Das 1914 – 1915 von Franz Kafka geschriebene Romanfragment „Der Prozess“, das 1925 posthum veröffentlich wurde, behandelt die Thematik des Umgangs mit persönlicher Schuld und des Wesens von Gericht und Gesetz.
Das Romanfragment handelt von einem Herrn Josef K., einem Prokuristen, der am Morgen seines 30. Geburtstages verhaftet wird. Ihm wird allerdings kein Grund für seine Verhaftung genannt. Im weiteren Verlaufe des Romanfragmentes wird ein Prozess gegen ihn durch ein sonderbares Gericht geführt, welches sich hinter der Obrigkeit versteckt, aber auch in seinem Kopf findet ein Prozess statt. In diesen Verfahren erfährt K. aber auch keinen Grund, weswegen er überhaupt vor Gericht steht. Seltsamerweise schränken ihn Prozess und Gericht nicht in seinem alltäglichen Leben ein. Die Wächter Franz und Willem, welche ihn morgens an seinem 30. Geburtstag verhaften, werden später verprügelt, weil „[er] sich beim Untersuchungsrichter über sie beklagt hat“. Die folgende zu analysierende und interpretierende Textstelle setzt hier ein.
Der Prozess - Franz Kafka
Analyse und Interpretation einer Textstelle aus "Der Prozess" von Franz Kafka
Das 1914 – 1915 von Franz Kafka geschriebene Romanfragment „Der Prozess“, das 1925 posthum veröffentlich wurde, behandelt die Thematik des Umgangs mit persönlicher Schuld und des Wesens von Gericht und Gesetz.
Das Romanfragment handelt von einem Herrn Josef K., einem Prokuristen, der am Morgen seines 30. Geburtstages verhaftet wird. Ihm wird allerdings kein Grund für seine Verhaftung genannt. Im weiteren Verlaufe des Romanfragmentes wird ein Prozess gegen ihn durch ein sonderbares Gericht geführt, welches sich hinter der Obrigkeit versteckt, aber auch in seinem Kopf findet ein Prozess statt. In diesen Verfahren erfährt K. aber auch keinen Grund, weswegen er überhaupt vor Gericht steht. Seltsamerweise schränken ihn Prozess und Gericht nicht in seinem alltäglichen Leben ein. Die Wächter Franz und Willem, welche ihn morgens an seinem 30. Geburtstag verhaften, werden später verprügelt, weil „[er] sich beim Untersuchungsrichter über sie beklagt hat“. Die folgende zu analysierende und interpretierende Textstelle setzt hier ein.
Zunächst einmal wird beschrieben, auf welche Weise K. erstmals auf den Prügler trifft. Er befindet sich noch in der Bank und macht sich gerade auf den Heimweg, als er auf einmal Seufzer wahrnimmt und diesen Geräuschen nachgeht. Schließlich reißt er die Tür, hinter welcher er eine Rumpelkammer vermutet, auf, stellt fest, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Rumpelkammer handelt und sieht drei Männer. Bei genauem Hinsehen erkennt er zwei von ihnen als Franz und Willem wieder, als die Wächter, die ihn verhafteten. Die beiden versuchen sich herauszureden, um der Strafe zu entgehen, sie behaupten, dass sie nur wegen K. „gestraft werden, weil [er] sie angezeigt hat“. Zunächst bemüht sich K. noch darum, den beiden Wächtern zu helfen, doch dann wendet sich schließlich K. ganz ab, verlässt sogar die Kammer und lässt diese dann am nächsten Tag von zwei Diener aufräumen, doch das Geschehen wird ihm die nächsten Tage nicht mehr aus dem Kopf gehen, was sich vor allem dadurch bemerkbar macht, dass er ganz verstreut ist, sich nicht wirklich auf seine Arbeit konzentrieren kann und um diese zu bewältigen, länger als zuvor im Büro bleibt.
Dieses Verhalten von ihm zeigt eindeutig, dass er obwohl bereits im allerersten Satz des Romanfragments durch den Konjunktiv „ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“, die Schuld da von sich weist, aber dennoch schuldig ist, wenn auch auf einer anderen Ebene. Der erste Satz sagt nichts aus, welche Schuld er explizit von sich weist, aber da gegen ihn ein Prozess geführt wird, liegt es nahe, dass es sich um eine juristische Schuld handeln müsse. Er wird nicht müde, immer und immer wieder seine angebliche Unschuld zu beteuern, allerdings zeigt sich in diesem Punkt auch eine Unsicherheit bzw. Verunsicherung seinerseits, welche besonders durch den Wechsel von Indikativ und Konjunktiv deutlich werden, denn es heißt zum Beispiel „hätte er [Franz] nicht geschrien, so hätte [er], wenigstens noch sehr wahrscheinlich, noch ein Mittel gefunden, den Prügler zu überreden“. Diese auch zugleich erzählerische Ironie weist auch auf subtile Widersprüche in seinem Inneren zwischen seinem tatsächlichen und seinem vorgeblichen Bewusstsein hin. Als Leser wird man durch die monoperspektivische, also einsinnige, personale Erzählweise regerecht dazu gezwungen, mit der Hauptfigur, Josef K., mitzufühlen und sich in ihn hineinversetzen zu können. Hier verschmelzen Erzähler und Hauptfigur nahezu ineinander. Andererseits erschwert diese Erzählweise auch, das gesamte Romanfragment nachvollziehen oder verstehen zu können, da man alles nur aus der Sicht von Josef K. erfährt. Josef K., der Prokurist bei einer Bank ist, wird in dieser Textstelle als hauptsächlich überlegend, cholerisch und wenig schuldbewusst dargestellt. Ersteres zeigt sich besonders dadurch, dass er zu Beginn der Prüglerszene die sich in der Rumpelkammer befindenden Personen in der 2. Person Plural, mit „Ihr“ anspricht, sowie gegen Ende die beiden Diener in Form eines Imperativs dazu auffordert, „doch endlich die Rumpelkammer aus[zuräumen]!“. Dies soll wohl die Sprache der Feudalzeit zwischen Herren und Untergebenen (meist Sklaven) imitieren, um die Verachtung auch sprachlich zu kennzeichnen, sodass K. sich, um seinen eigenen Erwartungen gerecht zu werden, immer wieder mit seinem Gegenüber vergleicht und diese sozusagen „abwertet“.
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- Quote paper
- Sabine Wittig (Author), 2012, Analyse und Interpretation einer Textstelle aus "Der Prozess" von Franz Kafka, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264140
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