Die vorliegende Arbeit soll einen Einblick in den Rat der Europäischen Union geben. Sie entstand im Rahmen des Seminars „Politik und Politikvermittlung im europäischen Mehrebenensystem“ an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau.
Der Rat der Europäischen Union, häufig auch Ministerrat oder in den Verträgen der Europäischen Union lediglich Rat genannt, gilt vor allem auf Grund seiner Legislativ-, aber auch Exekutivfunktionen als Machtzentrum und dominantes Entscheidungsorgan der EU. Die rechtlichen Grundlagen des Rates finden sich in Artikel 16 im Vertrag über die Europäische Union sowie in den Artikeln 237 bis 243 im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
Im Folgenden soll zunächst auf den Aufbau, die Zusammensetzung sowie die Arbeitsweise des Rates eingegangen werden, wobei der Schwerpunkt auf den drei Ebenen der Willensbildung liegt - den Fachministerräten, den Ausschüssen sowie den Arbeitsgruppen. Aber auch das unterstützende Generalsekretariat sowie die Rolle der Ratspräsidentschaft sollen an dieser Stelle behandelt werden.
Kapitel drei widmet sich anschließend den Funktionen. Hierbei sticht sicherlich die Rolle des Rates als Hauptgesetzgeber der Europäischen Union heraus, jedoch kommen ihm auch weitere bedeutende Aufgaben zu, die in diesem Abschnitt behandelt werden sollen.
Anschließend sollen die verschiedenen Beschlussverfahren einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Vor allem das für ein zwischenstaatliches Gremium alles andere als selbstverständliche und in seiner Ausgestaltung durchaus komplexe qualifizierte Mehrheitsverfahren soll dabei im Fokus einer genaueren Analyse liegen.
In Kapitel fünf wird daran anknüpfend das EU-typische Wechselspiel zwischen Intergouvernementalität und Supranationalität innerhalb des Rates untersucht werden. Als ein zur Wahrung der Interessen der Mitgliedsstaaten gegründetes Organ zeigt der Rat auch zunehmend supranationale Merkmale. Kann insofern von einem Hybridwesen zwischen diesen beiden Leitideen gesprochen werden?
Abgeschlossen wird die Arbeit durch ein Resümee, welches die wichtigsten Erkenntnisse der vorangegangen Kapitel noch einmal zusammenfassen und Ausblick auf weitere Forschungsfragen rund um den Rat der Europäischen Union geben soll.
Gliederung
1. Einleitung
2. Aufbau, Zusammensetzung und Arbeitsweise
2.1. Fachräte
2.2. Ratspräsidentschaf
2.3. Ausschüsse
2.4. Arbeitsgrupp
2.5. Generalsekretariat
3. Funktion
4. Beschlussverfahren
4.1. A-Punkt-Verfahre
4.2. Einfache Mehrheit
4.3. Qualifizierte Mehrhei
4.3.1. Bisherige Regelu
4.3.2. Neuregelung durch den Vertrag von Lissabon
4.4. Einstimmigkeit
5. Zwischen Intergouvernementalität und Supranationalit
6. Fazi
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit soll einen Einblick in den Rat der Europäischen Union geben. Sie entstand im Rahmen des Seminars „Politik und Politikvermittlung im europäischen Mehrebenensystem“ an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, unter Leitung von M.A. Wolf J. Schünemann.
Der Rat der Europäischen Union, häufig auch Ministerrat oder in den Verträgen der Europäischen Union lediglich Rat genannt, gilt vor allem auf Grund seiner Legislativ-, aber auch Exekutivfunktionen als Machtzentrum und dominantes Entscheidungsorgan der EU. Die rechtlichen Grundlagen des Rates finden sich in Artikel 16 im Vertrag über die Europäische Union sowie in den Artikeln 237 bis 243 im Vertrag über die Arbeits-weise der Europäischen Union.
Im Folgenden soll zunächst auf den Aufbau, die Zusammensetzung sowie die Arbeitsweise des Rates eingegangen werden, wobei der Schwerpunkt auf den drei Ebenen der Willensbildung liegt - den Fachministerräten, den Ausschüssen sowie den Arbeitsgruppen. Aber auch das unterstützende Generalsekretariat sowie die Rolle der Ratspräsidentschaft sollen an dieser Stelle behandelt werden.
Kapitel drei widmet sich anschließend den Funktionen. Hierbei sticht sicherlich die Rolle des Rates als Hauptgesetzgeber der Europäischen Union heraus, jedoch kommen ihm auch weitere bedeutende Aufgaben zu, die in diesem Abschnitt behandelt werden sollen.
Anschließend sollen die verschiedenen Beschlussverfahren einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Vor allem das für ein zwischenstaatliches Gremium alles andere als selbstverständliche und in seiner Ausgestaltung durchaus komplexe qualifizierte Mehrheitsverfahren soll dabei im Fokus einer genaueren Analyse liegen.
In Kapitel fünf wird daran anknüpfend das EU-typische Wechselspiel zwischen Intergouvernementalität und Supranationalität innerhalb des Rates untersucht werden. Als ein zur Wahrung der Interessen der Mitgliedsstaaten gegründetes Organ zeigt der Rat auch zunehmend supranationale Merkmale. Kann insofern von einem Hybridwesen zwischen diesen beiden Leitideen gesprochen werden?
Abgeschlossen wird die Arbeit durch ein Resümee, welches die wichtigsten Erkenntnis-se der vorangegangen Kapitel noch einmal zusammenfassen und Ausblick auf weitere Forschungsfragen rund um den Rat der Europäischen Union geben soll.
