Bis zu welchem Grad reicht die Verantwortung für Menschen, die tagtäglich die Flucht nach Europa wagen? Nicht erst seit den Unruhen im Nahen Osten ist der Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden ein kontrovers diskutiertes Thema in der Politik. In Deutschland ebenso wie im gesamteuropäischen Kontext geht es um die Frage: Schutz oder Abschottung?
Dieses Buch gibt einen Einblick in die Grundzüge der europäischen und deutschen Asylpolitik in ihren Entwicklungen, die den Begriff der „Festung Europa“ prägten. Doch wie europäisiert ist die Flüchtlingspolitik wirklich?
Aus dem Inhalt:
Historische Grundlagen der Einwanderungspolitik
Kooperation: Die Genese eines gemeinsamen europäischen Asylsystems
Das Spannungsfeld zwischen nationaler Souveränität und Integration
Theorien der europäischen Integration
Inhaltsverzeichnis
Christian Kaschner (2010): Ist die Entwicklung eines Gesamtkonzepts bei nationalen Steuerungsversuchen im Bereich der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union nötig?
Einführung
Asyl- und Einwanderungspolitik in ausgewählten Mitgliedstaaten der EU
Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union
Etablierung eines europäischen Gesamtkonzepts
Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Anhang
Elisabeth Winter (2012): Die Asylpolitik der Europäischen Union im Spannungsfeld zwischen nationaler Souveränität und fortschreitender Integration
Einleitung
Ausgewählte Theorien der Europäischen Integration
Die Herausbildung europäischer Kompetenzen im Bereich Asyl
Die Genese eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Einzelpublikationen
Christian Kaschner (2010): Ist die Entwicklung eines Gesamtkonzepts bei nationalen Steuerungsversuchen im Bereich der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union nötig?
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einführung
Grundlagen
Die Einwanderung in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt kein neues Phänomen dar. Sie unterliegt bezüglich Herkunft, Umfang und Verteilung auf die Mitgliedstaaten jedoch großen Schwankungen, wie sich vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und während der jugoslawischen Bürgerkriege in den 1990er Jahren zeigte.
In der Vergangenheit bewegten sich die Politikbereiche der Asyl- und Einwanderungspolitik sowie der Integrationspolitik lange im Bereich der nationalen Souveränität. Die Entscheidung über Zugang und Aufenthalt auf dem eigenen Staatsgebiet stellte ein konstituierendes Element moderner Staatlichkeit dar. Die Nationalstaaten entschieden jeweils autonom beispielsweise über die Regulierung der Zuwanderung von Asylsuchenden und Flüchtlingen einschließlich der Regelungen über durchzuführende Asylverfahren, über die Öffnung der Grenzen für Arbeitskräfte sowie bezüglich der Regulierung des Familiennachzugs zu einem bereits im Inland lebenden Familienangehörigen.
Durch die fortschreitende wirtschaftliche und politische Integration in der Europäischen Union genießen die Bürgerinnen und Bürger der EU heute Freizügigkeit. Zunehmend wurde deutlich, dass durch die Verschiebung der Grenzen hin zu den Außengrenzen der Europäischen Union, ausgelöst durch den freien Personenverkehr, die Entscheidung für supranationale Regelungen zumindest in Teilbereichen unumgänglich wurde.[1] Bereits im Jahre 1999 wurde im Rahmen des in Kraft getretenen Vertrags von Amsterdam das Ziel definiert, sowohl eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik, anfangs insbesondere die Etablierung gemeinsamer Maßnahmen zur Abwehr illegaler Migrationsbewegungen, als auch andere Formen der Einwanderung aus Drittstaaten (z. B. Arbeitsmigration) gemeinsam zu regeln. Hintergrund dieser Zielformulierung war die Einsicht, dass sich Migrationsbewegungen in einem Raum ohne Binnengrenzen nur auf dem Wege der intergouvernementalen und supranationalen Zusammenarbeit sinnvoll und wirksam steuern lassen.[2]
Im Gegensatz zu früheren Jahren wird heute zunehmend diskutiert, inwiefern Europa angesichts demografischer und ökonomischer Entwicklungen in Zukunft auf Einwanderung angewiesen sein könnte. Insbesondere die Europäische Kommission als auch das Europäische Parlament weisen schon lange auf derartige Zusammenhänge hin und fordern eine „aktivere“ Migrationspolitik. In vielen Mitgliedstaaten hat sich die öffentliche Debatte lange fast ausschließlich zwischen „Abschottung“ auf der einen Seite (verstärkte Sicherung der Grenzen gegen illegale Einwanderung und restriktive Regelung in Bezug auf die Aufnahme von Asylsuchenden und Flüchtlingen) sowie Wahrung der Menschenrechte (Schutzgewährung für Flüchtlinge) auf der anderen Seite bewegt. Diese Betrachtungsweise weicht allerdings zum Teil zunehmend der Einsicht, dass Einwanderer – abhängig von ihrer Qualifikation – benötigt werden.[3]
Daneben muss sich die Asyl- und Einwanderungspolitik auch mit den Schattenseiten der Migrationsbewegungen auseinandersetzen. Häufig werden beispielsweise Asylverfahren auch von Personen in Anspruch genommen, welche die gesetzlichen Voraussetzungen für internationalen Schutz oder für einen anderen rechtmäßigen Aufenthalt nicht erfüllen. In vielen Fällen werden Aufnahmeverfahren missbräuchlich genutzt, um zeitweilig den Aufenthalt zu sichern. Andererseits ist illegale Einwanderung oft mit menschlichen Tragödien verbunden. Kriminelle Schleuserbanden schmuggeln illegale Einwanderer gegen hohes Entgelt über Grenzen, oftmals unter großen Gefahren. Die Passage mit seeuntüchtigen Booten in Richtung der südlichen EU-Staaten wurde in den letzten Jahren tausenden Menschen zum Verhängnis. Hinzu kommt, dass viele, die es in die EU geschafft haben, von Menschenhändlern ausgebeutet werden und für Hungerlöhne Arbeit verrichten müssen. Hier hat die Europäische Union im Jahre 2002 mit einem Maßnahmenbündel (Gesamtplan zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels, Plan für den Grenzschutz an den Außengrenzen, Rückkehraktionsprogramm) die Bekämpfung der illegalen Einwanderung in den Fokus gerückt.[4]
Aktuelle Relevanz der Thematik
Wie könnte eine sinnvolle Asyl- und Einwanderungspolitik in Europa aussehen? Die spanische Regierung hat diese Fragestellung in den Mittelpunkt ihrer sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft[5] im ersten Halbjahr des Jahres 2010 gestellt. Die Frage, wie die Einwanderung nach Europa – egal ob legal oder illegal – gesteuert werden soll, beschäftigt die Politiker in der Europäischen Union in einem hohen Maße.
Bereits Ende Januar 2010 hat die spanische EU-Ratspräsidentschaft die in den Mitgliedstaaten zuständigen Minister für Asyl und Einwanderung zu einem informellen Gedankenaustausch eingeladen. Für die spanische Staatssekretärin Consuelo Rumi war dies ein Zeichen für das Engagement der Europäischen Union, Lösungen finden zu wollen: „Wir brauchen jetzt einen neuen Impuls. Der Vertrag von Lissabon gibt uns die Möglichkeit, einen institutionellen Rahmen für legale Einwanderung zu schaffen.“[6]
In den kommenden Monaten werden sowohl die Mitgliedsstaaten als auch die Europäische Kommission weiter über die Einwanderungspolitik debattieren. Die Grundlage hierfür stellt insbesondere der Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl dar, der durch die Staats- und Regierungschefs im Rahmen des Europäischen Rates am 16. Oktober 2008 verabschiedet wurde. Darin verpflichten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor allem dazu, sich besser abzustimmen, sowohl in Hinblick auf Abschiebung illegaler Einwanderer als auch bezüglich des Schutzes von Asylsuchenden.
Bereits im Dezember 2009 haben sich die Mitgliedstaaten darauf geeinigt, bis 2012 ein gemeinsames Asylsystem zu schaffen. Um dieses Ziel erreichen zu können, gilt es die entsprechenden legislativen Maßnahmen in Ergänzung zu den bereits bestehenden Rechtsgrundlagen zügig umzusetzen.
Gerade die südlichen EU-Mitgliedstaaten fordern eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten, da vor allem diese sich mit einem überdurchschnittlichen Zuwanderungsdruck von Asylsuchenden konfrontiert sehen.[7]
Methodik und Zielsetzung
Grundsätzlich kann in Bezug auf Migration in der Europäischen Union zwischen interner Migration innerhalb der EU von Bürgern der Mitgliedstaaten (Freizügigkeit der Unionsbürgerinnen und -bürger) auf der einen Seite und der Migration nach oder in Europa durch Nicht-EU-Bürger (sog. Drittstaatsangehörige[8] ) auf der anderen Seite differenziert werden.[9] Betrachtet wird vorliegend sowohl die legale als auch die illegale Einwanderung von Drittstaatsangehörigen in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also die Migration von Drittstaatsangehörigen sowohl in die Europäische Union als auch innerhalb der Europäischen Union. Die reine Binnenwanderung von Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union innerhalb der Europäischen Union wird im Rahmen dieser Arbeit keiner näheren Betrachtung unterzogen.
Zunächst sollen der Terminus der Migration geklärt und die historischen Wurzeln der europäischen Migration näher beleuchtet werden. Anschließend werden die Formen der europäischen Migration in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die allgemeinen Gründe für Migration, also die Triebkräfte, die Menschen zur Migration motivieren, dargestellt.
Im Anschluss erfolgt eine Definition des Begriffs „Asyl“ sowie eine Darstellung der Fluchtbewegungen innerhalb Europas bzw. nach Europa. Anschließend wird die sog. Genfer Flüchtlingskonvention als Grundlage des internationalen Flüchtlingsschutzes näher beleuchtet. Dies soll dazu dienen, die Entwicklung der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union bis heute nachvollziehen zu können.
Vor diesem Hintergrund stellt die vorliegende Arbeit, ausgehend von den historischen Grundlagen, nationalstaatliche Versuche der Steuerung der Einwanderungs- und Asylpolitik in ausgewählten Mitgliedstaaten der Europäischen Union, namentlich in Deutschland, Frankreich und Großbritannien in ihren Grundzügen dar. Anschließend wird die Entwicklung der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union seit Gründung der Europäischen Gemeinschaften bis zum Vertrag von Lissabon im Dezember 2009 und der Verabschiedung des sog. Stockholmer Programms dargelegt und erläutert sowie der Stand der zunehmenden Integration in diesem Politikbereich bewertet. Abschließend wird die Notwendigkeit eines Gesamtkonzepts in der Asyl- und Einwanderungspolitik der Europäischen Union vor dem Hintergrund der Berücksichtigung nationaler Besonderheiten im Bereich der Asyl- und Einwanderungspolitik dargestellt und kritisch diskutiert.
