In der Arbeit wird das Anlageinstrument Strukturierte Produkte erklärt, visualisiert und schmackhaft gemacht. Mit dieser Arbeit sollen Strukturierte Produkte verständlicher gemacht werden, denn sie gelten als kompliziert. Es werden Vor- und Nachtteile angeschaut sowie Vorurteile dementiert.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Management Summary
1 Einleitung
2 Entstehung der Strukturierten Produkte
2.1 Die Anfänge der Derivate
2.2 Durchbruch der Strukturierten Produkte
3 Strukturierte Produkte auf einen Blick
3.1 Was sind Strukturierte Produkte?
3.2 Für wen eignen sich Strukturierte Produkte?
3.3 Wer emittiert Strukturierte Produkte?
3.4 Produktkategorien/-typen
3.4.1 SVSP Swiss Derivative Map©
3.4.2 Kapitalschutz
3.4.3 Renditeoptimierung
3.4.4 Partizipation
3.4.5 Hebelprodukte ohne oder mit Knock-Out
4 Die Finanzkrise und ihre Folgen für Strukturierte Produkte
4.1 Beginn der Finanzkrise
4.2 Auswirkungen auf Strukturierte Produkte
4.2.1 Vorurteil: Strukturierte Produkte haben die Finanzkrise ausgelöst
4.2.2 Vorurteil: Strukturierte Produkte sind gefährlich
4.2.3 Vorurteil: Strukturierte Produkte sind intransparent und teuer
4.2.4 Vorurteil: Strukturierte Produkte sind zu komplex
5 Änderungen nach der Finanzkrise
5.1 Emittentenbonität
5.1.1 Bonitätsratings
5.1.2 Credit Spreads
5.1.3 Kernkapitalquote
5.2 COSI - Pfandbesicherte Zertifikate
5.3 PMMI - Payoff Market Making Index
5.4 Risikokennzahl "Value at Risk"
5.5 Fazit über die Änderungen nach der Finanzkrise
6 Beachtenswertes beim Kauf von Strukturierten Produkten
6.1 Verständnis durch Beratung
6.2 Marktmeinung
6.3 Diversifikation
7 Kernvorteile von Strukturierten Produkten
7.1 Jede Marktmeinung kann abgebildet werden
7.2 Für jedes Anlegerprofil das passende Produkt
7.3 Zugang zu allen Anlageklassen
7.4 Hohe Liquidität
8 Die Zukunft der Strukturierten Produkte
9 Strukturierte Produkte bei der Regiobank Solothurn AG
9.1 Vergangenheit
9.2 Aktuell
9.3 Zukunft
9.4 Fazit
10 Schlussfolgerungen
10.1 Zusammenfassung
10.2 Kritische Würdigung
10.3 Persönliches Fazit
IV. Literatur- und Quellenverzeichnis
V. Anhang
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1; Geschichte der Strukturierten Produkte (Teil 2)
Abbildung 2; Bausteine eines Strukturierten Produkts
Abbildung 3; Strukturierte Produkte verteilt auf die Anlegergruppen
Abbildung 4; Aufteilung der SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung 5; Beispiel eines Produkttyps
Abbildung 6; Produkttypen "Kapitalschutz" gemäss SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung 7; Produkttypen "Renditeoptimierung" gem. SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung 8; Produkttypen "Partizipation" gemäss SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung 9; Produkttypen "Hebel" gemäss SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung 10; Investierte Gelder in Strukturierte Produkte 2008/2009
Abbildung 11; Komplexitätspyramide
Abbildung 12; Investierte Gelder in Strukturierte Produkte 2005 - 2010
Abbildung 13; Funktionsweise von COSI
Abbildung 14; PMMI - Durchschnittswerte 28.03.2011 - 21.04.2011
Abbildung 15; SVSP Risikokennzahl
II. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Management Summary
Ausgangslage und Problemstellung
Kein Anlageinstrument polarisiert mehr als Strukturierte Produkte. Wurden sie in den Jahren vor der Finanzkrise noch hochgejubelt und glänzten mit hohen Wachstumsraten, sind sie das Teufelsprodukt während der Finanzkrise. Durch die Geschehnisse an den Finanzmärkten ist das Vertrauen in Strukturierte Produkte verloren gegangen. Der Ruf der „Charmanten Alleskönner“ wurde auf eine harte Probe gestellt.