2. Aufbau, Zusammensetzung und Arbeitsweise
Möchte man den Aufbau und die Zusammensetzung des Rates der Europäischen Union beschreiben, so sind zunächst zwei Bemerkungen voranzustellen. Zum einen existiert der eine Rat lediglich auf dem Papier. Die Verträge der Europäischen Union gehen zwar von einer Einheit des Rates aus, tatsächlich tagt dieser jedoch in verschiedenen Formationen (vgl. Frenz, 2011, S. 253). Zum anderen lassen sich drei Ebenen der Willensbildung innerhalb des Rates benennen - die Arbeitsgruppen, die Ausschüsse sowie die Fachräte (vgl. Wessels, 2006, S. 92).
2.1. Fachräte
An dieser Stelle sollen nun zunächst die verschiedenen Zusammensetzungen des Rates vorgestellt werden. Diese unterscheiden sich nach Politikbereichen und sind mit den jeweiligen Fachministern der Mitgliedsstaaten und somit hochrangigen Regierungs-vertretern „mit ausreichender politischer Autorität“ (Frenz, 2011, S. 251) besetzt. Seit in Kraft treten des Vertrags von Lissabon umfasst der Rat folgende zehn Ratsformationen: Allgemeine Angelegenheiten; Auswärtige Angelegenheiten; Wirtschaft und Finanzen; Justiz und Inneres; Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz; Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie, Forschung und Raumfahrt); Verkehr, Telekommunikation und Energie; Landwirtschaft und Fischerei; Umwelt; Bildung, Jugend, Kultur und Sport. (vgl. Europäische Union, 2012; Oppelland, 2010, S. 86; Schmidt & Schünemann, 2009, S. 82)
Einigen dieser Fachräte kommt dabei eine bedeutendere Stellung zu als anderen. Dies zeigt sich durch deren, im Vergleich zu den restlichen Räten, höhere Tagungsdichte. Während die meisten Räte zwei bis vier Mal im Jahr tagen finden sich der Rat für Allgemeine Angelegenheiten, der Rat für Auswärtige Angelegenheiten, der Rat für Landwirtschaft und Fischerei sowie der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister meist ein Mal im Monat zusammen. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten soll hierbei in erster Linie die Kohärenz der Arbeiten der anderen Ratsformationen sichern und die Treffen des Europäischen Rates vor- und nachbereiten, wohingegen dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten eine Sonderrolle als diplomatisches Gremium der Außen-minister zukommt. Im Rahmen des Rats für Wirtschaft und Finanzen, auch ECOFIN-Rat genannt, tagt zudem die Euro-Gruppe, ein informeller Zusammenschluss der Wirtschafts- und Finanzminister der Euroländer. Bis auf die Tagungen in Luxemburg in den Monaten April, Juni und Oktober finden die Treffen dabei in Brüssel statt. (vgl. Baum-Ceisig, Busch, & Nospickel, 2007, S. 17; Frenz, 2011, S. 254ff.; Lewis, 2007, S. 163; Schmidt & Schünemann, 2009, S. 82f.)
Neben den Minister nehmen an den Sitzungen auch der Ständige Vertreter des dazu-gehörigen Landes sowie weitere Spitzenbeamte und Staatssekretäre der jeweiligen Ministerien teil. Eine nationale Delegation kann somit zwischen 10 und 15 Mitglieder umfassen. Zudem können, da es sich beim Rat der Europäischen Union um ein Organ handelt, formaljuristisch auch fachratsfremde Entscheidungen von den verschiedenen Ratsformationen getroffen werden. (vgl. Frenz, 2011, S. 254; Lewis, 2007, S. 165; Schmidt & Schünemann, 2009, S. 82; Tömmel, 2008, S. 114)
2.2. Ratspräsidentschaft
Von Bedeutung für die Arbeiten im Rat ist auch die EU-Ratspräsidentschaft bzw. der sogenannte Ratsvorsitz. Dieser rotiert halbjährlich zwischen den Mitgliedsländern „unter Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geografischen Gleichgewichts“ (Oppelland, 2010, S. 86). Dadurch soll ein Ausgleich zwischen großen und kleinen bzw. alten und neuen Mitgliedern gewährleistet werden. Die Fachminister des Landes, das die Ratspräsidentschaft inne hat übernehmen somit den Vorsitz in den jeweiligen Fachräten. Eine Ausnahme bildet dabei der Rat für Auswärtige Angelegenheiten, bei dem der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik den dauerhaften Vorsitz ausübt. Zu den mit dem Vorsitz einhergehenden Aufgaben zählen vor allem die Leitung, Organisation und Außendarstellung des Rates. Der Ratsvorsitz ermöglicht es aber auch inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Zur Erarbeitung eines 18-monatigen Arbeitsprogramms sollen hierzu drei aufeinanderfolgende Ratspräsidentschaften zusammenarbeiten um längerfristige und kohärentere Lösungen zu finden. (vgl. Frenz, 2011, S. 258ff.; Lewis, 2007, S. 159f.; Oppelland, 2010, S. 86; Rat der Europäischen Union, 2008, S. 35; Schmidt & Schünemann, 2009, S. 83f.; Schramek, 2010, S. 315)
Da den Vorsitzenden darüber hinaus eine wichtige Rolle in der Kompromissfindung und stillen Diplomatie zukommt, kann es sich hierbei um einen schwierigen Balanceakt in der Abwägung nationaler und europäischer Interessen handeln. Dies führt dazu, dass sich häufig zwei Delegationen der Ratspräsidentschaft in Fachsitzungen wiederfinden. Eine Delegation, welche die Leitung übernimmt und andere, die nationale Interessen vertritt. Denn durch eine neutrale Ratspräsidentschaft, die zu einer effektiven politisch-en Führung beiträgt, können politisches Kapital, Respekt und somit reputationale Handlungsressourcen gewonnen werden. (vgl. Lewis, 2007, S. 160; Schramek, 2010, S. 322f.)
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