„Finanzkrise“ wurde gemäß Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) vom 11.12.2008 zum Wort des Jahres 2008 gewählt. Ausgewählt werden hier Wörter, die in der öffentlichen Diskussion präsent sind, für wichtige Themen stehen oder als charakteristisch für das laufende Kalenderjahr gelten . Die Bedeutung des Themas für Jedermann ist somit nicht von der Hand zu weisen.
Die Krise begann mit der Subprime-Krise in den USA im Sommer 2007 und weitete sich dann sukzessive auf das gesamte Finanzsystem aus. Großbanken gerieten in Schieflage und ein Eingreifen der Notenbanken sowie der Staaten war erforderlich, um das System zu stabilisieren. Seit 2008 ist die Finanzkrise mit Ihren Folgen in aller Munde. Nicht nur die USA, als Entstehungsland der Krise, sowie der Euro-Raum sind betroffen, sondern die ganze Welt. Durch die fortschreitende Globalisierung, den technischen Fortschritt sowie die Bildung von Währungsunionen sind nicht nur einzelne Länder, sondern das weltweite Finanzsystem betroffen. Außerdem bringt die Finanzkrise weitreichende Folgen mit sich, die Jedermann tangieren.
Fünf Jahre der Krise sind nun vergangen und somit ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen – wenngleich die Finanzkrise noch nicht vollständig überstanden ist. Diese Diplomarbeit untersucht die bisherigen Konsequenzen der Finanzkrise 2008.
Seit nunmehr fünf Jahren ist die Finanzkrise omnipräsent. Bei dieser Informationsflut fällt es schwer den Überblick zu behalten. In dieser Arbeit werden nun die tatsächlichen Auswirkungen auf die ausgewählten Marktteilnehmer - Banken und Privatanleger - zusammengetragen. Außerdem soll erörtert werden, ob und inwiefern die Marktteilnehmer ihr Verhalten an die aktuellen Marktgegebenheiten angepasst haben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Finanzkrise
2.1. Die Ursachen der Finanzkrise
2.1.1. Der Subprime-Markt
2.1.2. Die Verbriefung
2.1.3. Die Leitzinsentwicklung in den USA
2.1.4. Die Immobilienpreisentwicklung in den USA
2.1.5. Die Subprime-Krise
2.2. Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise
2.2.1. Der Ausbruch der Finanzkrise
2.2.2. Die Ausbreitung der Krise nach Europa
2.2.3. Das Jahr
2.3. Direkte Reaktionen auf die Finanzkrise
2.3.1. Federal Reserve System und Europäische Zentralbank
2.3.2. Staatseingriffe
2.3.3. Weltfinanzgipfel der G20-Staaten
3. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Banken
3.1. Bankenrettung in Deutschland
3.1.1. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz
3.1.2. Restrukturierungsgesetz und Bankenabgabe
3.2. Gesetzliche Vorgaben für die Banken
3.2.1. Basel II
3.2.1.1. 3-Säulen-Konzept
3.2.1.2. Die Umsetzung von Basel II
3.2.1.3. Von Basel II zu Basel III
3.2.2. Basel III
3.2.2.1. Die 7 Segmente von Basel III
3.2.2.2. Die Umsetzung von Basel III
3.2.2.3. Die Auswirkungen von Basel III
3.3. Instituts-Vergütungsverordnung
3.4. Das Europäische Finanzaufsichtssystem
3.5. Das Image der Banken
3.6. Ausblick
4. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Privathaushalte
4.1. Vermögensverluste
4.2. Arbeitslosigkeit und Ungleichheit
4.3. Vertrauensverluste
4.4. Das Anlegerverhalten
4.4.1. Das Anlegerverhalten in der Theorie
4.4.2. Veränderung des Anlegerverhaltens
4.4.2.1. Die Struktur des Geldvermögens
4.4.2.2. Studie zur Veränderung des Anlegerverhaltens
4.5. Anlagemöglichkeiten
4.6. Aktuelle Entwicklungen
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1: Anteil der Hausbesitzer in den USA
Abb. 2.2: Leitzinsentwicklung USA
Abb. 2.3: Entwicklung der Immobilienpreise in den USA
Abb. 2.4: Zweckgesellschaften deutscher Banken per August 2007
Abb. 2.5: Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland
Abb. 3.1: Basel II
Abb. 3.2: Basel III
Abb. 4.1: Geldvermögen der deutschen Privathaushalte
Abb. 4.2: Arbeitslosenzahl in Deutschland
Abb. 4.3: Struktur des Geldvermögens in Deutschland
Abb. 4.4: Aktionäre in Deutschland
1. Einleitung
„Finanzkrise“ wurde gemäß Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) vom 11.12.2008 zum Wort des Jahres 2008 gewählt. Ausgewählt werden hier Wörter, die in der öffentlichen Diskussion präsent sind, für wichtige Themen stehen oder als charakteristisch für das laufende Kalenderjahr gelten[1]. Die Bedeutung des Themas für Jedermann ist somit nicht von der Hand zu weisen.
Die Krise begann mit der Subprime-Krise in den USA im Sommer 2007 und weitete sich dann sukzessive auf das gesamte Finanzsystem aus. Großbanken gerieten in Schieflage und ein Eingreifen der Notenbanken sowie der Staaten war erforderlich, um das System zu stabilisieren.
Seit 2008 ist die Finanzkrise mit Ihren Folgen in aller Munde. Nicht nur die USA, als Entstehungsland der Krise, sowie der Euro-Raum sind betroffen, sondern die ganze Welt. Durch die fortschreitende Globalisierung, den technischen Fortschritt sowie die Bildung von Währungsunionen sind nicht nur einzelne Länder, sondern das weltweite Finanzsystem betroffen. Außerdem bringt die Finanzkrise weitreichende Folgen mit sich, die Jedermann tangieren.