Migration in Europa
Migration
Begriffsdefinition
Der Begriff „Migration“ ist nur schwer greifbar und leitet sich aus dem Lateinischen „migrare“ bzw. „migratio“ (wandern, wegziehen bzw. Wanderung) ab. Eine international anerkannte verbindliche Definition existiert nicht.[10] Vielmehr bestehen uneinheitliche und unscharfe Definitionen. Diese variieren abhängig von der jeweiligen Wissenschaft (Soziologie, Ökonomie, Geschichtswissenschaft, Politologie, Demografie, Geografie), die sich mit dem Phänomen „Migration“ beschäftigt.[11]
Der Hauptgrund dieser Unschärfe besteht allerdings auch darin, dass es sich bei der Migrationsforschung um eine eher junge Wissenschaft handelt. Während sich in den USA bereits Anfang des 20. Jahrhunderts eine Einwanderungsforschung entwickelte, etablierte sich in Europa eine Migrationsforschung erst in den 1960er Jahren, deren Schwerpunkt sich anfangs überwiegend auf die Gastarbeiterforschung beschränkte.[12]
Der Begriff „Migration“ stellt zunächst einen Oberbegriff dar und umfasst sowohl die Immigration (Einwanderung) als auch die Emigration (Auswanderung). Das Begriffspaar „Immigration/Emigration“ kann definiert werden als „der normalerweise definitive Wechsel aus einem Herkunftsland beziehungsweise aus einer bestimmten Herkunftsregion in eine neue Ankunftsgesellschaft“.[13] Darüber hinaus lässt sich Migration grundsätzlich in einem engen und weiten Sinne auslegen. Im Rahmen der engen Auslegung versteht man hierunter eine „relativ dauerhafte freiwillige Änderung des hauptsächlichen Wohnortes von einem politischen Raum in einen anderen“.[14] Die weite Auslegung umfasst dagegen alle Wanderungsbewegungen, insofern interne Migration (innerhalb eines Nationalstaates) und freiwillige sowie erzwungene Auswanderung aus den unterschiedlichsten Gründen (u.a. Suche nach Arbeit, aber auch Flucht und Vertreibung).[15]
Grob kann konstatiert werden, dass Migration alle Wanderungsbewegungen von Menschen, Individuen oder Gruppen, die ihren bisherigen Wohnsitz längerfristig oder dauerhaft wechseln, unabhängig von den Motiven oder Ursachen, die der Verlagerung des Wohnsitzes zugrunde liegen, umfasst.[16] Migration lässt sich insofern definieren als „a permanent or semipermanent change of residence“.[17]
Nach einer bewährten Definition umfasst Migration die räumliche Bewegung über eine bedeutsame Entfernung von einzelnen Individuen, Personenverbänden oder Kollektiven mit der Folge der Veränderung des Lebensmittelpunktes. Die rein räumliche Mobilität ohne Veränderung des Lebensmittelpunktes (z. B. Tourismus, kurzfristige berufliche Aufenthalte) wird insofern nicht erfasst.[18]
Im Rahmen der vielfachen Versuche, den Begriff „Migration“ zu definieren, werden im Folgenden die Definitionen der Europäischen Kommission als auch der Vereinten Nationen herangezogen.
Die Europäische Kommission definiert den Begriff „Migration“ als „Vorgang des Verlassens eines Landes oder einer Region, um sich in einem anderen Land oder einer anderen Region niederzulassen.“[19] Migranten sind demnach Personen, die ein Land oder eine Region verlassen, um sich, oft auf der Suche nach einem besseren Leben, in einem anderen Land oder einer anderen Region niederzulassen.[20]
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Begriff der „Migration“ nur schwer greifbar ist und sich nur kaum abschließend definieren lässt. Es handelt sich hierbei allerdings mehr um ein theoretisches Problem der Abgrenzung und soll in diesem Rahmen nicht näher vertieft werden. Gegenstand dieser Arbeit ist die definitive Einwanderung in die Europäische Union aus Drittstaaten mit dem Ziel einer Niederlassung innerhalb der Europäischen Union, also mit dem Ziel der Verlagerung des Lebensmittelpunktes.[21]
Historische Wurzeln
Europa stellte im 19. und 20. Jahrhundert den Kontinent mit den weltweit größten Migrationsbewegungen dar. Zwischen 1815 und 1930 wanderten über 50 Millionen Europäer aus, vor allem nach Nord- und Südamerika. Im gleichen Zeitraum wanderten mehrere hunderttausend Arbeiter in erster Linie aus Polen und der Ukraine nach Westeuropa, überwiegend nach Deutschland (Ruhrgebiet und Oberschlesien), Frankreich (Lothringen) und England (Midlands). Im Rahmen weiterer bedeutender innereuropäischer Wanderungsbewegungen migrierten mehrere hunderttausend arbeitsuchende irische Staatsbürger nach England und Schottland, zehntausende Italiener nach Frankreich und der Schweiz. Gleichzeitig flüchteten mehr als 200.000 osteuropäische Juden aufgrund zunehmender ethnischer Spannungen aus der Ukraine und dem Baltikum nach Berlin, Prag, Paris und Wien.
Während das 19. Jahrhundert überwiegend von „freiwilliger“ Migration geprägt war, stellten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen aus ethnischen, religiösen und politischen Gründen die bedeutendste Migrationsform dar. Nach dem Ersten Weltkrieg waren in Folge der Entstehung neuer Nationalstaaten insgesamt sechs Millionen Menschen von Wanderungsbewegungen betroffen.[22] Daneben setzte bereits nach dem Ersten Weltkrieg eine umfangreiche Arbeitskräftewanderung ein. Von 1918 bis Mitte der 1930er Jahre migrierten innerhalb Europas schätzungsweise 1,2 Millionen Arbeiter sowie deren Familienangehörige, wobei Polen das Hauptherkunftsland und Frankreich das primäre Zielland darstellten. Eine weitere politisch motivierte große Wanderungswelle folgte in den 1930er Jahren, als 450.000 Juden und politisch Verfolgte das Deutsche Reich verließen. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg war nahezu jedes europäische Land mit unfreiwilligen Migrationsbewegungen konfrontiert.[23]
Formen der europ. Migration in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich verschiedene Formen der Migration, von denen einige noch heute das Wanderungsgeschehen in Europa nachhaltig bestimmen. Differenziert werden diesbezüglich fünf Formen von Migration, von der einzelne Staaten der Europäischen Union unterschiedlich stark betroffen waren:
- Vertreibungen und Repatriierungen als Folge des Zweiten Weltkriegs
- Entkolonialisierung und postkoloniale Migration
- Arbeitsmigration
- Ethnische und politische Flüchtlinge sowie
- Migration von Eliten und Privilegierten
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war Europa vor allem von Auswanderung geprägt, wohingegen ab Mitte des 20. Jahrhunderts und nach der erzwungenen Flucht einer Vielzahl von Menschen als unmittelbare Folge des Zweiten Weltkriegs die Einwanderung nach Europa die vorherrschende Migrationsform wurde. Ursächlich für die Entwicklung hin zu steigenden Einwanderungszahlen war auf der einen Seite das Ende des Kolonialzeitalters sowie auf der anderen Seite der beginnende wirtschaftliche Aufschwung in den Staaten Westeuropas. Während in den 1950er und auch 1960er Jahren überwiegend die Rückkehr von europäischen Siedlern aus den in die Unabhängigkeit entlassenen früheren Kolonialgebieten erfolgte, setzte anschließend zunehmend eine Migration von Menschen außereuropäischer Herkunft nach Europa ein, sog. postkoloniale Wanderungen von Bewohnern ehemaliger Kolonialgebiete. Zielländer waren anfangs vor allem die Beneluxstaaten, Frankreich und Großbritannien, später auch Italien, Portugal und Spanien. Ursächlich für diese Wanderungsbewegungen waren eine Verschlechterung der Lebensbedingungen, ethnische und politische Konflikte in zahlreichen neu gegründeten Staaten und die Förderung der Zuwanderung aus Afrika, Süd- und Südostasien sowie der Karibik im Zuge der Nachfrage nach billigen Arbeitskräften durch europäische Staaten. Die postkoloniale Wanderung nach Europa wurde durch zahlreiche Faktoren begünstigt, so etwa durch die Zuerkennung der Staatsbürgerschaft für Bewohner der ehemaligen Kolonialgebiete bzw. zumindest die Bevorzugung bei der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen. Einen weiteren Vorteil stellte in vielen Fällen die kulturelle Orientierung der Zuwanderer dar (Beherrschung der Sprache des ehemaligen Kolonialherren, der Aufbau des Bildungssystems sowie bestehende Verbindungen zwischen den ehemaligen Kolonien und dem Mutterland). Auf diese Weise wurde insbesondere indischen und pakistanischen Personen die Einreise nach Großbritannien sowie Personen aus Nord- und Westafrika nach Frankreich erleichtert.
Die koloniale und postkoloniale Migration hat heute insgesamt an Bedeutung verloren. Allerdings sind trotz steigender Arbeitslosigkeit und einer zunehmend restriktiven Einwanderungspolitik weiterhin Wanderungen aufgrund der bestehenden spezifischen Verflechtung von Herkunfts- und Zielstaaten vorhanden.
Die Arbeitsmigration liefert teilweise Überschneidungen mit der postkolonialen Migration und erfolgte zumeist im Rahmen bilateraler Anwerbeabkommen zwischen Herkunfts- und Zielländern. Da eine Migration aus Osteuropa aufgrund der dort herrschenden kommunistischen Regierungen nicht möglich war, erfolgte eine Zuwanderung teilweise im Rahmen der Arbeitsmigration aus den ehemaligen bzw. in den 1950er und 1960er Jahren aus den zum Teil noch bestehenden Kolonien sowie aus den Staaten des Mittelmeerraumes (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien, Türkei und dem ehemaligen Yugoslawien). Hauptzielländer waren Deutschland und Frankreich, wobei Frankreich vor allem auch ein Zielland für Arbeitskräfte aus den Mahgrebstaaten (Algerien, Marokko und Tunesien) darstellte. Anfang der 1970er Jahre wurde der Höhepunkt der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in den westeuropäischen Staaten erreicht. Ab Mitte der 1970er Jahre folgten im Zuge der wirtschaftlichen Rezession ein Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte sowie Zugangsbeschränkungen für Bewohner ehemaliger Kolonialgebiete. Bei den bis Mitte der 1970er Jahre zugewanderten Arbeitskräften handelte es sich vor allem um ledige, junge Männer mit überwiegend niedriger Qualifikation. Anstellungen erfolgten hauptsächlich im verarbeitenden Gewerbe, in der Land- und Bauwirtschaft sowie im Dienstleistungsbereich mit geringen Verdienstmöglichkeiten (vor allem im Reinigungs- und Gaststättengewerbe).
Nach einer etwa zwanzigjährigen Phase der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte endete somit die Ära der „Gastarbeiter-Migration“ abrupt. Von den Einwanderungsbeschränkungen nicht betroffen waren Arbeitssuchende aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ebenso wie Familienangehörige bereits eingereister und bereits sesshafter Migranten. Sowohl der Familiennachzug als auch die steigende Geburtenrate der ausländischen Bevölkerung hatten in der Folgezeit nachhaltige Auswirkungen auf die Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung in den Zielländern und sorgten im Zuge des Anstiegs des Anteils von Frauen, Kindern und Jugendlichen unter den Migranten für strukturelle Veränderungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.[24]
Gründe für Migration
Die Ursachen für Migration sind vielschichtig und Ergebnis eines überaus komplexen Verhaltensmusters von Menschen, so dass die Erklärung mit einem allgemeingültigen Modell nur schwer möglich ist.