Strukturierte Produkte gelten oft als zu kompliziert und undurchsichtig. Dies führt bei den Anlegern zu Problemen den Überblick über die einzelnen Produkte und Risiken zu behalten. Zusätzlich ist der Markt für Strukturierte Produkte nach wie vor geprägt von Vorurteilen. Durch die Rufschädigung und die aufgedeckten Probleme während der Finanzkrise, verlor die Anlagekategorie zunehmend an Volumen.
Der negative Trend wurde nun aber durch zahlreiche Neuerungen und Innovationen gestoppt. Durch die Vermittlung von Wissen werden Strukturierte Produkte verständlich und attraktiv. Wer in Strukturierte Produkte investieren will, braucht gewisse Grundkenntnisse. Erst informieren, dann investieren. Die Flexibilität und die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten machen Strukturierte Produkte zu einem unverzichtbaren Anlageinstrument und begeistern immer mehr Privatanleger. Es stellt sich die Frage, ob Strukturierte Produkte in jedes Anlegerdepot gehören oder ob sie nur etwas für Finanzprofis sind?
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, dem Anleger Einsicht in die Welt der Strukturierten Produkte zu geben. Mit ausführlichen Beschreibungen über verschiedene Themenbereiche ermöglicht diese Praxisarbeit jedem Leser, vom Neueinsteiger bis zum Spezialist, Strukturierte Produkte und ihre Eigenschaften besser zu verstehen.
Vorgehen
Die Arbeit ist in zehn Kapitel gegliedert. In Kapitel 1 folgt eine kurze Einleitung in die Praxis- arbeit. Das Kapitel 2 handelt von der Entstehung bis zum Durchbruch der Strukturierten Pro- dukte. In Kapitel 3 werden die Grundkenntnisse von Strukturierten Produkten erläutert. Dazu gehören die Definition von Strukturierten Produkten, die verschiedenen Anlegergruppen, die jeweiligen Herausgeber bzw. Emittenten sowie ein Gesamtüberblick über die verschiedenen Produktkategorien. In Kapitel 4 werden die Finanzkrise und ihre Folgen für Strukturierte Pro- dukte sowie die daraus entstandenen Vorurteile thematisiert. Das Kapitel 5 umfasst die Än- derungen nach der Finanzkrise und die Wiederherstellung des guten Rufs. In Kapitel 6 ist beschrieben, was der Anleger beim Kauf von Strukturierten Produkten beachten sollte. Die Kernvorteile von Strukturierten Produkten sind in Kapitel 7 das Hauptthema. Danach folgt in Kapitel 8 ein Blick in die Zukunft. In Kapitel 9 wird die Situation bei der Regiobank Solothurn AG aufgezeigt. Dazu gehören die Entwicklung der Strukturierten Produkte bei der Bank so- wie der Nutzen, welcher durch diese Arbeit geschaffen wurde. Im 10. und letzten Kapitel werden die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und die Schlussfolgerung gezogen.
