In Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ berichtet ein Ich-Erzähler von seiner Ansicht, er kenne die Erfinderin der Currywurst. Diese These ist natürlich umstritten. Nach einer Erörterung, ob denn die Currywurst nicht wie die meisten Gerichte kollektive Erfindung sei, macht er sich nach Hamburg, der Stadt seiner Kindheit, auf, um die Erfinderin, Lena Brücker, eine ehemalige Besitzerin einer Imbissbude auf dem Großneumarkt in St. Pauli, nach der Geschichte ihrer Erfindung zu befragen. Er findet sie, erblindet, in einem Altersheim. Es zeigt sich, dass hinter dem einfachen Rezept eine längere und ungewöhnliche Geschichte steckt. Sieben mal besucht der Ich-Erzähler Lena Brücker zum Kaffee und läßt sich von ihr diese Geschichte erzählen.
Die Novelle zeigt schon in ihrem Titel, dass sie Essen thematisiert, es drängt sich allerdings die Frage auf, ob sich die Currywurst als literaturfähig erweisen kann, haftet ihr doch der Geruch einer äußerst schlichten Mahlzeit an, sie ist nicht einmal eine echte Mahlzeit, da sie gewöhnlicherweise an Imbissbuden verzehrt wird. Diese Arbeit soll der Frage nachgehen, inwieweit die Currywurst nur Aufhänger der Geschichte ist, oder ob dem Essen eine größere Bedeutung zugemessen wird. Die Arbeit wird sich auf diesen Aspekt konzentrieren, sie wird zeigen, dass Essen und Mahlzeiten ein gutes Beispiel für die Umsetzung der von Timm selbst formulierten „Alltagsästhetik“ sind. Diese hat er in seinen Münchner Poetik-Vorlesungen dargelegt, die 1993 - also im selben Jahr wie „Die Entdeckung der Currywurst“ - unter dem Titel „Erzählen und kein Ende“ erschienen sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Text
- Timms Alltagsästhetik
- Das Essen
- Essen als Bestandteil des Alltags
- Essen als Sabotage: Holzinger
- Essen als Bild
- Essen als Symbol
- Essen als Erinnerung
- Schlußbemerkungen
- Bibliographische Angaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst" und untersucht, wie Essen in der Geschichte als zentrales Element fungiert und die Zeitspanne des Kriegsendes und der unmittelbaren Nachkriegszeit charakterisiert. Dabei wird die Frage nach der Bedeutung des Essens in der Novelle im Kontext von Timms „Alltagsästhetik" beleuchtet.
- Die Rolle des Essens als Bestandteil des Alltags in der Nachkriegszeit
- Die Verwendung von Essen als Mittel der Sabotage und Manipulation
- Die Verwendung von Essen als Bild und Symbol in der Erzählung
- Die Bedeutung von Essen als Erinnerung und die therapeutische Wirkung des Geschmacks
- Die Anwendung von Timms „Alltagsästhetik" auf die Darstellung des Essens in der Novelle
Zusammenfassung der Kapitel
Die Novelle „Die Entdeckung der Currywurst" erzählt die Geschichte der Entstehung der Currywurst aus der Perspektive eines Ich-Erzählers, der die Erfinderin, Lena Brücker, in einem Altersheim besucht. Die Rahmenhandlung schildert die Begegnungen des Erzählers mit Lena Brücker und ihre Erinnerungen an die Zeit des Kriegsendes und der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die innere Erzählung wird durch die Rahmenhandlung immer wieder unterbrochen, wodurch eine komplexe und vielschichtige Erzählstruktur entsteht. Die Sprache der Novelle ist geprägt von regionalen Ausdrücken und Umgangssprache, die die Authentizität der Geschichte verstärken.
In Kapitel 3 wird Timms „Alltagsästhetik" vorgestellt, die sich durch die Aufnahme und Gestaltung von Elementen aus dem Alltag auszeichnet. Die „gezeichneten Dinge" und die „sprechenden Situationen" sind zentrale Elemente dieser Ästhetik, die sich in der Novelle in vielfältiger Weise wiederfinden.
Kapitel 4 untersucht das Essen als zentrales Element der Novelle. Es wird gezeigt, wie Essen als Bestandteil des Alltags in der Nachkriegszeit, als Mittel der Sabotage und Manipulation, als Bild und Symbol sowie als Erinnerung und therapeutisches Element fungiert. Die falsche Krebssuppe, die Lena Brücker zubereitet, wird als „sprechende Mahlzeit" interpretiert, die die Zeit des Kriegsendes und der unmittelbaren Nachkriegszeit symbolisiert. Bremers Geschmacksverlust wird ebenfalls als „sprechende Situation" betrachtet, die die Folgen des Krieges und die Verwirrung der Zeit widerspiegelt. Die Currywurst wird als zufällige Entdeckung dargestellt, die aber letztendlich eine therapeutische Wirkung auf Bremer hat.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Currywurst, Alltagsästhetik, Nachkriegszeit, Essen, Erinnerung, Geschmacksverlust, Symbol, Manipulation, Sabotage, Lena Brücker, Bremer, Holzinger, falsche Krebssuppe, „gezeichnete Dinge", „sprechende Situationen", Zeitgeschichte, Uwe Timm.
- Quote paper
- Torsten Lager (Author), 1996, Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“. Die Funktion des Essens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267776