Die Pflege und mit ihr die in Deutschland noch sehr junge Pflegewissenschaft hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Mit ihr wuchs und wächst der Anspruch, eine bessere, bedürfnisgerechtere Pflege zu leisten und zu entwickeln. Die alltägliche Konfrontation mit anderen Kulturen ist in der Pflege dagegen nicht neu, wohl aber das breiter werdende Bewusstsein, dieser Anforderung nicht zu genügen.
Insbesondere die Anforderung auf die spezifischen Bedürfnisse von Migranten angepasster, situations- und kontextgerechter eingehen zu können, kann meist nicht erfüllt werden und führt bei den meisten Pflegekräften zur Frustration und Verunsicherung. Auch in den anderen Wissenschaftsgebieten, wie Medizin oder Sozialwissenschaft wurde das Thema Migration und Gesundheitsrisiko lange nur randständig behandelt. Nun aber ist das Problembewusstsein (z. B. zur Globalisierung, zur demografischen Entwicklung, zum täglichen Rassismus) spürbar gewachsen.
Nachdem in der Pflege Madeleine Leininger mit der Entwicklung der Theorie der Transkulturellen Pflege und der kulturellen Fürsorge zunächst als „Pionierin“ lange Zeit federführend war, nehmen nun sich zunehmend auch andere Pflegewissenschaftler dieses Thema an, bzw. werden jetzt auch neue, andere oder weiterentwickelte Theorien beziehungsweise Forschungsergebnisse veröffentlicht. So veröffentlichte auch Dr. Monika Habermann, derzeit Professorin für Pflegewissenschaft an einer Fachhochschule in Bremen, 1998 ihren Beitrag: „Pflegebedürftig in der Fremde? Zur Theorie und Praxis der interkulturellen Pflege“. Ihr Text untersucht insbesondere die pflegespezifischen Bemühungen für eine migrantengerechtere Pflege.
Im Rahmen eines Referats möchte ich Habermanns Text vorstellen, den Inhalt und die Positionen etwas näher erläutern und anschaulich machen. Zunächst werde ich kurz die Autorin vorstellen. Im Hauptteil möchte ich die von Habermann aufgezeigten typischen Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation vortragen. Die beiden folgenden Themen sind Habermanns pflegewissenschaftliche Auseinandersetzung zum Modell von Leininger und ihre Vorschläge und möglichen Strategien zur besseren interkulturellen Pflegesituation. Vor der zusammenfassenden Schlussbetrachtung werde ich noch weitere Überlegungen zu der Fragestellung: "Was beinhaltet denn eigentlich individuelle, migrantengerechte Pflegekompetenz?" einbringen und in diesem Kontext das "Transkulturelle Kompetenzmodell" von Domenig vorstellen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Autorin
3. Aufbau und Struktur des Textes
4. Typische Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation
4.1. Kommunikationsprobleme
4.2. Differenzen im Pflegeverständnis
4.3. Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation aus der Sicht der Migranten
4.4. Die interkulturelle Pflegekompetenz und das interkulturelle Kompetenz- modell
5. Habermanns Kritik zu Leiningers Modell der „Transkulturellen Pflege“
6. Strategien und Modelle zur Verbesserung der interkulturellen Pflege praxis
7. Weitere Überlegungen zur individuellen, migrantengerechten Pflege- kompetenz
8. Zusammenfassende Schlussbetrachtung
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Pflege und mit ihr die in Deutschland noch sehr junge Pflegewissenschaft hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Mit ihr wuchs, bzw. wächst der Anspruch eine bessere, bedürfnisgerechtere Pflege zu leisten und zu entwickeln. Die alltägliche Konfrontation mit anderen Kulturen ist in der Pflege dagegen nicht neu, wohl aber das breiter werdende Bewußtsein dieser Anforderung nicht zu genügen. Insbesondere die Anforderung auf die spezifischen Bedürfnisse von Migranten angepasster, situations- und kontextgerechter eingehen zu können, kann meist nicht erfüllt werden und führt bei den meisten Pflegekräften zur Frustration und Verunsicherung.
