Um die Mitte des Dritten Jahrhunderts nach Christus soll vor den Toren der Stadt Köln ein Ereignis stattgefunden haben, welches selbst für das von tiefem Glauben an Gott geprägte Mittelalter an Aufopferung kaum zu überbieten war und welches die Geschichte der Stadt Köln für immer verändern sollte. Einer heute noch existenten Legende zufolge sollen sich hier 11.000 Frauen unter der Führung der Königstochter Ursula dem Martyrium gestellt haben, um ihre Jungfräulichkeit zu bewahren.
Kern der Legende um die heilige Ursula ist eine Inschrift aus dem 4. Jahrhundert, die davon berichtet, dass ein reicher Mann namens Clematius direkt am Ort des Geschehens etwa 100 Jahre später eine Basilika zum Gedenken an die heiligen Jungfrauen errichtet haben soll. In dieser Inschrift ist aber nur erwähnt, dass dort "heilige Jungfrauen" das Martyrium erlitten haben. Weder der Name Ursula noch eine genaue Zahl wird erwähnt.
Einige Jahrhunderte blieb es danach ruhig um die Legende, bis ab Beginn des 9. Jahrhunderts ein wahrer Kult um die Geschichte der Jungfrauen ausbrach. Von da an nimmt die Geschichte des Martyriums immer größere Ausmaße an. Plötzlich erscheint die Zahl 11.000 in Schriften und sogar der Hintergrund der heiligen Ursula selbst wird näher beleuchtet. Es wird das Bild einer wunderschönen Königstochter gezeichnet, die durch ihre Güte die gewaltige Zahl von 11.000 Gefolgsleuten ansammeln konnte und der in mehreren Offenbarungen ihr Martyrium in Aussicht gestellt wird. Woher aber hatten Geschichtsschreiber der damaligen Zeit diese Informationen, wo doch in der ersten Erwähnung noch nicht einmal von Ursula die Rede war? Und wie kam die Zahl 11.000 zustande?
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Legende der Heiligen Ursula
2.1 Erste Erwähnung der Legende: 4./5. Jahrhundert
2.2 Zweite Erwähnung: 8. Jahrhundert
2.3 Entwicklungen im 9./ 10. Jahrhundert
2.4 Entwicklung nach dem 10. Jahrhundert
3. Versuch einer Beweisführung
3.1 Archäologische Ausgrabungen im 12. Jahrhundert
3.2 Schriften und Erzählungen
3.3 Ausgrabungen in den Kriegsjahren 1942/ 1943
3.4 Mögliche Fakten gegen die Echtheit der Legende
4. Folgen für die Stadt Köln
4.1 Wirtschaftliche Folgen
4.2 Prestige
4.3 Spuren der Ursula-Legende bis heute
5. Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Um die Mitte des Dritten Jahrhunderts nach Christus soll vor den Toren der Stadt Köln ein Ereignis stattgefunden haben, welches selbst für das von tiefem Glauben an Gott geprägte Mittelalter an Aufopferung kaum zu überbieten war und welches die Geschichte der Stadt Köln für immer verändern sollte. Einer heute noch existenten Legende zufolge sollen sich hier 11.000 Frauen unter der Führung der Königstochter Ursula dem Martyrium gestellt haben, um ihre Jungfräulichkeit zu bewahren.
Kern der Legende um die heilige Ursula ist eine Inschrift aus dem 4. Jahrhundert, die davon berichtet, dass ein reicher Mann namens Clematius direkt am Ort des Geschehens etwa 100 Jahre später eine Basilika zum Gedenken an die heiligen Jungfrauen errichtet haben soll. In dieser Inschrift ist aber nur erwähnt, dass dort "heilige Jungfrauen" das Martyrium erlitten haben. Weder der Name Ursula noch eine genaue Zahl wird erwähnt.
Einige Jahrhunderte blieb es danach ruhig um die Legende, bis ab Beginn des 9. Jahrhunderts ein wahrer Kult um die Geschichte der Jungfrauen ausbrach. Von da an nimmt die Geschichte des Martyriums immer größere Ausmaße an. Plötzlich erscheint die Zahl 11.000 in Schriften und sogar der Hintergrund der heiligen Ursula selbst wird näher beleuchtet. Es wird das Bild einer wunderschönen Königstochter gezeichnet, die durch ihre Güte die gewaltige Zahl von 11.000 Gefolgsleuten ansammeln konnte und der in mehreren Offenbarungen ihr Martyrium in Aussicht gestellt wird. Woher aber hatten Geschichtsschreiber der damaligen Zeit diese Informationen, wo doch in der ersten Erwähnung noch nicht einmal von Ursula die Rede war? Und wie kam die Zahl 11.000 zustande?