Ergebnis der Arbeit
Mit 22 verschiedenen Produkttypen kann jeder Anleger für jede Marktsituation ein passendes Anlageinstrument finden. Vorausgesetzt ist eine Meinung über den Verlauf des allgemeinen Markts oder eines Basiswerts. Verläuft das Produkt bzw. der zugrunde liegende Basiswert in die erwartete Richtung, sind überproportionale Gewinne möglich. Es können sogar zwei Marktmeinungen kombiniert werden, um einen Ertrag zu generieren. Wichtig ist, dass der Anleger die Bewegungen des Produkts während der Laufzeit versteht und sich je nach Sze- nario des Marktes über die Rückzahlungsmodalitäten bewusst ist. Strukturierte Produkte werden zu Unrecht als risikoreiches Anlageinstrument betitelt. Wer die einzelnen Produktty- pen versteht und zusätzliche Hilfsmittel zur Bestimmung des Risikos in Anspruch nimmt, der kann ein Strukturiertes Produkt mit anderen Anlageinstrumenten problemlos vergleichen. Anhand dieser Vergleiche stellt der Anleger fest, dass die Strukturierten Produkte beispiels- weise auch mit Obligationen gleichgestellt werden können, welche als ein sicheres Anlagein- strument gelten. Mit der Flexibilität und den Möglichkeiten die Strukturierte Produkte bieten, können sie sogar noch sicherer gestaltet werden als herkömmliche Anleihensobligationen. Aber auch für risikoreiche Anleger bieten Strukturierte Produkte Möglichkeiten, bei erhöhtem Risiko hohe Gewinne zu erzielen.
Strukturierte Produkte haben in der Schweiz einen hohen Stellenwert erreicht und werden in jedem Kundensegment eingesetzt. Bei optimaler Auswahl und situationsgerechtem Einsatz können die Produkte für jeden Anleger einen Mehrwert im Depot erbringen.
1 Einleitung
Der Markt für Strukturierte Produkte hat in den letzten Jahren eine eindrückliche Entwicklung hinter sich. Höhen und Tiefen prägten ihre Geschichte. In der Schweiz sind sie zu einer etablierten Anlageklasse gereift und daher aus dem Anlagegeschäft nicht mehr wegzudenken. Durch Strukturierte Produkte erhält der Anleger die Möglichkeit, die Rendite-/Risiko- Eigenschaften seines Portfolios präzise zu steuern. Dabei kann er auf ein breit gefächertes Spektrum an Produktarten zurückgreifen.
Anleger sollten aber auf jeden Fall mit den eingesetzten Produkten vertraut sein. Das Wissen über Strukturierte Produkte schützt vor bösen Überraschungen. In der Finanzkrise wurde erkannt, dass dieses Wissen oftmals fehlte und dementsprechend verloren viele Anleger das Interesse an Strukturierten Produkten. Ein Teil der vorliegenden Arbeit zeigt die Entwicklung der Strukturierten Produkte. Dabei spielt die Finanzkrise eine zentrale Rolle. Die Neuerungen und Innovationen der letzten Jahre halfen das Vertrauen der Anleger wieder zurückzugewin- nen.
Erstaunlich ist aber auch, wie viele Anleger den Begriff Strukturierte Produkte gar nicht erst kennen. Es ist fraglich, warum nicht mehr Anleger in Strukturierte Produkte investieren. Gründe dafür können wie bereits erwähnt das fehlende Wissen sein, aber auch Vorurteile und Missverständnisse, die Strukturierte Produkte immer wieder in ein schlechtes Licht rü- cken. Deshalb ist das Ziel dieser Praxisarbeit, Wissen über Strukturierte Produkte zu vermit- teln und herauszufinden, ob Strukturierte Produkte für jeden Anleger geeignet sind.
2 Entstehung der Strukturierten Produkte
Strukturierte Produkte oder Derivate verbinden mit sich Werte wie Innovation, Komplexität und Modernität. Die ersten Derivatgeschäfte wurden jedoch bereits vor Christi Geburt abge- schlossen. Auch wenn Derivate heute fälschlicherweise oft als Spekulationspapiere ver- schrien werden, sind diese wirtschaftlich gesehen enorm wichtig. Produzenten können sich mit Hilfe von Derivaten gegen steigende Rohstoffpreise oder Ernteausfälle absichern. McDo- nald’s hält durch den Kauf von Rindfleisch-Futures den Verkaufspreis seiner Hamburger konstant auf dem gleichen Niveau. Das Unternehmen umgeht so den Schwankungen an den Rohstoffmärkten. Dieser Risikotransfer lohnt sich aber auch für den Privatinvestor. Er kann sich mit Derivaten beispielsweise gegen fallende Aktienkurse absichern.
