Textanalyse und Übersetzung des "Falkenliedes" des Kürenbergers
Das im Folgenden behandelte Falkenlied von Dem von Kürenberg ist in den Zeitraum 1160 n. Chr. einzuordnen und gehört zum Bereich der Hohen Minne. Es ist eine der ersten niedergeschriebenen deutschsprachigen Literaturstücke, welche nicht geistlichem bzw. religiösen Ursprungs sind.
Das Gedicht lässt sich in 2 Sinnabschnitte teilen. Auf der reinen Bildebene handelt es von einem Lyrischen Ich, welches einen Falken aufzog und zähmte. Das Tier wird auch reich geschmückt und veredelt (und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant), doch hebt es sich dann auf und fliegt davon. Im zweiten Teil sieht das Lyrische Ich diesen Falken nun wieder, wie er fliegt. Er ist immer noch reich geschmückt, sein gefieder leuchtet golden (alrôt guldîn) und an seinem Fuß sind seidene Bänder befestigt, wie man sie in einfacher Form oft in der Falknerei wiederfindet, um den Vogel am Arm seines Besitzers zu befestigen. Die letzten beiden Zeilen erscheinen auf dieser Bildebene gesehen keinen Sinn zu ergeben, es wird davon gesprochen, dass Gott die zusammenführen soll, welche sich gerne habe bzw. lieben.
Textfassung:
Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr.
dô ich in gezamete als ich in wolte hân
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich ûf vil hôhe und floug in anderiu lant.
Sît sach ich den valken schône fliegen:
er fuorte an sînem fuoze sîdine riemen,
und was im sîn gevidere alrôt guldîn.
got sende si zesamene die gerne geliep wellen sîn!
Übersetzung:
Ich zog mir einen Falken, länger als ein Jahr.
Als ich ihn gezähmt hatte, genau so, wie ich ihn haben wollte,
und um sein Gefieder goldene Bänder gewunden hatte,
hob er sich empor und flog in andere Länder.
Seitdem sah ich den Falken herrlich herumfliegen.
Er trug seidene Riemen an seinem Fuß.
Und sein Gefieder war rundum golden.
Gott sende die zusammen, die geliebt werden wollen.
[...]
- Quote paper
- Vivien Lindner (Author), 2007, Der von Kürenberg "Falkenlied". Textanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269255