Migrationsbewegungen sind das Ergebnis einer Vielzahl zusammenhängender Ursachen und Zwänge kultureller, politischer, wirtschaftlicher, religiöser, demografischer, ökologischer, ethnischer oder sozialer Art. Sie sind das Produkt des Zusammenspiels gesellschaftlich struktureller Faktoren auf der einen und persönlich individueller Faktoren auf der anderen Seite.[25]
Einen Ansatzpunkt zur Erklärung des Phänomens bildet das sog. Push-Pull-Modell, das die Druckfaktoren („push“) des Herkunftsstaates der Migranten, also die Faktoren, die diese zur Emigration bewegen, den Anreizfaktoren („pull“) des Zielstaates, also jenen Faktoren, die die Migranten zur Immigration anreizen und motivieren, gegenüberstellt. Als zentrale „Push-Faktoren“ können Konflikte, die Auflösung und/oder der Zerfall multicultural states, natural disasters or other environmental problems, discriminativon Staaten, Naturkatastrophen oder andere Umweltprobleme, Diskriminierung, politische Instabilität und eine schlechte wirtschaftliche Situation betrachtet werden. Demgegenüber wirken die „Pull-Faktoren". Hierzu gehören eineneed for a labour force, a positive economic situation, democratic governance with Nachfrage nach Arbeitskräften, eine positive wirtschaftliche Situation, eine demokratische Staatsführung mit politischer und sozialer Stabilität sowie eine Reihe weiterer Gründe, insbesondere historischer Art (z. B. die enge Beziehung zu einem europäischen Staat aufgrund der Kolonialgeschichte) und persönliche Beziehungen im jeweiligen Zielstaat.[26]
Das sog. „Arbeitsmarktungleichgewicht“ ist vor diesem Hintergrund sowohl zentraler Push- als auch Pull-Faktor. Hierbei versuchen unterschiedliche Hypothesen das Phänomen zu erklären. Zum einen, die „job-vacancy-Hypothese“ (Arbeitslosigkeit in der Herkunftsregion, Arbeitsplatzangebot in der Zielregion), zum anderen die „income-differentials-Hypothese“ (höhere Löhne in der Zielregion). Hinzu kommt die sog. „Migrant-stock-Variable“, die die Informationen der bereits Ausgewanderten an mögliche künftige Migranten aus dem jeweiligen Herkunftsstaat berücksichtigt.[27] Diese „Beziehungs-Netzwerke“ können andere Faktoren in den Hintergrund drängen, da die Beeinflussung potentiell Ausreisender durch bestehende Kontakte zu bereits migrierten Personen in der Zielregion eine bedeutende und oft die entscheidende Rolle spielen kann.[28]
Asyl in der Europäischen Union
Begriffsdefinition
Das Recht des Asyls stellt eines der ältesten Rechtsinstrumente der Menschheit dar. Abgeleitet aus dem griechischen Wort „asylos“ in der Bedeutung „das, was nicht ergriffen werden kann“[29] bezeichnet „to asylon“ ursprünglich die Zufluchtsstätte in bzw. an der ein Verfolgter vor seinen Verfolgern Schutz findet. Im Vordergrund steht insofern ein räumliches Verständnis. Heute versteht man unter „Asyl“ im juristischen Sinne den Schutz vor politischer Verfolgung, der einer aufgenommenen Person gewährt wird.[30]
In Anlehnung an die räumliche Komponente werden zwei Asylarten unterschieden. Das sog. „interne Asyl“ beschreibt den „Schutz, der einer Person im Gebiet des sie verfolgenden Staates von einem anderen Staat gewährt wird“[31], beispielsweise in einer diplomatischen Vertretung oder auf einem militärischen Stützpunkt. Im Rahmen des sog. „externen Asyls“, das den Regelfall darstellt, sucht eine Person im Staatsgebiet eines fremden Staates Schutz.[32]
Gemäß Art. 1 des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) ist ein Asylbewerber eine Person, die um Schutz ersucht.[33]
Flüchtling ist demnach eine Person, „die sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will, oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“[34]
„Diese Definition bezieht sich im allgemeinen auf alle Personen, die auf individueller Basis Schutz beantragen, gleichgültig, ob sie ihren Antrag bei der Ankunft am Flughafen oder an der Landesgrenze oder innerhalb des Hoheitsgebiets stellen, sowie gleichgültig, ob sie ursprünglich legal (z. B. als Tourist) oder illegal in das Hoheitsgebiet eingereist sind.“[35]
In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestanden vor 1992 in Bezug auf die Bezeichnungen „Asylbewerber“ oder „Flüchtling“ eine Reihe von Definitionen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Kooperation im Bereich der Asylpolitik und letztendlich im Hinblick auf das Ziel der Etablierung eines gemeinsamen Asylsystems wurde aufgrund der bestehenden unterschiedlichen Auslegung des Begriffs „Flüchtling“ in einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Festlegung einer einheitlichen Definition unumgänglich. Aus diesem Grunde wurde mit dem Vertrag von Maastricht beschlossen, den Flüchtlingsbegriff einheitlich zu definieren. Eine Einigung erzielte man allerdings erst im Jahre 1996 im Rahmen eines „Gemeinsamen Standpunktes“ der Fachminister (durch den Rat der Europäischen Union). Die Definition des Begriffs „Verfolgung“ erfolgte hierbei anhand des Genfer Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge einschließlich der Unterscheidung zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Verfolgung und der Festsetzung von Bedingungen für die Gewährung des Flüchtlingsstatus.[36]
Mit der „Richtlinie über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes“ (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004) erfolgte schließlich unter Beachtung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung[37] eine für die Europäische Union verbindliche Definition sowohl des Begriffs „Flüchtling“ als auch der Bezeichnung „subsidiärer Schutz“. Demnach entspricht der Begriff „Flüchtling“ der Definition der Genfer Flüchtlingskonvention. Da die Genfer Flüchtlingskonvention nicht alle Situationen und Aspekte, mit denen ein Asylsuchender konfrontiert sein kann, erfasst, erfolgte eine Ergänzung im Rahmen der möglichen Gewährung des sog. „subsidiären Schutzes“. Dessen Definition basiert vor allem auf Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), Artikel 3 der Konvention der Vereinten Nationen gegen die Folter und grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung und Artikel 7 des Internationalen Paktes über Bürgerliche und Politische Rechte.[38] Der Ausdruck „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ bezeichnet demnach „einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden (…) zu erleiden (…) und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will.“[39]
Fluchtbewegungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Der europäische Kontinent blieb bis Ende der 1970er Jahre von den Flüchtlingsbewegungen in der Dritten Welt weitgehend unberührt.[40] Im Jahre 1966 wurden beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland lediglich 4.379 Asylanträge registriert.[41] Überwiegend handelte es sich um innereuropäische Fluchtbewegungen, beginnend in den 1960er Jahren in Folge niedergeschlagener Aufstände gegen kommunistische Regierungen in Osteuropa. Außereuropäische Flüchtlinge waren zu dieser Zeit eher die Ausnahme.[42]
Erst gegen Ende der 1970er Jahre stieg die Anzahl der Asylanträge, da zunehmend Flüchtlinge aus den Krisenherden der Dritten Welt bzw. aus Schwellenländern den Weg nach Europa suchten, insbesondere als Folge der Militärputsche in Chile und auch der Türkei, des Umsturzes in Pakistan, des Kriegs im Libanon, der Besetzung Afghanistans durch die Sowjetunion, des Bürgerkriegs in Sri Lanka als auch des Sturzes des Schah-Regimes und der Installierung der Chomeini-Diktatur im Iran.[43]
In den 1980er Jahren bis 1992 stieg die Anzahl der Asylanträge an. Während im Jahre 1982 lediglich 92.410 Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union registriert wurden, stieg diese Zahl kontinuierlich und erreichte im Jahre 1992 insgesamt 675.455.[44]
Allein der Zerfall und die „(Re-)Ethnisierung“ ehemals realsozialistischer Staaten Südost- und Osteuropas und in der Folge Kriege und Bürgerkriege, pogromartige Verfolgung ethnischer und/oder religiöser Minderheiten vor allem auf dem Balkan (Konflikte in Slowenien 1991, Kroatien 1991-1995, Bosnien-Herzegowina 1992-1995 und Kosovo 1998-1999)[45] waren für ca. 2/3 der Asylbewerber verantwortlich.[46]
Auch soziale und politische Krisenherde an der inneren und äußeren Peripherie Europas spielten zunehmend eine Rolle, insbesondere die kurdischen Autonomiebestrebungen in der Türkei und im Irak, der Zerfall staatlicher Autorität und in der Folge die Entstehung staatlichen und nicht-staatlichen Terrors in Afghanistan, Algerien und im Libanon.[47] Daneben führten auch ethnische Konflikte und Bürgerkriege in den GUS-Staaten sowie der Russischen Föderation und den damit einhergehenden Vertreibungen aus z. B. Georgien, Tadschikistan, Armenien und Tschetschenien zu innereuropäischen Fluchtbewegungen.[48]
Hinzu kamen politische Verfolgung und schwere Menschenrechtsverletzungen in einer Vielzahl von Staaten, insbesondere aber im Iran und in einer Reihe schwarzafrikanischer Staaten.[49]
Die Genfer Flüchtlingskonvention
Das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) bildet die wichtigste völkerrechtliche Grundlage des internationalen Flüchtlingsschutzes und wurde bis heute von insgesamt 155 Staaten unterzeichnet. Die Europäische Union hat die GFK nicht unterschrieben, da hierfür bislang keine rechtliche Grundlage existierte.[50] Da die GFK allerdings von den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet wurde, sind deren Verpflichtungen auch in Hinblick auf die materielle Angleichung des Asylrechts in der Europäischen Union von hoher Bedeutung.[51]
Nachdem sich die GFK in Folge des Zweiten Weltkriegs ursprünglich primär auf den Schutz europäischer Flüchtlinge beschränkte, wurde deren Wirkungskreis als Folge des zunehmend globalen Ausmaßes der Flüchtlingsproblematik am 31. Januar 1967 durch das „Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, das am 4. Oktober 1967 in Kraft trat, erweitert. Insbesondere die räumliche Beschränkung wurde mit diesem Protokoll aufgehoben. Die GFK gilt seither uneingeschränkt gegenüber allen Flüchtlingen weltweit.[52]
Die GFK besteht hauptsächlich aus drei Teilen: der völkerrechtlichen Definition des Begriffs „Flüchtling“, dem Gebot der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement) sowie den Regelungen zu Rechten und Pflichten von anerkannten Flüchtlingen im Zufluchtsland.
Betont werden muss, dass aus der GFK allerdings kein direktes, individuelles Recht auf Asyl für politisch Verfolgte abgeleitet werden kann. Das Ziel besteht in der Sicherstellung des Verfolgungsschutzes durch den zuständigen Vertragsstaat im Rahmen eines geregelten Verfahrens, d.h. die Entscheidung ob und wem Asyl zugestanden wird, liegt in der Zuständigkeit des jeweiligen Staates.[53]
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Rahmen der GFK der internationale Rechtsstatus des Flüchtlings erstmals umfassend geregelt wurde und die Grundlage bzw. den Bezugspunkt für die Asylgesetzgebung in einigen Staaten sowie auf supranationaler Ebene der Europäischen Union bildet.[54] Die GFK hat beispielsweise eine zentrale Rolle bei der Schaffung des zunächst nur im Ansatz vorhandenen „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ gespielt. Die Beachtung der Konvention war ständiges Thema bei der Vorbereitung, Vorstellung und Aushandlung der vier wichtigsten Rechtsinstrumente im Bereich Asyl (siehe dazu Kap. „Harmonisierung nationaler Vorschriften durch Richtlinien“). Ihre Bedeutung wird auch bei der Entwicklung der künftigen Politik weiterhin essentiell sein.[55]
Zusammenfassung
Der Begriff „Migration“ lässt sich schwer definieren, da bis heute keine international anerkannte und verbindliche Definition existiert. Abhängig von der jeweiligen Wissenschaft, die sich mit dem Phänomen der Migration auseinandersetzt, bestehen verschiedene Ansätze und dementsprechend unterschiedliche Definitionen. Allerdings ist dieses Problem in erster Linie theoretischer Natur. Festzuhalten ist, dass die Einwanderung (sowohl legal als auch illegal) in die Europäische Union aus Drittstaaten mit dem Ziel einer Niederlassung innerhalb der Europäischen Union und mit dem Ziel der Verlagerung des Lebensmittelpunktes in die Europäischen Union eine Form der Migration darstellt.
Migrationsbewegungen innerhalb Europas stellen heute kein neues Phänomen dar. Im Gegenteil, der europäische Kontinent war in den vergangenen zwei Jahrhunderten Schauplatz erheblicher Migrationsbewegungen. Allerdings änderten sich im Laufe der Zeit die Formen der Migration. Während im 19. Jahrhundert vor allem die freiwillige Migration vorherrschend war, setzten im 20. Jahrhundert unfreiwillige Migrationsbewegungen im Zuge von Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen aus ethnischen, religiösen und politischen Gründen ein, die sich bis zum Zweiten Weltkrieg weiter verstärkten.