Während damalige Schreiber, die in den meisten Fällen von der Kirche beauftragt waren oder dieser selbst angehörten, größtes Interesse daran hatten, die immer fantastischer werdenden Behauptungen über das Martyrium zu verbreiten und ein möglichst glanzvolles Bild der Ursula und ihres Gefolges zu zeichnen, sind heutige Forscher wie zum Beispiel der Archäologe Otto Dahmen eher mit der kritischen Auseinandersetzung mit der Legende befasst. Galt es im Mittelalter noch, möglichst viele Namen und Fakten zu schaffen, die die Legende der heiligen Ursula so plausibel wie möglich machten, wird heute versucht, den wahren Kern der Legende zu entdecken. Am wichtigsten war hierbei die Frage, ob die erste Erwähnung des Martyriums, nämlich der Bericht über Clematius, echt sein könne. Besonders schwierig ist hierbei die Tatsache, dass die Kirche selbst an der Eskalation der Legende in großem Ausmaß mitgewirkt hat. Zahlreiche mittelalterliche Erzählungen über die heilige Ursula belegen dies. Bedenkt man, welche politische Wichtigkeit solch eine Legende für eine mittelalterliche Stadt haben konnte, ist dies kein Wunder.
Diese Hausarbeit soll die Legende der heiligen Ursula in ihrer Entwicklung möglichst genau begleiten. Wie sah die erste Erwähnung der Legende aus, welche Teile der Legende änderten sich im Laufe der Jahrhunderte und was hatte dies zur Folge? Um diese Fragen zu klären, wird im ersten Teil der Hausarbeit die Entwicklungsgeschichte der Legende dargestellt. Von ihrer ersten Erwähnung im 4. Jahrhundert über die vagen Erzählungen im 8. Jahrhundert bis hin zum Kult, der die genaue Lebensgeschichte der heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen zu erfassen versuchte, werden hierbei die verschiedenen Versionen der Ursula-Legende verglichen.
Der zweite Teil der Hausarbeit beschäftigt sich dann mit den möglichen Beweisen für die Echtheit der Legende und den daraus resultierenden Reaktionen der mittelalterlichen Bevölkerung. Was war der Grund, dass im 10. Jahrhundert plötzlich ein solcher Kult um die Legende ausbrach, der sich über halb Europa erstreckte? Wodurch wurde dieser Kult immer wieder angetrieben?
Im letzten Teil der Hausarbeit sollen dann schließlich die Folgen des Kultes für die Stadt Köln erörtert werden. Welche positiven Effekte hatte die Ausweitung der Legende für die Stadt und was tat man dafür, diese Effekte zu erhalten? Besonders die Frage, ob die Stadt von der Eskalation der Legende profitiert hat und vielleicht bis heute noch profitiert, soll dabei beantwortet werden.
2. Die Legende der heiligen Ursula
Bei der Legende um die heilige Ursula und ihre 11.000 Jungfrauen handelt es sich um die Geschichte des Martyriums einer jungen Frau und ihrer Begleiterinnen. Demnach war Ursula die Tochter eines britischen Königs1, die weithin für ihre Schönheit bekannt war. Da sie aufgrund ihrer Herkunft dem christlichen Glauben zugetan war, schwor sie, ihr Leben in Enthaltsamkeit zu leben. Dennoch forderte der Sohn eines anderen Königs2 sie zur Frau. Sein Königshaus war heidnischer Herkunft. Da eine Ablehnung seines Antrages zu einem Krieg zwischen den beiden Königreichen geführt hätte, Ursula aber gleichzeitig bereits ihr Leben der Jungfräulichkeit gewidmet hatte, griff sie auf eine List zurück: Sie erbat sich drei Jahre Frist, in welcher der Königssohn den christlichen Glauben annehmen sollte. Ursula selbst erbat sich für diese Zeit 10 Begleiterinnen und zu diesen wiederum je 1000 Mägde, mit denen sie sich auf Reisen begeben wollte. Sie hoffte, mit diesem Vorschlag den Königssohn von seinem Plan abzubringen. Der aber willigte ein und ließ sich auf der Stelle taufen.
Nun musste auch Ursula zunächst ihren Teil erfüllen: Mit den von ihr erbetenen Begleiterinnen und deren Mägden begab sie sich auf 10 Schiffe und übte die erste Zeit mit ihnen Manöver. Schließlich machten sie sich auf die Reise nach Köln. Dort erschien Ursula ein Engel, der sie aufforderte nach Rom zu pilgern. Gleichzeitig verhieß er ihr, dass sie und ihre Begleiterinnen bei ihrer Rückkehr nach Köln den Märtyrertod sterben würden. Ursula begab sich wie befohlen mit ihren Begleiterinnen nach Basel, von dort pilgerten sie zu Fuß nach Rom. In der Heiligen Stadt schloss sich ihnen der Papst Cyriacus an, denn auch ihm war die Vision erschienen, er solle mit den Jungfrauen gemeinsam die Märtyrerkrone empfangen. Der Papst selbst stammte nach der Legende aus Britannien und hatte unter den Begleiterinnen viele Verwandte. Während sie alle sich wieder gen Köln aufmachten, empfing Ursulas Verlobter, der inzwischen gläubiger Christ geworden war, ebenfalls eine Engelsbotschaft: Er solle auch seine Mutter taufen lassen und sich dann nach Köln begeben, um dort mit seiner Braut den Märtyrertod zu sterben. Er begab sich, genau wie die Pilgerschar auch, in Richtung Köln. Dort angekommen fanden sie die Stadt von Hunnen belagert. Als diese die Tausenden Mägde und ihre Begleiter sahen, fielen sie über die ganze Schar her und töteten sie alle. Nur Ursula blieb zunächst verschont, da der Anführer der Hunnen ihre große Schönheit erblickte und sie zu seiner Frau nehmen wollte. Ursula aber lehnte dies ab. Daraufhin schoss ihr der Hunnenfürst einen Pfeil direkt durch das Herz. Auf diesem Wege und ohne dass Ursula ihr Keuschheitsgelübde einerseits noch das Eheversprechen andererseits brechen musste, wurde ihr so das Martyrium zuteil.