2.1 Die Anfänge der Derivate
Der Ursprung der Derivate liegt noch viel weiter zurück als dieser der Aktien. So lassen sich die ersten Termingeschäfte (Futures) bis 1700 v. Chr. zurückverfolgen, die erste börsenge- handelte Aktie dagegen wurde „erst“ 1602 herausgegeben. 500 v. Chr. wurden die ersten Terminkontrakte auf Oliven gehandelt. Die Produzenten wollten sich gegen fallende Preise absichern, also vereinbarten sie den Olivenpreis mit den Käufern bereits im Voraus. Im Ge- genzug konnten sich die Warenabnehmer gegen steigende Preise schützen. So entstanden zum ersten Mal in der Geschichte „Spekulationsgeschäfte“. Der Mathematiker Thales, wel- cher damals in grossen Mengen Optionen für den Betrieb von Olivenpressen erwarb, konnte diese Nutzrechte bei guten Ernten äusserst lukrativ verkaufen. Mit seinen Optionen erwarb Thales ein Recht auf die zukünftige Nutzung eines Gutes. Falls die Ernte schlecht ausgefal- len war, hat Thales seine Optionen nicht ausgeübt und diese sind wertlos verfallen. An die- sem Grundprinzip hat sich bis heute nicht viel geändert.
Mit der holländischen „Tulpenmanie“ im 17. Jahrhundert begann die Blütezeit der Optionen. Tulpenzwiebeln galten damals wertvoller als Gold und Edelsteine. Eine Tulpenknospe kostete umgerechnet über 100‘000 Schweizer Franken. Bereits während der Pflanzzeit wurden Tulpen gehandelt. Ein stetiger Anstieg der Nachfrage führte schliesslich dazu, dass Tulpenzwiebeln über das ganz Jahr gehandelt wurden, sogar diese, die noch unter der Erde waren. Diese Entwicklung führte zu einem reinen Spekulationsgeschäft, da niemand wusste, wie die Tulpen wirklich gedeihen würden. Nachdem im Jahr 1637 die Tulpenzwiebeln neue Rekordhöchstpreise erreichten, löste dies bei den Händlern eine Verkaufswelle aus und als Folge brachen die Preise massiv ein. Daraus entstand eine Wirtschaftskrise.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Chicago Board of Trade (CBOT) als Terminbörse gegründet. Der Zweck war in erster Linie die Preisschwankungen auf den Agrarmärkten ab- zuwehren. Termingeschäfte konnten nun in grossen Volumen abgewickelt werden, da für die gehandelten Waren einheitliche Standards galten. Diese vereinheitlichten Termingeschäfte nennt man Futures. Die Entwicklung von Derivaten schritt im Laufe der Jahre immer weiter voran. Der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems bzw. die Aufhebung der fixe Wechselkurse im Jahr 1973 trieb den Derivathandel besonders an. Die Nachfrage zur Absicherung gegen das Währungsrisiko stieg markant an.
Das Interesse an Derivaten nahm mit der Entwicklung des Black-Scholes-Bewertungs- modells für Optionen erneut sprunghaft zu. Mit diesem Rechenmodell wurde es möglich, den Preis einer Option anhand eines mathematischen Modells exakt zu berechnen. Das anfängliche Problem, keine für die komplexen Rechenoperationen ausreichend schnellen Computerkapazitäten zur Verfügung zu haben, verflüchtigte sich mit dem technischen Fortschritt. Zu Beginn wurden Derivate auf Aktien und Devisen gehandelt, später kamen solche auf Zinsen, Kreditausfälle, Rohstoffe und Lebensmittel hinzu.1
Nach und nach wurden auf dem Globus weitere Termin- bzw. Optionsbörsen gegründet. So auch im Jahr 1988, als die erste vollelektronische Börse für Derivate "SOFFEX" ihren Betrieb in Zürich aufnahm. Diese war ein weiterer Schritt der Entwicklung von Strukturierten Produk- ten in der Schweiz.