Während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem Auswanderungsbewegungen in außereuropäische Gebiete zu beobachten waren, änderte sich dies in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einwanderung nach Europa wurde die vorherrschende Migrationsform, insbesondere im Zuge von postkolonialen Wanderungsbewegungen, der zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen in den Herkunftsgebieten, der Entstehung ethnischer und politischer Konflikte in zahlreichen neu gegründeten Staaten und vor allem aufgrund des zunehmenden Bedarfs an Arbeitskräften in einigen europäischen Staaten. Die Rekrutierung der Arbeitskräfte erfolgte sowohl durch innereuropäische als auch im Rahmen von außereuropäischen Anwerbeabkommen in hohem Maße durch die Rekrutierung billiger Arbeitskräfte aus den ehemaligen Kolonialgebieten europäischer Staaten. Nachdem Mitte der 1970er Jahre die Anwerbeabkommen als Folge der Wirtschaftskrise gekündigt wurden, sorgten in der Folgezeit vor allem der Familiennachzug (Familienangehörige von in europäischen Staaten tätigen Gastarbeitern) sowie eine hohe Geburtenrate der ausländischen Bevölkerung für strukturelle Veränderungen in den Gesellschaften der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Ebenfalls stellen Fluchtbewegungen eine Form von Migration dar. Die Termini „Asyl“ und „Flüchtling“ lassen sich allerdings klar definieren, was vor dem Hintergrund der Einführung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) auch erforderlich ist. Grundlage des Flüchtlingsbegriffs in der Europäischen Union bildet die Genfer Flüchtlingskonvention, die auch im Zuge der Etablierung der GEAS eine zentrale Rolle spielt. Daneben existiert in der Europäischen Union mit der möglichen Gewährung subsidiären Schutzes ein weiterer Schutztatbestand, da die Genfer Flüchtlingskonvention als völkerrechtliches Abkommen nicht alle Situationen und Aspekte, mit denen ein Asylsuchender konfrontiert sein kann, erfasst. Der Flüchtlingsschutz bzw. die Asylgewährung der Europäischen Union geht insofern über die rein völkerrechtlichen Bestimmungen hinaus.
Asyl- und Einwanderungspolitik in ausgewählten Mitgliedstaaten der EU
Einwanderung in die EU: Daten und Fakten
Abbildung 1: Prozentanteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung der EU im Jahre 2008
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, Quelle: Eurostat 2010
Zum Stichtag 1. Januar 2006 lebten 493 Millionen Menschen in der Europäischen Union, darunter 18,5 Millionen Einwanderer. Der prozentuale Anteil der Einwanderer beträgt aktuell 3,9% der Gesamtbevölkerung der Europäischen Union.[56] Die Nettoeinwanderung in die Europäische Union ist seit 2002 jährlich mit 1,5 bis 2 Millionen Personen zu beziffern.[57]
Die meisten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union wohnhaften Drittstaatsangehörigen stammen aus der Türkei, Marokko, Albanien, Algerien und Serbien. Hauptzielstaaten für Einwanderer stellten im Jahre 2006 Spanien, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Griechenland dar.[58]
In den Anlagen 1 und 2 ist die gesamte Ausländerquote (in Bezug auf die Gesamtbevölkerung) der einzelnen Mitgliedstaaten, die Quote in Bezug auf in den einzelnen Mitgliedstaaten lebenden EU-Ausländer als auch die Quote der Drittstaatsangehörigen (Bürger eines Staates außerhalb der EU-27) im Einzelnen für das Jahr 2008 dargestellt.
Luxemburg weist mit einer Ausländerquote[59] in Höhe von 42,6% den höchsten Wert auf. Es folgen Lettland (18,3%), Estland (17,1%), Zypern (15,9%), Irland (12,6%), Spanien (11,6%) und Österreich (10,3%). Deutschland liegt mit einem Ausländeranteil von 8,8% leicht über dem Durchschnitt der EU-27, der im Jahr 2008 insgesamt 6,2% betrug. In Frankreich beträgt die Ausländerquote 5,5%, in Großbritannien 6,6%. Die Ausländerquote in den östlichen Mitgliedstaaten ist generell niedrig und beträgt in Bulgarien 0,3 %, in Polen 0,2%, in Rumänien 0,1%, in der Slowakei 0,8%, in Tschechien 3,3% und in Ungarn 1,8%.
Bei näherer Betrachtung wird allerdings deutlich, dass Luxemburg zwar mit 42,6% einen im europäischen Vergleich extrem hohen Ausländeranteil aufweist. Es handelt sich hierbei allerdings überwiegend um Ausländer aus der EU-27 (36,6%), also um Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Ähnlich ist die Situation in Irland. Hier beträgt die Quote der Ausländer, die aus einem Mitgliedstaat der EU-27 stammen, insgesamt 8,9%, die Quote der Bürger, die aus einem Staat außerhalb der EU-27 stammen, lediglich 3,7%. Dagegen beträgt in Estland der Anteil an EU-Ausländern lediglich 0,6%, der Anteil der Bürger eines anderen Staates außerhalb der EU-27 dagegen 16,5%[60]. Von den in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländern stammte 2008 ungefähr jeder Dritte aus einem EU-Mitgliedstaat.
Grundsätzlich liefern die Daten einen umfangreichen Überblick über die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten. Betont werden muss allerdings, dass die Daten einiger Mitgliedstaaten kritisch hinterfragt werden müssen, da oft keine hinreichende Aussage in Bezug auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund[61] getroffen werden kann. In Frankreich leben beispielsweise deutlich mehr zugewanderte Menschen als es die Ausländerquote vermuten ließe, da es durch die koloniale Vergangenheit Migranten aus den ehemaligen französischen Kolonien und Überseegebieten vor in der Vergangenheit sehr leicht möglich war, die französische Staatsbürgerschaft anzunehmen, womit sie statistisch zwar als Franzosen mit Migrationshintergrund, aber nicht als Ausländer gewertet werden.[62]
Ein Unterschied in der Einwanderungssituation der Mitgliedstaaten der Europäischen Union lässt sich nicht nur in quantitativer Hinsicht feststellen. Erhebliche Unterschiede bestehen auch in Hinblick auf die Arten der Einwanderung. So dominiert beispielsweise in Mitgliedstaaten mit wenig regulierten Arbeitsmärkten die Arbeitsmigration (z. B. in Dänemark, Großbritannien, Irland und der Tschechischen Republik), während in anderen Mitgliedstaaten die Familienzusammenführung die stärkste Einwanderungskategorie darstellt (z. B. in Frankreich und Schweden). Deutschland und Italien nehmen diesbezüglich einen Platz im Mittelfeld ein. Die Arbeitsmigration sowie die Einwanderung aus Gründen der Familienzusammenführung bilden hier etwa den gleichen Anteil.
Auch die geografische Herkunft der Einwanderer in den jeweiligen Mitgliedstaaten variiert in hohem Maße und lässt sich sowohl auf historische Gründe als auch auf geographische Nähe zurückführen. Türkische Staatsangehörige bilden in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden die größte Ausländergruppe.[63] In Portugal und Spanien sind es vor allem Staatsangehörige aus den ehemaligen Kolonien (u.a. Angola, Brasilien, Kap Verde bzw. Ecuador und Marokko).[64]
Asyl in der EU: Daten und Fakten
Entwicklung der Anzahl der Asylantragsstellungen seit 1990
Abbildung 2: Anzahl der Asylanträge in der EU von 1990 bis 2009
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, Quellen: Eurostat 2010 und UNHCR 2010
Die Anzahl der Asylanträge unterlag in den letzten 20 Jahren großen Schwankungen. In den 1990er Jahren wirkten sich vor allem politische Krisen und bewaffnete Konflikte auf die Zahl der Personen aus, die in der damaligen EU-15[65] Asyl beantragten. Auf den stetigen Aufwärtstrend zwischen 1990 mit 397.030 Anträgen und 1992 mit insgesamt 672.385 Asylanträgen folgte ein starker Rückgang der Anzahl der Asylanträge.
Im Jahre 1996 sank die Zahl der Asylanträge in der EU-15 auf 227.805. In den Jahren nach 1996 führten weitere bewaffnete Konflikte im ehemaligen Yugoslawien zu einem erneuten Anstieg der Asylbewerberzahlen, wenngleich das Niveau zu Beginn der 1990er Jahre nicht mehr erreicht wurde. Den erneuten Höhepunkt nach 1996 stellte das Jahr 2001 mit 424.180 Asylanträgen dar. Im Vergleich zu 1996 bedeutete dies einen Anstieg in Höhe von 86%. Von 2001 bis zum Jahre 2006 setzte ein drastischer Rückgang der Asylantragszahlen ein. Insgesamt sank die Anzahl der Asylanträge in diesem Zeitraum um 115% (von 424.180 im Jahre 2001 auf 197.410 im Jahre 2006). Seit dem Jahre 2006 ist ein kontinuierlicher Anstieg feststellbar. Die Anzahl der Asylanträge in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union lag im Jahre 2009 bei insgesamt 242.918 Anträgen und stieg insofern um 23% im Vergleich zu 2006.
Insgesamt ist zu resümieren, dass seit 2006 ein leichter, aber stetiger Anstieg der Asylantragszahlen erkennbar ist. Allerdings bewegt sich die Gesamtanzahl erheblich unterhalb des Niveaus, das zu Beginn der 1990er Jahre erreicht wurde.[66]
Vergleicht man die Antragszahlen der einzelnen Mitgliedstaaten im Jahre 2009, so ist auffällig, dass einige Mitgliedstaaten überdurchschnittlich viele Asylanträge zu bearbeiten hatten. Zu nennen sind hier insbesondere die entlang der klassischen Flüchtlingsrouten liegenden Staaten Griechenland (15.930 Anträge), Malta (2.390 Anträge) und Zypern (3.200 Anträge). In Spanien wurden im gleichen Zeitraum lediglich 3.000 Anträge gestellt (und somit ungefähr so viele wie auf Zypern), in Portugal waren es nur 140 Anträge.
Die Gegenüberstellung der Zahl der Asylbewerber und der Wohnbevölkerung liefert weitere Einblicke in die aktuelle Verteilung von Asylbewerbern in Europa (siehe dazu Anlage 3). Während im Jahre 2003 im Durchschnitt 0,7 Anträge pro Tausend Einwohner in der Europäischen Union gestellt wurden, ging dieser Wert im Jahre 2006 um fast die Hälfte auf 0,4 zurück und stieg im Jahre 2009 erneut leicht auf 0,5 Anträge an.
In Malta und Zypern (4,0) wurden im Jahre 2009 bei relativer Betrachtungsweise die mit Abstand meisten Asylanträge gestellt. Auf 1.000 Einwohner kamen in diesen Staaten fast sechs bzw. vier Asylanträge. Erheblich über dem EU-Durchschnitt ist die Quote ebenfalls in Belgien (1,6), Finnland (1,1), Griechenland (1,4), Österreich (1,9) und Schweden (2,6). Die geringste Anzahl an Asylanträgen wurde im Jahre 2009 demnach in den baltischen Staaten (Estland: 0,03; Lettland: 0,02; Litauen: 0,06), Spanien (0,07), Portugal (0,01) und Rumänien (0,04) gestellt.
