"Eine Zierde für den Verein" (1972), die überarbeitete Fassung der ursprünglichen Textversion von 1931 mit dem Titel "Mehlreisende Frieda Geier", ist Marieluise Fleißers einziger Roman. In ihm wird uns eine alleinstehende junge Frau vorgestellt, die - anscheinend mit beiden Beinen fest im Leben stehend - sich in einer von Männern dominierten Umgebung behauptet und unbeirrt einen selbst gewählten Weg geht. Sie trägt männliche Kleidung und einen männlichen Haarschnitt. Aus männlicher Perspektive betrachtet, sind ihre Blicke "nicht weiblich". In ihrer kleinstädtischen Umgebung wirkt sie "nicht einmal landläufig schön". Mit ihrem großstädtischen Erscheinungsbild eckt sie überall an und wird als Fremdkörper gesehen, der sich nicht in die erwarteten Verhaltensmuster einfügt. Als Handlungsreisende verdient sie ihren eigenen Lebensunterhalt. Sie ist daher nicht auf einen Mann als Ernährer angewiesen. Ihrem Freund und Liebhaber Gustl Gillich gegenüber strebt sie ein partnerschaftliches Verhältnis an, das auf ein wechselseitiges Geben und Nehmen gegründet ist und in dem Liebe und Sexualität einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Sie denkt an eine Beziehung ohne Über- oder Unterordnungsschemata, die sich auf der Basis von Gleichberechtigung entwickeln und entfalten kann. Durch eine Heirat nach tradiertem Muster würde sie sich in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben, das ihrem Freiheitsdrang zuwider laufen und ihren Bewegungsspielraum erheblich einschränken würde. Die Ehe ist für sie daher "der alte Karren, mit dem man nicht mehr fahren kann". Damit unterscheidet sie sich diametral von ihrem Partner, für den die Ehe eine auf "ökonomisches Verwertungsdenken" gegründete Zweckgemeinschaft ist, in der Liebe zwar eine Rolle spielt, im wesentlichen aber der Mann das Sagen hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Der Mythos der "Neuen Frau"
- Die "Neue Frau" in der Literatur der "Neuen Sachlichkeit"
- Marieluise Fleißer als Autorin der Neuen Sachlichkeit
- Zur Entstehungsgeschichte und Rezeption des Romans
- Die ursprüngliche Version "Mehlreisende Frieda Geier"
- Zeitgenössische Rezensionen der "Mehlreisenden"
- Das Verhältnis der Autorin zur Neuen Sachlichkeit
- Die Neufassung des Romans
- Veränderungen in der Neufassung
- Zum Aufbau und Inhalt des Romans
- Episodenhafter Aufbau
- Multiperspektivische Erzählsituation
- Erlebte Rede als stilistisches Merkmal
- Die Einführungsszene
- Die Vorstellung der beiden Protagonisten
- Das polare Spannungsverhältnis zwischen den Protagonisten
- Frieda Geier: Paradigma der "Neuen Frau"?
- Die "Neue Frau" als Konstrukt der Massenmedien
- Frieda Geier: Die "emanzipierte" Frau
- Autobiografische Züge der Protagonistin
- Frieda Geier als soziale Außenseiterin
- Die feindselige menschliche Umgebung
- Der zeitgeschichtliche Bezugsrahmen
- Ingolstadt als Schauplatz der Handlung und seine Bevölkerung
- Frieda als Berufstätige
- Die Arbeit als "Tretmühle"
- Frieda als geschickte Verkaufsstrategin
- Frieda und die Ehe
- Die Ehe: Falle
- Partnerschaftliche Lebensgemeinschaft vs. ökonomische Zweckgemeinschaft
- "Der alte Karren, mit dem man nicht mehr fahren kann"
- Die "Waffen des Gesetzbuches"
- Befreiung aus der Zwickmühle
- Frieda und Linchen
- Spiegelung oder Gegenbild
- Ein Rest von Frömmigkeit
- "Nicht mehr ausgehalten ohne einen Herrgott"
- Wesensverwandtschaft zwischen Frieda und Linchen
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Untersuchung analysiert Marieluise Fleißers Roman "Eine Zierde für den Verein" (1972) und beleuchtet die Figur der Frieda Geier als literarisches Porträt einer modernen Frau im Kontext der zwanziger Jahre. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, ob Frieda Geier mit ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihren beschriebenen Persönlichkeitsmerkmalen dem Frauentypus entspricht, der in den zwanziger Jahren als "Neue Frau" bezeichnet wurde.
