Der Wert und die Leistungskraft einer Schriftkultur werden durch die Art und Weise bestimmt,
„wie die Potenziale der Schrift in einer Gesamtkultur, die von verschiedenen gesellschaftlichen Interessen geprägt ist, eingesetzt werden, um übergeordnete Ziele in Ökonomie, Kultus, Mythos, Kunst, Wissen, Bildung u. a. zu erreichen.“
Schrift ist weit mehr als ein pragmatisches Mittel zur Kommunikation. Sie ist kein bloß äußerliches Medium zum Transportieren von Inhalten, denen gegenüber sie sich neutral verhält. Schrift ist auch ein Machtinstrument und ihre Anwendung kann der Herrschaftsausübung dienen. Deshalb können sich mit veränderter Staatsräson auch die Anforderungen an eine Schrift ändern. Selbst der Schrifttyp kann hier entscheidend sein, denn er trägt wesentlich zum Gehalt des Geschriebenen bei. Er ist mit paralingualen Botschaften überlagert, die Bedeutungen konstruieren und zuschreiben. Die Typographie ist somit eine subtile Sinnressource bei der Produktion und Rezeption von Texten. Sie weist einen inszenatorischen Charakter auf, der auch von Machthabern eingesetzt und verändert werden kann. Dies lässt sich besonders gut an dem Verbot der Frakturschrift durch die Nationalsozialisten verdeutlichen.
Das Verbot der Frakturschrift und die Einführung der Antiqua als „Normalschrift“ durch die Nationalsozialisten 1941 beendeten den fünf Jahrhunderte andauernden Schriftenstreit. Da scheint es überraschend, dass die Fraktur heute im kollektiven Gedächtnis Deutschlands teilweise als nationalsozialistische Schrift eingebrannt ist. In der Forschung wird das Verbot vor allem mit der machtpolitischen Situation Deutschlands Anfang 1941 begründet, es sei zwar kulturverachtend durchgeführt, in seinen Folgen aber positiv zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung.
- 2 Ideologie und Herrschaftssystem des Nationalsozialismus.
- 3 Nationalsozialistische Schriftpolitik von 1933 bis 1939
- 3.1 Hitlers Position in der Schriftenfrage.
- 3.2 Die Schriftpolitik staatlicher Organe.
- 3.3 Schriftpolitik von Parteiorganen und Zweigorganisationen der NSDAP.
- 4 Die Beendigung des Schriftenstreits
- 4.1 Erste Anzeichen eines schriftpolitischen Umschwungs um 1940.
- 4.2 Die,,Führerentscheidung“ in der Schriftenfrage und deren Motive.
- 4.3 Die Umsetzung des Verbotes der Frakturschriften.
- 5 Nationalsozialistische Schriftpolitik.
- 6 Schriftkultur und Herrschaftspraxis.
- 7 Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Verbot der Frakturschrift durch die Nationalsozialisten im Jahr 1941. Sie untersucht die Hintergründe dieser schriftpolitischen Entscheidung und beleuchtet die Positionen der entscheidenden Akteure, insbesondere Adolf Hitlers, staatlicher und parteilicher Organe. Die Arbeit zeichnet den Prozess der schrittweisen Umkehr in der Schriftpolitik nach, die sich bereits um 1940 abzeichnete, und analysiert die Motive und Auswirkungen des Frakturverbots. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Schriftkultur für die Herrschaftspraxis im Nationalsozialismus diskutiert.
- Der Antiqua-Fraktur-Streit in der deutschen Geschichte
- Die nationalsozialistische Ideologie und ihre Auswirkungen auf die Schriftpolitik
- Die Rolle von Adolf Hitler und anderen einflussreichen Personen im Frakturverbot
- Die Umsetzung und die Folgen des Verbots der Frakturschrift
- Die Bedeutung von Schriftkultur im Kontext von Macht und Herrschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beleuchtet die Bedeutung von Schriftkultur für Kommunikation und Herrschaft. Sie stellt die Forschungsfrage nach den Ursachen und Folgen des Frakturverbots im Kontext der nationalsozialistischen Ideologie und Herrschaft.
- Kapitel 2: Ideologie und Herrschaftssystem des Nationalsozialismus: Dieses Kapitel skizziert die wichtigsten Ideologien des Nationalsozialismus, insbesondere den antisemitischen Rassismus, die Volksgemeinschaftsideologie und den Führerkult. Es betont die Rolle dieser Ideologien für die Herrschaftsausübung und ihre Relevanz für die Schriftpolitik.
- Kapitel 3: Nationalsozialistische Schriftpolitik von 1933 bis 1939: Dieses Kapitel beleuchtet die Schriftpolitik des NS-Regimes in der Zeit von 1933 bis 1939. Es beschreibt die unterschiedlichen Positionen von Adolf Hitler, staatlichen Organen und Parteiorganen in der Schriftfrage und analysiert die frühen Anzeichen eines schrittweisen Wandels in der Schriftpolitik.
- Kapitel 4: Die Beendigung des Schriftenstreits: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Entwicklungen um 1940 und beleuchtet die „Führerentscheidung“ im Frakturverbot. Es analysiert die Motive für diesen Kurswechsel und die Umsetzung des Verbots.
- Kapitel 5: Nationalsozialistische Schriftpolitik: Dieses Kapitel vertieft die Analyse der nationalsozialistischen Schriftpolitik und diskutiert ihre Auswirkungen auf die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung.
- Kapitel 6: Schriftkultur und Herrschaftspraxis: Dieses Kapitel betrachtet die Frakturschrift im Kontext von Herrschaft und Kultur und analysiert die Bedeutung von Schriftkultur für die Herrschaftspraxis des Nationalsozialismus.
Schlüsselwörter
Nationalsozialismus, Schriftkultur, Fraktur, Antiqua, Schriftpolitik, Herrschaft, Ideologie, Antisemitismus, Volksgemeinschaft, Führerkult, Rasse, Kultur, Kommunikation, Geschichte.
- Quote paper
- Daniela Berbenni (Author), 2013, Schrift und Herrschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263313