2.2 Durchbruch der Strukturierten Produkte
Der GROI (Guaranteed Return on Investment) war das erste Strukturierte Produkt, welches Anfang der 90er Jahre vom damaligen Schweizerischen Bankverein emittiert wurde. Es war die Geburt der Strukturierten Produkte. Das Produkt gehörte der Kapitalschutzkategorie an, partizipierte an der positiven Entwicklung des SMI und hatte eine Laufzeit von einem Jahr. Es wurden drei Typen (A, B, C) mit unterschiedlichen Risikostrategien ausgegeben. Typ B bedeutete beispielsweise für den Anleger eine fixe Rückzahlung des eingesetzten Kapitals und eine garantierte Rendite von 4%, sowie bei einer positiven Entwicklung des Schweizer Marktes eine maximale Rendite von 17%. Dass damals gerade dieses Produkt entstand, hatte seine Gründe: Die Verunsicherung unter den Anlegern bezüglich der Finanzmärkte war aufgrund des Golfkrieges enorm hoch. Mit dem Beginn des Luftkrieges am 17. Januar 1991 gegen den Irak erreiche diese Verunsicherung einen erneuten Höchststand. Wenige Tage später wurde der GROI herausgegeben. Das Bedürfnis der Anleger nach Kapitalschutz war gross.2
Dennoch dauerte es fast zehn Jahre bis die Strukturierten Produkte ihren eigentlichen Durchbruch erzielen konnten. Generell wurden grosse Innovationsschübe bei Finanzproduk- ten meistens durch Probleme oder Turbulenzen an den Märkten begünstigt. So wurden Strukturierte Produkte erst richtig populär, als die Anleger im Rahmen der Börsenbaisse zwi- schen 2001 und 2003 nach Alternativen zu den klassischen Anlagen suchten. Strukturierte Produkte waren eine gute Alternative, da sie den Anlegern auch in der Baisse bzw. bei eher seitwärts entwickelnder Märkte eine positive Rendite ermöglichten. Die Zahl der Emittente und die neu entwickelten Produkte und Strukturen nahmen sprunghaft zu. Die Produktevielfalt stieg dadurch rasant an und die Übersicht ging verloren. Der Ruf nach Transparenz, Strukturierung und Einfachheit kam auf. Dies führte zur Gründung des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte (SVSP).
Die Gründung des Verbands für Strukturierte Produkte im April 2006 war ein weiterer Mei- lenstein in der Entwicklung von Strukturierten Produkten. Aus den fünf Gründerbanken ABN Amro, Credit Suisse, UBS, Bank Vontobel sowie der Zürcher Kantonalbank wurden bis heute 20 Emittenten, welche als Mitglieder dem Schweizerischen Verband für Strukturierte Produkte angehören. Sie vereinen über 95 Prozent des Marktvolumens Strukturierter Produkte in der Schweiz.3 Mit 205 Milliarden Franken Anlagevolumen per Ende 2010 ist die Schweiz der weltweit grösste Markt für Strukturierte Produkte.4
Gemäss Statuten des SVSP besteht ihr Zweck in der Wahrung und Vertretung der gemein- samen Interessen seiner Mitglieder im Bereich der Strukturierten Produkte und in der Förde- rung des Ansehens von Strukturierten Produkten und damit verbunden des Finanzplatzes Schweiz.5 Durch aktive Kommunikation will der SVSP die Popularität und Akzeptanz von Strukturierten Produkten erhöhen. Damit diese Ziele erreicht werden, bringt der SVSP lau- fend Hilfsmittel und Neuerungen für den Markt der Strukturierten Produkte heraus. Mit Hilfs- mittel ist vor allem die erste Produktklassifizierung SVSP Swiss Derivative Map© gemeint, welche sich mittlerweile als Standard weltweit etabliert hat. Bei den Innovationen „Risikoka- tegorisierung von Finanzprodukten durch eine dynamische Risikokennzahl“ und „Pfandbesi- cherung für Strukturierte Produkte - COSI“6 hatte der SVSP in seiner Vorreiterrolle ebenfalls einen grossen Anteil dazu beigetragen.7
