuführung von Fremdkapital.[82] Die zuvor genannten Anlässe zeigen nur exemplarisch auf wie verschieden und vielfältig die Anlässe sind. Die nachstehende Grafik gibt einen Überblick über die verschiedenen Bewertungsanlässe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Systematisierung der Bewertungsanlässe
Quelle: In Anlehnung an: Künnemann, M. (1985), S. 59, Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 14.
Das IDW klassifiziert die Anlässe der Bewertung auf eine andere Art und Weise. So kann nach IDW S1 i.d.F. 2008 eine Bewertung aus „unternehmerischen Initiativen, aus Gründen der externen Rechnungslegung, aus gesellschaftsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften bzw. vertraglichen Vereinbarungen oder aus sonstigen Gründen“[83] erfolgen. Weitere in der Literatur vorkommende Ansätze differenzieren die Bewertungsanlässe in die Lebensphasen, die Art der Regelung, den Entscheidungsbezug sowie nach den Interessen der Gesellschafter bzw. Investoren.[84]
2.4 Charakteristika von start-up Unternehmen
2.4.1 Allgemeine Charakteristika von start-up Unternehmen
Start-up Unternehmen sind in der Literatur nicht eindeutig charakterisiert. Jedoch kann eine Differenzierung gegenüber anderen Unternehmen über allgemeine Merkmale erfolgen. Zunächst ist der Lebenszyklus eines Unternehmens eine gute Ausgangsposition um das Unternehmen in eine bestimmte Lebensphase zu klassifizieren. Der Lebenszyklus eines Unternehmens lässt sich grob in die Phasen der Early Stage, Expansion Stage sowie der Late Stage untergliedern. Start-up Unternehmen befinden sich in der Early Stage. Dort wird weiter zwischen der seed- und der start-up Phase unterschieden. Die seed Phase ist durch die Grundlagen- und Konzeptentwicklung charakterisiert. Die start-up Phase zeichnet sich durch die Unternehmensgründung sowie dem Marketingkonzept aus. Start-up Unternehmen haben die Seed Phase bereits beendet und sind auf den Markt getreten. Der Early Stage folgt die Expansion Stage und die Late Stage. In der Expansion Stage steigen die Gewinne stark an und das Risiko nimmt ab. In der Late Stage stagniert das Wachstum. Hier können Exitmöglichkeiten genutzt werden.[85]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Unternehmensphasen
Quelle: In Anlehnung an: Becker, H. P. (2010), S. 236.
Neben diesem Merkmal charakterisieren die typischen Branchen von start-up Unternehmen selbige. Die Branchen sind meist durch neuartige und innovative Geschäftsideen geprägt. Erneuerbare Energien, Biotechnologie oder der IT Bereich sind nur einige Beispiele.[86] Start-up Unternehmen, die auch als Wachstumsunternehmen oder junge Unternehmen bezeichnet werden, sind somit Unternehmen die sich in einer frühen Phase des Lebenszyklusses befinden, sich bevorzugt in zuvor genannten Branchen verorten, sehr unsicherheitsbehaftet sind und sich am Markt noch nicht etabliert haben.[87]
Zur Charakterisierung von start-up Unternehmen können keine allgemeingültigen Größen definiert werden. Aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsfelder, in denen sich start-up Unternehmen bewegen, ist es nicht möglich generelle Kennzahlen für start-up Unternehmen festzulegen, um so die jungen Unternehmen quantitativ gegenüber anderen Unternehmen abzugrenzen. Die Werte ändern sich stark in den einzelnen Tätigkeitsbereichen und im zeitlichen Verlauf, sodass ein fixer Wert nicht zu definieren ist. Eine quantitative Differenzierung sollte somit spezifisch erfolgen.[88] Grobe Übereinstimmungen lassen sich jedoch in einigen Bereichen erkennen. So liegt die jährliche Wachstumsrate von start-up Unternehmen zu Beginn bei etwa 15% bis 30%, die Unternehmen sind nicht älter als fünf bis sechs Jahre und unterliegen einer Insolvenzgefahr von circa 30% bis 60% in den zuvor genannten Jahren.[89] Hofer und Sandberg sprechen sogar von 50% bis 80%.[90]
2.4.2 Spezifische Charakteristika von start-up Unternehmen
Start-up Unternehmen weisen verschiedene spezifische Charakteristika auf. Zum einen sind start-up Unternehmen durch ihre erst sehr kurze Zeit am Markt gekennzeichnet und befinden sich somit am Anfang ihrer Lebensphase. Aufgrund dessen liegen keine vergangenheitsbezogenen Daten für die jungen Unternehmungen vor, anhand derer die mit hoher Unsicherheit behaftete Zukunft prognostiziert werden kann.[91] Weiterhin sind die wenigen Daten und Informationen, die in der Startphase gesammelt werden können meist nicht wiederkehrend und somit für die Zukunft irrelevant.[92] Besonderes Interesse gilt in dieser Phase dem Ausbau der Kunden- und Lieferantenbeziehungen und der Implementierung sowie Optimierung der internen Prozesse.