In dieser Form ist die Legende der heiligen Ursula noch heute bekannt und in Geschichtsbüchern zu finden. Diese Version der Ursula-Legende ist auf die Erzählung in der Legenda Aurea aus dem 13. Jahrhundert zurückzuführen. Da sich das Martyrium Ursulas aber bereits im 3. Jahrhundert ereignet haben soll, liegt der Schluss nahe, dass es auch schon frühere Überlieferungen gibt. Von wann diese stammen und inwiefern sie sich von der heute bekannten Version der Legende unterscheiden soll im Folgenden geklärt werden.
2.1 Erste Erwähnung der Legende: 4./5. Jahrhundert
Als Ausgangspunkt für die Legende der heiligen Ursula kann heute die Clematius-Inschrift angesehen werden.3 Das Dokument stammt aus dem 4./5. Jahrhundert und erwähnt zum ersten Mal das Martyrium einer Schar von Jungfrauen vor den Toren der Stadt Köln. In der Inschrift wird von einem Adligen namens Clematius berichtet, der aus tiefen Glauben eine Basilika errichten ließ. In der Clematius-Inschrift wird erwähnt, dass diese "genau an jener Stelle erbaut wurde" (...), "wo die heiligen Jungfrauen für den Namen Christi ihr Blut vergossen haben". Diese Information über ein mögliches Martyrium solchen Ausmaßes findet bei Clematius ihre erste Erwähnung, sie wird aber nicht weiter ausgeführt. Es werden weder Namen noch Zahlen genannt. Der Name Ursula taucht nirgends auf und auch die Schar der 11.000 Jungfrauen wird nicht erwähnt. Auch keine andere der Jungfrauen wird benannt. Selbst von Cyriacus, der immerhin ein bedeutender Papst gewesen sein soll und die Jungfrauen nach der späteren Version der Legende bei ihrem Martyrium angeblich begleitet hat, ist hier noch keine Rede. Diese erste Erwähnung eines Jungfrauen-Kultes in Köln und Umgebung ist also noch völlig vage und wird auch zunächst nicht weiter entwickelt. Bis zum 9. Jahrhundert schweigen die Quellen zu dieser Legende.4
2.2 Zweite Erwähnung: 8. Jahrhundert
Eine zweite Erwähnung findet die Legende um das Martyrium der Jungfrauen erst wieder im 8. Jahrhundert. In dieser Zeit entstand das Ursulanische Officium, das eigene Messgesänge und Gebete enthält. Das Officium ist noch heute in Kölner Chorbüchern vertreten, denn es wird noch immer in der Diözese Köln für Orationen gebraucht. In einem Messgesang taucht die Zeile von den "undena Virginum milia" auf. Noch immer wird aber keine der Jungfrauen beim Namen genannt.
[...]
1 In der Legenda Aurea (1263 - 1273) wird dieser König als Nothus oder Maurus benannt.
2 In der Legenda Aurea wird dieser Königssohn als "Prinz von Engelland" bezeichnet, also wahrscheinlich der Sohn des sogenannten "Großkönigs" von Britannien.
3 Diese Inschrift wird auch als Clematinische Lapidarinschrift bezeichnet. Sie wird gewöhnlich auf das Ende des 4. Jahrhunderts datiert und kann noch heute in der Kölner Pfarrkirche angesehen werden.
4 Ein fränkischer Geschichtsschreiber mit Namen Gregor von Tours (gestorben 594) hat offensichtlich keine Kenntnis einer von Clematius gestifteten Basilika. Er benennt nur die Kirche St. Gereon, die dort errichte wurde, wo 50 Mann einer Thebäischen Legion den Märtyrertod starben. Vom Martyrium der 11.000 Jungfrauen und ihrer Anführerin Urusla weiß er nichts zu berichten. Und auch im Martyrologium Hieronymianum, einem Verzeichnis aller bekannten Märtyrer aus dem Jahre 627/28, steht nichts über den Jungfrauen-Kult geschrieben. (Quelle: Zehnder, Frank Günther, ""Sankt Ursula")
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