Inwertsetzung von Bodendenkmälern


Essay, 2013

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Die Inwertsetzung eines Bodendenkmals bezeichnet dessen „Kommerzialisierung“, also wirtschaftliche Nutzbarmachung, wenn es vorher nicht oder kaum in dieser Weise genutzt wurde. Voraussetzung hierfür ist der vorherige oder gleichzeitige Aufbau einer Infrastruktur. Je intensiver solche Inwertsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden, desto wirtschaftlich attraktiver soll das Bodendenkmal gemacht werden um dadurch Bestandteil des Kulturtourismus werden zu können. Zur Finanzierung dieses Vorganges bilden sich meistens nach Abschluss der wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten an einem Bodendenkmal Stiftungen und Vereine, die sich um den Erhalt und um die Finanzen kümmern, in dem sie private oder institutionelle Spender suchen. Außerdem gibt es diesbezüglich verschiedene Träger auf politischer Ebene wie beispielswese die EU, die durch Förderprojekte finanzielle Unterstützung bietet. Eines davon ist das sog. LEADER-Projekt, zu Deutsch: die Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft (http://ec.europa.eu/agriculture/rur/leaderplus/index_en.htm. Stand: 29.01.2013) . Des Weiteren gibt es nationale Programme oder solche, die sich auf ein einzelnes Bundesland beziehen. Auch die unteren Ebenen wie der Landkreis und die Gemeinde, sowie größere Konzerne, Banken oder die Kirche können sich als finanzielle Träger von Bodendenkmalen verantwortlich zeigen.

Dass sich die Methoden und Zielsetzungen der Inwertsetzung von Bodendenkmälern im Laufe der Zeit verändert haben und welche verschiedenen Arten es heute gibt, soll im Folgenden an verschiedenen Beispielen erläutert werden.

Schon vor über 100 Jahren, mit dem Aufkommen der Romantik und dem Interesse an der Vergangenheit begannen die ersten Inwertsetzungen von Denkmälern in Form von Rekonstruktionen. Die sich im heute französischen Elsass befindende Hohkönigsburg (Abb. 1) wurde im Jahre 1147 erstmals urkundlich erwähnt und während des 30jährigen Kriegs geplündert und in Brand gesteckt. Sie verfiel zu einer Ruine und wurde 1862 unter Denkmalschutz gestellt. Ab 1891 wollte Kaiser Wilhelm II. die Burg wieder so aufbauen, wie sie im gotischen Stil des 15. Jahrhunderts aussah; die Bauarbeiten dauerten von 1901 bis 1908. Der Architekt Bodo Ebhardt fand zu 75% eine Originalburg aus dem späten Mittelalter vor, sodass er nur das obere Stockwerk und die Dächer, sowie einen neuen Bergfried neu errichtet hat. Damals erfreute sich die Burg einer hohen Besucherzahl, heute gilt sie als Innbegriff einer Ritterburg, wie man sie sich in den Märchen vorstellt (http://www.haut-koenigsbourg.fr/de/burg/jahrhunderte. Stand: 25.01.2013).

Ein weiteres Beispiel für das kaiserliche Interesse an der Geschichte und ihrer Rekonstruktion ist das Kastell Saalburg in der Nähe des hessischen Bad Homburg, dessen Anfänge um das Jahr 90 n. Chr. vermutet werden und das bis zu seiner Aufgabe 260/275 ständig umgebaut und erweitert worden ist (Moneta 2010, 160). Hier wurden zunächst Grabungen vorgenommen, die sowohl durch staatliche und preußische, als auch durch eine Saalburgkommission und dem Saalburgverein aus Homburg finanziert wurden. Einer der Ausgräber, Oberst von Cohausen, beantragte dann den teilweisen authentischen Wiederaufbau als komplette römische Landschaft. Als erstes Gebäude wurde 1872 das sog. Gräberhaus rekonstruiert. Ursprünglich wohl eine Grabeinfassung, sollen nun darin einige Grabungsfunde ausgestellt werden (Moneta 2010, 13). Da die damaligen Restaurateure davon ausgingen, dass es in jedem Kastell ein Mithrasheiligtum gegeben haben muss, wurde ein solches in den Jahren 1903/04 errichtet, auch wenn kein klarer Befund dafür vorlag (Abb. 2.). Außerdem kamen verschiedene Wohn- und Wirtschaftsgebäude in Holz-Fachwerkbauweise hinzu. Bereits in wilhelminischer Zeit wurde dieses Kastell schnell bekannt und gut besucht, sodass eine Straßenbahnanbindung des Komplexes nach Bad Homburg und ein Landgasthof mit Restaurant und Übernachtungsmöglichkeit in Betrieb genommen wurden (Amrhein/Löning 2012, 73). Die restaurierten und neuerrichteten Gebäude des Saalburg Kastells wurden mittlerweile selbst zu Denkmalen und im Jahr 2012 im Rahmen allgemeiner Um- und Neubauten mit Finanzmitteln des Bundes und Landes Hessen wieder restauriert (Moneta 2010, 15).

Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts nimmt das Interesse an der Vor- und Frühgeschichte nicht ab, bekommt aber eine andere Ausrichtung, was sich auch bei der Inwertsetzung von Bodendenkmälern auswirkt. Als Beispiel hierfür sollen die Externsteine im Teutoburger Wald in Nordrhein-Westfalen herangezogen werden. Die archäologischen Forschungen an den Externsteinen während des Dritten Reichs sind seit jeher äußerst kontrovers von Archäologen und Historikern gesehen worden, da sie als „Musterbeispiel nationalsozialistisch-ideologischer Zweckforschung“ (Halle 2002, 45) gelten und die Ausgrabungen weitestgehend auf die gewünschten Ergebnisse zurechtgeschnitten wurden (Halle 2002, 45). Dennoch gab es ab 1939 Vorschläge, dort ein Freilichtmuseum zu errichten mit 20-30 Hausbeispielen aus allen altbesiedelten germanischen Wohngebieten. Die Umgestaltung des Geländes um die Externsteine war zwar ausführlich geplant, schritt aber praktisch kaum voran und wurde nach Beginn des Krieges aus finanziellen Gründen weitestgehend eingestellt. Dennoch sollte es als ein germanisches Heiligtum ausgewiesen werden, um vor allem der ideologischen Erziehung von Besuchern zu dienen: Der Eingangsbereich sollte nach „germanischem Vorbild“ gestaltet und die Aufgänge an den Felsen von den bestehenden gusseisernen Stiegen zu germanischen Holzkonstruktionen geändert werden (Halle2002, 468f.).

Die heutigen Vorstellungen von der Inwertsetzung eines Bodendenkmals sind nicht mehr so sehr auf die vollständige Rekonstruktion bedacht, sondern möchten einerseits das Denkmal schützen sowie didaktische Werte vermitteln, aber andererseits auch durch individuelle Gestaltung und Verbindungen zu Gastronomie und Verkehr einen wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen. Dies gilt zumindest für die folgenden Beispiele.

Im 3. Jahrhundert wurde am raetisch-germanischen Limes bei Rainau-Dalkingen im Ostalb-Kreis, Baden-Württemberg, ein imposantes Tor gebaut, vermutlich ein Siegesbogen für Kaiser Caracalla (Planck 2011, 70). Aufgrund starker Schädigungen des Mauerwerks durch die Witterung wurde 2010 ein Schutzbau in Form eines schräg stehenden Kubus aus Glas und Stahl über dem Befund errichtet, der eine Seitenlänge von 20m und eine Höhe von 8 bzw 15m hat (Abb. 3). Die fast 2 Millionen Euro, die dafür nötig waren, wurden vom LEADER- Mittel, der Baden-Württemberg Stiftung, der Denkmalstiftung, sowie der Denkmalförderung des Landesamtes für Denkmalpflege Stuttgart und dem Ostalbkreis zusammengetragen (Planck 2011, 71). Stoffbahnen visualisieren den Oberbau des Tores über dem Mauerrest in Originalgröße und großformatige beleuchtete Informationstafeln dienen der Didaktik. Des Weiteren befindet sich unter dem Schutzbau eine Büste Caracallas auf einem bearbeiteten Kalksteinblock, der im Schutt der Ruine gefunden wurde, und von dem man annimmt, dass er die Basis eines hohen rechteckigen Sockels für eine bronzene Panzerstatue bildet (Planck 2011, 70).

Ein weiteres Beispiel für einen Schutzbau findet sich bei Bilzingsleben im thüringischen Sömmerda über dem Fundplatz Steinrinne, einem der bedeutendsten paläolithischen Fundplätze Europas. Daher wurde eine Halle aus Holz und Stahl mit Glasabdeckung gebaut, die eine Innenfläche von 17 mal 13m überdeckt. Darunter wurde unter einem weiteren Glasdach ein Teil der Grabungsfläche erhalten. Der Rest des Innenraums wird von Wandgestaltungen und Vitrinen eingenommen, welche Fundstücke und Informationstexte enthalten (Abb. 4). Es besteht eine Anbindung zum Unstrut-Radweg, allerdings wird von den Tourismus- und Wirtschaftsverbänden bemängelt, dass die Steinrinne nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sei und auch keine gastronomische Betreuung der Besucher bestehe, sondern erst in der anderthalb Kilometer entfernten Ortschaft (http://www.steinrinne-bilzingsleben.com/index.php?article_id=7. Stand: 29.01.2013).

Eine Kombination aus Schutzbau und Rekonstruktion befindet sich in der Nähe von Speyer in Baden-Württemberg. Dort wurde in den Jahren von 1992 bis 2000 ein römischer Vicus nahe der Stadt Eisenberg ausgegraben. Durch die überdurchschnittlich gute Erhaltung der Befunde wurde im Jahr 2003 begonnen, die Kellerbereiche einiger Häuser zu rekonstruieren, die dann durch einen Überbau mit begehbarer Innenkonstruktion und Dokumentationszentrum geschützt werden sollen. Durch diese Stege soll das ursprüngliche Niveau der römischen Straßen und ihre Ausrichtung angezeigt werden (Abb. 5). Außerdem befinden sich gegenüber des Schutzbaus weitere Ausstellungsräume, ein Café und Arbeitsräume für die Archäologen. Teile des umliegenden Ackerlandes wurden von der Gemeinde und dem historischen Verein der Stadt Rosenthal gekauft, um darauf einen archäologischen Park zu errichten, der dann gemeinsam vom Land, der Gemeinde und gesuchten Sponsoren aus Wirtschaft und Tourismus finanziert werden soll (Himmelmann/Kreckel 2001, 350f.).

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Details

Titel
Inwertsetzung von Bodendenkmälern
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Professur für Ur- und Frühgeschichte)
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
13
Katalognummer
V264121
ISBN (eBook)
9783656532576
ISBN (Buch)
9783656535881
Dateigröße
4699 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
inwertsetzung, bodendenkmälern
Arbeit zitieren
Lisa Kruse (Autor:in), 2013, Inwertsetzung von Bodendenkmälern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264121

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