„…Mir ist durchaus bewußt, daß ich sowohl im Verhältnis zu den Dingen, für die ich mich interessiere, als auch zu dem, was ich bisher gedacht habe, meine Position verschiebe. Ich denke niemals völlig das gleiche, weil meine Bücher für mich Erfahrungen sind, Erfahrungen im vollsten Sinne, den man diesem Ausdruck beilegen kann. Eine Erfahrung ist etwas, aus dem man verändert hervorgeht. […] Ich schreibe nur, weil ich noch nicht genau weiß, was ich von dem halten soll, was mich so sehr beschäftigt. […] Jedes Buch verändert das, was ich gedacht habe, als ich das vorhergehende Buch abschloß. Ich bin ein Experimentator und kein Theoretiker. …“ (FOUCAULT 1997, S.24)
Diese Aussage ist ein Ausschnitt, stammend aus einem Gespräch/Interview - neben vielen anderen ähnlichen „Statements“ zur persönlichen Haltung von MICHEL FOUCAULT in Bezug auf Kritik, gesellschaftliche Rolle und Wissenschaftsverständnis - der sehr treffend formuliert, welche Denkposition einer der großen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts vertritt. Die zitierten Sätze kennzeichnen, bei genauer Lektüre, ein Denken, welches vorwiegend mit Prozessen und Entwicklungen operiert. Keine Lösung eines Problems stellt das endgültige oder einzige Ergebnis dar. Es ist lediglich der Anstoß für die Formulierung und/oder Lösung neuer Probleme - den dazugehörigen Anglizismus kann mit gutem Gewissen als „work in process“ bezeichnet werden.
FOUCAULT spricht in diesem Zusammenhang selbst davon, das er mit Werkzeugen arbeitet, Rezepte ausprobiert, Gerüste erstellt, um von einer Arbeit zur nächsten gelangen zu können (vgl. ebd., S.25). Nach diesen neuen Problemen und deren möglichen Lösungen zu fragen, darin sieht FOUCAULT seine Aufgabe bei der Analyse der modernen Gesellschaft (wenn auch mit dem historischem Blick als Methode) 1 .
Er sagt selbst von sich, er schreibe seine Bücher als eine Art Serie, in dem z.B. ein Problem unbehandelt bleibt, welches das nächste aufnimmt und schließlich im übernächsten weiter verfolgt wird. Es gibt keine direkte Verbindung zwischen allen, allerdings schneiden sie sich an manchen Stellen - es entsteht das Bild von einem Netzwerk:[...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Der Machtbegriff im „klassischen“ Verständnis
- 2.1. Max Weber und seine Definition von Macht
- 2.2. Macht aus akteurstheoretischer Sicht
- 2.3. Die Repressionshypothese
- III. Der Weg ist das Ziel - Stationen des Machtverständnisses bei FOUCAULT
- 3.1. Die Ordnung des Diskurses – neue Gedanken zur Machtanalytik
- 3.2. Überwachen und Strafen - Konturen einer Disziplinargesellschaft
- 3.3. Der Wille zum Wissen – das Erkennen der „produktiven“ Seite
- 3.4. Die Gouvernementalitätsthese - eine neue Form der Regierung
- IV. Fazit: Gibt es ein „mehr“ in den Analysen zur Macht bei FOUCAULT?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht Michel Foucaults Machtbegriff und dessen Genese. Ziel ist es, Foucaults Verständnis von Macht im Kontext klassischer Machtdefinitionen zu verorten und seine Entwicklung über verschiedene Phasen hinweg nachzuvollziehen. Die Arbeit analysiert, inwiefern Foucaults Analysen einen Mehrwert zum Verständnis von Machtmechanismen in der modernen Gesellschaft beitragen.
- Foucaults Machtbegriff im Vergleich zu klassischen Definitionen (Weber).
- Entwicklung von Foucaults Machtverständnis über seine Werke.
- Analyse der Konzepte "Ordnung des Diskurses", "Überwachen und Strafen" und "Gouvernementalität".
- Bewertung des Beitrags Foucaults zum Verständnis von Macht in der modernen Gesellschaft.
- Foucaults methodischer Ansatz und seine "work in process"-Philosophie.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt Foucaults Arbeitsweise als experimentell und prozessorientiert dar, wobei jedes Werk auf vorherigen aufbaut und neue Fragen aufwirft. Es wird betont, dass Foucaults Machtverständnis keine statische Theorie, sondern ein „work in process“ ist, das sich stetig weiterentwickelt. Die Arbeit skizziert den Aufbau: Zunächst werden klassische Machtkonzepte vorgestellt, um Foucaults Ansatz abzusetzen. Anschließend wird die Entwicklung seines Machtverständnisses nachvollzogen, um schließlich dessen Beitrag zum Verständnis von Macht zu bewerten.