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass innerhalb der Europäischen Union eine ungleiche Verteilung der Asylbewerber besteht. Während einige Staaten in Hinblick auf die Anzahl der gestellten Asylanträge erheblich unter dem EU-Durchschnitt liegen, überschreiten andere Mitgliedstaaten diesen Durchschnittswert teilweise in hohem Maße.[67]
Aktuelle Hauptherkunftsstaaten der Asylantragsteller
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Hauptherkunftsstaaten von Asylantragsstellern in der EU im Jahre 2009
Eigene Darstellung, Quelle: UNHCR
Im Jahre 2009 wurden innerhalb der Europäischen Union insgesamt 242.918 Asylanträge gestellt und somit 2% mehr als im Vorjahr. Knapp die Hälfte aller Asylbewerber kam aus den acht in Abbildung 3 genannten Herkunftsstaaten. Während die Zahl der Asylbewerber aus dem Irak um 36% im Vergleich zum Vorjahr zurückging, stiegen im gleichen Zeitraum die Asylanträge von Personen aus Afghanistan (+44%), Serbien einschließlich Kosovo (+33%) und vor allem Georgien (+111%).
In Anlage 4 sind die Herkunftsstaaten der Asylbewerber der Jahre 2008 und 2009 im Einzelnen ausführlich dargestellt. Ersichtlich sind zudem die relativen Änderungen im Jahre 2009 in Bezug auf 2008 sowie der Anteil der Asylbewerber aus den einzelnen Herkunftsstaaten in Bezug auf die Gesamtanzahl der Asylbewerber in der Europäischen Union.
Deutschland
Historische Grundlagen
Einwanderung nach Deutschland
In der Bundesrepublik Deutschland lassen sich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und den folgenden Jahrzehnten drei Hauptgruppen von Einwanderern feststellen:
- Vertriebene, Flüchtlinge und Übersiedler
- Ausländische Arbeitskräfte und deren Familien
- Spätaussiedler
Zwischen 1945 und 1949 siedelten 12 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge als deutsche Staatsangehörige in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland über. In der Zeit von der Gründung der DDR bis zum Bau der Berliner Mauer (1949-1961) folgten 3,8 Millionen Menschen, die von Ost- nach Westdeutschland migrierten. Ab Mitte der 1950er Jahre wanderten infolge des Wirtschaftsaufschwungs und des bestehenden Arbeitskräftemangels zunehmend ausländische Arbeitskräfte im Rahmen von Anwerbeabkommen ein. Das erste Anwerbeabkommen wurde im Jahre 1955 mit Italien geschlossen, es folgten Griechenland und Spanien (1960), die Türkei (1961) und Yugoslawien (1968). Das anfängliche Rotationsmodell, d.h. ein nur vorübergehender Aufenthalt der ausländischen Arbeitskräfte von wenigen Jahren, scheiterte am Widerstand der Arbeitgeber, die sich mit dem Problem konfrontiert sahen, ständig neue Mitarbeiter anlernen zu müssen. Der auf diese Weise entstandene Daueraufenthalt der ausländischen Arbeitskräfte führte in der Folgezeit zu einer Verfestigung des Aufenthalts und dazu, dass zunehmend Familienangehörige im Wege der Regelung des Familiennachzugs folgten.
Auch in der DDR wurden infolge der Knappheit an Arbeitskräften Anwerbeabkommen mit den damals sozialistischen Staaten Polen (1965), Ungarn (1967), Mosambik (1979) und Vietnam (1980) geschlossen. Im Jahre 1989 lebten insgesamt 190.000 Ausländer in der DDR. Die Ausländerquote betrug 1,1%.[68]
Eine bedeutende Gruppe von Einwanderern stellen die Spätaussiedler (Deutschstämmige) aus Mittel- und Osteuropa sowie aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion dar. In den Jahren 1950 bis 1987 gelangten etwa 1,4 Millionen nach Deutschland, v.a. aus Polen und Rumänien. In den Jahren zwischen 1988 und 2005 folgten nochmals ca. 3 Millionen Personen. Der Höhepunkt der jährlichen Zuwanderung wurde 1990 mit ca. 397.000 erreicht. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Zahl allerdings zunehmend rückläufig. Im Jahre 2005 wurden lediglich noch 35.522 Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Ursächlich hierfür waren gesetzliche Maßnahmen, die Einführung eines jährlichen Aufnahmekontingents, die Verpflichtung zum Nachweis deutscher Sprachkenntnisse vor der Einreise sowie, seit 2005, der Nachweis von Sprachkenntnissen auch von Familienangehörigen der einreiseberechtigten Person.[69]
Asyl in Deutschland
Abbildung 4: Anzahl der Asylanträge in Deutschland von 2005 bis 2009
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, Quelle: UNHCR 2010
Die Zahl der Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland stieg in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre stark an und erreichte ihren Höhepunkt mit 440.000 Asylanträgen im Jahre 1992. Aufgrund der enormen Anzahl der Asylanträge in den Jahren 1988 bis 1992 (insgesamt 1,1 Millionen), führten gesetzliche Maßnahmen im Jahre 1993 durch den sog. „Asylkompromiss“[70] und eine damit einhergehende Erschwerung der Asylantragsstellung durch die Regelung der sog. „sicheren Drittstaaten“[71] zu einem deutlichen Rückgang der Anzahl der Asylanträge in den Folgejahren (1995: 128.000; 2000: 78.564; 2005: 28.914). Im Jahre 2007 wurde schließlich mit 19.160 Anträgen der niedrigste Stand seit 1984 erreicht. Im Vergleich zu 2007 ist in den Jahren 2008 (+13%) und 2009 (+31%) wieder ein Anstieg der Asylantragszahlen feststellbar.
Asyl- und Einwanderungspolitik
Leitlinien der Einwanderungspolitik
Die Einwanderungspolitik der Bundesrepublik Deutschland (siehe Anlage 5 zu den einzelnen Etappen der Einwanderungspolitik) ist grundsätzlich arbeitsmarktorientiert und bis auf die kurze Phase der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zwischen 1960 und 1973 im Wesentlichen auf Steuerung im Sinne von Begrenzung der Einwanderung gerichtet. Im Hintergrund dieser Politik stand bis 1998/1999 der Leitsatz, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Einwanderungsland. Das galt selbst für die Anwerbephase bis 1974. Denn damals war man davon ausgegangen, dass die Arbeitsimmigranten nur als „Gastarbeiter“ in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und bei abnehmendem Arbeitskräftebedarf wieder ausreisen würden. Als sich diese Vermutung nicht bestätigte und eine Vielzahl der Gastarbeiter vor allem nach dem Anwerbestopp ihren Lebensmittelpunkt in die Bundesrepublik Deutschland verlegten, sah sich die Bundesregierung (teilweise in Kooperation mit anderen EG-Staaten) veranlasst, insbesondere Eingewanderte aus der Türkei zur Rückwanderung zu bewegen. 1982 trat in der Bundesrepublik Deutschland (wie auch in anderen ehemaligen Anwerbestaaten) ein so genanntes Rückkehrhilfegesetz mit finanziellen Anreizen zur Ausreise in Kraft. Dieses griff jedoch nicht im erhofften Umfang und wurde nach einjähriger Laufzeit wieder außer Kraft gesetzt.
In den 1970er und vor allem in den 1980er Jahren wurden neue Strategien und Instrumente entwickelt, den Zugang in die Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Ein wichtiges Instrument stellte hier die Visumspflicht für Einreisewillige aus bestimmten Staaten dar. Mittlerweile unterliegen fast alle Länder außerhalb der OECD[72] einer solchen Visumspflicht.[73]
Bis 1993 gab es für Ausländer in Deutschland keinen Anspruch auf eine Einbürgerung. Die Entscheidung diesbezüglich lag im Ermessen der Behörden. Im Jahre 1993 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert und erstmals ein Einbürgerungsanspruch eingeführt. Das Staatsangehörigkeitsrecht wurde im Jahre 2000 erneut reformiert. Eine wesentliche Änderung stellt die Reduzierung des bisherigen rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts in Deutschland von ursprünglich 15 Jahren auf acht Jahre als wesentliche Voraussetzung für eine Einbürgerung dar.[74] Das aktuelle Staatsangehörigkeitsrecht schließt doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich aus.[75]
Leitlinien der Asylpolitik
Mit der Aufnahme des Satzes „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ in den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes (Artikel 16 Absatz 1 Grundgesetz[76] ) ist das Asylrecht in Deutschland als einklagbarer Rechtsanspruch mit Verfassungsrang ausgestattet worden. Dieses mit dem hohen Anspruch der Verfassungsgarantie versehene Asylrecht der Bundesrepublik Deutschland ist das Ergebnis geschichtlicher Erfahrungen mit politischer Verfolgung während des Nationalsozialismus. Die Verfasser des Grundgesetzes gewährten dem einzelnen Berechtigten einen höchstpersönlichen, absoluten Anspruch auf Schutz und damit das Grundrecht auf Asyl. Mit der Gewährung eines Individualanspruchs auf Asyl geht das Grundgesetz über das Völkerrecht hinaus, das einen solchen Anspruch nicht kennt, vielmehr in der Asylgewährung nur ein Recht des Staates sieht. Die Bundesrepublik Deutschland besitzt damit eine der umfassendsten Asylgesetzgebungen Europas. Auch aus diesem Grunde kommt Deutschland eine besondere Rolle bei der europäischen Harmonisierung des Asylrechts zu.[77]
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre stieg die Zahl der Asylbewerber stark an und erreichte 1992 ihren Höhepunkt. Als eine Reaktion auf diese Entwicklung einigte sich der Bundestag 1993 auf den sog. „Asylkompromiss“. Durch diese Entscheidung wurde die Möglichkeit, in Deutschland politisches Asyl zu beantragen, nachhaltig erschwert. Die Anzahl der Asylanträge ging in den Folgejahren kontinuierlich zurück. Wer aus einem „sicheren Drittstaat“[78] nach Deutschland einreist, kann sich seither nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen. Wird jemand an der Grenze oder in Grenznähe aufgegriffen, kann die Person sofort zurückgeschickt werden. Sofern ein Asylantragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat“[79] einreist, wird der Asylantrag in der Regel abgelehnt.[80]
Eckpfeiler der Integrationspolitik
Mittlerweile besteht Einigkeit darüber, dass deutsche Sprachkenntnisse unerlässliche Voraussetzung für eine berufliche und soziale Integration von Einwanderern sind. Dieser Tatsache wurde durch die Einführung von Integrationskursen im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes Rechnung getragen. Seit dem Jahre 2005 müssen Einwanderer, die aus Nicht-EU-Staaten immigrieren, Integrationskurse besuchen.[81] Die Integration von Einwanderern in Deutschland ist inzwischen zu einer der wichtigsten innenpolitischen Aufgaben geworden. Ziel der Bundesregierung ist, alle Personen, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, in die Gesellschaft einzubeziehen und die damit verbundenen Rechte und Pflichten zu gewähren.