Fünf Jahre der Krise sind nun vergangen und somit ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen – wenngleich die Finanzkrise noch nicht vollständig überstanden ist. Diese Diplomarbeit untersucht die bisherigen Konsequenzen der Finanzkrise 2008. Seit nunmehr fünf Jahren ist die Finanzkrise omnipräsent. Bei dieser Informationsflut fällt es schwer den Überblick zu behalten. In dieser Arbeit werden nun die tatsächlichen Auswirkungen auf die ausgewählten Marktteilnehmer - Banken und Privatanleger - zusammengetragen. Außerdem soll erörtert werden, ob und inwiefern die Marktteilnehmer ihr Verhalten an die aktuellen Marktgegebenheiten angepasst haben.
Um die Konsequenzen der Finanzkrise bewerten zu können ist es unumgänglich auch die Entstehung und somit die Ursachen der Krise zu verstehen.[2] Erst wenn die Ursachen der Entstehung identifiziert sind, kann beurteilt werden, ob es sich bei den ergriffenen Maßnahmen um eine Ursachenbekämpfung handelt. Das zweite Kapitel beschreibt die Ursachen der Finanzkrise sowie den weiteren Verlauf der Krise und die Ausbreitung. Außerdem werden erste Sofortmaßnahmen erläutert.
Im dritten Kapitel werden die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Banken betrachtet. Die zentralen Fragen des Kapitels lauten: Welche gesetzlichen / aufsichtsrechtlichen Änderungen hat es gegeben? Inwiefern erfolgte bereits eine Umsetzung der Maßnahmen? Veränderte sich das Image der Banken? Ein Ausblick in die Zukunft schließt das Kapitel ab.
Kapitel vier beleuchtet die Auswirkungen der Krise auf die Privatanleger. Haben die Privatanleger Vermögensverluste zu verzeichnen? Welche Veränderungen hat es gegeben? Hat das Vertrauen in unser Finanzsystem zu- oder abgenommen? Hat sich das Anlegerverhalten verändert? Welche Anlagemöglichkeiten hat der Privatanleger? Ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen vollendet das Kapitel.
Das fünfte Kapitel rundet die Arbeit mit einem Fazit ab.
2. Die Finanzkrise 2008
2.1. Die Ursachen der Finanzkrise 2008
2.1.1. Der Subprime-Markt
Für eine umfassende Beurteilung der Auswirkungen und Folgen der Krise ist es unumgänglich, auch auf die Entstehungsgeschichte einzugehen.[3] Für die Entstehung der Finanzkrise, die die gesamte Weltwirtschaft seit nunmehr fünf Jahren zeichnet, gibt es eine ganze Reihe von Ursachen und Einflussfaktoren.[4]
Die Finanzkrise begann mit der Subprime-Krise (Hypothekenkrise) in den USA.[5] Wie ist diese entstanden?
„Subprime-Markt“ ist die Bezeichnung für ein qualitativ niedriges Marktsegment des Marktes für Wohnungsbaufinanzierungen in den USA.[6]
Noch im Jahr 2003 betrug der Anteil an Subprime-Krediten weniger als 10 %. Im Jahre 2006 waren es fast 25 %.[7] Wie kam es zu diesem Anstieg?
Die US-amerikanische Regierung unterstütze den Eigenheimbau der Bevölkerung bereits seit dem Jahre 1930 – nach dem Ende der ersten großen Weltwirtschaftskrise.[8] Die staatliche Förderung sollte die Wirtschaft ankurbeln. Durch den Häuserbau entstanden neue Arbeitsplätze, die Menschen verdienten mehr Geld, das wiederum in die Wirtschaft investiert wurde. Außerdem konnte der Staat die Steuereinnahmen erhöhen. Staatliche Förderung sowie die leichtfertige Kreditvergabe der Banken machten den Erwerb von Immobilien für nahezu jeden Amerikaner möglich – im Besondern auch für bonitätsschwache Kunden.[9]
Das hieraus entstandene Steuersparmodell funktionierte wie folgt: Für eine Immobilie wird ein 100-prozentiges Darlehen bei der Bank aufgenommen. Es werden keine Tilgungen geleistet, sondern lediglich die Zinsen beglichen. Diese wiederum sind steuerabzugsfähig und mindern so die Steuerlast des Käufers. Der Kauf eines Hauses kann auf diesem Weg günstiger sein, als das Wohnen zur Miete.[10]
Gefördert durch die obigen Maßnahmen stieg die Anzahl der Hausbesitzer in den USA von 1968 bis 2007 um rund 5 % an.
