Seit der Einführung des Vermummungsverbots für Versammlungsteilnehmer im Jahr 1989 wurde gleichzeitig auch die Videoaufzeichnung von Versammlungen gesetzlich geregelt .
Dabei handelt es sich um eine polizeiliche Maßnahme, die gewisse Grundrechte der Betroffenen tangieren kann.
Daher ist das zentrale Ziel dieser Hausarbeit sich mit der Fragestellung zu befassen ob die Videografie von Versammlungen eine zulässige Maßnahme darstellt.
Weitergehend ist es natürlich wichtig zu erläutern, welche Ansprüche an dieser Maßnahme gestellt sind und wie mit den gewonnenen Daten umzugehen ist.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
B. Schutzbereich und Grundrechte
C. Eingriffsermächtigung
D. Speicherung und Verwendung der gewonnenen Daten
E. Schluss
A. Einleitung
Seit der Einführung des Vermummungsverbots für Versammlungsteilnehmer im Jahr 1989 wurde gleichzeitig auch die Videoaufzeichnung von Versammlungen gesetzlich geregelt[1]
Dabei handelt es sich um eine polizeiliche Maßnahme, die gewisse Grundrechte der Betroffenen tangieren kann.
Daher ist das zentrale Ziel dieser Hausarbeit sich mit der Fragestellung zu befassen ob die Videografie von Versammlungen eine zulässige Maßnahme darstellt.
Weitergehend ist es natürlich wichtig zu erläutern, welche Ansprüche an dieser Maßnahme gestellt sind und wie mit den gewonnenen Daten umzugehen ist.
B. Schutzbereich und Grundrechte
Das Versammlungsrecht ist verfassungsmäßig durch Art. 8 I GG festgeschrieben. Dieses Recht sichert allen Deutschen die Freiheit zu sich unter freiem Himmel oder in geschlossenen Räumen friedlich und ohne Waffen versammeln zu dürfen.
Eine Versammlung stellt in diesem Sinne eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gesellschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung dar[2]
Nach h. M. besteht eine Versammlung ab einer Zusammenkunft von mindestens zwei Personen.
Der Begriff „friedlich“ ist nach § 5 Nr. 3 VersG negativ legaldefiniert und bedeutet, dass die Versammlung keinen gewalttätigen oder aufrüherischen Verlauf nehmen darf. Als Waffen sind Gegenstände nach § 1 WaffG gemeint (auch gef. Gegenstände i.S.d §124 StGB und Schutzwaffen nach § 24 VersG).
Interessant ist an dieser Stelle inwiefern das Versammlungsrecht durch die Videografie hier betroffen sein könnte. Dazu hat das BVerfG wie folgt entschieden.
Das Versammlungsrecht garantiert eine möglichst ungestörte und unbeeinflusste Teilnahme des Einzelnen an Versammlungen oder Demonstrationen. Dies setzt voraus, dass jeder das Grundrecht wahrnehmen kann ohne dabei registriert und identifiziert zu werden.
Hier kommt es nach herrschender Meinung ganz besonders auf die innere Entschlussfreiheit an, die durch diese mögliche Einschüchterung beeinflusst werden könnte.
Eine staatliche Überwachungsmaßnahme, wie die Videografie sei dazu geeignet, potentielle Versammlungsteilnehmer in ihrer inneren Bereitschaft zur Versammlung zu beeinträchtigen[3]. Das alleinige Gefühl des Beobachtetseins könnte möglicherweise dazu führen, dass einzelne potentielle Teilnehmer auf die Teilnahme einer Demonstration verzichten[4]
Darüber hinaus stellt die Videografie in Form einer Ansammlung von Bilddaten von Gesichtern einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 I i.V.m. 1 I GG dar. Dieses zusammengesetzte Recht basiert auf das Volkzählungsurteil von 1983 und gibt jeder Person die Freiheit über ihre Daten selbst zu verfügen und über jede Form der Datenverarbeitung bestimmen zu dürfen.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hiermit also tangiert[5]
C. Eingriffsermächtigung
Nach Art. 8 II GG heißt es, dass ein Eingriff auf dieses Recht bei Versammlungen unter freiem Himmel durch ein anderes Gesetz oder aufgrund eines anderen Gesetzes möglich ist.
Als präventive Maßnahme könnte daher § 15 PolG möglich sein. Demnach dürfen Ansammlungen von Personen videografisch aufgezeichnet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden. Eine Ansammlung ist ein zufälliges Zusammentreffen von Personen[6]. Als Beispiel wäre hier das Zusammentreffen einer Gruppe Schaulustiger bei einem Unfall zu nennen oder das Feiern einer Party mit kommerziellem Hintergrund (Loveparade). Die Definitionen von Ansammlungen und Versammlungen gehen also auseinander. Dies resultiert aus der Tatsache, dass die Versammlung besonders geschützt ist. Der § 15 PolG ist hier also nicht anwendbar, da es sich bei Ansammlungen nicht um eine Meinungsäußerung Gleichgesinnter handelt
[...]
[1] Dietel/ Gintzel/ Kniesel in „Versammlungsgesetz“ (2011/16. Aufl.)§12a Rn.5;
Thilo Weichert auf https://www.datenschutzzentrum.de/faq/demovid.htm.
[2] Vgl. Dietel/ Gintzel/ Kniesel in „Versammlungsgesetz“ (2011/16. Aufl.), §1 Rn.6; Lars Riemann in „Die Vereinbarkeit der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG in Verbindung mit Demonstrationen gebunden an den Fall Brokdorf 1981“ (1998) S. 3., BVerfGE vom 26.10.2004 - 1 BvR 1726/01 in NVwZ 2005, S. 80.
[3] OVG Bremen vom 24.04.1990 - 1 BA 18/89 in NVwZ 2007, S.1188.
[4] VG Berlin vom 05.07.2010 -1 K9 05.09 in PM Nr. 41/2010 des VG Berlin vom 27.07.2010.
[5] Vgl. VG Berlin vom 05.07.2010 -1 K905.09 in PM Nr. 41/2010 des VG Berlin vom 27.07.2010.
[6] Vgl. Michael Honikel auf http://staatsrecht.honikel.de/de/artikel-6-10-gg.htm.
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- Christian Demir (Autor), 2012, Videografie von Versammlungen. Eine zulässige Maßnahme?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264100