Die Bedeutung der Integrationspolitik in Deutschland zeigt sich insbesondere an den stattfindenden sog. Integrationsgipfeln. Erstmals fand ein Integrationsgipfel auf Einladung der Bundeskanzlerin Angela Merkel und unter Federführung der damaligen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung im Juli 2006 statt. Teilgenommen haben Vertreter von Bund, Bundesländern, Kommunen, Arbeitgeberschaft sowie Gewerkschaft, Wohlfahrtsverbänden, Religionsgemeinschaften, Medien, Stiftungen, Wissenschaft und Migrantenorganisationen[82]. Der zweite deutsche Integrationsgipfel im Juli 2007 verabschiedete einen „Nationalen Integrationsplan“ mit insgesamt mehr als 400 Selbstverpflichtungen. Ziel ist es, die integrationspolitischen Maßnahmen aller beteiligten Akteure auf der Grundlage gemeinsamer Analysen und Zielbestimmungen zu bündeln und somit Synergieeffekte für eine bessere Integration der in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu erreichen. Von der Bundesregierung wurden das Treffen und die Vorstellung eines gemeinsamen Integrationsplans als „Meilenstein“ der Integrationspolitik bezeichnet. Der dritte Integrationsgipfel folgte im November 2008 und lieferte eine erste Zwischenbilanz hinsichtlich der Erfolge der Integrationsbemühungen, vor allem in Hinblick auf das Konzept „Integration durch Sprache“. Die eingeführten Integrationskurse werden diesbezüglich als die größte integrationspolitische Einzelmaßnahme des Bundes bezeichnet.[83]
Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler der Integrationspolitik stellt die Integration von Muslimen in die Gesellschaft dar. Im September 2006 fand diesbezüglich die erste Deutsche Islamkonferenz statt, an dem Vertreter von Bund und Bundesländern, muslimische Dachverbände[84] sowie Einzelpersonen teilnahmen. Seither findet die deutsche Islamkonferenz jährlich statt. Ziel ist, gemeinsam Maßnahmen zu erarbeiten, die das Verhältnis von Staat und Islam sowie die gesellschaftliche Integration von Muslimen nachhaltig verbessern sollen.[85]
Frankreich
Historische Grundlagen
Einwanderung nach Frankreich
Frankreich blickt auf eine im Vergleich zu anderen europäischen Staaten[86] lange Einwanderungsgeschichte zurück und war stark geprägt von der Kolonialgeschichte und einer langen Tradition der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte. Frankreich war bereits im 19. Jahrhundert ein Aufnahmeland für Einwanderer (frz. „terre d`accueil“).[87] Ursächlich hierfür war ein Mangel an Arbeitskräften aufgrund des Industrialisierungsprozesses und einer sinkenden Geburtenrate, die in dieser Zeit allerdings eine Ausnahme in Westeuropa darstellte, da im 19. Jahrhundert tendenziell eine steigende Geburtenrate (insbesondere in Deutschland) festzustellen war. Dieser Engpass verschärfte sich noch infolge des deutsch-französischen Krieges 1870/71 und des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, schloss Frankreich eine Reihe von Anwerbeabkommen mit Italien (1904, 1906, 1919), mit Belgien (1906), mit Polen (1906) und der damaligen Tschechoslowakei (1920) ab. Zu Beginn der 1930er Jahre stellte Frankreich – nach den USA – das zweitwichtigste Einwanderungsland weltweit dar. Zu dieser Zeit lebten bereits 2,7 Millionen Einwanderer in Frankreich (6,6 % der Gesamtbevölkerung).
Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs in den 1950er und 1960er Jahren erfolgte erneut eine Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte, vorwiegend aus Italien, Portugal, Spanien, Belgien, Deutschland, Polen und Russland. Gleichzeitig verstärkte sich die Einwanderung aus den ehemaligen Kolonien als Folge des Prozesses der Dekolonialisierung und zahlreicher Befreiungskriege, vor allem aufgrund des Algerienkrieges (1954-1962). Resultierend aus dem Algerienkrieg setzte im Jahre 1962 eine umfangreiche Wanderungsbewegung französischer Siedler und pro-französischer Algerier nach Frankreich ein.
Insgesamt bestanden aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs und der weiterhin niedrigen Geburtenrate bis in die 1970er Jahre keine bedeutenden Restriktionen in Bezug auf Einwanderung. Mit der Wirtschaftskrise im Jahre 1974 erfolgte schließlich, wie auch in anderen europäischen Staaten, die Einstellung aller Anwerbeprogramme ausländischer Arbeitskräfte. Allerdings fand, wie auch in Deutschland, keine Rückkehr der in der Vergangenheit angeworbenen Arbeitskräfte in die Herkunftsstaaten statt. Vielmehr folgte ein Familiennachzug aus den Herkunftsstaaten zu bereits in Frankreich lebenden Migranten. Die Familienzusammenführung stellt seither die zahlenmäßig wichtigste Form der Einwanderung nach Frankreich dar.[88]
Asyl in Frankreich
Abbildung 5: Anzahl der Asylanträge in Frankreich von 2005 bis 2009
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, Quelle: UNHCR 2010
Die Anzahl der Asylanträge erhöhte sich Ende der 1980er Jahre deutlich. Während im Jahre 1982 lediglich 22.500 Anträge gestellt wurden, stieg diese Zahl im Jahre 1989 auf 61.400 Anträge jährlich. Diese Entwicklung kann teilweise damit erklärt werden, dass wohl eine erhebliche Zahl der Antragsteller auf das Asylrecht zurückgriffen, da die sonstigen Einreisemöglichkeiten nach Frankreich ab den 1980er Jahren begrenzt waren.
Ende der 1990er Jahre stiegen entgegen dem europäischen Trend die Asylanträge erneut an, erreichten im Jahre 2003 den Höchststand von 59.770 Anträgen und fielen im Jahre 2005 wieder auf 49.730 Anträge. Dennoch stellte Frankreich in diesem Jahr das Land mit den meisten Asylanträgen dar, nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern weltweit.
Im Jahre 2007 wurden schließlich nur noch 29.390 Anträge gestellt. Der Grund hierfür kann in allgemein verbesserten Grenzsicherungsmaßnahmen im Rahmen der europäischen Grenzsicherungspolitik gesehen werden.[89] Im Vergleich zu 2007 ist in den Jahren 2008 (+17%) und 2009 (+30%) wieder ein Anstieg der Asylantragszahlen feststellbar.
Asyl- und Einwanderungspolitik
Leitlinien der Einwanderungspolitik
Die Grundlage des französischen Einwanderungsmodells (siehe Anlage 6 zu den einzelnen Etappen der Einwanderungspolitik) bildete lange Zeit der Grundsatz der Assimilation[90] ausländischer Zuwanderer in die französische Gesellschaft und dadurch die Bildung einer nationalen Identität, die maßgeblich durch die Werte aus der Französischen Revolution 1789 geprägt wurde. Die Funktion dieses Modells basierte auf der Grundlage, dass alle Menschen gleich seien und durch die Überwindung der Differenzen und Partikularinteressen (insbesondere der Religion) am politischen Projekt der französischen Republik teilhaben können. Das französische Assimilationsmodell war sehr individualistisch geprägt. Eine Integration von Gruppen erfolgte nicht. Man erwartete vielmehr, dass die eingewanderten Personen sich der französischen nationalen Identität anschließen.[91]
Dieses System geriet allerdings ab Mitte der 1970er Jahre zunehmend in die Kritik. Allmählich wurde offensichtlich, dass das bisherige Modell der Assimilation nicht in der Lage ist die Herausforderungen und Schwierigkeiten der Einwanderung zu lösen. Es bildeten sich vermehrt Spannungen (Ghettobildung, generell hohes Konfliktpotential an sozialen Brennpunkten, vor allem in den Vororten der Großstädte).
Man sprach im Zuge des Verlustes des republikanischen Assimilationsideals immer häufiger von einer Krise des französischen Einwanderungsmodells.[92] Die Gründe hierfür waren vielfältig. Der Hauptgrund lag in der Veränderung der Einwanderungsgesellschaft. Handelte es sich im 19. Jahrhundert bis nach dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich um Einwanderer aus den Nachbarstaaten bzw. aus europäischen Staaten, so verstärkte sich in den 1960er und 1970er Jahren der Zuwanderungsdruck vor allem aus den Maghreb-Staaten und ehemaligen französischen Kolonien erheblich. Während sich die angeworbenen europäischen Arbeitskräfte gut in die französische Gesellschaft einfügten, galten Zuwanderer vor allem aus den Maghreb-Staaten als schwer assimilierbar.[93] Hinzu kam die allmähliche Veränderung der Arbeitswelt. Sorgte die Wirtschaftskrise bereits 1974 für einen Anwerbestopp bei Arbeitskräften, so folgten anschließend ökonomisch-strukturelle Veränderungen mit der Folge, dass die Nachfrage nach unqualifiziertem Personal zurückging.[94] Mit dieser Entwicklung einher ging der voranschreitende Bedeutungsverlust der Gewerkschaften, die besonders in Frankreich aufgrund des Zusammengehörigkeitsgefühls ein verbindendes Element zwischen den Arbeitskräften bildeten und auf diese Weise bisher einen wichtigen Bestandteil der Eingliederung ausländischer Arbeitskräfte in die französische Gesellschaft leisteten.[95]
Auch der Islam stellte zunehmend eine Herausforderung für die französischen Ideale dar. Durch ein kontinuierlich selbstbewusstes Auftreten und der Forderung nach mehr Möglichkeiten zur Ausübung des Glaubens stellte sich das Problem der Vereinbarung mit den Werten der frz. Republik. Aufgrund des in Frankreich bestehenden Grundsatzes des Laizismus[96] wurde der Islam als Bedrohung empfunden.[97]
Vor diesem Hintergrund hat sich die Einwanderungspolitik in Frankreich seit den 1980er Jahren zu einem hochsensiblen und spannungsgeladenen Thema entwickelt, das insbesondere im Rahmen von politischen Wahlkämpfen offenkundig wurde. Zudem löste die liberale Ausländerpolitik von François Mitterand in den 1980er Jahren (z. B. auf dem Gebiet der Familienzusammenführung, Abschaffung des Rückkehrzwanges und der Regularisierung illegaler Einwanderer, sog. „sans-papiers“[98] ) innenpolitische Spannungen aus.[99] Zunehmend gewann die rechtsextreme Partei „Front National“ an Bedeutung, in dem sie versuchte, Migranten pauschal zu „Sündenböcken“ der gesellschaftlichen Probleme zu degradieren.
In den 1990er Jahren wurden die grundsätzliche Eindämmung neuer Zuwanderungsströme, die Verbesserung der Integration und eine Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu einem Leitmotiv der französischen Einwanderungspolitik.[100] Das Ziel einer Null-Einwanderungs-Politik („immigration zéro“) rückte in den Vordergrund politischen Handelns. Als Folge wurden zahlreiche gesetzliche Regelungen verschärft. Die zunehmend restriktive Gesetzgebung führte bis 1996 zu teilweise massiven Protestaktionen der „sans papiers- Bewegung“. Die Kritik richtete sich in erster Linie gegen die restriktive Gesetzgebung. Die Hauptforderung bestand in der Regularisierung aller „sans papiers“ in Form der Zuerkennung eines Bleiberechts und somit eines Aufenthaltsrechts in Frankreich sowie eine insgesamt humanere Gesetzgebung.[101]
Dies führte schließlich ab 1997 zu einer Rücknahme bzw. Abschwächung einiger der zuvor eingeführten restriktiven Regelungen unter Premierminister Lionel Jospin, z. B. die Einführung eines speziellen Einwanderungsstatus für hochqualifizierte Arbeitnehmer, Wissenschaftler und Künstler sowie vor allem ein zweites Legalisierungsprogramm[102] für Ausländer, die sich ohne entsprechende Erlaubnis in Frankreich aufhielten.