Abbildung 2.1: Anteil Hausbesitzer in den USA[11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Zeitraum 1994 bis 2006 verzeichnete die USA einen Anstieg von 19,5 Millionen Häusern. Gemäß der Fed stiegen parallel auch die ausstehenden Schulden von 1956 bis 2006 um 10,60 % an.[12]
Seit 1930 wird die Wohnungsbaufinanzierung in den USA durch ein halbstaatliches System von Agenturen gestützt. Die Abhängigkeiten vom Bankensystem sollten somit beseitigt werden und den ‚Traum vom Eigenheim‘ für Jedermann ermöglichen. Die privaten Agenturen Fannie Mae (Gründung 1938), Ginnie Mae (Gründung 1968) und Freddie Mac (Gründung 1970) arbeiten unter staatlichem Auftrag und werden vom amerikanischen Wohnungsbauministerium überwacht. Sie unterstützten den Hausbau für Geringverdiener.[13]
Viele Privatkunden wichen auf private Hypothekeninstitute aus, da sie die strengen Kriterien der staatlich kontrollierten Agenturen nicht erfüllen konnten. Diese sogenannten „No-Agency-Darlehen“ können wie folgt eingeteilt werden:
- Prime-Darlehen – niedrige Beleihungsquoten, maximaler Anteil der Zins- und Tilgungsbelastung am verfügbaren Einkommen
- Jumbo-Kredite – Darlehen an kreditwürdige Schuldner, Höhe überschreitet die Grenzen der Agenturen
- Alt-A-Kredite – Darlehen an kreditwürdige Schuldner, weniger starke Kreditwürdigkeitsprüfung oder höhere Verschuldung
- Subprime-Kredite – Kreditnehmer mit Zahlungsschwierigkeiten in der Vergangenheit.[14]
2.1.2. Die Verbriefung
Die Verbriefung der Kredite führte dann zur Ausweitung der risikoträchtigen Kredite ins gesamte Finanzsystem. Die kreditvergebende Bank (Originator) verkauft die Kreditforderungen mit allen Rechten und Risiken an einen Dritten. So werden die Risiken der vielen Subprime-Kredite aus den Bilanzen der Banken ausgegliedert. Käufer solcher Kreditforderungen sind meist Zweckgesellschaften, die entweder vom Originator selbst, oder von einer anderen Investmentbank nur zu diesem Zweck gegründet werden. Vermögenswert und Insolvenzrisiko werden strikt voneinander getrennt. Der Verkäufer erhält entweder eine Provision oder wird an der anschließenden Zinsmarge beteiligt. Die Zweckgesellschaft finanziert den Kauf der Forderungen durch die Emission von Wertpapieren – Asset Backed Securities (ABS). ABS sind durch Vermögenswerte besicherte Wertpapiere.[15] Mortgage Backed Securities (MBS) sind ausschließlich durch Hypotheken besicherte Wertpapiere (ABS), bei denen in einem Pool verschiedenste Hypothekenforderungen zusammengefasst werden.[16] Im nächsten Schritt werden dann die MBS in Fonds zu Collateralised Mortgage Obligations (CMO) zusammengefasst.[17] Der MBS-Marktanteil stieg seit den 1980er-Jahren bis 2007 kontinuierlich an und stellte final das größte Segment des amerikanischen Anleihenmarktes dar.[18] Zu den größten Investoren in MBS-Anlagen gehören Investmentfonds, Hedgefonds, Versicherungen und Pensionsfonds.[19]
Durch diese innovativen Finanzkonstrukte war es den Banken möglich, die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapitalbindung durch die Weitergabe der Risiken zu umgehen. Eigenkapital konnte somit von den Banken mehrfach eingesetzt werden, um den Ertrag zu steigern.[20] Dies wiederum lieferte weitere Anreize vermehrt Kredite auszugeben – auch an bonitätsschwache Kunden. Somit förderte auch die Verbriefung der Kreditforderungen die Schaffung neuer Eigenheime.[21] Das Risiko stieg durch das Auseinanderklaffen von vergebener Kreditmenge und real existierenden Gegenwerten.
2.1.3. Die Leitzinsentwicklung in den USA
Nach dem Platzen der New Economy Blase im [22] Jahr 2000, sowie nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, vertrat das Fed[23] eine expansive Geldpolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln.[24] Die Abbildung 2.2 zeigt die Leitzinsentwicklung in den USA von 2000 – 2012.
Abbildung 2.2: Leitzinsentwicklung USA[25]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anders als das Zentralbankensystem in Europa hat das amerikanische Fed gleichermaßen zwei Hauptaufgaben: Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Aus diesem Grund wurde die expansive Geldpolitik – obwohl die Wirtschaft sich bereits erholt hatte – noch bis 2004 beibehalten um die Arbeitslosigkeit zu vermindern.[26] Von 2000 bis 2004 sanken die Zinsen demzufolge kontinuierlich auf ein sehr niedriges Niveau von 1 %. In dieser Phase wurden zahlreiche Subprime-Kredite abgeschlossen, da die Zinsen günstig waren. Die niedrigen Zinsen wurden den Käufern jedoch nur für zwei bis drei Jahre garantiert – im Anschluss galten die marktüblichen Konditionen.[27] Außerdem beinhalteten viele Kreditverträge auch „teaser rates“. Hier wird dem Kunden für die ersten zwei bis drei Laufzeitjahre ein Angebotszins offeriert und im Anschluss wird der Zinssatz an das Marktniveau angepasst. Ab 2004 wurde der Leitzins aufgrund der jetzt einsetzenden restriktiven Geldpolitik der US-Notenbank systematisch in kleinen Schritten erhöht.[28] Der Leitzinssatz wurde bis zum Jahr 2006 auf knapp über 5 % angehoben. Seit dem Ausbruch der Krise in 2007 sanken die Zinssätze auf 0,25 %. Dieser Leitzins gilt seit 2009 bis heute.
2.1.4. Die Immobilienpreisentwicklung in den USA
Bis zum Jahr 2006 stiegen die Immobilienpreise durch die ständig steigende Nachfrage kontinuierlich an, wie die folgende Abbildung veranschaulicht. Dies löste Spekulationen aus, dass der Anstieg sich immer weiter fortsetzen würde. So entstand die Immobilienpreisblase.[29]