Mit der Zeit beginnen die jungen Unternehmen zu wachsen. So erwirtschaften diese Unternehmen Umsätze und Gewinne mit hohen Wachstumsraten.[93] Die Expansionsfähigkeit wird im starken Maße durch ein gutes Management erreicht, welches schnell und flexibel auf die dynamische Umwelt reagieren kann.[94] Grundsätzlich wird zwischen zwei Wachstumsarten unterschieden. Zum einen kann das Unternehmen organisch wachsen. Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch die Zukauf anderer Unternehmen. Organisches Wachstum beschreibt den Prozess der Ausweitung aus eigenen Kräften und somit aus den kontinuierlichen erwirtschafteten operativen Überschüssen des Unternehmens. Das organische Wachstum von start-up Unternehmen macht in den Anfangsjahren einen Anteil von bis zu 96% des vollständigen Wachstums aus.[95] Start-up Unternehmen weisen bedingt durch das rasante Wachstum auch einen Anstieg der künftigen Umsätze aus, die jedoch zu Beginn volatil sind.[96] Das Wachstum der Unternehmen begründet sich meist durch den Ausbau der Kapazitäten in Märkten, die durch hohe Absatz- und Wachstumspotentiale gekennzeichnet sind.[97] Das Wachstum kann als Veränderung eines Indikators bezogen auf die Größe der Unternehmung gemessen werden. So wird das Wachstum meist anhand von Umsätzen und der Veränderung von Mitarbeiterzahlen ermittelt.[98] Das starke Wachstum von start-up Unternehmen begründet sich darin, dass diese Unternehmen sich meist mit Geschäftsinnovationen beschäftigen. Aufgrund dessen ist der Markt, in denen sie sich bewegen, häufig ebenfalls recht neu. Die Unternehmen besitzen daher oft First-Mover-Vorteile.[99] Dies erschwert die Beschaffung zuverlässiger Daten, da auch die Konkurrenz, falls es eine gibt, erst seit kurzem am Markt aktiv ist. Demnach liegt der Fokus bei der Bewertung auf der Zukunft, welche sich durch Unsicherheit, aber auch den möglichen Entwicklungspotentialen auszeichnet.[100] Start-up Unternehmen erwirtschaften erst in Zukunft jene Einnahmen, die für die Werterstellung von Bedeutung sind.[101] Um einen groben Anhaltspunkt über den Zukunftserfolg der Unternehmung erlangen zu können, sollten Businesspläne herangezogen oder Analystenschätzungen genutzt werden. Die Prognosen der Analysten überstiegen selten einen Zeitraum von drei Jahren.[102]
[...]
[1] Vgl. Gantenbein, P., Gehrig, M. (2007), S. 602.
[2] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 5 f..
[3] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 59 ff..
[4] Vgl. Kraus-Grünewald, M. (1995), S. 1839.
[5] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 4.
[6] Vgl. Matschke, M. J. (1979), S. 20 ff..
[7] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 4.
[8] Vgl. Mellerowicz, K. (1952), S. 12 f.; Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 14 ff..
[9] Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 14.
[10] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 7.
[11] Vgl. Münstermann, H. (1970), S. 24.
[12] Vgl. Busse von Colbe, W. (1957), S. 16.
[13] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 7.
[14] Vgl. Pemöller, V. H. (2012), S. 5 f..
[15] Vgl. IDW (2008), Rn. 29 ff..
[16] Vgl. List, S. (1987), S. 11.
[17] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 6 ff..
[18] Vgl. Pemöller, V. H. (2012), S. 6.
[19] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 6.
[20] Vgl. Moxter, A. (1983), S. 41 ff..
[21] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 7.
[22] Vgl. Brösel, G. (2003), S. 132.
[23] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 7; Sieben, G. (1963), S. 89 f..
[24] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 9.
[25] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 23; Moxter, A. (1983), S. 5 ff., Schmalenbach, E. (1963), S. 141.
[26] Vgl. Matschke, M. J. (1995), S. 973.
[27] Vgl. Sieben, G. (1976), S. 491 ff..
[28] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 23.
[29] Vgl. Moxter, A. (1983), S. 5.
[30] Moxter, A. (1983), S. 6.
[31] Vgl. Moxter, A. (1983), S. 6.
[32] Vgl. Pemöller, V. H. (2012), S. 7.
[33] Vgl. Sieben, G. (1983), S. 539 ff..
[34] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 8; Sieben, G. (1983), S. 539 ff..
[35] Vgl. IDW (2008), S. 71.
[36] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 8.
[37] Vgl. Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 15 f.; Peemöller, V. H. (2012), S. 8.
[38] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 52 ff..
[39] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 8.
[40] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 70 ff.; Sieben, G., Schildbach, T. (1979), S. 456 f..
[41] Vgl. Matschke, M. J. (1971), S. 509; Peemöller, V. H. (2012), S. 9.