Eine Trendwende hin zu einer erneut restriktiveren Politik stellt das Jahr 2002 dar. Am 30. Juni 2006 verabschiedete die konservative Regierung unter Jean-Pierre Raffarin das neue Einwanderungs- und Integrationsgesetz („la loi relative à l`immigration et à l`intégration“[103] ), das eine weit reichende Reform der Einwanderungs- und Integrationspolitik darstellt mit dem Ziel einer besseren Steuerung der Einwanderung, dem Vorgehen gegen Verfahrensmissbrauch und der Förderung einer gezielten Einwanderung sowie einer erfolgreichen Integration.[104] Das Gesetz kann als Annäherung an eine gesteuerte, nachfrageorientierte Zuwanderungspolitik, im Gegensatz zu der bisher zum Großteil auf Familienzusammenführung basierende Einwanderung, betrachtet werden.[105]
Leitlinien der Asylpolitik
Das Recht des Asyls besitzt in Frankreich eine lange Tradition und hat seinen Ursprung in der Französischen Revolution 1789. Frankreichs Selbstverständnis als traditionelles Aufnahmeland für politisch Verfolgte spiegelt sich zudem in dem vielfach verwendeten Ausdruck „la France, terre d`asile“ wider.[106] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Asylrecht in die Präambel der Verfassung aufgenommen.[107] Nachdem die Asylpolitik von 1953 bis 1980 kaum umstritten war, geriet sie Ende der 1980er Jahre in das Zentrum teilweise heftiger Diskussionen. Ursache hierfür war der starke Anstieg der Asylantragszahlen. Um die Anzahl der Asylanträge zu reduzieren, ergriff die französische Regierung seit Mitte der 1980er Jahre eine Reihe von Maßnahmen. Insbesondere wurde ein Schnellverfahren für offensichtlich unbegründete Asylanträge eingeführt. Im Rahmen dieses Verfahrens werden Anträge, die auf falschen Dokumenten oder eindeutig wirtschaftlichen Motiven beruhen nach verkürzter Prüfung und ohne persönliche Befragung des Antragstellers abgelehnt. In den 1990er Jahren kam es schließlich aufgrund zunehmender bürokratischer Hürden und vor dem Hintergrund geringer Anerkennungsquoten zu einem Rückgang der Antragszahlen.[108]
Im Jahre 1998 trat ein neues Gesetz in Kraft („Loi relative à l`entré et au séjour des étrangers et au droit d`asile“), in dem die bisher im Rahmen von Erlassen vorhandenen Rechtsnormen des Asyl- und Ausländerrechts in einem Gesetz zusammengefasst wurden. Darüber hinaus schuf das Gesetz zwei Arten der Asylgewährung, zum einen das konventionelle Asyl („asile constitutionnel“), das sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention bezieht, zum anderen das sog. „territoriale Asyl“ („asile territorial“[109] ), das ursprünglich lediglich für Flüchtlinge des algerischen Bürgerkriegs (1992-2002) gedacht war. Insgesamt hat das Asylrecht in Frankreich durch diese Reform im Vergleich zur vorherigen Gesetzgebung eine Aufwertung erfahren.[110]
Eckpfeiler der Integrationspolitik
Bis in die 1970er Jahre bestanden keine restriktiven Maßnahmen, die Einwanderung nach Frankreich verhindern sollten. Ebenso existierte keine spezifische Integrationspolitik. Es hatte sich vielmehr ein dreistufiges Modell der sozialen Integration mit dem Ziel der Assimilation eingespielt. Die erste Stufe stellte die Einbindung (vor allem der Gastarbeiter) in die Ökonomie dar, die zweite Stufe die Teilhabe am politischen System über eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft und die dritte Stufe schließlich die kulturelle Assimilation (Übernahme der nationalen Kultur). Die Funktion dieses Systems wurde maßgeblich durch eine liberale Einbürgerungspraxis erleichtet und gefördert. So genügte bis in die 1990er Jahre ein fünfjähriger, regulärer Aufenthalt in Frankreich, um die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten.[111]
Die Debatten über Integration von Zuwanderern begannen spätestens Mitte der 1980er Jahre. Die Notwendigkeit der Integration der Zuwanderer wurde in den folgenden Jahren immer offensichtlicher, vor allem bedingt durch gewaltsame Konflikte, überwiegend von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und dem Erfolg rechtsextremer politischer Kräfte.
Ein zentrales Streitthema seit den 1990er Jahren ist das Spannungsverhältnis zwischen den republikanisch-glaubensneutralen Werten („laïcité“) der frz. Republik und dem Recht auf freie Religionsausübung (insbesondere der wachsenden muslimischen Gemeinschaft, die in Frankreich die größte islamische Gemeinde in der Europäischen Union mit ca. fünf Millionen Muslimen bildet). Auf der einen Seite wird die Stärkung eines moderaten Islam, der mit der französischen Verfassung vereinbar ist, durch die französische Regierung gefördert. Aus diesem Grunde wurde im Jahre 2003 der erste nationale Islamrat („Conseil français du culte musulman“, CFCM), der eine einheitliche Vertretung aller in Frankreich lebenden Muslime gegenüber der Regierung darstellen soll, gegründet. Gleichzeitig wird versucht, die laizistischen Werte der frz. Republik, die im Jahre 2005 gesetzlich niedergelegt wurden, zu verteidigen.[112] Im Rahmen des neuen Einwanderungsgesetzes vom 30. Juni 2006 wurde die Einführung eines verpflichtenden „Aufnahme- und Integrationsvertrags“ („contrat d`accueil et d`intégration“, CAI) beschlossen, der Ausländer, die dauerhaft im Land verbleiben möchten, zu der Teilnahme an zivilgesellschaftlichen Schulungen und Sprachkursen verpflichtet.[113]
Insgesamt wird sich die französische Integrationspolitik den Regierungsplänen zufolge künftig stärker an nationalen Interessen ausrichten, über deren jährlichen Ziele ab 2010 das frz. Parlament entscheiden wird. Insbesondere soll aufgrund einer Arbeitslosenquote in Höhe von 22% unter den Einwanderern aus Staaten außerhalb der Europäischen Union der Arbeitsmarktzugang verbessert werden.[114]
Großbritannien
Historische Grundlagen
Einwanderung nach Großbritannien
Großbritannien entwickelte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Einwanderungsland. Bis 1962 konnten alle Bürger der Commonwealth-Staaten[115] ungehindert nach Großbritannien einreisen. In den 1950er Jahren immigrierten auf diese Weise ca. 500.000 Zuwanderer (vor allem junge und ledige männliche Migranten).[116] Auch im Vereinigten Königreich führte der zunehmende Bedarf an Arbeitskräften zu einer steigenden Zuwanderung, wobei die überwiegende Mehrheit der Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien stammte. Diese profitierten von den privilegierten Zuwanderungsbedingungen des britischen Staatsbürgerschaftsrechts.
In den Jahren zwischen 1970 und 1990 wanderte die überwiegende Mehrzahl der Zuwanderer im Rahmen des Familiennachzugs ein. In den 1990er Jahren ging die Anzahl der Immigranten insgesamt zurück.
Seit dem Jahr 2004 ist ein Anstieg der Zuwanderung nach Großbritannien festzustellen. Hierbei handelt es sich vor allem um qualifizierte Arbeitskräfte, allerdings überwiegend aus den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die im Rahmen der Arbeitsmarktzulassung für Bürger der A8-Länder[117] nach Großbritannien einwandern.[118]
[...]
[1] Vgl. Hunger, Uwe/Aybek, Can/Ette, Andreas/Michalowski, Ines, 2008, S. 7.
[2] Vgl. Europäische Kommission (2006), Online im WWW unter URL: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/asylum/fsj_asylum_intro_de.htm [17.07.2010].
[3] Vgl. Europäische Kommission (2007), Online im WWW unter URL:
http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/immigration/fsj_immigration_intro_de.htm [17.07.2010].
[4] Vgl. Ratsdokument 13440/08, S. 7 f.
[5] Spanien hatte die EU-Ratspräsidentschaft vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 inne. Am 01.07.2010 übernahm Belgien die im halbjährlichen Rhythmus zwischen den Mitgliedstaaten der EU rotierende EU-Ratspräsidentschaft.
[6] http://www.euranet.eu/ger/Heute-in-Europa/Heute-in-Europa/German/EU-sucht-nach-Loesungen-in-der-Fluechtlingspolitik [11.07.2010].
[7] Vgl. Euranet, Online im WWW unter URL: http://www.euranet.eu/ger/Heute-in-Europa/Heute-in-Europa/German/EU-sucht-nach-Loesungen-in-der-Fluechtlingspolitik [11.07.2010].
[8] Der Ausdruck „Drittstaatsangehöriger“ bezeichnet jede Person, die nicht Unionsbürger im Sinne des Art. 20 AEUV ist, einschließlich Staatenloser, vgl. Eurostat, Concepts and Definitions.
[9] Vgl. Treibel, 1999, S. 72.
[10] Vgl. Dickel, 2002, S. 17.
[11] Vgl. Lederer, 2004, S. 18.
[12] Vgl. Dickel, 2002, S. 18.
[13] Lederer, 2004, S. 19.
[14] Dickel, 2002, S. 17.
[15] Vgl. Dickel, S. 17.
[16] Vgl. Gieler/Fricke, 2004, S. 306.
[17] Dickel, 2002, S. 17.
[18] Vgl. Lederer, 2004, S. 20.
[19] Europäische Kommission (2010), Online im WWW unter URL:http://ec.europa.eu/justice_home/glossary/glossary_m_de.htm#Migranten [04.06.2010].
[20] Vgl. Europäische Kommission (2010), Online im WWW unter URL:http://ec.europa.eu/justice_home/glossary/glossary_m_de.htm#Migranten [04.06.2010].
[21] Vgl. Mester, 2000, S. 13.
[22] So mussten in Folge der russischen Oktoberrevolution in den Jahren 1917 bis 1922 etwa 1,5 Millionen Russen, Ukrainer und Weißrussen die entstehende Sowjetunion (UdSSR) verlassen.
[23] Vgl. Mester, S. 25 ff.
[24] Vgl. Mester, 2000, S. 29 ff.
[25] Vgl. Han, 2005, S. 8.
[26] Vgl. Treibel, 1999, S. 42.
[27] Vgl. Treibel, 1999, S. 40 f.
[28] Vgl. Treibel, 1999, S. 42.
[29] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2010), Online im WWW unter URL:
http://www.bamf.de/nn_442522/DE/Asyl/asyl-node.html?__nnn=true [18.05.2010].
[30] Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2010), Online im WWW unter URL:
http://www.bamf.de/nn_442522/DE/Asyl/asyl-node.html?__nnn=true [18.05.2010].
[31] Dickel, 2002, S. 22.
[32] Vgl. Dickel, 2002, S. 22 f.
[33] Vgl. Eurostat, 2010, Concepts and Definitions.
[34] Seifer, 2009, S. 160.
[35] Eurostat, 2010, Concepts and Definitions.
[36] Vgl. Parusel, 2010, S. 87.
[37] Das Kernprinzip des internationalen Flüchtlingsrechts bildet der Grundsatz der Nichtausweisung (Grundsatz der Nichtzurückweisung bzw. Non-Refoulement), vgl. UNHCR (2010), Online im WWW unter URL: http://www.unhcr.ch/grundlagen/genfer-fluechtlingskonvention.html [05.06.2010].
Demnach darf „keiner der vertragschließenden Staaten einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“ (Art. 33 Genfer UN-Konvention). Dieser Grundsatz wurde durch den Europäischen Rat im Rahmen der Tagung in Tampere (Finnland) im Oktober 1999 anerkannt und um die Verpflichtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung bei Handlungen wie Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe erweitert,
vgl. Europäische Kommission (2010), Online im WWW unter URL:http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/asylum/subsidiary/fsj_asylum_subsidiary_de.htm#subsidiarity [05.06.2010].
[38] Vgl. Europäische Kommission (2010), Online im WWW unter URL: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/asylum/subsidiary/fsj_asylum_subsidiary_ de. htm# subsidiarity [25.06.2010].
[39] Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004.
[40] Vgl. Düvell, 2006, S. 63.
[41] Vgl. Kühne, 2010, S. 79.
[42] Vgl. Düvell, 2006, S. 63.
[43] Vgl. Kühne, 2010, S. 79.
[44] Vgl. Hagen, 2006, S. 198.
[45] Vgl. Düvell, 2006, S. 64.
[46] Vgl. Kühne, 2010, S. 79.
[47] Vgl. Kühne, 2010, S. 80.
[48] Vgl. Düvell, 2006, S. 64 f.
[49] Vgl. Kühne, 2010, S. 80.
[50] Allerdings verlangt Art. 78 Abs. 1 AEUV ausdrücklich, dass die Asylpolitik der Europäischen Union mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (…) im Einklang stehen muss.
[51] Vgl. Seifer, 2009, S. 158 f.
[52] Vgl. UNHCR (2010), Online im WWW unter URL: http://www.unhcr.ch/grundlagen/genfer-fluechtlingskonvention.html [04.06.2010].
[53] Vgl. Seifer, 2009, S. 159.
[54] Vgl. Dickel, 2002, S. 41.