Abbildung 2.3: Entwicklung der Immobilienpreise in den USA[30]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufgrund der enormen Preissteigerungen gingen die Kreditinstitute davon aus, dass die Immobilien, die als Kreditsicherheit dienten, eine hohe Werthaltigkeit besaßen. Die Kreditwürdigkeit der Käufer rückt somit mehr und mehr in den Hintergrund.[31] Auch die Käufer verließen sich auf die Werthaltigkeit der Immobilien, um die Schulden im Falle einer Zahlungsunfähigkeit begleichen zu können.[32]
2.1.5. Die Subprime-Krise
Die meisten Wohnungsbaukredite wurden aufgrund der günstigen Zinsentwicklung mit einem variablen Zinssatz abgeschlossen. Seit 2004 stiegen die Zinsen kontinuierlich an und erreichten im Jahr 2006 den höchsten Stand seit 4 Jahren. Die Hausverkäufe nahmen deutlich ab und Preissteigerungen verlangsamten.[33]
Aufgrund der leichtfertigen Kreditvergabe entstanden Sorgen um die Qualität der Kredite und viele Investoren zogen sich zurück. Die Funktionsfähigkeit des Marktes wurde eingeschränkt und die Kreditbedingungen wurden verschärft. Damit wurde die Kreditaufnahme erschwert. Es wurden weniger Eigenheime gebaut und das Wirtschaftswachstum verlangsamte.[34]
Die oftmals bonitätsschwachen Kunden konnten die wesentlich höheren Zinsen nicht mehr begleichen und es kam zu erhöhten Ausfallraten.[35] Seit dem Jahresende 2005 stieg die Anzahl der Kreditausfälle von weniger als 4 % auf über 10 % per September 2007 an.[36]
Da viele Kreditnehmer die Ratenzahlungen nicht mehr leisten konnten, kam es zu zahlreichen Zwangsversteigerungen. Durch den Wertverlust, den die Häuser erlitten hatten, konnten die Immobilien gar nicht oder nur mit sehr hohen Verlusten verkauft werden. Die ausstehenden Kredite können somit nicht vollständig gedeckt werden[37], zumal die Immobilien teilweise auch sehr hoch beliehen waren.[38]
2.2. Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise
2.2.1. Der Ausbruch der Finanzkrise
Die Entwicklungen im Subprime-Markt breiteten[39] sich unmittelbar auf den Wertpapiermarkt aus, da keiner der Investoren wusste, wie werthaltig die gehandelten Hypothekenkredite letztendlich waren.[40] Die Wertpapiere verloren an Wert, da die Ausfallwahrscheinlichkeiten stiegen und es fanden sich keine Käufer mehr. Der Markt brach zusammen. Die Banken mussten die Risiken in ihre Bilanzen aufnehmen und abschreiben. Durch die hohen Abschreibungen wurde das Eigenkapital der Banken aufgezehrt – da das hinterlegte Kapital der Kredite durch die Verbriefungen kaum noch vorhanden war. Außerdem sanken die Einnahmen der Banken, da viele Kreditnehmer ihre Zahlungen nicht mehr leisten konnten. Die Banken gerieten zunehmend in Liquiditätsengpässe und vielen drohte die Insolvenz.[41] Als Folge sanken die Aktienkurse der Banken. Aufgrund der Unsicherheit entstand Misstrauen zwischen den Banken und die Interbankengeschäfte kamen zum Erliegen. Für die Banken wurde es zunehmend schwieriger Geld aufzunehmen, sodass das Tagesgeschäft in Gefahr war.[42]
Am 02.04.2007 beantragte der Immobilienfinanzierer „New Century Financial Cooperations“ Gläubigerschutz nach Chapter 11 der amerikanischen Insolvenzordnung. Dieses Ereignis kann als offizieller Beginn der Krise gesehen werden. Am 03.05.2007 teilte die Schweizerische Großbank UBS die Schließung des Dillon Read Hedgefonds mit, nachdem dieser große Verluste verzeichnet hatte. Ab Juni 2007 stuften die Ratingagenturen Moody’s Investor Service, Standard & Poor’s und Fitch Ratings die verschiedensten MBS massiv herunter.[43] Welche Rolle spielten die Ratingagenturen im Verlauf der Finanzkrise?
Ratingagenturen untersuchen das Kreditrisiko von Unternehmen oder Regierungen, die als Kreditnehmer oder Emittent festverzinslicher Wertpapiere auftreten. Ein Kreditrating ist eine Einschätzung, wie wahrscheinlich es ist, dass der Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachkommen kann. Dem Investor wird die Unsicherheit genommen.[44] Laut Expertenmeinung haben die Ratingagenturen die Risiken der Hypothekenverbriefungen übersehen. Sie haben das Steigen der Immobilienpreise als Risikominimierung gesehen und die Gründe für den Anstieg außer Acht gelassen.[45] Die Wertpapiere wurden somit allesamt zu gut eingestuft. Die guten Beurteilungen der Ratingagenturen förderten den ohnehin schon großen Ansturm auf die risikohaltigen Wertpapiere nochmals.
Das Ausmaß der Krise ist sicherlich auch auf die Gier der Manager zurückzuführen, die sich nahezu blind auf die Urteile der Ratingagenturen verließen. Gleich einem Herdentrieb folgten nahezu alle Bankmanager ihren Kollegen und investierten ebenso in die verzinslichen Wertpapiere.[46] Die Verbreitung der Wertpapiere wurde dadurch enorm angeheizt.
2.2.2. Die Ausbreitung der Krise nach Europa
Bis Mitte des Jahres 2007 war der europäische Markt noch nicht von der Krise betroffen. Dies änderte sich am 30.07.2007 als die IKB Deutsche Industriebank AG (IKB) in einer Ad-Hoc-Mitteilung veröffentlichte, dass die von der IKB gemanagte Zweckgesellschaft ‚Rhineland Funding‘, gefährdet erschien und die IKB Gefahr lief, Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), 38-prozentiger Hauptaktionär der IKB, sicherte zu, die Liquiditätszusagen übernommen zu haben, um die Bonität der IKB zu bewahren. Im Nachgang fand man heraus, dass das Wertpapierportfolio der IKB die Risikotragfähigkeiten der Bank bei weitem überschritten hatte. Ebenso erging es nur wenige Tage später auch der Sachsen LB.[47] Die folgende Tabelle zeigt die amerikanischen Zweckgesellschaften deutscher Banken im August 2007.