Auch in den anderen Wissenschaftsgebieten, wie Medizin oder Sozialwissenschaft wurde das Thema Migration und Gesundheitsrisiko lange nur randständig behandelt. Nun aber ist das Problembewusstsein ( z.B. zur Globalisierung, zur demografischen Entwicklung, zum tägl. Rassismus) spürbar gewachsen. Nachdem in der Pflege Madeleine Leininger mit der Entwicklung der Theorie der Transkulturellen Pflege und der kulturellen Fürsorge zunächst als „Pionierin“ lange Zeit federführend war, nehmen nun sich zunehmend auch andere Pflegewissenschaftler dieses Thema an, bzw. werden jetzt auch neue, andere oder weiterentwickelte Theorien, bzw. Forschungsergebnisse veröffentlicht. So veröffentlichte auch Dr. Monika Habermann, derzeit Professorin für Pflegewissenschaft an einer Fachhochschule in Bremen, 1998 ihren Beitrag: „Pflegebedürftig in der Fremde? Zur Theorie und Praxis der interkulturellen Pflege“. Ihr Text untersucht insbesondere die pflegespezifischen Bemühungen für eine migrantengerechtere Pflege.
Im Rahmen eines Referats möchte ich Habermanns Text vorstellen, den Inhalt und die Positionen etwas näher erläutern und anschaulich machen. Zunächst werde ich kurz die Autorin vorstellen. Im Hauptteil möchte ich die von Habermann aufgezeigten typischen Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation vortragen. Die beiden folgenden Themen sind Habermanns pflegewissenschaftliche Auseinandersetzung zum Modell von Leininger und ihre Vorschläge und möglichen Strategien zur besseren interkulturellen Pflegesituation.
Vor der zusammenfassenden Schlussbetrachtung werde ich noch weitere Überlegungen zu der Fragestellung: "Was beinhaltet denn eigentlich individuelle, migrantengerechte Pflegekompetenz?" einbringen und in diesem Kontext das "Transkulturelle Kompetenzmodell" von Domenig vorstellen.
2. Die Autorin
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Autorin Prof. Dr. Monika Habermann ist ausgebildete Krankenschwester, Ethnologin und Sozialwissenschaftlerin. Zur Zeit ist sie als Professorin für Pflegewissenschaft am „Internationalen Studiengang Pflegmanagement“ der Fachhochschule Bremen beschäftigt.
Hier einige Eckdaten zu ihrer Person (Trockel, B., 1999, S. 188- 190):
- 1976 Abitur
- 1977-1980 Ausbildung zur exam. Krankenschwester an der Schwesternschule der Uni-
versität Heidelberg
- 1980- 1984 Arbeit als Krankenschwester an der Universitätsklinik in Heidelberg
- ab 1984 Studium der Ethnologie im Hauptfach und im Nebenfach: Soziologie und
Psychologie
- 1986- 1992 Mitarbeit in der Gesundheitssystemforschung an der Universität Heidelberg,
Arbeitsgruppe Kulturvergleichende med. Anthropologie
- 1992-1995 Dozentin an Aus- und Weiterbildungsinstituten
- 1994 Abschluss des Promotionsverfahrens
- 1995-1995 Leiterin des Evangelischen Fachseminars Karlsruhe-
Rüppurr/ Fort und Weiterbildungsinstitut für Pflegende
- seit 1998 Professorin für Pflegewissenschaft an der Hochschule
Bremen
Habermann arbeitete unter anderem an Projekten mit folgenden Themen:
- Krankheit und Wege zur Heilung aus der Perspektive der Betroffenen
- Interdiszipliarität (Medizin - Ethnologie) in der curricularen Entwicklung
- Interkulturelles Management in Pflegeeinrichtungen
- Aus forschungsbezogener und curricularer Perspektive das Spannungsfeld „Ethik und Pflegemanagement
- u.a.
