Das Essay befasst sich mit dem komplexen Feld der Rezeptionsästhetik und zeigt Möglichkeiten der Umsetzung im Literaturunterricht auf.
Inhaltsverzeichnis
- Bezugswissenschaften der Rezeptionsästhetik
- Schlüsselbegriffe der Rezeptionsästhetik
- Abgrenzung zur Werkinterpretation und zum Dekonstruktivismus
- Grenzen der Rezeptionsästhetik
- Lehrplanbezüge in Bezug auf die Rezeptionsästhetik
- Handlungs- und Produktionsorientierung
- Unterrichtsvorschlag zu Maria Stuart
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Essay zielt darauf ab, die Theorie der Rezeptionsästhetik zu erläutern und ihre Umsetzbarkeit im Literaturunterricht zu beleuchten. Dazu werden die Bezugswissenschaften der Theorie, ihre Schlüsselbegriffe und ihre Abgrenzung zur Werkinterpretation und zum Dekonstruktivismus erörtert. Der theoretische Teil wird mit einer Analyse der Grenzen der Rezeptionsästhetik abgerundet. Der deutschdidaktische Teil beleuchtet Lehrplanbezüge, die Handlungs- und Produktionsorientierung und präsentiert einen Unterrichtsvorschlag zu Maria Stuart.
- Die Rezeptionstheorie und ihre Beziehung zu anderen Theorien und Wissenschaften
- Die Rolle des Rezipienten in der Rezeptionsästhetik
- Die Bedeutung von Leerstellen und Negationen in Texten
- Die Anwendung der Rezeptionsästhetik im Literaturunterricht
- Die Bedeutung von Kompetenzbegriff und Handlungs- und Produktionsorientierung im Kontext der Rezeptionsästhetik
Zusammenfassung der Kapitel
- Der erste Teil des Essays widmet sich der Rezeptionsästhetik, die stark von der Phänomenologie, insbesondere dem Ansatz Ingardens, geprägt ist. Ingarden fokussierte auf die unmittelbaren Erscheinungen als Ursprung der Erkenntnisgewinnung und untersuchte die Erfahrungen von Personen mit Kunstwerken, wobei die Beziehung Werk-Rezipient im Zentrum stand. Die Rezeptionsästhetik, wie sich später noch zeigen wird, hat eine große Nähe zur werkimmanenten Betrachtung, geht aber über sie hinaus.
- Für Ingarden besteht ein Kunstwerk aus zwei Polen, dem Kunstobjekt und dem ästhetischen Objekt. Das Kunstobjekt ist das vom Künstler geschaffene Werk, während das ästhetische Objekt das Werk meint, das sich durch den Rezipienten im Akt der Konkretisation verwirklicht. Ingarden ging davon aus, dass sich Kunstwerk und ästhetisches Objekt auf eine „richtige" Aktualisierung herauslaufen, was den Rezipienten stark einschränkt.
- Iser hingegen sieht den ästhetischen Wert eines Textes proportional zur Anzahl der Konkretisationen, d.h. je mehr verschiedene Konkretisationen entstehen, desto ästhetisch wertvoller ist ein Text. Für Iser hat jedes literarische Werk virtuellen Charakter. Der Rezipient wird durch den Text zu etwas aufgefordert, was eine Nähe zur Sprechakttheorie aufweist, die besagt, dass jeder sprachlichen Außerung ein gewisses Wirkungspotential innewohnt.
- Der Text besitzt für Iser Aussparungen im Sinne von Informationslücken, die er Leer- oder Unbestimmtheitsstellen nennt. Der Leser wird eingeladen, diese Stellen zu füllen, wobei die Text- und Aktstruktur über die reine Appellstruktur hinausgehen. Der Text hat an sich keine Bedeutung, sondern erhält sie erst durch den Leser, an dem der Text gewirkt hat.
- Iser unterscheidet den impliziten Leser, eine im Text ausmachbare Leserrolle, vom empirischen Leser, der das Buch letztendlich liest. Der implizite Leser ist nicht zwangsweise identisch mit dem empirischen Leser. Der Text wird als eine Partitur betrachtet, die verschiedene Zugänge und Möglichkeiten anbietet.
- Neben dem impliziten Leser gibt es zwei Hauptelemente, durch die die Lenkung des Lesers durch den Text erfolgt: Leerstellen und Negationen. Iser sieht Leerstellen dann gegeben, wenn es im Text zu Unterbrechungen und somit zu einer Wahrnehmungserschwerung (Inkohärenz) kommt. Der Leser wird zu einer aktiven Mitarbeit aufgefordert, den Textsinn zu konstituieren.
- Diese Unterbrechungen kommen meist durch einen Perspektivenwechsel zustande, der zum Konzept des wandernden Blickpunkts überleitet. Der Leser bewegt sich prozesshaft durch den Text und kreiert Erwartungen hinsichtlich des Fortgangs des Textes. Fiktionale Texte zeichnen sich dadurch aus, die Erwartungen an den Fortgang eines Textes zu unterminieren.
- Neben Leerstellen können auch Negationen im Text den Leser lenken. Iser versteht unter Negationen, dass das Bekannte im Text gestrichen wird, d.h. der herkömmliche Sinn eines Elementes wird bewusst negiert. Das Bekannte wird im Text verschoben/umcodiert/verfremdet und erhält einen neuen Sinn.
- Die Werkinterpretation, deren Hauptvertreter Kayser und Staiger sind, betrachtet die Dichtung losgelöst vom Autor, dem geistesgeschichtlichen Kontext und dem Entstehungskontext. Der Rezipient soll den kohärenten Sinn erkennen, der im Text angelegt ist. Der Dekonstruktivismus geht von einer Pluralität an Deutungen aus, die in der Rezeptionsästhetik durch die im Text angelegten Leerstellen evoziert werden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Rezeptionsästhetik, die Werkinterpretation, den Dekonstruktivismus, den impliziten Leser, Leerstellen, Negationen, den wandernden Blickpunkt, die Handlungs- und Produktionsorientierung und die Umsetzung der Rezeptionsästhetik im Literaturunterricht. Der Text beleuchtet insbesondere die Theorie von Wolfgang Iser und ihre Anwendung in der Praxis des Deutschunterrichts.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2012, Die Rezeptionsästhetik Isers und ihre Umsetzung im Literaturunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266817