Abbildung 2.4: Zweckgesellschaften deutscher Banken im August 2007[48]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nicht nur deutsche Banken hatten Teilbereiche ihrer Geschäfte in Zweckgesellschaften ausgelagert, sondern Banken im gesamten Euroraum. Eine Liquiditätskrise hatte begonnen. Im September 2007 griff die Europäische Zentralbank (EZB) ein. Die Nachfrage der Banken nach Geld hatte sich erhöht und die Risikoprämien für Interbankkredite waren gestiegen. Die EZB stellte den Banken gegen Sicherheit so viel Geld zur Verfügung, wie sie benötigen würden. Mit Spannung wurden nun die Jahresabschlüsse per 31.12.2007 erwartet um beurteilen zu können, wie schlimm die Krise wirklich war. Es folgten weitere Anspannungen an den Märkten und eine Ausweitung auf den nichtfinanziellen Bereich der Wirtschaft schien unvermeidbar. Das Misstrauen der Investoren wuchs und die Banken kämpften weltweit um den Erhalt ihrer Eigenkapitalbasis sowie um Refinanzierungsmittel. Schon Ende des Jahres 2007 wurden die Rufe nach einer strengeren Regulierung der Banken lauter.[49]
2.2.3. Das Jahr 2008
Der Beginn des Jahres 2008 verlief für die Öffentlichkeit zunächst unspektakulär. Die Buchhaltungen der Kreditinstitute waren damit beschäftigt, die verschiedenartigen Anlagen zu bewerten. Die Investmentbank Bear Sterns hatte seit Beginn der Krise mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen. Im März 2008 war es dann schließlich soweit: Eine Refinanzierung ohne Unterstützung des Fed war nicht mehr möglich. Im Mai folgte dann die Übernahme durch die J. P. Morgan Chase & Co. [50]
Im September 2008 erreichte die Krise ihren Höhepunkt. Fannie Mae und Freddie Mac erhielten staatliche Hilfe und wurden unter Zwangskontrolle und -verwaltung gestellt. Des Weiteren musste die Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz beantragen. Die staatliche Liquiditätshilfe des Fed wurde erstmalig verweigert. Das bereits im Jahr 1850 gegründete Bankhaus hatte sich mit großen Beträgen am amerikanischen Hypothekenmarkt engagiert. Als Folge der Subprime-Krise mussten mehrere Milliarden Dollar abgeschrieben werden. Die Refinanzierung brach zusammen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Kreditinstitute auf die staatliche Hilfe verlassen. Das Motto lautete: Too big to fail! Die großen Kreditinstitute waren sicher, im Falle eines Liquiditätsengpasses von der Zentralbank aufgefangen zu werden. Die Verweigerung der Staatshilfe führte zu einem dramatischen Einbruch der Börsen weltweit. Das Interbankengeschäft kam nahezu vollständig zum Erliegen, da das Vertrauen nun endgültig erloschen war. [51]
Erstens wurde aufgrund der Unsicherheit der Investoren kein neues Geld in die Märkte investiert und zweitens fand ein „run on the bank“ statt. [52] Die Anleger zogen große Mengen an Geld aus dem Markt heraus. Die Liquiditätskrise breitete sich aus. Dies hatte zur Folge, dass hunderte Banken in Europa und Nordamerika Insolvenz anmelden mussten.[53]
Am 15.09.2008 bewahrte das Fed die weltweit größte Versicherungsgesellschaft American International Group (AIG) mit einem Notfallkredit in Höhe von 85 Milliarden US-Dollar vor der Insolvenz. Die AIG war führender Sicherungsgeber an den Märkten für Credit Default Swaps (CDS). CDS sind Kreditderivate zum Handeln von Ausfallrisiken aus Krediten, Anleihen oder Schuldnernamen.[54] Am 17.09.2008 wurde die AIG schließlich als Folge weiterer Hilfen verstaatlicht.[55]
Am 21.09.2008 hatten die letzten verbliebenen Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley ihren Status aufgegeben und sich als Geschäftsbanken unter den Schutz der Fed gestellt. Obwohl die strikte Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken bereits 1999 aufgehoben wurde, genossen die Investmentbanken dennoch bis zur Finanzkrise mehr Freiheiten.[56]
2.3. Direkte Reaktionen auf die Finanzkrise
2.3.1. Federal Reserve System und Europäische Zentralbank
Regierungen und Zentralbanken waren sich einig, dass ihre Hilfe zur Stabilisierung des Finanzsystems unumgänglich sei.[57]
Federal Reserve System
Das Fed reagierte auf die Finanzkrise in mehreren Schritten. Zunächst wurde der Leitzins von ursprünglich 5,25 % per August 2007 sukzessive auf 0,25 % im Jahre 2009 gesenkt. Außerdem wurden eine Reihe neuer geldpolitischer Instrumente eingeführt. [58] Am 10.08.2007 stellte die US-Notenbank Liquidität zur Verfügung, die die Kreditinstitute in Form von Offenmarktgeschäften[59] unterstützen sollte. Am 17.08.2007 senkte das Fed den Diskontsatz. Dies ist der Zinssatz zu dem die Banken sich direkt Geld bei Fed leihen können. Bislang betrug der Spread[60] zwischen Leitzins und Diskontsatz 100 Basispunkte. Nach der Senkung beträgt der Spread noch 50 Basispunkte. Auch das Verfahren der Diskontfenster-Finanzierung wurde vereinfacht, um den Banken im Notfall einfacher Liquidität zu verschaffen. Über die Grenzen des Diskontfensters hinaus führte die Fed außerdem eine Term Auction Facility (TAF) ein. Hier werden vorher festgelegte Beträge von Diskontkrediten an ausgewählte Kreditnehmer versteigert. Das Ziel ist es, die Banken zu motivieren, vermehrt Kredite an Haushalte und Unternehmen auszugeben und ihr Geld nicht zu horten. Trotz der vorgenannten Bemühungen konnten die Maßnahmen des Fed die gesamtwirtschaftlichen, finanziellen Spannungen nicht beseitigen. Das wirkungsvollste Instrument der Geldpolitik zur Erreichung der Hauptziele Vollbeschäftigung und Preisniveaustabilität ist die Verwaltung des kurzfristigen Zinssatzes. Dies wurde durch die Stagflation erschwert. Stagflation bedeutet zum einen eine wirtschaftliche Rezession, die eine Senkung des Zinssatzes verlangt und zum anderen eine finanzielle Inflation, die durch eine Erhöhung des Zinssatzes positiv beeinflusst werden kann. Das Federal Open Market Committee (FOMC) entschied sich für eine Zinssenkung, da mit einer Abschwächung der Inflation zu rechnen war.[61] Das FOMC ist der Offenmarktausschuss des Fed und entscheidet über die Geldpolitik der USA.[62]