[42] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 52 ff..
[43] Vgl. Ernst, D., Häcker, J. (2011), S. 363.
[44] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 9.
[45] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 73 ff.; Matschke, M. J. (1976), S. 517.
[46] Vgl. Sieben, G. (1993), Sp. 4319 f..
[47] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 10 f..
[48] Vgl. Moxter, A. (1983), S. 27 ff..
[49] Vgl. Matschke, M. J. (1979), S. 17.
[50] Brösel, G. (2006), S. 129.
[51] Vgl. Henselmann, K. (2006), S. 154.
[52] Vgl. Coenenberg, A. G., Schultze, W. (2002), S. 598 ff.; Mandl, G., Rabel, K. (1997), S. 15 ff..
[53] Vgl. Piltz, D. J. (1982), S. 18.
[54] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 75.
[55] Vgl. Sieben, G. (1976), S. 494.
[56] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 52.
[57] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 78 f..
[58] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 13.
[59] Vgl. Sieben, G., Lutz, H. (1985), S. 207.
[60] Vgl. Brösel, G. (2006), S. 137.
[61] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 14.
[62] Vgl. Bretzke, W.-R. (1975), S. 497.
[63] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 3.
[64] Vgl. Petersen, K., Zwirn, C., Brösel, G. (2013), S. 7 ff..
[65] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 4.
[66] Vgl. Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 26 ff.; Weber, W., Albert, H., Kade, G. (1961), S. 643 f..
[67] Vgl. Gorny, C. (2002), S. 4; Käfer, K. (1969), S. 299; Petersen, K., Zwirn, C., Brösel, G. (2013), S. 4 ff..
[68] Vgl. Spiller, K. (1962), S.76 f..
[69] Vgl. Petersen, K., Zwirn, C., Brösel, G. (2013), S. 4 ff..
[70] Vgl. IDW (2008), Rn. 14.
[71] Vgl. Münstermann, H. (1970), S. 11.
[72] Vgl. Mankiw, N. G., Taylor, M. P. (2012), S. 141 ff..
[73] Vgl. Busse von Colbe, W. (1957), S. 9.
[74] Vgl. Münstermann, H. (1970), S. 11 f..
[75] Vgl. Barthel, C. W. (1995), S. 343.
[76] Buffett, M., Clark, D. (2002), S. 228.
[77] Vgl. Künnemann, M. (1985), S. 52 ff.; Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 93 ff..
[78] Vgl. Behringer, S. (2012), S. 66 ff.; Drukarczyk, J. (2003), S.122.
[79] Vgl. Großfeld, B. (1983), S. 25.
[80] Vgl. Künnemann, M. (1985), S. 59; Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 90 ff..
[81] Vgl. Sieben, G. (1993), Sp. 4321.
[82] Vgl. Drukarczyk, J., Schüler, A. (2009), S. 82 ff.; Matschke, M. J., Brösel, G. (2013), S. 66 ff..
[83] IDW (2008a), S. 510 f..
[84] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 19; Petersen, K., Zwirn, C., Brösel, G. (2013), S. 875.
[85] Vgl. Becker, H. P. (2010), S. 236; Hering, T., Vincenti, A. (2005), 14 f..
[86] Vgl. Ballwieser, W. (2003), S. 160; Peemöller, V. H. (2012), S. 19.
[87] Vgl. Knecht, T. C. (2003), S. 45.
[88] Vgl. Knecht, T. C. (2003), S. 45; Müller, S. (2003), S. 9.
[89] Vgl. Purle, E. (2004), S. 22.
[90] Vgl. Hofer, C. W., Sandberg, W. R. (1987), S. 12.
[91] Vgl. Bracker, J. S., Pearson, J. N. (1986), S. 505; Knecht, T. C. (2003), S. 45.
[92] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 772 f..
[93] Vgl. Lessat, V. et al. (1999), 49 ff..
[94] Vgl. Peemöller, V. H. (2012), S. 772.
[95] Vgl. Davidsson, P., Wiklund, J. (2006), S. 87 ff.; Peemöller, V. H. (2012), S. 772 ff..
[96] Vgl. Kaplan, S. N., Sensoy, B. A., Strömberg, P. (2005), S. 11.
[97] Vgl. Knecht, T. C. (2003), S. 46.
[98] Vgl. Davidsson, P., Wiklund, J. (2006), S. 52 ff..
[99] Vgl. Lieberman, M. B., Montgomery, D. B. (1998), S. 1111 ff..
[100] Vgl. Böhmer, C. (2003), S. 23; Knecht, T. C. (2003), S. 45 ff..
[101] Vgl. Damodaran, A. (2000), S. 3 ff.; Peemöller, V. H. (2012), S. 772 ff..
[102] Vgl. Damodaran, A. (2002a), S. 279 ff..
- Quote paper
- Lars de Buhr (Author), 2013, Anwendbarkeit von Unternehmensbewertungsverfahren bei Start-up-Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270012
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