Das Mitentscheidungsverfahren, das am 1. November 1993 mit dem Vertrag von Maastricht
eingeführt wurde und dabei das Kooperationsverfahren in weiten Teilen der Gesetzgebung
ablöste, war der bisher erfolgreichste Versuch das Europäische Parlament maßgeblich an der
Gesetzgebung der Europäischen Union zu beteiligen. Seit seiner Einführung wurde das
Verfahren auf immer mehr Bereiche der EU- Gesetzgebung ausgedehnt1 und nimmt schon
jetzt eine zentrale Rolle unter den Legislativverfahren ein. Weiterhin ist anzunehmen, dass
das Verfahren im Zuge der anstehenden Ausweitung der Anwendungsbereiche nochmals an
Bedeutung hinzugewinnt und vielleicht bald zum wichtigsten Rechtssetzungsverfahren in der
Europäischen Union wird.
Insofern scheint es gerechtfertigt sich näher mit diesem Verfahren zu beschäftigen und dabei
einen problematischen Aspekt näher zu untersuchen: Die Frage der Effizienz.
Trotz der Vereinfachung der Mitentscheidung durch den Vertrag von Amsterdam haben
Kritiker immer wieder auf die Komplexität und angebliche Schwerfälligkeit des Verfahrens
verwiesen. Im Mittelpunkt der Hausarbeit steht deshalb die Frage, inwieweit das
Mitentscheidungsverfahren die Effizienz der Gesetzgebungsprozesse beeinträchtigt.
Dabei soll allerdings auch berücksichtigt werden, ob eine eventuelle Beeinträchtigung der
Effizienz in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel, das heißt einer
gesteigerten Beteiligung des Europäischen Parlaments steht. Die Frage nach dem Einfluss der
einzelnen am Mitentscheidungsverfahren beteiligten Akteure wird dabei vernachlässigt, da es
offensichtlich ist, dass das Parlament im Mitentscheidungs verfahren auf Kosten von
Ministerrat und Kommission wesentliche Rechte bei der Gesetzgebung hinzugewinnt.
[...]
1 Der Vertrag von Amsterdam sah eine Erweiterung der bisher geltenden Anwendungsbereiche von 15 auf 38
Fälle vor. Außerdem wurde eine automatische Ausdehnung der Handlungsermächtigungen auf zwei weitere
Bereiche, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam beschlossen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die Regeln des Mitentscheidungsverfahrens
- Die Nutzung des Mitentscheidungsverfahrens in der Praxis
- Die Folgen des Mitentscheidungsverfahrens für das Europäische Parlament
- Die Folgen der Mitentscheidung für die Beziehungen zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission
- Die Folgen des Mitentscheidungsverfahrens für die Effizienz der Gesetzgebungsprozesse
- Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Mitentscheidungsverfahren in der Europäischen Union. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit dieses Verfahren die Effizienz der Gesetzgebungsprozesse beeinflusst. Dabei wird die gesteigerte Beteiligung des Europäischen Parlaments durch das Mitentscheidungsverfahren in Relation zu einer möglichen Beeinträchtigung der Effizienz gesetzt.
- Analyse der Regeln des Mitentscheidungsverfahrens
- Bewertung der Nutzung des Mitentscheidungsverfahrens in der Praxis
- Beurteilung der Folgen für das Europäische Parlament
- Untersuchung der Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren
- Bewertung der Effizienz des Verfahrens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt das Mitentscheidungsverfahren als einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Europäischen Parlaments ein und stellt die Frage nach der Effizienz des Verfahrens in den Vordergrund. Im Hauptteil wird zunächst die Struktur des Verfahrens nach dem Vertrag von Amsterdam erläutert und die Unterschiede zur ursprünglichen Version aufgezeigt. Anschließend wird die praktische Anwendung des Verfahrens beschrieben und die Folgen für das Europäische Parlament beleuchtet. Im Fokus steht dann die Analyse der Auswirkungen des Verfahrens auf die Beziehungen zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission. Abschließend wird die Effizienz des Verfahrens anhand der Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die schnelle Erlassung von Rechtsakten bewertet.
Schlüsselwörter
Mitentscheidungsverfahren, Europäisches Parlament, Effizienz, Gesetzgebungsprozesse, Beziehungen zwischen den Akteuren, Vertrag von Amsterdam, EU-Rechtsetzung.
- Quote paper
- Julia Rauland (Author), 2004, Das Mitentscheidungsverfahren - Regeln und Erfahrungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26484