Der rasante Anstieg der Popularität von Strukturierten Produkten wurde auch durch die Entwicklung auf Seiten der Börsen begünstigt. Durch den Zusammenschluss der Handelsplattformen Quotematch (SIX Swiss Exchange AG, ehemalig SWX) und der Frankfurter Smart Trading (Deutsche Börse) wurde per 01.01.2007 die Joint Venture "Scoach" gegründet. Fortan war die Scoach die neue Handelsplattform für Strukturierte Produkte in der Schweiz und Deutschland. Transparenz und faire Abwicklung stehen an oberster Stelle. Mittlerweile hat die Scoach ihr gesetztes Ziel, die Nummer Eins unter den Börsen Europas für den Handel mit Strukturierten Produkten, erreicht.8
Abbildung 1; Geschichte der Strukturierten Produkte (Teil 2)
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Noch im gleichen Jahr fand in Zürich erstmalig eine Messe für Strukturierte Produkte statt. Die zweitägige Veranstaltung findet jährlich im 4. Quartal des Jahres im Zürcher Kongresshaus statt. Neben der Vorstellung der Emittenten und neuer Produktideen werden an dieser Messe Vorträge und Präsentationen von nationalen und internationalen Referenten aus der Finanzbranche angeboten.
Während den Jahren 2005, 2006 und 2007 ging der Aufstieg von Strukturierten Produkten Hand in Hand mit dem Börsenboom. In der damals herrschenden Euphorie avancierten sie zu den Lieblingen der Investoren. Mit innovativen Produkten entwickelte sich die Anlageklas- se in der Wahrnehmung der Anleger zur "eierlegenden Wollmilchsau". Die Emittenten über- trafen sich im Kampf um Marktanteil mit immer komplexeren Strukturen, getreu nach dem Motto schneller, höher, weiter. Jedoch wurden die Risiken der Produkte ignoriert. Dies sollte sich noch rächen.9
3 Strukturierte Produkte auf einen Blick
3.1 Was sind Strukturierte Produkte?
Die Frage „Was sind Strukturierte Produkte?“ ist gerechtfertigt. Eine genaue Definition für den Begriff „Strukturierte Produkte“ gibt es nicht. Die meistverwendete Umschreibung bezeichnet Strukturierte Produkte als eine eigenständige Produktgruppe, die aus der Kombination eines Basiswertes und einem derivativen Finanzinstrument besteht.
Abbildung 2; Bausteine eines Strukturierten Produkts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
derivatives Finanzinstru- ment
= Strukturiertes Produkt
Basiswerte können Waren und Finanzwerte aller Art sein. Folgende Basiswerte sind typisch für Strukturierte Produkte:
-Aktien
-Obligationen
-Indizes
-Devisen
-Zinsen
-Rohstoffe
-Edelmetalle
Neben der Unterscheidung der Basiswerte, ist auch die Anzahl der Basiswerte relevant. Dies kann ein einziger Basiswert, ein Basket (mehrere Basiswerte zusammengefasst) oder sogar ein Index sein.
Der zweite Baustein bei einer Konstruktion von Strukturierten Produkten sind derivative Finanzinstrumente (Derivate). Diese Komponenten prägen die Eigenschaften des gesam- ten Instrumentes entscheidend mit. Derivate sind Finanzkontrakte, deren Preise sich von einem zugrunde liegenden Basiswert ableiten lassen. Das typische Merkmal für solche Deri- vate ist ein Hebeleffekt, mit dem ein Anleger überproportional stark an Kursschwankungen des Basiswertes partizipieren kann. Je nach Eigenschaften des Derivat kann der Hebeleffekt bei steigendem wie auch bei sinkendem Kurs des Basiswertes positive Auswirkungen auf ein Produkt haben.