In den 90er Jahren wurden einige ihrer Texte (meist in Fachzeitschriften) veröffentlicht. Hier möchte ich nur einige erwähnen:
1995 „Man muss es halt glauben“. Magische Heilformen aus der Klienten-
perspektive (med.-ethnol. Studie in der BRD), Verlag für Wissenschaft
und Bildung
1996 Vom Umgang mit dem Fremden – der Beitrag der Ethnologie zur Pflege
In: Pflege, 2, S. 127-134
1998 Pflegebedürftig in der Fremde. Zur Theorie und Praxis der
interkulturellen Pflege, In: David, M., Borde, Theda, Kentenich, Heribert
(Hrsg.): Migration und Gesundheit, Frankfurt: Mabuse, S. 153- 166
3. Aufbau und Struktur des Textes
Unser zu behandelnder Text „Pflegebedürftig in der Fremde? Zur Theorie und Praxis der interkulturellen Pflege“ von Monika Habermann erschien als Fachaufsatz 1998 in David, Borde, Kentenich (Hrsg.): „Migration und Gesundheit, Zustandsbeschreibung und Zustandsmodelle“ im Mabuse-Verlag. Sämtliche im Referat folgende Zitate stammen, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus diesem Text und werden von mir, zwecks besserer Übersicht, nur noch mit der Abkürzung „H.“ und der Seitenzahl angegeben.
Monika Habermann möchte mit ihrem Beitrag die Pflege, insbesondere die interkulturelle Pflege kritisch untersuchen. Dabei setzt sie inhaltlich drei Schwerpunkte. Zunächst benennt sie einige der aktuellen Probleme in der interkulturellen Pflegesituation. Als nächstes nimmt sie Stellung in der pflegewissenschaftlichen Auseinandersetzung. Hier geht sie insbesondere auf den Kulturbegriff Leiningers näher ein. Im letzten Abschnitt widmet Habermann sich möglichen Strategien und Modellen, welche zu einer Verbesserung der interkulturellen Pflege führen sollten.
Die Zielgruppe ihrer Arbeit sind neben den Pflegenden auch die Nichtpflegenden, welchen sie spezifische Problemstellungen, pflegewissenschaftliche Annäherungen und Zielvorstellungen verdeutlichen möchte. Für die Pflegenden soll der Beitrag eher eine Zusammenfassung über relevante Forschungen und zentrale Fragestellungen geben. Stationäre und ambulante Versorgungssituationen werden von ihr gleichermaßen mit einbezogen.
4. Typische Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation
Zunächst möchte ich den ersten Schwerpunkt, die dargestellten typischen Probleme der interkulturellen Pflegesituation darstellen.
Die Autorin benennt und analysiert hier:
- Die Kommunikationsproblematik
- Die Differenzen im Pflegeverständnis. Die Probleme der interkulturellen Pflegesituation aus der Sicht der Migranten
- Die interkulturelle Pflegekompetenz und das interkulturelle Kompetenzmodell.
Diese Problemdarstellungen werde ich nun erläutern:
4.1. Kommunikationsprobleme
Sprachliche Kommunikationsprobleme sind laut Habermann ein schwerwiegendes Hauptproblem der interkulturellen Pflege. Eine anspruchsvolle, als professionell erachtete Pflege wird so in mehrfacher Hinsicht in Frage gestellt, denn:
- Die Entfaltung einer kommunikativ begründeten Pflegebeziehung wird erschwert oder ist unmöglich.
- Ohne kommunikative Sicherung, ohne Berücksichtigung der Sicht von Patienten/ Angehörigen, verkommt der "Pflegeprozess" zu einer bloßen Sammlung von Expertenaussagen und pflegerischen Zielvorstellungen!
- Aufgrund eingeschränkter Kommunikation, verbringen Pflegende weniger Zeit bei Pflegemaßnahmen mit nicht deutsch- sprechenden Migranten.
- Während der Pflegeroutine unterbleibt bei Migranten oft das vertrauensstiftende Alltagsgespräch als "Vertrauensbildende Maßnahme".
