Ein Gespenst ging um in der Welt – das Gespenst des Kommunismus.
1991 wurde der Spuk aufgelöst. Die sozialistischen Staaten in Europa haben ihre kommunistischen
Ideologien abgeschafft, durch Reform oder Revolution.
Marx´ Prognosen haben nicht stand gehalten: erstens, ist nicht der Kapitalismus zusammengebrochen,
sondern der Weg zum Kommunismus. Sozialismus als Übergang zum Kommunismus ist als Gesellschaftsform
gescheitert. Zweitens, Marx´ Vision ist nicht eingetreten, dass die Aufhebung des Privateigentums
und die kommunistischen Regelungen der Produktion es möglich machen werden, dass jeder heute dies, und morgen jenes zu tun kann. Morgens jagen, nachmittags fischen, abends Viehzucht treiben und nach dem Essen kritisieren. Die sozialistische Realität war keine Sozialromantik: Fisch und Fleisch waren Exportgüter und das Kritisieren war verboten.
Ein Gespenst ging um in der Welt - das Gespenst des Kommunismus.
1991 wurde der Spuk aufgelöst. Die sozialistischen Staaten in Europa haben ihre kommunistischen Ideologien abgeschafft, durch Reform oder Revolution.
Marx´ Prognosen haben nicht stand gehalten: erstens, ist nicht der Kapitalismus zusammengebrochen, sondern der Weg zum Kommunismus. Sozialismus als Übergang zum Kommunismus ist als Gesellschaftsform gescheitert. Zweitens, Marx´ Vision ist nicht eingetreten, dass die Aufhebung des Privateigentums und die kommunistischen Regelungen der Produktion es möglich machen werden, dass jeder heute dies, und morgen jenes zu tun kann. Morgens jagen, nachmittags fischen, abends Viehzucht treiben und nach dem Essen kritisieren. Die sozialistische Realität war keine Sozialromantik: Fisch und Fleisch waren Exportgüter und das Kritisieren war verboten.
Es könnte als Ironie der Geschichte betrachtet werden, dass genau Marx´ Ideen zu jener „negativen“ Ideologie wurde, die Marx am meisten abgelehnt hat. Seine Kritik an Religion, Moral und deutscher Ideologie war, dass sie vom Himmel auf die Erde herabsteigen und jeden Bezug zum wirklichen Lebensprozess der Menschen verlieren. Im sozialistischen Gesellschaftssystem wurde Marxismus zur staatlichen Ideologie gemacht, zu einem statischen Überbau, der „von oben“ der menschlichen Realität die Richtung gab.
Marx hat sich also in seinen Prognosen geirrt und die Geschichte hat sogar mit ihm einen Streich gespielt.
Dennoch haben sich einige seiner Theorien als richtig erwiesen.
Marx sah Geschichte als ein Aufeinanderfolgen von einzelnen Generationen. In der Geschichte und in jeder Gesellschaft finden Veränderungsprozesse statt. Die neue
Literatur: Karl Marx, Philosophische und ökonomische Schriften. Zur Kritik der Hegel´schen Rechts-Philosophie (1844), Die deutsche Ideologie (1845/1846), Manifest der Kommunistischen Partei (1848)
Generation übernimmt Tätigkeiten, die unter früheren Umständen entstanden sind und sie setzen sie unter veränderten Umständen fort. Wenn die Tätigkeiten nicht an die neuen Umständen anpasst werden, werden sie zum Last der neuen Generation. Wenn die herrschende Ideologie solche Anpassungen nicht zulässt, wird sie zum Widerspruch zu den neuen Verhältnissen. Das menschliche Bewusstsein entwickelt sich im Lebensprozess. Ein Bewusstsein kann nie etwas Andres sein als das bewusste Sein und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozess. Ideologien und die ihnen entsprechenden Bewusstseinsformen können nicht in phantastischer Abgeschlossenheit und Fixierung festgehalten werden. In ihrem Lebensprozess entwickeln die Menschen nicht nur ihre materielle Produktion und Produktionsverhältnisse, sondern mit dieser Wirklichkeit ändern sie ihr Denken und die Produkte des Denkens. Nicht das Bewusstsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewusstsein. Wenn eine Ideologie unabhängig von der menschlichen Wirklichkeit festgehalten wird, verliert sie ihre Legitimität.