Durch die Kombination dieser beiden Bausteine können massgeschneiderte Produktlösun- gen entwickelt werden. Es ist möglich, nahezu für jede Markterwartung (aufwärts, seitwärts, sinkend) und jedes Risikoprofil (konservativ, ausgewogen, aggressiv) ein spezifisches Pro- dukt herzustellen.
Der Rückzahlungsbetrag eines Strukturierten Produkts ist abhängig von der Entwicklung des zugrunde liegenden Basiswertes. Folglich ist bei der Investition in Strukturierte Produkte wichtig, dass der Anleger bzw. der Käufer eine Marktmeinung über den entsprechenden Ba- siswert vertritt.10
3.2 Für wen eignen sich Strukturierte Produkte?
Im statistischen Monatsheft der SNB sind die Bestände in Kundendepots der Banken aufgeteilt in Privatkunden, Kommerzielle Kunden und Institutionelle Kunden.11 Per Ende 2010 präsentieren sich die Prozentzahlen wie folgt:
Abbildung 3; Strukturierte Produkte verteilt auf die Anlegergruppen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Waren Strukturierte Produkte früher nur Institutionellen Anlegern vorbehalten, investieren nach und nach mehr Privatkunden in diese Anlageklasse. Die Ansprüche der privaten Anleger nach kreativen und individuellen Anlagelösungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Ausschlaggebend ist das hohe Mass an Flexibilität und die Vielfalt der Möglichkeiten, welche Strukturierte Produkte bieten.
3.3 Wer emittiert Strukturierte Produkte?
Die Herausgabe von Strukturierten Produkten bezeichnet man auch als Emission. Als Emit- tenten treten vor allem grössere Banken und Finanzgesellschaften, wie beispielsweise UBS AG, Credit Suisse, Bank Vontobel, Julius Bär oder die Zürcher Kantonalbank auf. Mittlerweile emittieren in der Schweiz rund 31 verschiedene Anbieter Strukturierte Produkte. Rechtlich gesehen sind Strukturierte Produkte Schuldverschreibungen, für die der Emittent mit seinem Vermögen haftet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anlagefonds, unterstehen Strukturierte Produkte nicht dem Kollektivanlagegesetz (KAG) und gelten somit nicht als speziell ge- schütztes Sondervermögen. Deshalb sollte vor einer Investition die Bonität des Emittenten beachtet werden. Denn die Insolvenz des Emittenten ist gleichbedeutend mit dem Teil- bzw. Totalverlust des angelegten Kapitals.12
3.4 Produktkategorien/-typen
Strukturierte Produkte, ein Anlageinstrument, dem in der Ausstattung fast keine Grenzen gesetzt sind. Die Vielzahl an Produkttypen und deren Namen sind dadurch sehr zahlreich. Mit der 2006 durch den Schweizerischen Verband für Strukturierte Produkte geschaffenen SVSP Swiss Derivative Map© wurde diese Unordnung teilweise beseitigt. Die Produkttypen sind nun klar definiert. Jedoch können die Emittenten die Werbenamen oder Zusatzbezeich- nungen der Produkte selber bestimmen. Dies führt bei den Anlegern wie auch bei den Kun- denberatern teilweise zu Verwirrung. Vergleicht man zwei gleiche Produkte verschiedener Emittenten, ist auf den ersten Blick dadurch nicht ersichtlich, dass es sich um den gleichen Produkttyp handelt. Wichtig ist, dass der Anleger das Produkt einem Typ zuordnen kann. Dazu hilft vor allem die Identifikationsnummer, welche auch auf dem Produktinformations- blatt (Termsheet) vorhanden ist.