[55] Vgl. Europäische Kommission (2010), Online im WWW unter URL: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/asylum/fsj_asylum_intro_de.htm [04.06.2010].
[56] Die Angabe 3,9% bezieht sich auf den Anteil der Drittstaatsangehörigen an der EU-Bevölkerung, also Einwanderer, die aus Drittstaaten in das Gebiet der EU-27 einwandern. Viele dieser Personen sind allerdings nicht Einwanderer, sondern Nachfahren von Einwanderern, die die Staatsbürgerschaft ihres Wohnsitzlandes nicht angenommen haben, vgl. KOM (2008) 359 endg.
[57] Vgl. KOM (2008) 359 endg.
[58] Vgl. Europäische Kommission – Vertretung in Deutschland, Ausgabe Nr. 22 vom 19.06.2008.
[59] Die Ausländerquote umfasst sowohl Bürger der EU-27 als auch Drittstaatsangehörige.
[60] Es handelt sich hierbei überwiegend um russische Staatsbürger, vgl. Auswärtiges Amt (2010), Online im WWW unter URL: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/01-Laender/Estland.html [17.07.2010].
[61] Eine Definition der Europäischen Union zu dem Begriff „Bevölkerung mit Migrationshintergrund“ existiert nicht. Nach dem Statistischen Bundesamt Deutschland handelt es sich hierbei um Personen, die auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugezogen sind, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer/innen und alle in Deutschland Geborene mit zumindest einem zugezogenen oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil, vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland (2010), Online im WWW unter URL:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Migrationshintergrund/Aktuell,templateId=renderPrint.psml [31.07.2010].
Die konkrete Definition des Begriffs kann je nach Mitgliedstaat der EU unterschiedlich sein.
[62] Vgl. Haase, Marianne/Jugl, Jan C., 2008.
[63] In Griechenland sind dies insbesondere albanische, in Slowenien vor allem bosnische, kroatische und serbische, in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen überwiegend russische Staatsbürger, vgl. Lavenex, 2009, S. 3.
[64] Vgl. Lavenex, 2009, S. 2 f.
[65] Gemeint ist die Europäische Union mit ihren zum damaligen Zeitpunkt 15 Mitgliedstaaten.
[66] Vgl. Eurostat (2010), Online im WWW unter URL: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/statistics/search_database [03.06.2010],
Vgl. UNHCR (2010), Online im WWW unter URL: http://www.unhcr.org/4ba7341a9.html [03.06.2010].
[67] Vgl. Eurostat (2010), Online im WWW unter URL: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/statistics/search_database [03.06.2010],
Vgl. UNHCR (2010), Online im WWW unter URL:
http://www.unhcr.org/4ba7341a9.html [03.06.2010].
[68] Vgl. Özcan, 2007, S. 2.
[69] Vgl. Özcan, 2007, S. 2 f.
[70] Der „Asylkompromiss“ wurde am 06.12.1992 durch die Parteien CDU, CSU, FDP und SPD geschlossen. Der Kompromiss ruht auf drei Säulen: 1. Prinzip der sicheren Drittstaaten, 2. Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten, 3. Flughafenregelung. Die Einwanderung mit Asylberechtigung ist nach dieser Regelung somit nur per Flugzeug möglich, da sonst in jedem Fall über einen sicheren Drittstaat eingereist wird, vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2010), Online im WWW unter URL: http://www.bamf.de/cln_180/nn_442030/DE/Asyl/Asylrecht/Novellierungen/novellierungen-inhalt-3-asylkompromiss-vom-061292.html [15.06.2010].
[71] Diese Regelung besagt: Wenn ein Ausländer bereits einen anderen Staat erreicht hat, in dem er gleichfalls Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten kann, ist ihm die Einreise bereits an der Grenze zu verweigern. Denn wer aus einem „sicheren Drittstaat“ einreist, kann sich nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen (§26a Asylverfahrensgesetz). „Sichere Drittstaaten“ sind nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie weitere europäische Staaten, in denen die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist. Dies sind Norwegen und die Schweiz, vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2010), Online im WWW unter URL: http://www.bamf.de/cln_180/nn_442016/DE/Service/Glossar/glossar-node.html?__nnn=true [25.07.2010].
[72] Aktuell hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 32 Mitgliedstaaten, vgl. OECD (2010), Online im WWW unter URL: http://www.oecd.org/document/42/0,3343,de_34968570_34968795_40832618_1_1_1_1,00.html [12.07.2010].
[73] Vgl. Birsl, 2004, S. 40 f.
[74] Vgl. Özcan, 2007, S. 4.
[75] Allerdings werden Ausnahmen gewährt, wenn der Herkunftsstaat nicht aus der Staatsangehörigkeit entlässt oder die Entlassung eine unzumutbare Härte für den Antragsteller bedeuten würde. Allerdings ist der Besitz einer doppelten Staatsangehörigkeit in Deutschland keine Ausnahme. 2005 konnte beispielsweise jeder zweite Eingebürgerte (47%) seine frühere Staatsangehörigkeit beibehalten. Die vermutlich größte Gruppe unter diesen Personen stellen die (Spät-)Aussiedler dar, vgl. Özcan, 2007, S. 4.
[76] Das Grundrecht auf Asyl ist das einzige Grundrecht, das nur Ausländern zusteht. Es gilt allein für politisch Verfolgte.
[77] Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2010.
[78] „Sichere Drittstaaten“ sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie weitere europäische Staaten, in denen die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist und die im Asylverfahrensgesetz ausdrücklich als sichere Drittstaaten benannt sind. Dies sind Norwegen und die Schweiz, so dass alle Nachbarstaaten sichere Drittstaaten sind. Wenn ein Ausländer bereits einen dieser Staaten erreicht hat, in dem er gleichfalls Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten kann, ist ihm die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland schon an der Grenze zu verweigern. Denn wer aus einem „sicheren Drittstaat“ einreist, kann sich nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen, vgl. Bundesministerium des Innern, Lexikon, 2010.
[79] Herkunftsstaaten sind die Staaten, aus denen die Asylbewerber stammen. „Sichere Herkunftsstaaten“ sind Staaten, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse die gesetzliche Vermutung besteht, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Diese Vermutung besteht, solange ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht glaubhaft Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung doch politisch verfolgt wird. „Sichere Herkunftsstaaten“ sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Ghana und Senegal,
Bundesministerium des Innern, Lexikon, 2010.
[80] Vgl. Özcan, 2007, S. 4 f.
[81] Vgl. Özcan, 2007, S. 6.
[82] Migrantenorganisationen lassen sich grob nach religiös und weltlich ausgerichteten Organisationen unterscheiden. In Deutschland verfestigte sich vor allem in den 1980er Jahren die Struktur von vor allem islamischen Dachverbänden. Weltliche Organisationen stellen beispielsweise Arbeitervereine, Freizeit- und Sportvereine, Kulturvereine und politische Vereine dar, vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (2010) Online im WWW unter URL:
http://www.bpb.de/themen/BFIGW3,0,0,Migrantenorganisationen.html#art0 [30.07.2010].
[83] Vgl. Bundesregierung, 2010.
[84] In den einzelnen Dachverbänden sind jeweils mehrere islamische Organisationen zusammengeschlossen.
[85] Vgl. Özcan, 2007, S. 6.
[86] In diesen setzte die Zuwanderung überwiegend erst infolge des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg ein.
[87] Vgl. Lindemann, 2001, S. 27.
[88] Vgl. Engler, 2007, S. 1 ff.
[89] Vgl. Engler, 2007, S. 4.
[90] Assimilation bezeichnet in diesem Zusammenhang die Verschmelzung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen miteinander. Üblicherweise wird mit der Assimilation von Einwanderern die Annahme der Sprache (bei gleichzeitiger Aufgabe ihrer eigenen) und der Gebräuche ihres Aufnahmelandes verbunden. Integration hat dagegen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben des Aufnahmelandes ohne Aufgabe der eigenen Sprache und Kultur zum Ziel.
[91] Vgl. Lindemann, 2001, S. 27 f.
[92] Vgl. Lindemann, 2001, S. 28 f.
[93] Vgl. Lindemann, 2001, S. 30 f.
[94] Vgl. Lindemann, 2001, S. 30.
[95] Vgl. Lindemann, 2001, S. 32.
[96] Prinzip der Trennung von Religion und Staat.
[97] Vgl. Lindemann, 2001, S. 33.
[98] Es handelt sich hierbei um Migranten, die keinen Aufenthaltstitel (mehr) besitzen und somit kein Aufenthaltsrecht in Frankreich. Insofern handelt es sich de facto um Illegale. Um allerdings nicht als „clandestin“ (Illegale) bezeichnet zu werden, hat man sich selbst den Namen „sans-papiers“ gegeben. Vgl. Lindemann, 2001, S. 85.
[99] Vgl. Han, 2005, S. 187.
[100] Vgl. Lindemann, 2001, S. 29 ff.
[101] Vgl. Lindemann, 2001, S. 90 ff., 148.
[102] Das erste Legalisierungsprogramm fand im Jahre 1982 statt, vgl. Dickel, 2002, S. 161.
[103] Frz. Senat (2010), Online im WWW unter URL:
http://www.senat.fr/dossierleg/pjl05-362.html [04.06.2010].
[104] Vgl. Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland (2006), Online im WWW unter URL: http://www.botschaft-frankreich.de/spip.php?article1766 [04.06.2010].
[105] Vgl. Engler, 2007, S. 1 ff.
[106] Vgl. Dickel, 2002, S. 190.
[107] Vgl. Lindemann, 2001, S. 62.
[108] Vgl. Dickel, 2002, S. 193 ff.
[109] „Territoriales Asyl“ erhalten Personen, die bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland unmenschliche Behandlung (im Sinne von Art. 3 EMRK) befürchten. Der individuelle Entscheid ergeht nicht durch die zuständige Asylbehörde, sondern durch das Innenministerium (nach Konsultation des französischen Auswärtigen Amtes). Es handelt sich um einen politischen Entscheid, wobei Gründe der inneren Sicherheit der Gewährung von territorialem Asyl entgegenstehen können,
vgl. Migration und Bevölkerung: Frankreich. Neues Asylrecht tritt in Kraft (1998), Online im WWW unter URL: http://www.migration-info.de/mub_artikel.php?Id=980905 [04.06.2010].
[110] Vgl. Migration und Bevölkerung: Frankreich. Neues Asylrecht tritt in Kraft (1998), Online im WWW unter URL: http://www.migration-info.de/mub_artikel.php?Id=980905 [04.07.2010]
[111] Vgl. Hejazi, 2009, S. 196 f.
[112] Beispielsweise durch die Verabschiedung eines Gesetzes zum Verbot religiöser Zeichen in Schulen am 02. September 2004.
[113] Vgl. Engler, 2007, S. 6.
[114] Vgl. focus Migration. Frankreich. Strenge Umsetzung des Einwanderungsgesetzes (2009), Online im WWW unter URL: http://www.migration-info.de/mub_artikel.php?Id=090409 [12.07.2010].
[115] Das “Commonwealth of Nations” ist heute eine lose Verbindung von souveränen Staaten, welche in erster Linie von Großbritannien und dessen ehemaligen Kolonien gebildet wird. Das „Commonwealth of Nations“ umfasst heute 54 Mitgliedstaaten, vgl. Commonwealth Secretariat (2010), Online im WWW unter URL: http://www.thecommonwealth.org [09.08.2010].
[116] Vgl. Hansen, 2007, S. 2.
[117] Dies sind alle EU-Beitrittsstaaten aus dem Jahre 2004, also Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, mit Ausnahme von Malta und Zypern.
[118] Vgl. Hansen, 2007, S. 1 ff.
- Quote paper
- Christian Kaschner (Author), Elisabeth Winter (Author), 2013, Vor den Mauern Europas. Asylpolitik in Deutschland und der EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263196
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