- Weitere Kommunikationsprobleme entstehen durch den Mangel an migrationsspezifischen Wissen der Pflegenden und führen zur Verunsicherung bei der Wahrnehmung von unterschiedlichen Wertorientierungen und Verhaltensnormen. (H., S. 154-155)
4.2. Differenzen im Pflegeverständnis
Zwischen Patienten, Angehörigen und Pflegenden existieren nicht selten unterschiedliche Auffassungen von "Pflege", sowie von der Rolle der Pflegepersonen.
Im internationalen Vergleich werden folgende grundlegende Fragen oft recht unterschiedlich beantwortet: "Was ist die angemessene, die gute Pflege? Wer führt diese Pflege für wen durch? und: Welche Rollen- und Statusbeziehungen ergeben sich daraus zwischen Pflegenden und Gepflegten?" (H., S.155) Gibt es schon bei einheimischen Patienten und Pflegenden ein unterschiedliches Pflegeverständnis, so ist es durchaus verständlich, wenn nichtdeutsche Klienten, mit einer völlig anderen Biographie und einer anderen Sozialisation, eine andere Pflege erwarten. Rollenangebote und Erwartungshaltungen zwischen Pflegenden und Gepflegten sind oft einfach nicht kongruent zueinander. Missverständnisse und unerfüllte Erwartungen sind somit die Folge. Habermann bringt hier u.a. ein Beispiel aus der ambulanten Pflege an, wo nicht selten ältere Migranten der Krankenschwester eine Art Tochterrolle zuweisen, da bisher biographisch professionell Pflegende in der häuslichen Versorgung einfach unbekannt sind, bzw. einfach im bisherigen Leben nie vorkamen. (H., S. 155) Auch neue oder alternative Pflegetechniken, wie z.B. die Pflege nach Bobath, können unter Umständen ganz anders erlebt und aufgenommen werden und eine völlig andere Wirkung entwickeln (Bobath-Pflege ist u.a. relativ Körperkontakt-Intensiv). Wichtig ist, laut Habermann, dass eine eventuell mangelnde Akzeptanz erkannt wird, also von den Pflegenden die Patientenperspektive berücksichtigt wird, und diese Erkenntnisse in sämtlichen Aspekten des Pflegeprozesses einbezogen werden. Bewährte und gute Pflegetechniken sollten dennoch, durch Einbeziehung und Anpassung an die individuellen Bedürfnisse, angewendet werden und nicht verloren gehen. (H., S. 156)
4.3. Probleme der derzeitigen interkulturellen Pflegesituation aus der Sicht der Migranten
Bisher wurden die Probleme aus der Sicht der Pflegenden besprochen. Diese Schwierigkeiten wirken sich aber natürlich auch auf das Erleben der Patienten aus. (H., S. 156) Habermann verweist hier auf die Frankfurter Studie von Hunstein und Dreut. (Hunstein und Dreut, 1997, S. 252-257) Migranten fühlen sich während der pflegerischen Behandlung oft unzureichend verstanden und möglicherweise pflegerisch unzureichend und schlechter betreut als inländische Patienten. Defizite in der interkulturellen Versorgung werden zuweilen auch als Ausdruck einer politisch oder rassistisch motivierten Ausländerfeindlichkeit interpretiert. Fordern ausländische Patienten selbstbewusst zusätzliche Erklärungen oder Übersetzungen, dann gelten sie schnell als „Störenfried“ oder „Nörgler“. (H., S. 156) Die durch Sprachdefizite ohnehin eingeschränkte Kommunikation wird durch unausgesprochene Probleme und Missverständnisse nahezu unmöglich gemacht. "Eine von Vertrauen getragene Zusammenarbeit... scheint angesichts einer so geprägten Wahrnehmung und Interpretation nur sehr eingeschränkt möglich."(H., S. 156)
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- Quote paper
- Diplom-Pflegewirt (FH) Peter-Michael Schulz (Author), 2002, Interkulturelle Pflege. Migrantengerechte Modelle in der Pflegepraxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26818
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