Auch in den sozialistischen Gesellschaften fanden in deren Geschichte Veränderungsprozesse statt. Um diesen historischen Lebensprozess darzustellen, gehe ich von einem hypothetischen Drei-Generationen-Modell aus.
Die erste Generation, welche die Umwandlung der Gesellschaft erkämpft hat und die Grundbausteine der neuen Gesellschaft gelegt hat, nenne ich „Kommunisten“. Die Kommunisten fanden es gerecht, die alte Elite zu enteignen und Industrie und Landwirtschaft zu verstaatlichen. Die rasche Industrialisierung schaffte Arbeitsplätze, Wohnungen und die Versorgung der Bevölkerung verbesserte sich im Vergleich zu früher. Der Glaube, dass der Weg zum Kommunismus die einzige Möglichkeit zu einer gerechteren Welt sei, war bei den Kommunisten unerschütterlich. Ihr Bewusstsein und die kommunistische Ideologie passten zusammen.
Die zweite Generation nenne ich die „Angepassten“. Sie profitierten direkt von den verbesserten Lebensumständen. Schulbildung war für Jeden möglich und selbst mittellose „Bauernkinder“ bekamen die Möglichkeit, zu studieren. Gegenüber der kommunistischen Ideologie waren die Angepassten eher gleichgültig.
Literatur: Karl Marx, Philosophische und ökonomische Schriften. Zur Kritik der Hegel´schen Rechts-Philosophie (1844), Die deutsche Ideologie (1845/1846), Manifest der Kommunistischen Partei (1848)
Langsam fing die schlechte Planwirtschaft an, ihre Folgen zu zeigen: es drohte der Zusammenbruch der Volkswirtschaften und es entstanden Versorgungskrisen. Um die aufkommende Unzufriedenheit zu unterdrücken und das System zu schützen, wurde die Macht der Staatssicherheit/Geheimpolizei eingesetzt. Die staatliche Ideologie wurde ähnlich zu dem, was Marx an der Religion als Heiligenschein der menschlichen Jammerthales kritisierte.
Das Bewusstsein der dritten Generation wurde durch materielle Not und durch den Mangel an Freiheiten geprägt. Sie wurden zu „Unterdrückten“. Die erste Generation war nicht mehr da, die zweite litt auch unter den veränderten Lebensumständen, somit wurde die Mehrheit der Menschen zu Unterdrückten.
Innerhalb von drei Generationen hat sich der Lebensprozess der Gesellschaft soweit verändert, dass aus der kommunistischen Mehrheit eine unterdrückte Mehrheit wurde, wobei die Ideologie immer noch ein kommunistisches Menschenbild verlangte. Marx beschreibt dieses Phänomen folgend: Wenn in der ganzen Ideologie die Menschen und ihre Verhältnisse, wie in einer Camera obscura, auf den Kopf gestellt erschienen, so geht dieses Phänomen aus ihrem historischen Lebensprozess hervor.
Wenn Ideologie und Bewusstsein im Widerspruch zueinander geraten, ist nach Marx die Zeit gekommen die Ideologie abzuwerfen. Es sind alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Keine Ideologie und kein Zweck können so einen Zustand rechtfertigen. Denn der Mensch sei das höchste Wesen für den Menschen.
Sowohl die Entstehung als auch die Abschaffung der kommunistischen Gesellschaft kann man mit Marx´ Theorie erklären.
Marx hat sich in seiner Auffassung nicht geirrt, dass Ideologien zum Gespenst werden können, wenn sie nicht den Menschen in ihrem wirklichen Leben dienen. Geraten sie im Widerspruch zum Bewusstsein der Mehrheit, werden sie früher oder später abgeschafft.
Literatur: Karl Marx, Philosophische und ökonomische Schriften. Zur Kritik der Hegel´schen Rechts-Philosophie (1844), Die deutsche Ideologie (1845/1846), Manifest der Kommunistischen Partei (1848)
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- Renata Ellermann (Author), 2012, Marx´ Irrtum?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268716
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