Europäische Zentralbank (EZB)
Ab August 2007 stellte die EZB zusätzliche Liquidität zur Verfügung. Zusammen mit der US-Notenbank wurden ab Dezember 2007 auch US-Dollar bereitgestellt. Als der Geldmarkt in 2008 aufgrund der zunehmenden Unsicherheit auszutrocknen drohte, reagierte die EZB mit einer Reihe von Maßnahmen. Eine zentrale Änderung war hierbei der Wechsel zu Mengentendern[63] mit Vollzuteilung. Die Banken konnten so unter entsprechender Sicherheit unbegrenzt Gelder zum Hauptrefinanzierungssatz aufnehmen. Die EZB übernahm somit die Rolle des Geldmarktes. Es folgten Zinssenkungen, Erweiterungen des Sicherheitsrahmens sowie die Verlängerung von Krediten an Banken. Im Juni 2009 begann die EZB mit dem Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen um den angeschlagenen Markt wiederzubeleben. Gedeckte Schuldverschreibungen sind verzinsliche Wertpapiere, die durch eine Forderung gedeckt sind[64] und eine wichtige Refinanzierungsmöglichkeit für Banken darstellen. Per Mai 2010 führte die EZB dann ein Programm für Wertpapiermärkte ein: Securities Markets Programme (SMP). Das Programm ermöglichte es den Zentralbanken für Schuldtitel zu intervenieren. Im Vordergrund standen hier die Staatsanleihenmärkte. Aufgrund der andauernden Spannungen auf dem Geldmarkt führte die EZB im Dezember 2011 und im Januar 2012 zwei längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (36 Monate) durch. Außerdem erlaubte die EZB es den nationalen Zentralbanken bestimmte Kreditforderungen hereinzunehmen. Dies erhöhte die Verfügbarkeit von Sicherheiten. Der Mindestreservesatz wurde von 2 % auf 1 % gesenkt. Es wurden somit Sicherheiten freigesetzt und die Geldmarktaktivität erhöhte sich.[65] Seit September 2012 sind Outright Monetary Transactions (OMTs) zulässig. OMTs beinhalten den Kauf und Verkauf von Staatsanleihen an Sekundärmärkten. Diese lösten das SMP ab.[66]
Die Krisenpolitik des Fed löste bei vielen Beobachtern der Krise Unbehagen aus. Der Zusammenbruch großer Finanzinstitute musste mit allen Mitteln verhindert werden – auch das Ziel der Preisstabilität wurde vernachlässigt. Die Zinssenkungen wirkten panisch und hatten nur ein Ziel: Der Einbruch am Aktienmarkt musste vermieden werden. Die EZB hingegen verschaffte sich großen Respekt für Ihr Handeln in Krisenzeiten. Im Verlauf der Krise passte sich das Fed immer mehr an die Handlungsweisen der EZB an, da erkannt wurde, dass das Instrumentarium des Fed bis dahin unzureichend war.[67]
2.3.2. Staatseingriffe
Die Finanzmärkte spielen eine wichtige Rolle für die Entwicklung einer Wirtschaft. Sie vereinen Kapitalangebot und Kapitalnachfrage unabhängig von Regionen, Zeitzonen und Transaktionsgrößen. Diese Funktionen fördern das Gemeinwohl, solange der Markt funktioniert und nicht einzelne Akteure falsch oder irrational handeln. Für diese Fälle ist ein institutioneller Rahmen notwendig, der Gesetze, Regeln und Vorschriften schafft und deren Einhaltung überwacht.[68]
In der Theorie reguliert sich der Markt in einer sozialen Marktwirtschaft selbstständig mit Hilfe des Wettbewerbs. Die Marktteilnehmer bringen Ihre Wirtschaftspläne ein und durch den Preismechanismus findet sich ein Gleichgewicht. Der Staat gibt lediglich die Rahmenbedingungen vor.[69] Liegt ein Marktversagen vor und der Markt kann sich nicht selbst regulieren, so können weitere Eingriffe gerechtfertigt sein um keinen Zusammenbruch des Marktes zu riskieren. Im Falle der Finanzkrise 2008 schien ein Verzicht auf das Eingreifen der Staaten nicht mehr denkbar.[70] Die Insolvenz weiterer systemrelevanter Banken (z. B. Hypo Real Estate) hätte das Finanzsystem erneut ins Wanken gebracht. Die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers wirkte wie ein „Brandbeschleuniger“ auf die Finanzkrise.[71]
Zeitgleich mit der Finanzkrise setzte auch eine Krise der Realwirtschaft ein. Investitions- und Konsumausgaben in den USA waren oftmals verschuldungsfinanziert. Diese brachen ein und eine Rezession begann. Der amerikanische Import sank, was wiederum den Welthandel einschränkte. Nahezu alle Unternehmen waren unsicher, was die wirtschaftliche Zukunft bringen würde und hielten Investitionen zurück. Diese enttäuschte Erwartung verringerte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Die Staaten griffen ein und versorgten den Kapitalmarkt mit Liquidität, hafteten für die Unternehmen und federten die Rezession ab.[72]
Durch den Konjunktureinbruch sanken die Steuereinnahmen erheblich. Die Gewinne der Unternehmen brachen ein, die Löhne wurden gesenkt und die Konsumnachfrage nahm ab. Um den Einbruch abzufedern wurden wiederum Konjunkturpakete geschnürt, die die Ausgaben erhöhten.[73]
Diese Reaktionen haben die Staatsverschuldungen mächtig vorangetrieben. Viele Länder waren schon vor Ausbruch der Finanzkrise hoch verschuldet, sodass die Weltfinanzkrise sich zu einer Staatsschuldenkrise ausweitete.[74] Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland von 1950 bis 2011.
Abbildung 2.5: Die Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland[75]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Grafik zeigt deutlich den überdurchschnittlichen Anstieg der Staatsverschuldung in den Jahren 2009 – 2012. Verantwortlich hierfür sind zum einen die Rettungspakete für die bedrohten Banken und zum anderen die Rettungspakete für das Euro-System.