- Die "Neue Frau" im Kontext der zwanziger Jahre
- Die literarische Darstellung der weiblichen Emanzipation
- Die Rolle der Provinz und des Vereinslebens im Roman
- Das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne
- Die Bedeutung des zeitgeschichtlichen Bezugsrahmens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman "Eine Zierde für den Verein" (1972) von Marieluise Fleißer vor und führt in die Thematik der "Neuen Frau" im Kontext der zwanziger Jahre ein. Dabei wird die Figur der Frieda Geier als emanzipierte, selbstbewusste Frau skizziert, die sich in einer von Männern dominierten Umgebung behauptet. Die Autorin betont die Bedeutung der "Neuen Sachlichkeit" für Fleißers literarisches Werk und stellt den Roman als ein Beispiel für diese Schreibweise vor.
Das zweite Kapitel beleuchtet den Begriff der "Neuen Frau" und grenzt ihn vom oberflächlichen Verständnis des Schlagwortes ab. Es werden verschiedene Aspekte der "Neuen Frau" beleuchtet, wie z. B. ihre Selbstbewusstsein, ihre berufliche Tätigkeit und ihre Einstellung zur Ehe. Frieda Geier wird als eine "emanzipierte Frau" vorgestellt, die sich nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben will. Die Autorin verweist auf autobiografische Züge in Fleißers Figuren und stellt Frieda Geier als Prototyp einer "neuen Frau" vor, die sich in einer kleinbürgerlich-reaktionären Umgebung behauptet.
Im dritten Kapitel wird die feindselige Umgebung beschrieben, in der Frieda Geier lebt. Die Autorin zeigt auf, wie die Kleinstadt Ingolstadt und seine Bevölkerung Frieda als Fremdkörper wahrnehmen und sie mit Vorurteilen und Ängsten begegnen. Die Autorin stellt die zeitgeschichtlichen Begebenheiten in den Vordergrund und beschreibt Ingolstadt als eine Stadt im Umbruch, die durch den Versailler Vertrag entmilitarisiert wurde und in die Abhängigkeit großer Konzerne geraten ist.
Das vierte Kapitel beleuchtet Friedas Berufstätigkeit als "Mehlreisende" und zeigt die Härte im Berufskampf, die sie ertragen muss. Die Autorin schildert Friedas Fähigkeiten als geschickte Verkaufsstrategin und ihre Nüchternheit im Umgang mit der Konkurrenz.
Das fünfte Kapitel analysiert Friedas Verhältnis zu ihrem Liebhaber Gustl Gillich und stellt die unterschiedlichen Lebensentwürfe der beiden Protagonisten heraus. Frieda ist bereit, eine partnerschaftliche Lebensgemeinschaft mit Gustl einzugehen, während er eine ökonomische Zweckgemeinschaft anstrebt und sie für seine Zwecke einspannen will. Die Autorin zeigt die Unvereinbarkeit ihrer Lebensentwürfe auf und beleuchtet die Problematik der traditionellen Ehe im Zeitalter der Frauenemanzipation.
Das sechste Kapitel widmet sich der Figur von Linchen, Friedas jüngerer Schwester. Die Autorin stellt Linchen als Spiegelung oder Gegenbild von Frieda vor und zeigt die Wesensverwandtschaft der beiden Figuren auf.
Die Zusammenfassung fasst die zentralen Erkenntnisse der Untersuchung zusammen und betont Friedas Rolle als emanzipierte Frau, die sich in einer kleinbürgerlich-reaktionären Umgebung behauptet. Die Autorin stellt Frieda als geistige Siegerin im Kampf mit Gustl Gillich dar, während er sich in das Vereinsleben zurückzieht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Roman "Eine Zierde für den Verein" von Marieluise Fleißer, die Figur der Frieda Geier, die "Neue Frau" in den zwanziger Jahren, die "Neue Sachlichkeit" als literarische Strömung, die Emanzipation der Frau, die Kleinbürgerlichkeit, die Provinz und die gesellschaftlichen Verhältnisse in Ingolstadt. Der Text beleuchtet die Spannungen zwischen Tradition und Moderne, die unterschiedlichen Lebensentwürfe von Mann und Frau sowie die Problematik der traditionellen Ehe im Zeitalter der Frauenemanzipation.
- Quote paper
- Hans-Georg Wendland (Author), 2013, Marieluise Fleißers Roman 'Eine Zierde für den Verein' - Porträt einer modernen Frau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262841
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