II. Der Machtbegriff im „klassischen“ Verständnis: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene klassische Machtdefinitionen, um einen Kontrast zu Foucaults Ansatz zu schaffen. Der Fokus liegt auf Max Webers Machtbegriff, definiert als die Chance, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen. Webers Betonung des sozialen Handelns und der sozialen Beziehungen als Grundlage von Macht wird detailliert erläutert. Das Kapitel dient als Grundlage für den Vergleich mit Foucaults dynamischerem und prozessorientiertem Verständnis von Macht.
III. Der Weg ist das Ziel - Stationen des Machtverständnisses bei FOUCAULT: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung von Foucaults Machtverständnis anhand verschiedener Schlüsselwerke. Es werden die Konzepte der „Ordnung des Diskurses“, „Überwachen und Strafen“, „Der Wille zum Wissen“ und der „Gouvernementalitätsthese“ untersucht und ihre jeweiligen Beiträge zum Gesamtverständnis von Macht bei Foucault herausgearbeitet. Die Kapitel zeigen die Verschiebung von einer repressiven zu einer produktiven Sichtweise von Macht auf.
Schlüsselwörter
Michel Foucault, Macht, Machtanalyse, Diskurs, Disziplinargesellschaft, Gouvernementalität, Wissen/Wahrheit, Repression, Produktion, Max Weber, soziale Beziehungen, „work in process“
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Michel Foucaults Machtbegriff
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht Michel Foucaults Machtbegriff und dessen Entwicklung über verschiedene Phasen hinweg. Sie verortet Foucaults Verständnis von Macht im Kontext klassischer Machtdefinitionen und analysiert, welchen Mehrwert seine Analysen zum Verständnis von Machtmechanismen in der modernen Gesellschaft beitragen.
Welche klassischen Machtdefinitionen werden behandelt?
Die Arbeit bezieht sich hauptsächlich auf Max Webers Machtbegriff, der als die Chance definiert wird, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen. Webers Fokus auf soziales Handeln und soziale Beziehungen als Grundlage von Macht wird im Detail erläutert und als Vergleichspunkt zu Foucaults Ansatz verwendet.
Wie wird Foucaults Machtverständnis dargestellt?
Die Arbeit verfolgt die Entwicklung von Foucaults Machtverständnis über seine verschiedenen Werke. Sie analysiert Schlüsselkonzepte wie die „Ordnung des Diskurses“, „Überwachen und Strafen“, „Der Wille zum Wissen“ und die „Gouvernementalitätsthese“, um die Verschiebung von einer repressiven zu einer produktiven Sichtweise von Macht aufzuzeigen.
Welche Schlüsselwerke von Foucault werden analysiert?
Die Seminararbeit analysiert verschiedene Schlüsselwerke Foucaults, um die Entwicklung seines Machtverständnisses nachzuvollziehen. Die genauen Werke werden in Kapitel III detailliert untersucht.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die Foucaults experimentelle und prozessorientierte Arbeitsweise beschreibt. Es folgt ein Kapitel zu klassischen Machtdefinitionen, bevor Foucaults Machtverständnis anhand seiner Schlüsselwerke analysiert wird. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab, das den Beitrag Foucaults zum Verständnis von Macht bewertet.
Was sind die zentralen Themen der Arbeit?
Zentrale Themen sind der Vergleich von Foucaults Machtbegriff mit klassischen Definitionen (insbesondere Weber), die Entwicklung seines Machtverständnisses, die Analyse der Konzepte „Ordnung des Diskurses“, „Überwachen und Strafen“ und „Gouvernementalität“, sowie die Bewertung seines Beitrags zum Verständnis von Macht in der modernen Gesellschaft und Foucaults methodischer Ansatz, insbesondere seine „work in process“-Philosophie.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselwörter sind Michel Foucault, Macht, Machtanalyse, Diskurs, Disziplinargesellschaft, Gouvernementalität, Wissen/Wahrheit, Repression, Produktion, Max Weber, soziale Beziehungen und „work in process“.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Das Fazit der Arbeit bewertet den Beitrag Foucaults zum Verständnis von Machtmechanismen und diskutiert, ob seine Analysen einen „Mehrwert“ bieten. Genaueres wird im Kapitel IV erläutert.
Was ist mit Foucaults „work in process“-Philosophie gemeint?
Foucaults „work in process“-Philosophie beschreibt seine experimentelle und prozessorientierte Arbeitsweise. Jedes Werk baut auf vorherigen auf und wirft neue Fragen auf. Sein Machtverständnis ist somit keine statische Theorie, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess.
- Quote paper
- Jens Klinkicht (Author), 2004, Macht und Machtanalyse im Werk von Michel Foucault — die Genese einer zentralen Kategorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26942