Oberstes Ziel der Staatseingriffe war die Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Entwicklung durch eine Stabilisierung des Finanzsystems. Hier spielen zwei Faktoren eine Rolle: Zum einen muss eine Erhöhung des Eigenkapitals der Banken das Insolvenzrisiko minimieren und zum anderen muss der Wertverfall des Vermögens gestoppt werden.[76] Die bereits entstandenen Auswirkungen der Krise auf die Realwirtschaft sollten durch Konjunkturpakete abgeschwächt werden. Hier kann zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik unterschieden werden. Durch die expansive Geldpolitik wird zum einen die Geldmenge erhöht und zum anderen der Zinssatz gesenkt. Ein niedriger Zinssatz kurbelt die Wirtschaft durch einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage an und senkt außerdem die Refinanzierungskosten. Durch die negativen Zukunftserwartungen wird dieser Effekt abgeschwächt. Die Fiskalpolitik beinhaltet sowohl eine Erhöhung der Staatsausgaben als auch eine Senkung der Steuern.[77]
2.3.3. Weltfinanzgipfel der G20-Staaten
Als direkte Reaktion auf den Ausbruch der Finanzkrise fand im November 2008 ein Gipfeltreffen der G20-Staaten zuzüglich Spanien und Niederlande auf Ebene der Staats- und Regierungschefs in Washington statt. Es wurde eine Reform des globalen Finanzsystems beschlossen. Rund 50 Maßnahmen sollen sukzessive umgesetzt werden. Der Fokus wurde auf eine einheitliche Regulierung und Überwachung aller Finanzmärkte, Produkte und Akteure gelegt.
Die wichtigsten Reformvorhaben:
- Stärkere internationale Kooperation (Internationaler Währungsfonds)
- Einführung neuer Kontrollmechanismen durch Forum für Finanzstabilität (FSF) und Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
- Etablierung international einheitlicher Standards für Finanztransaktionen und Finanzmarktprodukte (besonders Hedgefonds)
- Stärkere Überwachung der Ratingagenturen
- Standardisierung von Bilanzierungsregeln
- Einführung strengerer Eigenkapitalvorschriften für Banken. [78]
Es folgten diverse Gipfel-Treffen, bei denen die oben genannten Reformvorhaben ausgebaut und vertieft wurden.
Diese Reformen bildeten die Grundlage für die Umsetzungen in den einzelnen Staaten.
Die G20-Staaten gründeten am 02.04.2009 das Financial Stability Board (FSB) - in Deutschland auch Finanzstabilitätsrat genannt - zur globalen Überwachung des internationalen Finanzsystems. Es ging aus dem ehemaligen Financial Stability Forum (FSF) hervor.[79]
Die Beschlüsse der G20-Gipfeltreffen gelten als Grundlage der neuen Finanzmarktregulierung. Da die Neuerungen weltweit zu umfangreich sind, beschränken sich die Erläuterungen der Auswirkungen in den folgenden Kapiteln auf Deutschland. Die Grundlagen wurden überwiegend auf EU-Ebene geschaffen, da die gesamte Währungsunion gleich behandelt werden soll.
3. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Banken
3.1. Bankenrettung in Deutschland
3.1.1. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz
Am 03.10.2008 verabschiedete die USA [80] ein Rettungspaket in Höhe von 700 Milliarden US-Dollar um die Banken von den risikohaltigen Wertpapieren zu befreien. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel am 05.10.2008 eine Garantie für die Sicherheit aller privaten Bankeinlagen abgegeben hatte, wurde am 17.10.2008 das 1. Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Bundestag verabschiedet. Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) wurde errichtet um für deutsche Kreditinstitute Liquiditätshilfen, Eigenkapitalzuschüsse oder Garantien bereitzustellen.[81] Die neu eingerichtete Bundesanstalt für Finanzmarktstabilität ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und verwaltet den Fonds. Der Fonds war ursprünglich bis 31.12.2009 mit einem maximalen Gesamtvolumen von 480 Milliarden Euro befristet.
Der Fonds hat die folgenden Aufgaben:
- Gewährung von Garantien bis zur Höhe von 400 Milliarden Euro für Verbindlichkeiten oder Schuldtitel. Die Garantien sind auf 36 Monate begrenzt.
- Erwerb von Anteilen oder Ankauf von Risikopositionen des betroffenen Unternehmens bis zur Höhe von 70 Milliarden Euro zuzüglich einer Reserve in Höhe von 10 Milliarden Euro.[82]
Begünstigte Unternehmen sind Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesensgesetzes, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds im Sinne des § 1 Absatz 1 Nr. 1 und 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des Investmentgesetzes sowie Betreiber von Wertpapier- und Terminbörsen zuzüglich deren Muttergesellschaften.[83]
Das Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds "Finanzmarktstabilisierungsfonds - FMS" wurde am 17.10.2008 beschlossen und zuletzt am 20.12.2012 geändert.[84]
Am 07.04.2009 folgte das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz und am 17.07.2009 das Finanzmarktstabilisierungsfortentwicklungsgesetz.[85] Die wesentliche Neuerung des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes ist das Gesetz zur Rettung von Unternehmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Rettungsübernahmegesetz), dass es erlaubt Banken in drei Phasen zu verstaatlichen.[86] Mit dem Finanzmarktstabilisierungsfortentwicklungsgesetz wurde das Bad-Bank-Modell eingeführt. Um die risikobehafteten Wertpapiere aus dem Unternehmen auszulagern, ist es Banken gestattet eine Bad Bank in Form einer Zweckgesellschaft zu gründen. Die Bank erhält im Gegenzug eine Schuldverschreibung der Bad Bank und der Staat garantiert über SoFFin. Diese Schuldverschreibung kann nun bei der Bundesbank für neues Geld eingetauscht werden.[87] Alternativ zu einer Zweckgesellschaft kann auch eine Abwicklungsanstalt innerhalb der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) gebildet werden. Die Abwicklungsanstalt ist organisatorisch und wirtschaftlich selbstständig und eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.[88]
[...]