3.4.1 SVSP Swiss Derivative Map©
Die Map klassifiziert alle Strukturierten Produkte in zwei Hauptkategorien, Anlage- und Hebel-Produkte. Diese beiden sind wiederum unterteilt in fünf Hauptgruppen.
Abbildung 4; Aufteilung der SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Die fünf Hauptgruppen sind in mehr als 20 verschiedene Produkttypen unterteilt. Ein Pro- dukttyp besteht aus einer Grafik und einem Kurztext. Die Grafik (Payoff-Diagramm) zeigt die Auszahlungsstruktur mit Gewinn- und Verlustzone, der Kurztext beinhaltet Informationen zur Markterwartung und zu produktspezifischen Merkmalen. Jeder Produkttyp hat zusätzlich eine vierstellige Identifikationsnummer (siehe Abbildung 6; Nr. 1140). Die erste Ziffer steht für die Hauptkategorie (1), also ob Anlage- oder Hebelprodukt. Die zweite Ziffer gibt die Produktka- tegorie (1) an und die letzten zwei Ziffern stehen für den effektiven Produkttyp (40).
Abbildung 5; Beispiel eines Produkttyps
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: SVSP, 2010
Die Map wird monatlich überprüft und wenn nötig durch weitere Produkttypen angepasst. Die aktuelle Version kann auf der Internetseite des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte13 kostenlos heruntergeladen werden. Im Einband dieser Praxisarbeit finden Sie ebenfalls eine aktuelle Version der SVSP Swiss Derivative Map©.
3.4.2 Kapitalschutz
Während den turbulenten Zeiten an den Aktienmärkten gehörten Kapitalschutzprodukte zu den gefragtesten Anlagekategorien. Mit Kapitalschutzprodukten kann man sich gegen sin- kende Kurse schützen und bei guter Entwicklung des Basiswertes zusätzlich eine Rendite generieren. Das eingesetzte Kapital erhält man wie bei einer Obligation beim Verfall wieder zurück. Dies nennt man Kapitalschutz. Dieser Schutz beträgt in der Regel 90% - 100% des eingesetzten Emissionsbetrags. Der vollständige vorgegebene Kapitalschutz ist nur auf Ver- fallzeitpunkt garantiert. Während der Laufzeit kann der Preis des Produkts unter dem Kapi- talschutzniveau stehen. Zurzeit sind sieben verschiedene Produkttypen mit Kapitalschutz- charakter im Umlauf. Sie unterscheiden sich vor allem in der Ertragsausschüttung. Je nach Produkttyp wird ein jährlicher Coupon ausbezahlt oder das eingesetzte Kapital partizipiert an einem Basiswert. Die Ertragschance ist unter anderem abhängig von den Prozenten Kapital- schutz und von der maximalen Gewinnmöglichkeit. Das Auszahlungsprofil entspricht dem Wunsch vieler Anleger. Einerseits ist das eingesetzte Kapital geschützt, andererseits kann man von steigenden Aktienmärkten profitieren. Dabei sind die Anleger bereit, für den Kapi- talschutz gewisse Einbussen beim Gewinnpotenzial in Kauf zu nehmen.
Abbildung 6; Produkttypen "Kapitalschutz" gemäss SVSP Swiss Derivative Map©
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 SVSP, 2010, S. 5 - 6
2 Frühauf, 2009, S. 16
3 SVSP, 2011
4 SVSP, 2010, S. 28
5 SVSP, 2009
6 Siehe dazu Kapitel 5.2
7 Béguelin et al., 2010, S. 18
8 Scoach
9 Bee, 2010
10 Zürcher Kantonalbank, 2011, S. 8 / Bank Sarasin & Cie AG, 2010, S. 4 / SVSP, 2010, S. 3
11 SVSP, 2011
12 Siehe dazu Kapitel 5
13 www.svsp-verband.ch
- Quote paper
- Sandro Otter (Author), 2011, Strukturierte Produkte: Ein Instrument für jeden Anleger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264541