[1] Vgl. Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) vom 11.12.2008
[2] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 1
[3] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 1
[4] Vgl. Mildner, S.-A., (Ursachen der Finanzkrise 2012)
[5] Vgl. Sprave, M., (Subprime Crisis 2009), S. 2
[6] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise, 2009), S. 6
[7] Vgl. Lin-Hi, N., Suchanek, A., (Finanzkrise 2009), S. 3
[8] Vgl. Moyo, D., (Untergang 2010), S. 61
[9] Vgl. Schneider, G., Toyka-Seid, C., (Finanzkrise 2009), S. 24
[10] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 4
[11] Quelle: Internetquelle
[12] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 49
[13] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 150-153
[14] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 157
[15] Vgl. Bartmann, P., Buhl, H. U., Hertel, M., (Subprime-Krise), S. 2-3
[16] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise 2009), S. 6-7
[17] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 17
[18] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise 2009), S. 6-7
[19] Vgl. Bloss, M.,Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 17
[20] Vgl. Lin-Hi, N., Suchanek, A., (Finanzkrise 2009), S. 3
[21] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 26
[22] „Leitzins: Der Begriff Leitzins bezeichnet den Zinssatz, zu dem eine Zentralbank Geld an andere Banken verleiht . In Abhängigkeit von dessen Höhe bestimmen wiederum die Banken, zu welchen Konditionen sie Verbrauchern sowie Unternehmen Kredite beziehungsweise Anleihen anbieten. Anschließend obliegt es dann der Entscheidung der Verbraucher beziehungsweise der Unternehmen, ob sie sich eher für eine Investition oder für das Sparen entscheiden. Allein durch den Leitzins haben also Zentralbanken die Möglichkeit, die Konjunktur maßgeblich zu beeinflussen.“ Quelle: http://www.cecu.de/leitzins.html, 04.05.2013
[23] Fed = Federal Reserve System (US-Notenbank)
[24] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 15
[25] Quelle: Eigene Darstellung auf Datenbasis des Federal Reserve System
[26] Vgl. Mildner, S.-A., (Ursachen der Finanzkrise 2012)
[27] Vgl. Wittmann, W., (Finanzkrisen 2009), S. 50
[28] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 4
[29] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 4
[30] Quelle: Internetquelle
[31] Vgl. Hellwig, M., (Finanzkrise 2010), S. 7-8
[32] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise 2009), S. 10
[33] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 27
[34] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 26
[35] Vgl. Wittmann, W., (Finanzkrisen 2009), S. 50
[36] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 160
[37] Vgl. Schneider, G., Toyka-Seid, C., (Finanzkrise 2009), S. 26
[38] Vgl. Lin-Hi, N., Suchanek, A., (Finanzkrise 2009), S. 4
[39] Anhang Nr. 2 gibt einen Überblick über den zeitlichen Verlauf der Finanzkrise.
[40] Vgl. Schneider, G., Toyka-Seid, C., (Finanzkrise 2009), S. 27
[41] Vgl. Lin-Hi, N., Suchanek, A., (Finanzkrise 2009), S. 4
[42] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 27
[43] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise 2009), S. 22
[44] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 88
[45] Vgl. Hellwig, M., (Finanzkrise 2010), S. 16
[46] Vgl. Pfingsten, A., (Subprime-Virus 2009), S. 21
[47] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 183-185
[48] Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Darstellung der FAZ, Internetquelle
[49] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 188-192
[50] Vgl. Rudolph, B., (Finanzkrise 2009), S. 26
[51] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 194-198
[52] Vgl. Lin-Hi, N., Suchanek, A., (Finanzkrise 2009), S. 4
[53] Vgl. Marterbauer, M., (Zahlen bitte! 2011), S. 37
[54] Vgl. o. V., Definition: Credit Default Swaps, Versicherungsmagazin Lexikon
[55] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 200
[56] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 201
[57] Vgl. Monatsbericht der EZB – Oktober 2010, S. 69-70
[58] Vgl. Statistisches Bundesamt, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, (Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte stärken), Jahresgutachten 2008/2009, S. 132-135
[59] Geldpolitisches Instrument der Europäischen Zentralbank
[60] Spread = Differenz
[61] Vgl. Bloss, M., Ernst, D., Häcker, J., Eil, N., (Subprime-Krise 2009), S. 156-161
[62] Vgl. o. V., Definition: FOMC, Börsennews Lexikon
[63] Vgl. Instrument der Europäischen Zentralbank zur Geldverteilung
[64] Vgl. o. V., Definition: Gedeckte Schuldverschreibung, Finanzlexikon
[65] Vgl. EZB, Lehrmaterial, Präsentation: Fakten
[66] Vgl. Deutsche Bundesbank Internetquelle 1
[67] Vgl. Illing, G., Watzka, S., (Geldpolitik 2008), S. 34
[68] Vgl. Reitz, M., (Regulierung 2012), S. 41-45
[69] Vgl. o. V., Definition: Soziale Marktwirtschaft , Wirtschaftslexikon24
[70] Vgl. Haucap, J., Heimeshoff, U., Uhde, A., (Ordnungspolitische Perspektiven 2010), S. 4
[71] Vgl. o. V., (Warum musste der Staat in der Finanzkrise handeln? 2009), Konrad-Adenauer-Stiftung
[72] Vgl. Marterbauer, M., (Zahlen bitte! 2011), S. 37-39
[73] Vgl. Marterbauer, M., (Zahlen bitte! 2011), S. 44
[74] Vgl. Quitzau, J., (Geldpolitik 2012), S. 18
[75] Quelle: Internetquelle
[76] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 12
[77] Vgl. Holtemöller, O., (Weltfinanzkrise 2009), S. 14-15
[78] Vgl. o. V., (Weltfinanzgipfel 2008), Bundeszentrale für politische Bildung
[79] Vgl., BaFin, Internetquelle 1
[80] Anhang Nr. 2 zeigt eine Übersicht zu den Gesetzesänderungen, die in Kapitel 3.1. beschrieben werden.
[81] Vgl. Rudolph, B., (Hintergründe 2011), S. 202-206
[82] Vgl. o. V., (Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz 2008), Bundesverband deutscher Banken
[83] Vgl. Finanzmarktstabilisierungsgesetz § 2 Absatz 1
[84] Vgl. Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz
[85] Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz
[86] Vgl. Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz, Artikel 3
[87] Vgl. o. V., (Bad Bank), Handelskammer Hamburg
[88] Vgl. Website der Ersten Abwicklungsanstalt
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- Ann-Katrin Bauert (Author), 2013, Konsequenzen der Finanzkrise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264614